: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 7. März 2010

Fern grauer Städte Mauern

Ihr müsst jetzt sehr stark sein.

Ich war letzte Woche in Frankfurt noch vor dem sog. Kälteeinbruch, und ich weiss, wie sich das am Morgen der Polarluft in der Stadt anfühlte. Es war eisig kalt, ich fröstelte, ich schniefte, es war sonnig, ich hatte einen sehr schönen Abend hinter mir, und trotzdem war es, als hätte man mir Blei an die Füsse gehängt und Kleber in die Gelenke gespritzt. Man hält das eine Weile aus, aber auf Dauer, nach hundert Schritt, will man zurück in die Wohnung. Tu nicht so, schnauzt man sich an, es sind nur ein paar Meter und 2 Grad unter Null. Und dennoch, man wünscht sich den Frühling.



Hier am Tegernsee sind es üppige minus 6 Grad und 30 Zentimeter Neuschnee. Es ist wirklich kalt. Es ist wieder tiefster Winter. Juchee! Es ist wieder Winter! Winter, das ist kalt, sehr kalt, aber angenehm kalt, man muss sich nur bewegen, und in die Landschaft schauen.



Keine finsteren Gassen und keine arroganten Türme, durch die der Wind heult, die Kälte kitzelt in der Nase, aber sie ist rein, pur, ohne Abgase und Lärm, und alles erstrahlt in jenem frischen Weiss, das sich hier 30 Zentimeter dick auf den Zauberwald gelegt hat.



Später dann auch in Blau in den Schatten und Rosa im Abendlicht. Zu spät bin ich angekommen, zu spät losmarschiert, es reicht nicht mehr für den Gipfel, denn der neue Rodel ist viel zu schwer, um leichtfüssig hinauf zu eilen. Aber warum schnell sein, wenn die Schönheit den Wanderer in jedem Augenblick umfängt.



Dann geht es wieder hinab ins abendliche Tal, hinein in das Licht, das über dem satten, kalten und pulvrigen Weiss liegt, das auffliegt und alles bedeckt und, und, im Gesicht erst geschmolzen und dann durch den eisigen Fahrtwind frierend, in der Haut piekst, bis einen der nächste Sonnenstrahl ergreift.



In den Städten mögen sie maulen und keifen und in ihrer Twitter-Timeline ihre Follower beröcheln, aber hier oben, allein am Berg im Licht auf dem Weiss, da kann man sich kaum Schöneres vorstellen als den Bergwinter, diese eisige Göttin aus dem Zauberwald und ihren Millionen kleinen Eiskristallfeen, die durch die Luft flirren. In der Stadt ist der Winter wie Sterben, auch wenn man vegetiert. Hier am Berg kann einen das Wetter umbringen, aber man lebt. Und wie.



Aber das versteht keiner, der immer nur über Bildschirm und Handy gebeugt anderen erzählt, dass er etwas tut, das nur mit etwas gutem Willen wie Leben aussieht.

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Sonntag, 21. Februar 2010

Von 17.30 bis 17.42

Ich merke, dass es Frühling wird, weil es inzwischen auareicht, wenn ich um 16 Uhr auf den Berg gehe. Einerseits bin ich inzwischen auf 1:25 Stunden für den Aufstieg angekommen, andererseits verschiebt sich der Sonnenuntergang inzwischen eine Minute pro Tag. Vor drei Tagen war die Sonne um 17.39 weg, inzwischen sind wir bei 17.42 Uhr. Drei Minuten mehr Licht, nicht unbedingt Wärme, aber das macht nichts: Das Licht allein reicht schon, selbst wenn der Winter hier nochmal mit Macht einkehrte, und eine traumhafte Piste hinterlassen hat.



Grossbild 17.30



Grossbild 17.35



Grossbild 17.40

Und morgen soll es wieder Traumwetter geben. Vielleicht gehe ich zweimal, einmal am Morgen und einmal, wenn die Münchner wieder heimfahren.

