Donnerstag, 4. August 2011
Ganz, ganz schlechte Nachrichten
http://www.nakedcapitalism.com/2011/08/guest-post-fukushima-radiation-highest-ever-exceeding-capacity-of-measuring-device-fuel-likely-leaking-out-of-containment-vessel.html
Vielleicht sullte man dann jetzt Japan doch mal verlassen.
Vielleicht sullte man dann jetzt Japan doch mal verlassen.
donalphons, 00:08h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 2. August 2011
Ein gutes Abkommen
Einerseits bin ich ja der Meinung, dass die amerikanische Budgetkrise nicht gelöst ist, und der Zusammenbruch zwingend kommen muss: Man kann nicht Billionen nicht ausgeben, Hunderttausende in Existenznöte schicken, den Reichen jede Fluchtmöglichkeit in die internationalen Märkte lassen und dann erwarten, dass dann daheim die Wirtschaft floriert.
Andererseits bin ich aber auch der Meinung, dass eine ausbleibende Einigung zusammen mit den neuesten Wirtschaftszahlen gestern und heute tatsächlich so etwas wie einen begrenzten Zusammenbruch hätten auslösen können. Nur an den Börsen natürlich, man soll das nicht überbewerten, aber recht kurzfristig hätte es auch noch andere böse Folgen geben können: Dass die USA ihre Schulden nie mehr werden bedienen können, ist eigentlich offensichtlich, und wenn keiner mehr borgt, hätte man eben wieder die Gelddruckmaschine angeworfen. So, wie es jetzt ist, bleibt es einigermassen stabil. Ich glaube auch nicht, dass dieses Programm wirklich Bestand haben wird: An Ausgabenstreichungen der Zukunft soll man erst glauben, wenn sie wirklich kommen. Dass linke Politiker nicht angetan sind, dass die USA sich von einer kleinen Gruppe Extremisten terrorisieren lassen - sicher.
Aber man muss den Tatsachen ins Auge schauen. Für uns alle ist es erst einmal eine Gelegenheit, den Sommer zu geniessen und zu überlegen, was man jetzt eigentlich gern tun möchte. Es kommen Monate, in denen man sich vorbereiten kann, und ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass wir nochmal einen enormen Schub bei den Topimmobilien sehen werden. Natürlich auch bei den Mieten, aber das ist eine andere Sache. Sichere Häfen wären jetzt fein, allein, auf die Schnelle sind sie nicht zu finden; man kann diese Zeit also auch damit zubringen, sich schon mal darauf einzustellen, dass bei diesem Spiel gewinnen identisch mit wenig verlieren ist. Abgesehen davon denke ich aber, dass die Regionen, in der manche ohnehin schon sind - reiche deutsche Bundesländer - als erste wieder durchstarten werden. Ein paar Social Media Coaches werden schwere Zeiten haben, sicher, und im Osten will man nicht leben, aber solange man sich vom Krisenherd der USA entkoppeln kann, ist eigentlich alles bestens. Soweit es eben bestens sein kann.
Zynisch? Sicher. Aber man kann nicht alle retten, und schon gar nicht, wenn sie eine reiche Kaste haben wollen, wegen derer alle anderen verlieren. Die USA werden in die Geschichte als Beispiel für grenzenlose Verleugnung der Realität eingehen. Und der Chinamann, der seine Schulden hat, als Depp vom Dienst.
Andererseits bin ich aber auch der Meinung, dass eine ausbleibende Einigung zusammen mit den neuesten Wirtschaftszahlen gestern und heute tatsächlich so etwas wie einen begrenzten Zusammenbruch hätten auslösen können. Nur an den Börsen natürlich, man soll das nicht überbewerten, aber recht kurzfristig hätte es auch noch andere böse Folgen geben können: Dass die USA ihre Schulden nie mehr werden bedienen können, ist eigentlich offensichtlich, und wenn keiner mehr borgt, hätte man eben wieder die Gelddruckmaschine angeworfen. So, wie es jetzt ist, bleibt es einigermassen stabil. Ich glaube auch nicht, dass dieses Programm wirklich Bestand haben wird: An Ausgabenstreichungen der Zukunft soll man erst glauben, wenn sie wirklich kommen. Dass linke Politiker nicht angetan sind, dass die USA sich von einer kleinen Gruppe Extremisten terrorisieren lassen - sicher.
