: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 22. Oktober 2005

Dirt Picture Contest - Vorschnell weggeworfen

Hätten sie mal besser MTV geschaut. Dann hätten sie gewusst, dass Möbel mit 70er-Jahre-Pattern wieder schwer angesagt sind. Sowas kann man heute auch verkaufen, an aus dem südwestdeutschen Raum zugezogene Studis.



Da schlunzt sich der junge Mittebewohner heute gern rein, zupft an der E-Gitarre Lieder, die keiner je hören wird und daddelt, das Sixpack neben sich auf dem verstaubten Dielenboden, eine Runde auf der Playstation, statt endlich den Roman zu schreiben, den andere ohnehin viel besser können. Im Januar macht er auf den Sesseln den ihm gewährten Trostfick mit einer rupffrisurten Blondine und findet, dass ihre Tattoos und Body Mods ganz wunderbar in seine Wohnung passen. Und sie wäre von dem Paar Sessel so schwer beieindruckt, dass die drei Wochen später darauf für ein nie erscheinendes Streetwear- Magazin ein Shooting mit einem Photographen macht, der sie zwei Wochen später schwängert und sitzen lässt, weshalb sie dann nur noch selten aus ihrem ostfriedrichshainer aka hellersdorfer Sozialbau nach Mitte kommt, um mir dort auf den Flohmärkten den Sportbuggy mitsamt brüllender Fracht in die Kniekehlen zu rammen, wenn ich mal wieder da oben sein sollte.

Aber es wird zum Glück so nicht kommen, denn die Sessel stehen auf der Strasse, verfaulen ein wenig und werden in spätestens 7 Monaten vom Sperrmüll, den eine mitleidige Hausverwaltung informiert, abgeholt.

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Dienstag, 18. Oktober 2005

Dirt Picture Contest will never end

Du kannst machen was du willst: Dem Dreck wirst du nie entgehen. Der Schmutz ist nicht omnipräsent, die Stadt geht nicht einfach in den Abfall über. Die Stadt selbst ist, mit allem was drin steht und sich bewegt, der Müll. Es wird nur an einigen Stellen besser sichtbar als anderswo. So, dass es eigentlich jeder ausser den Berlinern sieht, etwa, wenn einem Hinterhof die schützende Mauer zur Strasse fehlt.



Dagegen kann man nicht ansanieren, dagegen kann man keinen Regierungsmaschinerie mit ein paar tausend Wochenendheimfliegern einbauen, denn der Dreck ist eine Erscheinungs- und Verwirklichungsform der hiesigen Slumbewohner, den meisten fällt es schon gar nicht mehr auf, ist halt so, das stimmt so, das war noch nie anders. Man kann nichts dagegen tun, man kann daran allenfalls zugrunde gehen und sterben, aber selbst dann geht es weiter. Es gibt keinen Zerfall in Würde, das lässt die Verordnung auch nicht zu, sondern einfach nur die nächste Müllhalde.



Und denen, die unter dem Müll verrotten, kommen neue Schmutzvermehrer nach, es wird immer so weitergehen, nie hat das ein Ende, nicht einmal eine Pest könnte es ändern, denn obwohl der dafür nötige Dreck da ist - die hier sind inzwischen resistent gegen ihre Verwahllosung, und bis jemand kommt und sie mit einer milliardenschweren Aktion zur Schmierung inkompetenter Verwaltungsstellen rettet, halten sie auch eine Seuche locker aus.

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Freitag, 30. September 2005

OK, Berlin, Du hast gewonnen.

Ich gebe auf. Den ganzen Tag bin ich rumgerannt, um auch so einen coolen Turm zu finden. Haben wir aber nicht. Das einzige, was ich bieten kann, ist noch nicht mal rotweiss gestrichen, sondern nur aus Kalkstein und Ziegeln.



Und so totschickes Grau haben wir darüber am Himmel auch nicht, nur so blödes Blau und diesen grellen gelben Fleck. Ich hab mich dann erst mal in ein Strassencafe gesetzt, Tee getrunken und mich gefragt, warum die Welt so ungerecht ist, dass ich mir sogar Ende September noch das Sakko ausziehen muss. Weil es so warm ist.

Das ist alles so gemein. und hiddensee hat ein neues blog.

