Leben als Sau
und unsere Leidenschaft ist ihnen rätselhaftIch habe mir letzte Woche ein paar, wenn man so will, negative Blogs gemerkt, die ich vorher nicht kannte und inzwischen gerne lese, einfach, weil ich verstehen möchte, wie diese Leute so ticken. Für mich sind diese Personen sowas wie die moderne Version des "Anrufnazis". Jetzt weniger das persönliche/erschlafene Umfeld einiger Adical-Teilnehmer, sondern die üblichen Typen, die mit Differenzierungsproblematiken, sei es nun aus Ignoranz oder Zynismus, nicht klarkommen. Die dann schreiben "Dann überleg Dir doch mal, wo Deine Unterhosen herkommen, Dein Essen kommt doch auch vom Billigsupermarkt, wir alle tragen T-Shirts die in China genäht wurden."
tocotronic, sie wollen uns erzählen
Das nun stimmt nicht ganz, ich gehöre durchaus zu denen, die sich sehr genau überlegen, was sie erwerben und was aus welchen Gründen nicht. Manchmal mache ich bei Spontankäufen Fehler, aber ich habe ein Faible für die uns alle umgebenden Gegenstände und eine Ahnung von Qualität, und wenn ich was nicht weiss, schaue ich im Internet nach. Es ist übrigens nicht so, dass ich hier nichts aus Fernasien habe, ganz im Gegenteil, meine Wohnung enthält sicher mehr Asiatika als die durchschnittliche Wohnung eines hirmlosen Ramschkäufers, angefangen beim auf Industriespionage basierenden Imariporzellan des späten 18. Jahrhunderts über ein rotes Jaderauchgefäss, das gegen 1900 während der Kolonialreiche und all ihrer Schrecken eingeführt wurde, bishin zu den Trümmern aktuell zerstörter Kulturgüter.
Ich habe auch eine späte, leider schlecht erhaltene Aldine aus der damaligen Diktatur Venedig mit den Ausführungsbestimmungen zu Ungläubigen wie mir auf Basis des tridentinischen Konzils. Liest sich nicht wirklich nett. Und der Stadtpalast, in dem ich wohne, war eines der Zentrum des Hasses der schlimmen Gesellschaft, der von 1618 bis 1648 Mitteleuropa verwüstete; in ihm ging eines der unrühmlichsten Kapitel dieser Zeit zu ende, ohne dass die folgenden Kapitel besser gewesen wären. Mein Mahagonischreibtisch wurde in Zeiten der Restauration gefertigt, dafür wurde südamerikanischer Urwald abgeholzt. Vor rund 170 Jahren, und das sicher weitaus nachhaltiger, als es heute gemacht wird, aber auch unter Verletzung fundamentaler Menschenrechte. Beim Kirschholzsessel daneben sieht es anders aus, der entstand komplett bei freien Handwerkern in Ungarn unter Metternich. Alles selbst gekauft und restauriert, und wenn wir jetzt die Umwelt/Folgenbilanz aufmachen und das mit neuen Billigmöbeln aus China vergleichen, die in Sweatshops hergestellt werden...
An der Vergangenheit kann man nichts mehr ändern, aber in der Gegenwart kann man mit der Kaufentscheidung Druck ausüben. Der Kapitalismus und die Globalisierung sind keine Naturgewalten, sie sind noch nicht mal böse, sie sind mathematische Systeme, und vor allem: Wir selbst, jeder einzelne von uns entscheidet, wie sie gestaltet sind. Kapitalismus ist wie ein Computer: Man kann mit einem "guten" Mac Daten an ein Mörderregime weiterleiten, man kann mit einem "bösen" Thinkpad dagegen protestieren. Und nur, weil die deutsche Bank mehr Einfluss hat als ich, bedeutet nicht, dass ich meine Entscheidungen in Bezug auf ein Mörderregime und ihrer besten Helfer wie die Deutsche Bank treffe, weil es ohnehin schon egal ist.