Aber man muss den Tatsachen ins Auge schauen. Für uns alle ist es erst einmal eine Gelegenheit, den Sommer zu geniessen und zu überlegen, was man jetzt eigentlich gern tun möchte. Es kommen Monate, in denen man sich vorbereiten kann, und ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass wir nochmal einen enormen Schub bei den Topimmobilien sehen werden. Natürlich auch bei den Mieten, aber das ist eine andere Sache. Sichere Häfen wären jetzt fein, allein, auf die Schnelle sind sie nicht zu finden; man kann diese Zeit also auch damit zubringen, sich schon mal darauf einzustellen, dass bei diesem Spiel gewinnen identisch mit wenig verlieren ist. Abgesehen davon denke ich aber, dass die Regionen, in der manche ohnehin schon sind - reiche deutsche Bundesländer - als erste wieder durchstarten werden. Ein paar Social Media Coaches werden schwere Zeiten haben, sicher, und im Osten will man nicht leben, aber solange man sich vom Krisenherd der USA entkoppeln kann, ist eigentlich alles bestens. Soweit es eben bestens sein kann.
Zynisch? Sicher. Aber man kann nicht alle retten, und schon gar nicht, wenn sie eine reiche Kaste haben wollen, wegen derer alle anderen verlieren. Die USA werden in die Geschichte als Beispiel für grenzenlose Verleugnung der Realität eingehen. Und der Chinamann, der seine Schulden hat, als Depp vom Dienst.
donalphons, 13:06h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 1. August 2011
Heute, woanders in Europa
Wiedereinführung der politischen Schauprozesse in Ungarn. Gegen solche Leute ist Berlusconi ein Waisenknabe.
donalphons, 22:40h
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Sonntag, 31. Juli 2011
Rote Recherche
am rechten Rand, heute Nachmittag:

Was ich erstaunlich finde ist, dass es den Islamhassern wirklich gelungen ist, unter der Aufmerksamkeitsschwelle vieler Analysen zum Thema Rechtsextremismus zu bleiben. Vielleicht nicht nur, weil diese Form von Hass so bürgerlich, so breit, so springer-spon-focuspassend daherkommt (man sollte nie vergessen: Die heftigsten Auritte hat sich Broder zu seiner SPON-Zeit geleistet). Vielleicht auch, weil Islamhass ein Phänomen ist, das sich vor allem im Internet in vielen verschiedenen Grüppchen und Richtungen von den Israelüberidentifizierten bis zu den Antideutschen austobt, und nicht wie die alten Nazis in Verbänden, Gruppierungen, Vereinen und Zeitungen. Sprich, wenn man nicht genau weiss, wo man was suchen muss, wird es schwierig, diese Szene zu überschauen. Von der Arbeit, die meist anonym agierenden Leute zu enttarnen, mal ganz zu schweigen, Man kann nur hoffen, dass sich das jetzt ändert.

Was ich erstaunlich finde ist, dass es den Islamhassern wirklich gelungen ist, unter der Aufmerksamkeitsschwelle vieler Analysen zum Thema Rechtsextremismus zu bleiben. Vielleicht nicht nur, weil diese Form von Hass so bürgerlich, so breit, so springer-spon-focuspassend daherkommt (man sollte nie vergessen: Die heftigsten Auritte hat sich Broder zu seiner SPON-Zeit geleistet). Vielleicht auch, weil Islamhass ein Phänomen ist, das sich vor allem im Internet in vielen verschiedenen Grüppchen und Richtungen von den Israelüberidentifizierten bis zu den Antideutschen austobt, und nicht wie die alten Nazis in Verbänden, Gruppierungen, Vereinen und Zeitungen. Sprich, wenn man nicht genau weiss, wo man was suchen muss, wird es schwierig, diese Szene zu überschauen. Von der Arbeit, die meist anonym agierenden Leute zu enttarnen, mal ganz zu schweigen, Man kann nur hoffen, dass sich das jetzt ändert.