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Dienstag, 23. August 2005

Dirt Picture Contest - Blau gemacht

Was die linken einfach nicht begreifen: Es ist kein Spass, Leute zu feuern. Die rennen dann zum Arbeitsgericht und beweisen mit den mails, dass sie doch sowas wie einen Arbeitsvertrag hatten. Die wollen drei Monatslöhne. Die machen schlechte Stimmung in der Firme, was das allein schon kostet. Und danach muss man die anderen abwimmeln, die plötzlich eine Absicherung wollen. Natürlich ist dann auch ein Arbeitsplatz leer, der auf absehbare Zeit nicht mehr benötigt wird. Und es ist sehr schwer, den Mietvertrag einzudampfen. Die Rechner sind abgeschrieben und bringen bei Ebay nochmal 40 Euro, gut, aber was ist das schon gegen all den Ärger, den sowas mit sich bringt? Und dann noch die Möbel... früher konnte man ja einfach die BSR kommen lassen, die haben das abgeholt, aber heute kostet die Entsorgung wirklich Geld. Wenn man e nach Vorschrift macht.

Andererseits... heute Abend steht noch ein kleiner Griff in die Portokasse an... dazu hat man ja die 1000 Euro vom Betriebskonto geholt... die werden beim Essen mit Caroline nicht lang halten, aber was soll´s, danach gibt´s eben eine Steuerquittung... und wenn man schon mal da ist, wenn alle anderen gegangen sind, dann kann man den Stuhl von der dummen Kathi ... und dann noch ein paar Meter weiter die Schliemannstrasse runter...



Da kommt sicher ein Studi vorbei, der das brauchen kann ... Na eben, da sage noch einer, unternehmer hätten kein soziales Gewissen, nur weil sie steuerlich optimieren und Arbeitsplätze anpassen ... jetzt aber los, bevor es noch jemand sieht...

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Freitag, 19. August 2005

Dirt Picture Contest - Outsourcing

Zu irgendwas muss so ein Balkon ja gut sein, wenn man 4000 Euro für den Quadratmeter Mitte bezahlt hat.



Müllablagerung statt Leerstand - auch eine Option für Berlins feinste Adressen.

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Sonntag, 10. Juli 2005

Dirt Picture Contest - warum denn so förmlich?

So ein Ledersessel ist doch nicht stylisch... allenfalls was für Zigarillostinker und/oder als Wartesessel im SM-Bordell, aber doch keinesfalls was für die typische Berliner Wohnung. Zumal es dann dieses Stilmischmach gibt, 5 Teile Ikea, 2 Teile von Mama, ein Brocken Leder, der Tisch der Ex, die Klappstühle vomVormieter - das ist einfach nicht stylisch. Bunt darf es schon sein, aber es muss passen.



Na also! Identisch bis auf die poppige Farbe, lässig, loungig, Mitte vor 2 Jahren, taugt aber immer noch. So was findet man natürlich nicht in Mitte, da muss man schon in die besseren Viertel fahren, Fehrbelliner Platz, da stehen die rum und warten auf Liebhaber. Am Umstand, dass sie Stühle nicht den Bürgersteig unpassierbar machen, erkennt man die hohe Geisteshaltung des Spenders und der Passanten. In Mitte wären das sicher schon 14 Teile, auf 100 Meter verstreut - ach ja, der gute alte Westen.

Also schnell hin. Vielleicht überprüft die Mama hinten, ob die Dinger in den Kinderwagen passen.

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Sonntag, 3. Juli 2005

Dirt Picture Contest - Nicht für die Schule,

sondern für das Leben verschmutzen wir: Die Kombination aus alter Ost-Architektur und neuer West-Malerei, in Verbindung mit gesamtberlinslummischer Finanzkatastrophe gibt dem nachwuchs schon mal eine gute Vorstellung der Realität, die sie erwarten wird.



Davor wird ein Kindergarten rückgebaut. Das Bild ist schon ein paar Monate alt - vermutlich ist da inzwischen noch mehr gebröckelt. Irgendwann wrd das Grafitti den kaputten Putz festigen. Wenn es dann noch steht - bald bin ich leider in der Lage, persönlich vorbeizuschauen.

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Freitag, 24. Juni 2005

Dirt Picture Contest - Get your Kicks

on Route 666. Die Strecke beginnt beim grossen Werk, vorbei an grauen Blocks und einem grossen, hässlichen Friedhof zu einer alten, heruntergekommenen Shopping Mall der 70er Jahre, gegenüber ist dann dieses Ambiente, das fast aus einem Road Movie im Mittelwesten stammen könnte.



Dann kommt die Bowlingbahn, ein paar bessere Geschäfte, das Viertel der Ärzte, eine grössere Grünfläche, das Erdbeerfeld, nochmal Grün, und dann das Viertel, in dem man wohnt, wenn man dazu gehört. Nie würde man dort zugeben, dass man aus alter Gewohnheit ab und zu, wenn es die besseren Spiesser packt, bei diesem Wagen auf dem Bild ein halbes Hendl, triefend und fettig, kauft.