Hier folgt normalerweise auch von den zu Helfern der Unterstützer der chinesischen Mörder mutierten Expunks das Argument, dass man den Leuten dort doch mit Handel und Marktwirtschaft helfen würde. Darauf folgt dann von meiner Seite der etwas komplexe Hinweis auf die Finanzierung des "Aufschwungs" durch Kredite maroder chinesischer Banken, die ihre Gelder zur die Zwangspensionsverwaltung erhalten und somit über die Kredite die Produktion so verbilligen können, dass die Produkte bei uns trotz miserabler Produktivität in China billiger sind und das ganze System im Moment nur durch eine irrationale Börsennotierung faktisch wertloser Industrieruinen am Tropf der Banken gegenfinanziert wird, und wenn das einmal nicht mehr geht, dann... erkennen die neuen Freimarktwirtschaftler am globalen eigenen Leib, dass 20% Wirtschaftswachstum der Demokratisierung allenfalls durch eine Revolte schlagartig verarmter Kleinbauern geholfen wird, aber einerseits droht dann eher ein neues Massaker und Bürgerkrieg, und wir haben andererseits hier dann wirklich ganz andere Sorgen. So kommt das, in einer vernetzten, globalisierten Welt, wenn man nicht mitdenkt und einfach nur als fragwürdiger Kleinstunternehmer Scheisse labert, von Kiel bis Shen Zen.
Ich überlege durchaus, und mehr, ich will es wissen. Und ich weiss auch, wie ich mich weitestgehendst von der Globalisierung entkopple, wenn sie schädlich ist, und sie nutze, wenn sie sinnvoll ist. Das war nicht immer so, das hat etwas gedauert, aber inzwischen habe ich die Sache ordentlich im Griff. Und arbeite weiter daran. Ich kaufe gern zu hohen Originalpreisen, wenn ich weiss, dass es Produkte mit hoher Qualität sind, die gute Firmen unterstützen. Und die Welt ist voller guter Firmen. Das fängt bei meiner Nudelfrau an, geht über den Hersteller meiner neuen Schindeln und den global agierenden Stoffhersteller, der die Tücher meiner Kissen jetzt seit 250 Jahren mit einer Methode herstellt, die man vor 30 jahren noch verlacht hat und heute wieder für vorbildlich hält. Ich trage keine T-Shirts aus China, ich kaufe mein Essen nicht im Supermarkt, und selbst wenn ich es furchtbar finde, dass die Fleischerin auf dem Wochenmarkt das Fleisch dadurch produziert, dass sie Tiere selbst aufzieht und dann umbringt, würde ich eher dort mein Fleisch kaufen als im Kühlregal, wo es nur ein Viertel kostet. Wenn ich Fleisch essen würde.
Und was ich jetzt tue in all diesen Dingen: Ich lese Blogs von Leuten, die glauben, dass jeder irgendwo ein Schwein ist. Und das zum Anlass nehmen, jetzt die Sau rauszulassen. Sie wollen keinesfalls über Grenzen reden, über die wir ihres Erachtens alle sind, um selbst keine Grenzen definieren zu müssen. Ich achte bei ihren Texten wie bei Produkten auf die Details, ich erahne ihre Umgebung, ich bekomme einen Eindruck, wie sie leben als Sau, wie sie tatsächlich die Koben der Globalisierung leerfressen und dabei den Speck ansetzen, den das globale Finanzkapital so liebt. Ich erlebe sie in ihrem Erkenntnishorizont, der so unendlich viel grösser sein könnte als die Grenzen der Weiler ihrer Urgrossväter, aber gerade mal bis zur Mauern des Stalls reicht, in dem sie gehalten werden. Sie lassen sich nicht nur von diesem System bezahlen, sie sind ein Teil der Kreislaufwirtschaft, die sie mitunter in anderen Artikeln doof finden, wenn es sie selber trifft.