donalphons, 22:35h
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Samstag, 30. Juli 2011
Weisheit des Tages (und der Woche und darüber hinaus)
Geld ist bestenfalls bedrucktes Papier, oder eine abgepeicherte Zahl, an die mal mehr, mal weniger Menschen glauben.
donalphons, 16:15h
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Freitag, 29. Juli 2011
Winterzimmer, früher
Es ist ha nicht so, dass ich nicht für alle Eventualitäten gerüstet wäre. Ich muss nur die kleine Sommerkanne gegen eine grosse Winterkanne austauschen und ein paar Kerzen aus dem Küchenschrank holen.

Und wenn es morgen ohnehin regnet, kann man vielleicht das hier über unseren tollen EU-Rettungsschirm lesen, denn der Tag ist eh schon schlecht, da kommt es auf einen Trübsinn mehr oder weniger auch nicht an.

Und wenn es morgen ohnehin regnet, kann man vielleicht das hier über unseren tollen EU-Rettungsschirm lesen, denn der Tag ist eh schon schlecht, da kommt es auf einen Trübsinn mehr oder weniger auch nicht an.
donalphons, 22:17h
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Dienstag, 26. Juli 2011
Eine Immobilie wird frei.
Gestern stand ich noch auf der Brücke in Gmund und blickte wohlgefällig auf den See, denkend: Wer hier lebt, hat es gut.
Und nun erfahre ich, dass der Neutegernseer Weimer, Chefredakteur vom Focus und hier wohnhaft ganz nah beim Verlagchef, geht. Nach einem Jahr. Wird er behalten? Wieder verkaufen? Es ist schön hier. Aber auch nicht immer nett, wie er erleben musste. Burda ist ja irgendwie nicht so der Laden, bei dem ich arbeiten wollen würde.
Nach meiner bescheidenen Meinung hat Weimer wenigstens mal das versucht, wozu in München keiner die Kraft hatte: Einen anderen Weg zu gehen. Ich hätte trotzdem NIE den Focus gekauft, das Blatt steht zu sehr für eine bestimmte Sorte Mensch, und es wäre mir peinlich, mit denen etwas gemein zu haben. Aber das heisst nicht, dass man diese Käufer nicht auch etwas hätte klüger machen können. Immer nur die reaktionäre Dummheit des Spiegeln nutzwertig zu unterbieten, kann auch keine Lösung sein. Und die Generation, die Markwort einst folgte, ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Der Focus, wie er ist, ist ein Blatt für Möchtegerns, die nicht lesen wollen. Das kann man problemlos im Internet abbilden. Das kommt nie mehr. Und deshalb denke ich auch, dass jeder andere Weg besser gewesen wäre, als die Rückkehr zu jenen Wurzeln, die sich nun vollziehen wird.
Markwort. OMG. Brrrr. Das tiefgelegte Golf Cabrio in Weiss mit Spoilern unter den Journalisten.
Und nun erfahre ich, dass der Neutegernseer Weimer, Chefredakteur vom Focus und hier wohnhaft ganz nah beim Verlagchef, geht. Nach einem Jahr. Wird er behalten? Wieder verkaufen? Es ist schön hier. Aber auch nicht immer nett, wie er erleben musste. Burda ist ja irgendwie nicht so der Laden, bei dem ich arbeiten wollen würde.
