: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 1. Oktober 2007

Empfehlung heute - Es ist klug,

Andrea Dieners Einlassungen zum Zustand der jung vergreisten deutschen Buchfüllerei gelesen zu haben, wenn man eine herbstliche Radtour mit literarisch Interessierten macht, über raschelnde Blätter hinunter zu den stillen Seen im Wald.



Dann kann man nämlich mitreden, kluge Dinge vorbringen und geistreich wirken, ohne sich all die Stümperei in echt, in Buch und Fischeinwickeleipapier angetan zu haben, was so einen schönen Herbsttag deutlich von unschönen Momenten entlastet, weshalb man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann.



Überhaupt gebe ich mein Geld gerade lieber für Musik aus; Rabih Abou-Khalil ertönt aus dem Osten, während im Westen die Sonne untergeht, und der Luigi Pulci ist antiquarisch und von 1806.



Welchen höheren Literaturpreis als den Hass der Inquisition könnte es geben, und was sind die verhärmten Keiferlein der Ostelbier-UnZEIT schon gegen eine Christenfatwa?

Edit: Die Letztere bekommt Andrea sicher für folgende Generalabrechnung für die aktuell in München stattfindenden Weltpissundkotzfestspiele.

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Die Massen vor den Toren

Immer, wenn ich höflich und bestimmt irgendwelche verpeilten Touristen davon abhalte, unser Territorium zu betreten, ist da auch ein wenig Bedauern dabei. "Private Property" ist eine sinnvolle Regelung, ohne die das Bewohnen historischer Bausubstanz nicht möglich wäre, aber eben diese Substanz ist mehr als die Fassade, und das Ausschliessen anderer ist wie das Wegsperren von Gemälden im Safe. Ausserdem, so denkt man, ist es hier doch nicht im Mindesten so schlimm wie im Schloss S., die wirklich ein Problem haben, und im Wasserschloss I. haben sie sogar eine Pension, und werden mit dem Andrang auch fertig. Eine der schönsten Passagen Regensburg ist der Innenhof einer gotischen Stadtburg, insofern könnte man doch mal überlegen, zumindest ab und zu, für eine Handvoll Interessierte, die Tür zu öffnen und ein wenig über die Baugeschichte zu erzählen, vom Bruchsteinkeller des 13. Jahrhunderts über die mittelalterlichen Baureste und die jesuitischen Leistungen bishin zu den späteren Ausbauten in Zeiten der Raumknappheit des 19. Jahrhunderts und der Restaurierung der letzten Jahre.

Einfach eine kleine Notiz in die Zeitung setzen lassen, den Kreisheimatpfleger dazu bitten, vielleicht noch einen Herrn von der Gesellschaft, und für einen Tag die 5 Leute, die das interessiert, herumführen. Bei Bekannten habe ich das schon gemacht, es dauert vom Keller bis zum Dach etwa eine Stunde, und damit hat man seine Schuldigkeit gegenüber der Öffentlichkeit getan, den Rest juckt es ja eh nicht. Und damit es woanders vielleicht noch einen Interessierten mehr gibt, war ich gestern bei dem Schloss, das im XVIII. Jahrhundert der Sommersitz der Gesellschaft war, die damals in meiner Immobilie garstige Dinge gegen die Aufklärung betrieb; der Sommerfrische der Stehpulttäter, gewissermassen.



Es ist für ein Schloss ein eher kleiner Komplex, kleiner als das Ding in der Stadt, mit teilweise höheren Decken, schliesslich ist die aktuelle Substanz erst nach den Kriegsschäden entstanden - also, dem dreissigjährigen Krieg natürlich - während in der Stadt noch der Manierismus Giebel, Decken und Fenster gestaltete, und der Schwede und der Lutheraner hier nie reingekommen sind. Und es ist weit draussen vor der Stadt, da muss man wirklich hinfahren und sich dafür interessieren, insofern dachte ich, dass wirklich nur eine Handvoll Leute anwesend sein würden.

Ich kenne das Kaff, es ist normalerweise einer der Orte, wo man die schlafenden Katzen von den Strassen tragen muss. Zäune gibt es in Mengen, an denen man keinesfalls tot drüber hängen möchte, und überhaupt könnte Ruhe der Bach sein, an dem der Ort liegt. Gestern jedoch war es, als hätten die Wikinger die Hunnen, Vandalen, und Goten zum Jahrestreffen der Völkerwanderer geladen, mit Testerstürmung eines Schlosses. Und alle wollten sie bis ins kleinste Detail wissen, was es jetzt mit dem Putz auf sich hat, ob Dachshaar besser als Hanf beigemischt werden sollte und welche Lagerstädte für Kalk der opimale zum Verputzen von Konglomeratmauerwerk sei, und überhaupt gab es das grosse Wettrennen, wer die dicksten Ziegelmauern hat - ich darf vermerken, dass ich mit 120 cm im Erdgeschoss gar nicht so schlecht dabei war.



Danke, ihr glorreichen 400 der besseren Gesellschaft, ich weiss jetzt wieder, warum die Tür zu bleibt, weniger wegen dem Interesse, sondern wegen den dummen Sprüchen danach, all das "Dös is a Lemsaafgabe", "Schee is scho, owa" "Geh weida, dös kost ned dazoin", das Gegaffe, als wäre so ein Haus ein Unfall, die Schreckenskammer für Heimwerker, und obendrein die Kinderhorden, die an jeder Tür rütteln, die Blumentöpfe umwerfen und die Hunde verrückt machen, nein danke, Führungen für Gruppen bis zu 5 Personen mit schriftlicher Begründung gerne, aber offene Tür? Was der Schwede nicht vermocht hat, schaffen dann die Interessierten, die meist selbst ein altes Haus hatten, das heute irgendwelchen Immobiliengesellschaften gehört und entkernt die Stadt verschandelt, und mir bliebe nur das Hinterherputzen hinter denen, die sich nicht mal die Schuhe abstreifen. Muss nicht sein. Private Property eben.

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