Ich trage Hemden, die Herrschaften. Von einem Hersteller aus der Region. Das, das ich trage, habe ich seit über 5 Jahren. Und gehe jetzt auf den Wochenmarkt. Auch, damit ich in vierzig Jahren gesünder bin als die Fastfoodscheissefresser in 20 Jahren. Auch. Aber nicht nur.
Deine bewusste Entscheidung für oder gegen Dinge ist toll. Dafür könnte ich dich bewundern. Bewusstsein ist etwas schönes, wenn man es sich auch hart erarbeiten muss, wie die dazu gehörige Bildung. Also du hast recht. Jeder könnte sich so verhalten wie du.
Allerdings gehst du dabei elegant über ein winzig kleines Problem hinweg. Für deine Haltung braucht man Geld. Um genau zu sein viel Geld. Mit Kindern ganz viel Geld.
Wir alle kaufen gerne auf dem Wochenmarkt, beim Biolandwirt unseres Vertrauens - auch in Berlin. Wir haben hier erstklassige Biometzger, die wahre Künstler sind und ebensolche Biobäcker. Im Schnitt sind sie auch nur dreißig Prozent teurer als die Chemie.
Genau da wird es eng. Der Durchschnittsverdiener kann sich das gute überlegte und real auch überlegene Produkt eben nur selten leisten.
Dafür kannst du ihn nicht verurteilen. Du hast unrecht.
Ich achte lieber die, die im Rahmen des ihnen möglichen, das Beste versuchen und tadele sie nicht für die Dinge die sie nicht ändern können.
Aber ich kann z.B. die Initiative ergreifen und mir mit anderen eine kleine Herde Biorinder halten, draussen in Brandenburg. Das ist besser, als Vorwürfe zu machen.
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Was nur gar nicht geht, ist die Argumentation, bewusst beschissene Dinge zu rechtfertigen, dass man selbst, die anderen und irgendwer ja auch immer und so. Und sowieso. Weil die Welt ist ja eh schlecht. Und ist der Ruf erst ruiniert, können wir gleich die große Bombe zünden.
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schrieb einer und irrte sich - Löschung ist die Folge.
Es geht mir gar nicht darum, mich als Ideal hinzustellen, denn in den Augen eines Veganers bin ich immer noch zu lasch, und manche werden auch verlangen, dass ich unter 100 Kilometer alles nur radle. Es ist lediglich ein Vorschlag, es sich nicht a priori immer leicht zu machen, weil es nun mal so ist und es jeder so macht und dehalb keiner mehr nachzudenken braucht.
Es ist nicht so. Und jeder ist ein Teil des Komplexes, die Verantwortung kann keiner delegieren, aber wenn man sie sich bewusst macht, kann sie einem bei der Entscheidung helfen. Und ich hätte nicht den Text geschrieben, würde er sich nicht an den Teil der Adical-Koofmichs wenden, die
DAS ALLES LÄNGST WISSEN UND SICH JETZT NICHT TRAUEN, DEM JOHNNY, DER DAS AUCH EIGENTLICH WEISS, DEM LOBO UND SEINEM DANKENDEN ABNIGGEMEIER IN DEREN MEINUNGSKARTELL MAL ZU GEIGEN.
Dass man bei den Steuerhinterziehern, Schleichwerbern und käuflichen PR-Textern dieser Welt ausserhalb des Wettbewerbsrechts und Anzeigen nichts mehr machen kann, weiss ich auch. Vergebene Liebesmüh.
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Don Dahlmann hat das mal sehr schön beschrieben: "Wir sind zu arm, um billig einzukaufen." Grandiose Geschichte übrigens. Und ich bin auch nicht so reich, dass ich mir Wegwerfsachen leisten kann.
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Und nicht Mac oder Thinkpad ist die Frage, sondern ob man hinterher drei bezahlte Schlägertypen engagieren muss, um das System halbwegs sicher zu halten ;-)
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Aber second hand Kleidung geht nicht klar, das ist dann das gleiche Billigzeug wie sonst auch, die sinnvolle Kleidung wäre ja welche so wie gute Schuhe, die man 5-10 Jahre tragen kann bevor sie auseinanderfällt, und die man nicht an den second-hand-Gangster vertickt.
