Eigentlich

Bei Pommersfelden bin ich dann runter von der Autobahn. Die 180 Kilometer davor hatte ich eine halbe Stunde zwischen mir und die Regenfront gelegt, die meine Frankreichpläne beendete, und den angedachten Tag im Taunus mit Schauern über Frankfurt frühzeitig verhinderte. Kurz hinter Würzburg war das Schlimmste vorbei, und ich öffnete das Verdeck. In Pommersfelden schlenderte ich noch einmal durch den Schlosshof, vorbei an der Bastion, auf der die Gäste, von Kastanien geschützt, nichts von der nahen Dunkelheit ahnten, die sonnenüberflutete Allee hinunter bis zum Cafe, sammelte am Wegesrand ein paar Kastanien auf und nahm einige Stück Kuchen mit. Der Herbst und ich, wir trafen uns wieder genau im Schlosshof, jeder an einer Pforte.



Ich zog mich warm an, legte den Schal um und nahm die schwere Halcyon-Brille aus dem Handschuhfach. Die Gäste auf der Bastion, zwei Paare, die vermutlich keine Sorgen ausser ein paar hunderttausend Verlust ihrer Fonds und das Halten ihres Gewichts auch jenseits der 60 kannten, sahen missmutig zu mir hinunter; sie ahnten wohl, dass meine Kleidung das baldige Ende der Zeit unter den Bäumen verhiess. Ich wendete, fuhr Richtung Süden genau unter dem silbrigen Wolkenstreifen, der das dunkle Grau des Regens vom Blau des letzten Roadstertages in Bayern trennte. Ich blieb auf der Landstrasse, kurvte um Nürnberg herum Richtung Jura, gewann wieder meinen Vorsprung vor der Wolkenwand, und erreichte genau zum richtigen Zeitpunkt über die kleine Serpentinenstrasse am Fuss der Felsen die Anhöhe über dem Tal.



Eigentlich wollte ich etwas schreiben über das Glück, jung zu sein und offen fahren zu können, das Land zu durchfahren ohne Eile und Hast, mit 2, 3000 Umdrehungen und selten schneller als 80 oder 90 Kilometer in der Stunde, was ohnehin schon zu schnell ist für die Regionen, in denen ich mich bewege. Es war kein grandioser Sommer, aber eine grandiose Zeit in Italien, es nahmen sehr viele nette Menschen neben mir Platz, manche kamen auch mit in die Gästewohnung und andere auf grosse Fahrt, ich war hier und immer weg, wenn ich wollte. Es war so gut, wie es eben ging.

Unten im Tal rasen sie den Kindinger Berg hinauf, es summt ungeduldig und aggresiv, wie Autobahnen es nun mal sind, Betonschneisen der Eile und Zeitlosigkeit, da unten ahnt man auch nichts vom Blick, der keine 10 Minuten weiter zu finden ist und der mehr geben kann als die sinnlos vergeudeten Stunden hinter dem Lenkrad, dem Fuss auf dem Pedal und der Finger immer auf der Hupe, könnte ja sein, dass sich einer mit 120 in den Weg stellt, der muss weg, und zwar sofort. Ich gehe hinunter zur Streuobstwiese, die schon lange nicht mehr bewirtschaftet wird, und hole ein paar rote, kleine Äpfel für die nächste Tarte Tatin, die in den Nächten des Herbsts draussen schnell auskühlt und so das Warten verkürzt, bis man endlich die Form stürzen und servieren kann. Denen, die dann hier sind, im Herzen des Landes.

Dienstag, 18. September 2007, 23:09, von donalphons | |comment

 
Solche Texte
versöhnen unsereinen dann doch wieder mit der Blogosphäre ...

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Ich glaube, es ist Zeit, dass die anständigen Leute ein wenig prascheln.

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Auch meyern sei erlaubt.

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... was heisst denn hier jung?

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Noch nicht in der 2. Lebenshälfte.

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Wo die zweite Lebenshälfte anfängt, kann man naturgemäss erst am Ende der zweiten sagen.

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Nel mezzo del cammin di nostra vita...
Aber wer sagt denn, dass es zwei gleich große Hälften sein müssen?

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Auf einmal? ;-)

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Die Lebenshälfte ist so jung, wie sie sich anfühlt. Oder so ähnlich. Text und Fotos wärmen das Herz. Danke dafür.

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"Die Lebenshälfte ist so jung, wie sie sich anfühlt." - ja was ist denn jetzt? Ist das hier jetzt die Seniorenmesse - fuenfundneunzigPLUS®?

Jemand Interesse an Kaffefahrten? Vielleicht zum Prickingshof? Mit Werbeverkaufveranstaltung ... und 500 g Bauernbrot, eine Pfund frisches Schweinehack und eine gute Flasche Mosel"wein" gibts noch obendruff.

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Danke, aber nein danke. Heute ist Basteln angesagt. Kaffeefahrten gibt es morgen wieder.

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