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Montag, 6. Juni 2005

Dirt Picture Contest - Hauslamot

In Bayern gibt es ein Fleischgericht mit dem schönen Namen Böfflamot. Das Böfflamot leitet sich vom Französischen boef a la mode - quasi angesagtes Fleischgericht - ab und ist als Begriff ein typisches Beispiel für die Verballhornung, die dem Wunsch zur Aufwertung entspringen kann.

Nun gibt es in Bayern bekanntlich zugereiste Menschen, die nicht ganz arm sind, in eigenen Häusern mit eigenem Garten leben und auch an keinerlei Vorgaben bezüglich der Architektur gebunden sind. Kurz, sie können tun, was sie wollen. Dominierten in den späten 60er Jahren noch die Bauten des Flachlandtirols mit gedrechselten Balkonen und Zirbelstübchen, tendierte man in der wohlhabenden Provinz später zur heimischen Burg, in krasser Verkennung des Sinngehalts des englischen Mottos "My Home is my Castle". So eine Burg braucht natürlich einen der feindlichen Umwelt zugewandten Turm, oder zumindest einen Turmstumpf, der die Bereitschaft signalisiert, die innere Gemütlichkeit bis aufs Messer und den letzten Tropfen Zugereistenblut zu verteidigen.

Jahre zogen ins Land wie weisse Wolken über den blauen bayerischen Himmel, unter denen sich die Burgen der Piefkegeschlechter ausbreiteten, und dann geschah das Unerwartete: Jungere Zugereiste verzichteten mangels ausgebliebener Bajuwarenhorden auf den Turm und bemalten die Wände statt dessen in Pastellorange, und orientierten die Augen ihrer bezahlten Architekten auch sonst gegen die Toskana, oder besser gegen das, von dem sie dachten, dass die Toskana so ausschaut. Nicht mehr die Burg, das Landhaus dominierte die Neubaugebiete der Zugereisten und aus der Art geschlagenen Bayern sowie den Mischehen aus beiden.

Und was macht so ein Burgnichtmehrlamotbesitzer? Nun, dieses Prachtexemplar - man beachte die echten Bleiglasrundbogenfenster! - verpasste seiner Burg einen pastellorangen Tarnanstrich. Mit rosa Scheuerleiste unten.



Vielleicht sitzen die Bewohner jetzt drinnen und hassen sich für ihre Holzdecken. Mit imitierten Tragbalken und Geweihleuchter. Aber zuerst kommen mal die Bleigläser raus. Spätestens, wenn dann Neugelsenkirchner Barock in ist, haben sie auch ihren Palladiolamot daraus geschnitzt.

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Freitag, 3. Juni 2005

Dirt Picture Contest - Karton 2 Go

Für jeden, der geht, gibt es auch einen, der kommt. Oder besser gesagt, es kommen 0,8 legale Zuwanderer und 0,2, deren Papiere nicht den Vorstellungen des Staates entsprechen, die aber kaum weiter reichen als bis zum Tor des Innenministeriums. Wenn ich also heute zum letzten Mal in Richtung Süden fahre, bleibt die Gewissheit, dass gleich um die Ecke jemand ankam, der ganz sicher mehr mit dieser Stadt wird anfangen können als ich. Er hat sich jedenfalls schon beim Einzug den hiesigen Umgang mit dem öffentlichen Raum zu eigen gemacht.



War da gar nichts, was an Berlin gut war, werden sie mich in Bayern fragen. Ich werde kurz nachdenken, am Tee nippen, die silberne Untertasse vom Hofjuwelier Gebr. Friedländer streicheln, die irgendeine Mittemama ihr Balg auf dem Flohmarkt hat verticken lassen, leise lächeln und sagen: Doch. Wenn man wegziehen will, findet man an allen Ecken kostenlose Umzugkartons. Das ist schon was. Oder?

Dann werde ich noch mal nachdenken und sagen: Zumindest war das noch zu meiner Zeit dort so. Inzwischen kann es natürlich auch sein, dass die aus den Kartons ihre Hütten bauen, oder die leeren Fensterrahmen im Winter abdichten. Kann ich verstehen. Berlin ist kalt. Und dann werde ich aus dem Fenster meiner Bibliothek hinausschauen auf die kleine,viel zu reiche und geschmacklose Provinzstadt und hoffen, dass die da oben im Bundeshauptslum an der Spree zunmindest immer genug Kohle und Gas oder Kartons haben werden, damit sie keine Bücher verbrennen.

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