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Erstmal Danke für diesen Satz, das ist etwas was zu wenige erkennen bzw. doch wissen, aber nicht in ihre Gedanken und Handlungen einfliessen lassen. So komplex die Strukturen und daraus folgenden Konsequenzen und Abhängigkeiten auch sind, mit jedem Einkauf im Supermarkt, mit jedem Gehalt, jeder Provision, jeder Werbeschaltung sollte man sich bewusst machen, was man damit bewirkt. Von was man profitiert, was man damit unterstützt und letztendlich, wo man die persönliche Grenze zieht.
Perfektionismus, die Orientierung am Ideal, wie Du so schön sagst, ist dabei unerreichbar, was wiederum ein schönes Argument ist, es sich einfach zu machen, so wie alle anderen auch.
Das ist auch das Problem: Geld von Yahoo anzunehmen heißt auch, deren Verhalten, zumindest im strukturellen Sinn, zu unterstützen. Ganz einfach, indem man sich in diesen Strukturen ein gemütliches Plätzchen schafft.
Und da sollte man dann abwägen: Geld kriegen ist erstmal nicht schlimm, irgendwie muss man sich die Stühle, auf denen man sitzt, auch kaufen. Aber inwiefern kann man dann durch das, was man sonst macht, eben das System anders gestalten? Eine Verbesserung oder zumindest eine Art Ausgleich erreichen?
Und da seh ich im Moment keine konkrete Aktion. Wenn wir mal am Beispiel bleiben: Es geht nicht darum, Geld von Yahoo einem 'guten' Zweck zuzuführen, die geforderte Umverteilung, wenn man so will, sondern um den persönlichen Verdienst. Um das Stück am Kuchen, böser gesagt, das parasitäre Mitverdienen.
Das Wissen darum ist wenigstens ein Anfang. Das von der abstrakten Ebene runterzuholen und umzusetzen, das vermisse ich öfters - zuallererst auch bei mir.
Sorry, ist jetzt ein bisschen lang geraten ;)
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Guter Zweck? Ich kenne nur zwei, die sagt, dass es ein guter Zweck ist: Nerdcore, der es nicht erklärt und offensichtlich doch nicht so extrem arm ist, sich neben dem "Zweck" nicht ein Festival leisten zu können, und Johnny, der es als Beitrag zur Weltverbesserung durch Spreeblick betrachtet. Zum Start von Adical war da von Malte ein Beitrag nach dem Motto "wir können ja doch nichts tun", den ich nicht mehr finde, denn den hätte ich gern exemplarisch angegeben. Das war der Moment, wo ich mir dachte: Oha, die Revolution ist vorbei.
Dem Bildblog kann man einen guten Zweck unterstellen. Bis nach Marl dachte ich, die Bild bekommt in Niggemeier genau den Gegner, den sie verdient, aber inzwischen frage ich mich schon, ob da nicht einfach das Establishment Posen veranstaltet.
Gut in diesem Fall? Don Dahlmann. Der hat Nein gesagt.
Edit: Malte hat den Artikel gefunden und mir geschickt:
http://www.spreeblick.com/2007/05/11/fur-meine-schuhe-schwitzen-kinder/
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http://www.spie gel.de/netzwelt/web/0,1518,490320,00.html
;-)
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Gehen die "Bundestrojaner" durch normale Firewalls durch? Kann man einen geschützten Rechner abhören? Rein technisch wüsste ich mal germe, was da Stand ist.
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gleich mal meine einstellungen bei gmail ändern... ab heute bin ich aus israel.
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Das Argument "Geld" lasse ich nicht gelten: es ist KEIN Problem, wenn die sozial Schwächeren bei Aldi & Co. einkaufen. Wenn allerdings double-income-no-kids sich für "bildungstechnisch" und moralisch etwas Besseres hält und trotzdem via Discount ein wenig "Mehrwert" für sich produziert, ist das nicht in Ordnung.