Nach meiner bescheidenen Meinung hat Weimer wenigstens mal das versucht, wozu in München keiner die Kraft hatte: Einen anderen Weg zu gehen. Ich hätte trotzdem NIE den Focus gekauft, das Blatt steht zu sehr für eine bestimmte Sorte Mensch, und es wäre mir peinlich, mit denen etwas gemein zu haben. Aber das heisst nicht, dass man diese Käufer nicht auch etwas hätte klüger machen können. Immer nur die reaktionäre Dummheit des Spiegeln nutzwertig zu unterbieten, kann auch keine Lösung sein. Und die Generation, die Markwort einst folgte, ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Der Focus, wie er ist, ist ein Blatt für Möchtegerns, die nicht lesen wollen. Das kann man problemlos im Internet abbilden. Das kommt nie mehr. Und deshalb denke ich auch, dass jeder andere Weg besser gewesen wäre, als die Rückkehr zu jenen Wurzeln, die sich nun vollziehen wird.
Markwort. OMG. Brrrr. Das tiefgelegte Golf Cabrio in Weiss mit Spoilern unter den Journalisten.
donalphons, 15:32h
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Dienstag, 26. Juli 2011
Einzeltäter
Ich glaube, ziemlich viele Leute werden im Moment so irgendwie gar nicht daran erinnert werden wollen, dass wir in Deutschland eine Weile recht nah daran waren, eine breit aufgestellte, islamophobe Szene im Internet zu bekommen. Das begann ungefährt mit dem Irakkrieg, als sich Vertreter verschiedener Gruppierungen, teilweise auch mit Unterstützung mancher Parteien, zusammentaten, um für das Ansehen der Bush-Regierung in Deutschland und gegen einen "Antiamerikanismus" ins Feld zu ziehen. Die eine Grundlage der Überlegung war, dass man den USA etwas schuldete, die wie schon bei Pearl Harbour grundlos angegriffen worden war, und sich nun verteidigte. Die andere Überlegung war, dass die Muslime dieser Welt tatsächlich in einem Kampf gegen die Werte des Westens waren. Diese Deutschen nun wollten, so würde ich das rückblickend sehen, in erster Linie tatsächlich so etwas eine eine transatlanische Solidarität und mehr Verständnis für die Bush-Regierung.

Was dieser Szene dann aber sehr schnell das Leben schwer machte, waren zwei gegenläufige Entwicklungen: Einerseits der katastrophal verlaufende Besatzungskrieg im Irak und in Afghanistan. Dann aber auch die nicht immer glatt verlaufende Suche nach Bündnispartnern, die in islamophoben Kreisen gefunden wurden. In dieser Zeit baute man sich in gegenseitiger Anregung ein neues Weltbild zusammen, das in weiten Teilen dem Buch "An End to Evil" der amerikanischen Politikberater David Frum und Richard Perle entsprach, und natürlich auch der Propaganda von Al Quaida: Ausgehend vom Streit um Israel über den Bürgerkrieg im Libanon, die Taliban, den Balkankrieg und bishin zu vielen Terroraktend habe sich ein an vielen Fronten geführter, bislang aber von uns ignorierter Krieg des Islams gegen den Westen entwickelt; Bush sei der erste, der die Herausforderung annehmen würde und nun unsere Zivilisation rettet. Je weniger sich diese Hoffnung aber erfüllte, je deutlicher die Probleme des "Krieges gegen den Terror" wurden, desto mehr rückten die Moslems in den Vordergund: Dieser schlecht verlaufende Krieg liess sich nur logisch begründen, wenn der Feind so gefährlich, radikal und omnipräsent wie nur irgend möglich war, Man sprach also weniger von den eigenen Misserfolgen, denn von den Erfolgen der Gegner beim Aufbau einer globalen Front.