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Freitag, 19. Februar 2010

Wettlauf mit der Sonne

Es gab heute ein kleines Missverständnis, das bereinigt werden musste. Kann mal passieren, nur musste ich ein paar Dinge klären und festhalten, und das dauerte etwas. So lang, dass ich schon befürchtete, es vor Sonnenuntergang nicht mehr auf den Berg zu schaffen. Und ich muss gestehen: Fast hätte ich tatsächlich versagt. Aber dann war sogar noch genug Zeit für einen Kuchen in der Abendsonne. Den hatte ich auch nötig, denn normal brauche ich im Winter eine Stunde und 40 Minuten. Gestern war ich fast 20 Minuten schneller.



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Ich merke, dass es Frühling wird. An der Konsistenz des Schnees, an der Luft und ihrem Geschmack, am Licht und wie lange es hält. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, ist es definitiv später Winter oder Vorfrühling, wie man will. Überall kämpfst sich etwas Grünes durch den Schee. Manche wird das freuen, aber in den Bergen ist der Winter kein Grauen, sondern eine wunderbare, mitunter sogar die schönste Jahreszeit. Niemals ist die Luft so klar und das Licht so intensiv, wie im Bergwinter.



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Dann verschwaind die Sonne hinter den Bergen, um 17.39 Uhr, später, viel später als im Flachland. Ich war der Letzte auf dem Gipfel, alle anderes waren schon weg. Man möchte eigentlich warten, bis die Dunkelheit über das Land fällt, aber das wäre, wenngleich sehr schön, bei der Abfahrt auch gefährlich.



Grossbild

In der Dämmerung kommt der Winter dann wieder aus dem gefrorenen Untergrund, macht das Schmelzwasser zu einem brettharten Eispanzer über der Piste und vertreibt alle Wärme aus der Luft. Man sieht wenig, man ist gut beraten, die Strecke oft gefahren zu sein, und der Rennrodel knallt über zu Splittern gewordene Sulzfragmente ins Tal, bricht auf dem Eis aus, fängt sich wieder, immer entlang zwischen Tag und Nacht, Kontrolle und Katastrophe, Winter und Frühling.

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Mittwoch, 17. Februar 2010

Leben

Am Berg muss man jeden Tag leben, als wäre es der letzte Tag. Der Berg ist jeden Tag neu und jeden Tag anders, der Himmel, die Sicht, der Dunst, das alles ist nie gleich, und was man heute nicht sieht und erlebt, wird man so nie merh erleben. Das ist in den Städten anders, dort ist die Natur gezähmt oder ausgesperrt, und der Himmel mit Abgasen unterfüttert, aber der Berg ist unmittelbar und jetzt. Es muss jetzt sein, oder es ist nie mehr. Vorgestern war alles grau wie im nordischen Märchen, gestern stürzten pudrige Schneemassen von den Bäumen, und heute tropfte das Schmelzwasser, während aus dem Westen die Wolkenfronten empor stiegen. Es gibt immer nur diesen Augenblick, und nur der Berg selbst ist dauerhaft für Jahrtausende.



Grossbild

Andere werden das vielleicht lächerlich finden, wenn sie statt dessen doch einen kostenlosen Coffe2Go bekommen, wenn sie nur einen Internetdienst befüttern, manche werden das nicht verstehen, weil sie heute Abend doch auf einer Feier sind, wo vielleicht sogar Leute öffentlich kopulieren, auch das ist etwas besonderes, das kann man erzählen und wissen, dass man vorne mit dabei ist. Man kann ein Taxi nehmen, man muss nicht hinauf keuchen, und das andere, das mit den Bergen, das ist ja sowas von Ganghofer...

Mag sein, mag alles sein. Aber ich fühlte mein Herz schlagen, ich war heute lebendig und schnell, ich wäre einmal beinahe über die Steilkurve gekippt und habe viel gelacht. Ich war auf dem Berg, und habe den Tag neu gelebt. Übermorgen kommt mein Faltboot an, dann muss ich heim und es holen. Morgen soll es Schnee geben, aber einmal noch werde ich hinauf gehen. Und es wird wieder anders sein, und ich werde wieder leben.

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Mittwoch, 17. Februar 2010

Ein makelloser Tag

Früher Nachmittag, 14 Uhr ungefähr.



Abend, kurz nach 18 Uhr.



Ich sass eine halbe Stunde oben auf dem Berg, und tausend kleine Sonnennadel piekten mein Gesicht mit Hitze. Alle jammern, aber ich, ich liebe diesen Winter, diesen Bergwinter.