Übrigens: Der Durchschnittslohnempfänger mit den drei (oder mehr) Kindern ist 1972 verstorben. ;)
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Ich wollte aber das hier posten:
Don macht eigentlich nur das, daß er auf den Widerspruch hinweist, der bei einigen Leuten zwischen deren von ihnen erwünschter Außenwahrnehmung und ihrem Handeln besteht, – dh, er mißt sie an ihren eigenen Maßstäben.
In solchen Fällen wird apologetisch gern ein Verfahren genommen, an dessen Ende sich noch der Kritiker vor dem Täter legitimieren muß.
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@derherold: Der türkische Gemüsehändler ist genauer gesagt eine Gemüsehändlerin, die auf dem Höhepunkt des Karrikaturenstreits groß plakatierte "Wir führen dänische Milchprodukte" und verheiratet ganz bestimmt keine Töchter zwangsweise.
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http://blog.koehntopp.de/archives/1600-Der-Bundestrojaner-durchdekliniert.html
Und da ich Christian Köhntopp auch beruflich kennenlernen durfte, weiß ich, dass seine Aussagen zu diesem Thema Hand und Fuß haben.
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War übrigens immer schon so: Während auf dem Land und in der Provinz hausgemachte hochwertige Lebensmittel auf den Tisch kamen, wurde die Metropolen Boheme mit gepanschten Wein und fragwürdigen Lebensmitteln abgefüllt. Nicht umsonst setzte die Rudolf Virchow zur Gründerzeit für Markthallen und Schlachthöfe ein.
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Ich habe den täglichen Bedarf: Metzger, Bäcker, Hofladen in Laufnähe. Viel wird mit dem Fahrrad erledigt, das man auch ohne Angst vor Vandalismus und Diebstahl abstellen kann. Autos gibt es ja in der Grossstadt auch mehr als genug. Und die stehen nicht nur rum.
Und wie schon erwähnt: Der Investitionshorizont. Wer nicht weiss, ob er in 2 Jahren noch in der Mietwohnung wohnen kann oder will, der hat kein Interesse daran, möglichst werthaltig zu kaufen.
Einziger Nachteil: DSL gibt es nur mit 1 MB/s UMTS und Genion ist auch nicht drin. Das kann aber auch ein Vorteil sein.
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Im übrigen können Eigentümer und Vermieter von Wohngebäuden mit mehr als vier Wohneinheiten wählen, ob sie den Energieausweis auf der Grundlage des berechneten Energiebedarfs oder des tatsächlichen Energieverbrauchs verwenden. Was wohl auf den Verbrauch hinauslaufen wird. Der ist ziemlich subjektiv und nur schwer vergleichbar.
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Ähm, also die türkischen Läden, die hier in der Umgebung sind, sind alle teurer als der Bio-Supermarkt, in dem ich einkaufen gehe. Wochenmarkt ist nicht, da müsste ich Auto oder Bus fahren, zu dem Bio-Supermarkt gehe ich zu Fuß. Außerdem bekomme ich dort mein Bio-Brot nicht von einer Sekte verkauft wie auf dem Wochenmarkt. Ich weiß nicht, ob deren Kunden ahnungslos oder gleichgültig sind, auf jeden Fall ist es an deren Stand immer voll.
die sinnvolle Kleidung wäre ja welche so wie gute Schuhe, die man 5-10 Jahre tragen kann bevor sie auseinanderfällt,
Das hängt auch etwas davon ab, wie man seine Kleidung und Schuhe pflegt, meine Schuhe halten immer weit über fünf Jahre. Ich besitze allerdings auch keine, die nur einen Sommer tragbar sind, dazu kaufe ich viel zu ungern Schuhe (ich glaube, die einzige Art, Schuhe zu kaufen, die mir wirklich Spaß machen würde, wäre, sie mir maßanfertigen zu lassen).