Wer das nicht so sah - ich war einer davon - konnte sich auf einiges einstellen. In der deutschen Szene nennt man solche Leute Dhimmis und Appeaser, und um auch gleich deutlich zu machen, dass das hier Beihilfe im Drittem Weltkrieg ist, wurden aus dem Muslimen Islamofaschisten. Damit war das ideologische Grundgerüst fertig: Eine kleine Minderheit, die die Probleme erkennt, kämpft in Deutschland gegen jene, die den neuen Faschisten Tür und Tor öffnen. Dass die Definition für den verteidigten "Westen" nicht zwingend das ist, was man sonst so als Westen versteht, war egal: Der Westen war diese Gruppe. Alle anderen waren Ignoranten, oder Verräter, oder dekadente Zerfallserscheinungen. Man trat für Israel ein - wenn es Siedlungen baute. Man beschimpfte Israelis aber als Verräter, wenn sie Siedlungen räumten und Frieden wollten. Man hoffte endlich auf einen Krieg zwischen den USA und dem Iran. Wer den Westen nicht nach ihrem Gusto haben wollte und das schrieb, konnte sich auf etwas gefasst machen. Da wurde dann schnell das Widerstandsrecht des Grundgesetzes bemüht.

Es ist, nachträglich betrachtet, ein grosses Glück gewesen, dass diese Szene nach dem Karikaturenstreit in mehrere Fraktionen zerfallen ist. Amerikafreunde, Libertäre, Islamhasser, Tea-Party-Vorläufer, Überidentifizierte mit jüdischen Namen, sie alle hatten zwar eine gemeinsame Basis und mitunter auch Leute, bei denen alle nickten - Broder und Sarrazion stehen für diesen Konsens der Islamophobie - aber intern ging es dann auch schnell um die Meinungsführerschaft. In dem Moment, da sich Politically Incorrect als Zentralorgan der Szene mit den meisten Lesern etablierte. war es auch schon wieder vorbei mit der Einheitsfront. PI wurde zur Stimme der grossen, lautstarken Randgruppen, andere aus diesen Kreisen der Transatlantiker eigener Definition verschwanden (Statler und Waldorf), wurden irrelevant (Fact Fiction, Antibuerokratieteam), oder tauchen immer wieder mal in Medien auf (Welt und Focus).

Insgesamt, langfristig, haben sie gewonnen. Die SPD muss sich schämen, einen Vordenker wie Sarrazin in ihren Reihen zu haben, uund man sollte den deutschen Sozis in Berlin ins Gesicht spucken dafür, dass sie nicht den Mut hatten, diese Figur davonzujagen. Die Vorstellung, dass es tatsächlich so etwas wie eine geplante Übernahme des Westens gibt, wurde von all jenen dauerventiliert, die sich im Wettkampf um Aufmerksamkeit stets überbieten mussten, und nach Sarrazin haben sich diese Theorien fast schon in den normalen Politikbetrieb hinein verselbstständigt. Darunter muss man als Islamkritiker gar nichtg mehr anfangen. Anders gesagt: Das, was um 2003/4 noch die Meinung von ein paar Irren war, ist heute die Meinung von sehr vielen Irren. Es wird gar nicht mehr in Frage gestellt. Und wenn man 10 Jahre in dieser Szene ist und einerseits sieht, dass die eigene Meinung Mainstream wird, aber andererseits irgendwie nichts vorangeht im Krieg, rechnet man vielleicht auch damit, dass man vollstreckt, was "grausam, aber notwendig" ist. Das Potential derjenigen, die einer islamfeindlichen Partei ihre Stimme geben, liegt auch hierzulande bei 20%. Das ist viel. Bei 20% der Bevölkerung kann man nicht mehr von verwirrten Einzeltätern sprechen. Und wenn ich mir die Hassmails von damals anschaue, ist es auch nicht überraschend, dass sich die Gewalt gegen jene richtet, die als Verräter in den eigenen Reihen betrachtet werden. Es geht um die Säuberung des Westens, damit er so Westen sein kann, wie sie ihn haben wollen. PI und andere beliessen es bei Kampagnen gegen einzelne Politiker, Journalisten und Blogger. Es war Krieg, sie sahen keine andere Wahl, es steht ja so auch bei der Welt und bei Spiegel Online, wo Broder früher arbeitete, es ist Krieg, da kann man keine falschen Rücksichten nehmen, es ist Krieg, da heisst es eben, man selbst oder der andere.