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Montag, 15. Februar 2010

Traumkurven

aber sehr eisig, sehr, sehr eisig und aufgrund der Kälte auch knallhart. Das ist die letzte Serpentine vor der Schussfahrt nach Gasse.



Und in dieser und drei weiteren Kurven dachte ich mir, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, einen neueren Rodel mit schärferen Kanten zu nehmen. Mein alter Jested aus Tschechien - oder besser, damals die CSSR - sieht zwar sehr vintage und schick aus, hat aber an den Kufen etwas nachgelassen.



Das macht nichts aus, solange die Bahn nicht allzu hart ist, aber im Moment, und gerade in den Kurven, in denen alle bremsen, sind die Kufen nicht mehr scharf genug. Der Rodel gräbt sich nicht tief genug ins Eis, um bei meiner relativ hohen Geschwindigkeit zu greifen. Und dann bricht der Rodel hinten aus.



Ich kann das auch kontrollieren, denn der Rodel ist sehr flach, spurtreu und dadurch gutmütig, aber trotzdem: Vielleicht nehme ich morgen einen anderen Rodel. Das ist kein normaler Waldweg mit Schnee mehr, das ist, wenn man ernsthaft fährt, extrem schnell und ebenso traumhaft wie riskant. (Knipsen geht aber immer.)

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Dienstag, 9. Februar 2010

Für N.

Hund auf Berg.



Auch heute war das Wetter schön.

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Dienstag, 9. Februar 2010

Materialermüdung

sagte die Begleitung, schliesslich, pflichtete ich bei, ist die Bespannung mindestens 30 Jahre alt.

















Das sollte jetzt auch für die nächsten 30 Jahre, oder wenigstens Stunden reichen. Je nachdem, was ich morgen in das Omelette tue.

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Montag, 1. Februar 2010

Eishacken

Normalerweise ist das Vermietergeschäft eine ruhige Angelegenheit: Die Mieter wohnen, man fragt ab und an, ob alles in Ordnung ist und bringt Zwetschgendatschi vorbei, ab und an muss man etwa reparieren, aber ansonsten hätte man, wäre das der eigentliche Beruf, sehr viel Zeit für schöne Dinge.

Leider habe ich eine sehr nette Mieterin an eine familiengründungsbedingte grössere Wohnung verloren, was nicht wenig Stress bedeutet. Und kaum habe ich einen neuen Mieter - was diesmal sehr schnell ging, nur musste ich in 24 Stunden zweimal nach München und zurück - kam das Eis. Viel Eis. Enorm viel Eis. Bis zu 5 Zentimeter dick.



Gestern Nacht zwischen 9 und 11 habe ich es dann gehackt, bis der Eishacker zerbrochen ist. Man sagt, das hält jung und fit. Solange man sich dabei nicht in den Fuss haut, mag das stimmen. Aber so bin ich jetzt verdammt, jeden Tag Eis zu hacken, Schnee zu räumen, und die Wohnung in München reparieren zu lassen.

Es ist ein toller Beruf, das vermieten, definitiv lottertauglich. Meistens.

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Sonntag, 31. Januar 2010

Vom Glück einer warmen Wohnung

Man macht sich ja so seine Gedanken, was sein wird, wenn es mal eng wird mit dem bequemen Heizen.



In München ist einmal im Winter für zwei Tage die Fernwärme ausgefallen - es war nicht schlimm, aber nicts, was man über Wochen erdulden möchte. Schon gar nicht in Zeiten wie diesen. Es muss eklig sein, in Osteuropa zu sitzen und zu wissen, dass die Russen jederzeit den Hahn zudrehen können.



Oder das Gas an die Chinesen verkaufen, so, wie es in der Globalisierung üblich ist. Mich würde mal interessieren, wieviel Geld man eigentlich, alles zusammen von dicker Kleidung bis zur Heitung spart, wenn man in den Süden zieht. Ich habe vorgestern mal nachgerechnet: Bis nach Venedig sind es nur 406 Kilometer. Über Fasching kann man dort sicher gut vermieten, ansonsten hätte man seine Ruhe, und im Sommer ist Deutschland auch ok. Solange nicht die Chinesen die EU übernehmen.

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