Gerade bei Schuhen zeigt sich jedoch, dass teuer nicht unbedingt ethisch vertretbar bedeutet. Vor neun Jahren gab es ja Berichte, über Umweltsauereien und Kinderarbeit in Indien für Markenschuhe (darunter auch teure), die dann das Label „Made in Italy“ oder „Made in Germany“ zierte (und krebserregende Stoffe enthielten – die Kunden sollten ja auch etwas von den Giften haben, nicht nur die Inder). Wenn ich so etwas genau weiß, kann ich es meiden, aber wie oft durchschaue ich es nicht und kaufe womöglich Dinge, vor denen es mir grausen müsste. Meine neue Lederhandtasche, zum Beispiel, ich habe keine Ahnung, wo und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurde. Soll heißen: Ich gebe mir Mühe, aber es gelingt mir nicht immer.
Der englische Journalist Leo Hickman hat mitsamt seiner Familien ein Jahr lang versucht, nachhaltig zu leben. Sein Buch „Fast nackt“ soll ganz spannend sein, ich habe es selbst noch nicht gelesen.
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Achso, und das war natürlich kein Plädoyer für überteuerte Kleidungsstücke. Sie sollten einfach nur halten. Das muss auch nicht Nostalgieware sein, Sachen für den Outdoor-Bereich sind ja zB auch bewährt.
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Als Plädoyer für überteuerte Kleidungsstücke habe ich das auch nicht verstanden, allerdings ist der Outdoor-Stil nicht so der meine. Treckingstiefel machen sich dann doch nicht so gut zum langen Rock.
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Als ich 1990 in der Altmark war, war mir jeden Abend speiübel von einer Überdosis Kirschstreusselkuchen. Man konnte überall einkaufen, es war absolut unfassbar, immer dieser frische Kirschkuchen mit Früchten aus den Bäumen neben den Häusern, und ab und zu konnte man auch einen Kern ausspucken. Vor zwei Jahren war ich wieder dort. Null. Nada. Nur noch Schnellbäcker mit Kirschersatzpampe. Bei Salzwedel gab es noch eine alte Bäckerei, die es im alten Stil gemacht hat, und die Verkäuferin meinte, dass es kaum einer mehr will, denn die Schnellbäcker machen den Kuchen süsser.
Das war bitter. Nicht, weil es die Kosten sind, sondern einfach die süsse Pampe.
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Das Problem der Globalisierung ist nur leider, dass man zwar das Plus zu Gesicht bekommt, aber das Minus jemand anders oder womöglich erst die kommende Generation zu spüren bekommt.
Deswegen funktioniert Nachhaltigkeit in Anwendung nur durch den Anreiz von Subventionen. In Deutschland wird dies z.B. im Rahmen von günstigen Baukrediten bei Einhaltung der Energieeinsparverordnung praktiziert, da sich Passivhäuser numal erst nach Jahrzehnten rechnen.
Bislang hatte ich aber nur ein einziges Bauprojekt in dem versuchsweise eine Nachhaltigkeitsberechnung bei dem Einbau von Marmorbelägen durchgeführt wurde und statt superbilligem Chinamarmor dann ein bayerischer Steinbruch zum Zuge kam. Die Mehrkosten waren danach ein riesen Thema im Stadtrat, den dort erstaunlicherweise besonders ein Mitglied der Grünen anprangerte.
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Stadtluft macht frei - und das irgendeine meinungprägende Schicht, - Gruppe, etc. das Stadtleben mit seinen Annehmlichkeiten verläßt, um "schnell wie Windhund" zu werden, wage ich zu bezweifeln.
Die These vom gesunden Intellektuellen gegenüber dem sterbenskranken Prekariats-Billigernährten ist genauso fragwürdig wie die These vom "türkischen Gemüsehändler", dessen Kinder sooo tolerant und weltoffen sind. Die meisten modernen und gebildeten "Migranten-Kinder" sind knallhart "rechts".