Ich glaube nicht, dass man in einer Welt, in einem Internet mit derartigen Massenangeboten wie Little Green Football, der Tea Party, Gates of Vienna, den Rechtsauslegern bei der Welt und PI überhaupt so etwas wie ein verwirrter Einzeltäter sein kann. Das Gedankengerüst, die Ideologie, die Verblendung, der Glaube an einen Krieg, sei es nun über Terror oder die Geburtenrate oder Eugenik, ist nicht zu unterscheiden. Man kann eine Tat als Einzelner durchführen, aber die Verwirrung, die einen dazu bringt, haben viele. Millionen. Und wenn Millionen so etwas glauben, und sich darin bestärken, und damit Karriere machen und Aufmerksamkeit bekommen und reich werden, dann bauen halt die einen ihre alte Nazipartei zu etwas um, was der heutigen Strachepartei in Österreich entspricht. Und andere machen Jagd auf Dhimmis. Islamophobie ist sicher der neue Rechtsextremismus, und das wirkt besser als Antisemitismus, man fliegt damit noch nicht mal aus der SPD, man ist endlich wieder dort, wo man seit 45 nicht mehr ist: In der Mitte der Gesellschaft. The Weapon of Choice, wenn man so will. Ein Volltreffer. Sie sagen, der Islam würde den Westen vernichten wollen.
Dass dabei der Westen der anderen in Intoleranz, Hass und Rassismus zugrunde geht, wird gern in Kauf genommen. Da sind sich die Einzeltäter alle einig.

Was dieser Szene dann aber sehr schnell das Leben schwer machte, waren zwei gegenläufige Entwicklungen: Einerseits der katastrophal verlaufende Besatzungskrieg im Irak und in Afghanistan. Dann aber auch die nicht immer glatt verlaufende Suche nach Bündnispartnern, die in islamophoben Kreisen gefunden wurden. In dieser Zeit baute man sich in gegenseitiger Anregung ein neues Weltbild zusammen, das in weiten Teilen dem Buch "An End to Evil" der amerikanischen Politikberater David Frum und Richard Perle entsprach, und natürlich auch der Propaganda von Al Quaida: Ausgehend vom Streit um Israel über den Bürgerkrieg im Libanon, die Taliban, den Balkankrieg und bishin zu vielen Terroraktend habe sich ein an vielen Fronten geführter, bislang aber von uns ignorierter Krieg des Islams gegen den Westen entwickelt; Bush sei der erste, der die Herausforderung annehmen würde und nun unsere Zivilisation rettet. Je weniger sich diese Hoffnung aber erfüllte, je deutlicher die Probleme des "Krieges gegen den Terror" wurden, desto mehr rückten die Moslems in den Vordergund: Dieser schlecht verlaufende Krieg liess sich nur logisch begründen, wenn der Feind so gefährlich, radikal und omnipräsent wie nur irgend möglich war, Man sprach also weniger von den eigenen Misserfolgen, denn von den Erfolgen der Gegner beim Aufbau einer globalen Front.

Wer das nicht so sah - ich war einer davon - konnte sich auf einiges einstellen. In der deutschen Szene nennt man solche Leute Dhimmis und Appeaser, und um auch gleich deutlich zu machen, dass das hier Beihilfe im Drittem Weltkrieg ist, wurden aus dem Muslimen Islamofaschisten. Damit war das ideologische Grundgerüst fertig: Eine kleine Minderheit, die die Probleme erkennt, kämpft in Deutschland gegen jene, die den neuen Faschisten Tür und Tor öffnen. Dass die Definition für den verteidigten "Westen" nicht zwingend das ist, was man sonst so als Westen versteht, war egal: Der Westen war diese Gruppe. Alle anderen waren Ignoranten, oder Verräter, oder dekadente Zerfallserscheinungen. Man trat für Israel ein - wenn es Siedlungen baute. Man beschimpfte Israelis aber als Verräter, wenn sie Siedlungen räumten und Frieden wollten. Man hoffte endlich auf einen Krieg zwischen den USA und dem Iran. Wer den Westen nicht nach ihrem Gusto haben wollte und das schrieb, konnte sich auf etwas gefasst machen. Da wurde dann schnell das Widerstandsrecht des Grundgesetzes bemüht.