... manchmal hat man den Eindruck, einer gewissen Weltfremdheit zu begegnen.
Die "Globalisierung" ist deshalb so schwer zu entdecken, weil sie "keiner" entdecken will. Es gibt KEINE politisch relevante Gruppe, die ihrem polit. Ideal auch eigene Einschränkungen folgen lassen will.
Und das ganze wird via Ossi- oder "Prekariats-Bashing" versteckt. :) Ich denke da z.B. an das legendäre Lüpertz-Interview in der Zeit ... :)))
Lakmustest: Man sollte mal 3 Monate lang die Gehälter im Öffentlichen Dienst mit einer Zeitverschiebung von bis zu 14 Tagen auszahlen und 2 * pro Woche für 3, 4 Stunden den Strom abschalten: flugs wäre die liberale Mittelschicht bereit, blinde Rollstuhlfahrer im Steinbruch arbeiten und 100.000 "Illegale" per Reichsbahn(!) deportieren zu lassen. ;)
Aber der Knaller kommt erst noch: wenn in 10 - 15 Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in das Rentenalter kommen - ich hoffe, daß dann eine "Linke" an der Regierung sitzt, die erklären muß, warum die "Rentenformel" doch irgendwie nicht zu halten ist. :)
Apropos, Springerstiefel einer Luftlandeeinheit habe ich auch - und ich habe nichts bezahlt. ;)
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gruß von arbeiterstadtfront (irgendwie habe ich das gefühl - ihr redet alle über den wedding in berlin, ghighi)
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@liberale Mittelschicht: Dass man den Bürgern nicht trauen kann, ist mir seit meiner Kindheit klar.
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Qualität muss man sich leisten können. Natürlich würde ich auch gerne nur Gepa-Kaffee kaufen, mein Fleisch vom Wochenmarkt besorgen, mein Brot halt vom Qualitätsbäcker um die Ecke - wenn ich hier einen solchen hätte. Natürlich würde ich liebend gern ab und an auf irgendwelchen Dreck aus China verzichten, den ich garantiert im Schrank habe - das Problem ist dabei nur, dass ich einen finanziellen Stand haben muss, der mich befähigt so zu handeln. Und deswegen schlurfe ich halt die fünf Minuten um die Ecke zum Supermarkt anstatt die fünf Minuten mehr zum Wochenmarkt - gesunde und qualitativ hochwertige Ernährung oder Kleidung muss man sich leisten können. Und das kann ich momentan halt nicht. Vielleicht irgendwann mal wieder, jetzt allerdings ist das schlicht nicht möglich weil sonst am Ende des Geldes noch viel zu viel Monat übrig ist.
Klar, ich könnte natürlich ab und an unterlassen kleinere Bands - die kein DRM verwenden oder CC-Release tätigen - zu unterstützen. Ich könnte natürlich auch mein Internet sofort kündigen. Damit käme ich aber wahrscheinlich nicht sehr weit durch den Monat essentechnisch gesehen wenn ich beim Wochenmarkt einkaufen würde...
Insofern ist es schlussendlich auch eine Geldfrage - vielleicht gehts bald auch wieder einigermaßen besser aber wenn neben Miete und Wohnung noch Geld übrigbleiben soll ist das mit der gesunden/qualitativen Ernährung halt schwierig umzusetzen. (Und man kann ja nicht immer Dinge kaufen, die kurz vorm MHD sind...)
Oh, was den türkischen Gemüseverkäufer anbelangt - billig ist der leider nicht hier in der Straße, die nach einer Himmelsrichtung benannt ist. Ich vermute wenn ich in Marxloh wohnen würde, dann schon eher... ;-)
Ad Astra
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ich kaufe sehr gern bei unterschiedlichen türkischen händlern ein. das fleisch dort ist mir zu teuer, aber dafür kaufe ich leckkeres gemüse, linsen, obst und käse und bei bedarf gehe ich in den supermarkt. in bio - läden war ich jetzt seit geraumer zeit nicht mehr, wegen besagtem geldmangel.
einen wochenmarkt gibt es hier zwar auch, aber der ist eher so lala. dabin ichmir auch nicht sicher wo fisch und käse tatsächlich herkommen.
also für eine leckkere linsensuppe brauche ich nichtviel, für eine kartoffelsuppe auch nicht. palak paneer selber kochen - sehr lecker. und saison -gemüse esen.