Es ist, nachträglich betrachtet, ein grosses Glück gewesen, dass diese Szene nach dem Karikaturenstreit in mehrere Fraktionen zerfallen ist. Amerikafreunde, Libertäre, Islamhasser, Tea-Party-Vorläufer, Überidentifizierte mit jüdischen Namen, sie alle hatten zwar eine gemeinsame Basis und mitunter auch Leute, bei denen alle nickten - Broder und Sarrazion stehen für diesen Konsens der Islamophobie - aber intern ging es dann auch schnell um die Meinungsführerschaft. In dem Moment, da sich Politically Incorrect als Zentralorgan der Szene mit den meisten Lesern etablierte. war es auch schon wieder vorbei mit der Einheitsfront. PI wurde zur Stimme der grossen, lautstarken Randgruppen, andere aus diesen Kreisen der Transatlantiker eigener Definition verschwanden (Statler und Waldorf), wurden irrelevant (Fact Fiction, Antibuerokratieteam), oder tauchen immer wieder mal in Medien auf (Welt und Focus).

Insgesamt, langfristig, haben sie gewonnen. Die SPD muss sich schämen, einen Vordenker wie Sarrazin in ihren Reihen zu haben, uund man sollte den deutschen Sozis in Berlin ins Gesicht spucken dafür, dass sie nicht den Mut hatten, diese Figur davonzujagen. Die Vorstellung, dass es tatsächlich so etwas wie eine geplante Übernahme des Westens gibt, wurde von all jenen dauerventiliert, die sich im Wettkampf um Aufmerksamkeit stets überbieten mussten, und nach Sarrazin haben sich diese Theorien fast schon in den normalen Politikbetrieb hinein verselbstständigt. Darunter muss man als Islamkritiker gar nichtg mehr anfangen. Anders gesagt: Das, was um 2003/4 noch die Meinung von ein paar Irren war, ist heute die Meinung von sehr vielen Irren. Es wird gar nicht mehr in Frage gestellt. Und wenn man 10 Jahre in dieser Szene ist und einerseits sieht, dass die eigene Meinung Mainstream wird, aber andererseits irgendwie nichts vorangeht im Krieg, rechnet man vielleicht auch damit, dass man vollstreckt, was "grausam, aber notwendig" ist. Das Potential derjenigen, die einer islamfeindlichen Partei ihre Stimme geben, liegt auch hierzulande bei 20%. Das ist viel. Bei 20% der Bevölkerung kann man nicht mehr von verwirrten Einzeltätern sprechen. Und wenn ich mir die Hassmails von damals anschaue, ist es auch nicht überraschend, dass sich die Gewalt gegen jene richtet, die als Verräter in den eigenen Reihen betrachtet werden. Es geht um die Säuberung des Westens, damit er so Westen sein kann, wie sie ihn haben wollen. PI und andere beliessen es bei Kampagnen gegen einzelne Politiker, Journalisten und Blogger. Es war Krieg, sie sahen keine andere Wahl, es steht ja so auch bei der Welt und bei Spiegel Online, wo Broder früher arbeitete, es ist Krieg, da kann man keine falschen Rücksichten nehmen, es ist Krieg, da heisst es eben, man selbst oder der andere.