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Das ach so schöne, ach so einfache, vor allem ach so bequeme Argument "Geld" lasse ich in 99% der Fälle nicht gelten, insbesondere was Haushalte ohne Kinder angeht. Ich habe jahrelang von 200€ im Monat gelebt (nach Abzug der Miete), von denen ich alles, aber auch alles bezahlt habe: Lebensmittel, Klamotten, Rechnungen, teure Fachbücher fürs Studium (die man ob meiner leicht orchideenartigen Studienwahl auch nicht eben mal gebraucht bekommt), Bahnfahrten und, ach ja, alle sechs Monate Semesterbeiträge von annähernd 200€. Und trotzdem war es mir immer möglich, zumindest die Lebensmittel, bei denen ich wirklich großen Wert darauf lege (sämtliche tierische Produkte, außerdem alles, was ich täglich esse) biologisch und/oder regional zu kaufen. Mir meinen Bedarf an Obst und Gemüse auf dem Markt zu holen - und ich gebe zu, in dieser Hinsicht kann ich mich mehr als glücklich schätzen, da ich direkt gegenüber des drei Mal die Woche stattfinden Marktes wohne - ist allemal billiger, noch dazu frischer, gesünder, verantwortungsvoller und vor allem tausendmal leckerer, als mir vom Penny eine Kilopackung Kiwi, Pfirsiche oder argentinische Trauben zu holen, die erstens schmecken wie Dreck und zweitens lange vergammelt sind, bevor ich überhaupt die Hälfte davon geschafft habe.
Wenn ich Texte wie die Reportage beim SpOn über die bessere Klimabilanz aus Neuseelander eingeflogener Bio-Äpfel lese, kriege ich das Kotzen. Ich habe so ungefähr seit vier Monaten keine Äpfel mehr gegessen, weil ganz ehrlich: ich kann sowohl auf Flugmeilen als auch auf Kühllageräpfel verzichten, weil sie schlicht und ergreifend beschissen schmecken. Und weil es so viele bessere, saisonale Alternativen gibt - Erdbeeren, Himbeeren, bald auch wieder Kirschen und dann Brombeeren und Steinobst und und und. Mann muss nur mal mit offenen Augen über den Markt gehen.
Natürlich: es ist immer eine Frage des Wertes, den man einem Aspekt seines Lebens zumisst, das sicherlich. Bei mir steht genussvolles, gutes Essen (und Kochen) eben sehr weit oben - dafür kaufe ich mir dann halt mal zwei T-Shirts weniger. Und es ist auch eine Frage von Grenzen, die jeder für sich selbst zieht. Ich bin Vegetarier, und trotzdem kaufe und benutze ich Lederkleidung. Zum Beispiel. Das ist meine Grenze. Oder besser: eine meiner Grenzen.
Diese Werte, und diese Grenzen, die muss jeder für sich selber verteilen und ziehen. Die Schwerpunkte kann und muss jeder für sich selbst setzten. Er muss sich auch nicht (unbedingt) für sie rechtfertigen. Nur wenn er es denn tun will oder muss, so möge mir niemand mit dem Argument "Geld" kommen. Es gibt da ein sehr schönes Zitat, ich weiß leider nicht, von wem ist: "Wenn man etwas wirklich will, findet man Wege. Wenn man etwas nicht will, findet man Gründe." Ich muss es mir auch öfter mal selbst sagen.
Sie hörten das Wort zum Sonntag. Und jetzt will ich Palak Paneer.
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