Ich glaube nicht, dass man in einer Welt, in einem Internet mit derartigen Massenangeboten wie Little Green Football, der Tea Party, Gates of Vienna, den Rechtsauslegern bei der Welt und PI überhaupt so etwas wie ein verwirrter Einzeltäter sein kann. Das Gedankengerüst, die Ideologie, die Verblendung, der Glaube an einen Krieg, sei es nun über Terror oder die Geburtenrate oder Eugenik, ist nicht zu unterscheiden. Man kann eine Tat als Einzelner durchführen, aber die Verwirrung, die einen dazu bringt, haben viele. Millionen. Und wenn Millionen so etwas glauben, und sich darin bestärken, und damit Karriere machen und Aufmerksamkeit bekommen und reich werden, dann bauen halt die einen ihre alte Nazipartei zu etwas um, was der heutigen Strachepartei in Österreich entspricht. Und andere machen Jagd auf Dhimmis. Islamophobie ist sicher der neue Rechtsextremismus, und das wirkt besser als Antisemitismus, man fliegt damit noch nicht mal aus der SPD, man ist endlich wieder dort, wo man seit 45 nicht mehr ist: In der Mitte der Gesellschaft. The Weapon of Choice, wenn man so will. Ein Volltreffer. Sie sagen, der Islam würde den Westen vernichten wollen.
Dass dabei der Westen der anderen in Intoleranz, Hass und Rassismus zugrunde geht, wird gern in Kauf genommen. Da sind sich die Einzeltäter alle einig.
donalphons, 01:34h
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Mittwoch, 20. Juli 2011
Qualitätssteigerung der Medien
Es wäre vielleicht der Sache unter dem Eindruck der Ereignisse wirklich dienlich, wenn man sich dazu durchringen könnte, Medien nicht mehr ausgerechnet von Angehörigen der Berufsgruppe der Journalisten machen zu lassen.
Und nun zu etwas Erfreulichem: Die Amseln, die hier vor zwei Wochen noch den Eindruck machten, sie sässen zitternd und flugunfähig auf meinem Fahrradsattel, und warteten dort auf das Ende durch die Miezekatze - einen Nachmittag war ich dadurch auf Trab gehalten - sind flügge. Für mich weitaus wichtiger als jede Frage nach Sexualpraktiken von Abgeordneten oder TV-Ansagern.
Und nun zu etwas Erfreulichem: Die Amseln, die hier vor zwei Wochen noch den Eindruck machten, sie sässen zitternd und flugunfähig auf meinem Fahrradsattel, und warteten dort auf das Ende durch die Miezekatze - einen Nachmittag war ich dadurch auf Trab gehalten - sind flügge. Für mich weitaus wichtiger als jede Frage nach Sexualpraktiken von Abgeordneten oder TV-Ansagern.
donalphons, 01:37h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 18. Juli 2011
Nun ja
Das Schöne an der aktuellen Lage ist ja - und ich merke das bei Google+ und an vielen anderen Orten - dass viele nicht begreifen, nicht begreifen wollen, wie nahe ein Drittel des Euroraumes an einem Argentinienszenario entlangschrammen. Es geht doch prima, keiner hat Hunger, gut, die Sache mit Silber, Gold und Franken schaut ungewöhnlich aus, aber wer braucht schon Franken? Man macht lieber noch eine Flasche Wein auf. Teetrinker dagegen werden eigentlich jeden Tag daran erinnert, was gerade los ist, wenn sie vor drei Jahren die richtigen Investments getätigt haben.
Man kann natürlich fragen, ob man sich nicht genauso ärgern kann, wenn man wusste, was da kommen wird. Und das Richtige getan hat. Und es so weit getan hat, wie es eben ging. Man kann nicht unbegrenzt Silberkannen kaufen, man hatte nicht grenzenlose Mittel, man tat, was man konnte, und jetzt würde man eben nicht mehr können. Was immer vor drei Jahren gut aussah, ist heute nur noch etwas für Spätkommer. Ich glaube weiterhin nicht, dass die Aktienkurse steigen. Es gibt lediglich eine Euroentwertung im Verhältnis zu Aktien. Und ich kann eigentlich jeden verstehen, der gerade nicht sein Geld in den PIIGS-Staaten investieren will. Es glaubt doch hoffentlich niemand ernsthaft, dass einem italienische Plutokraten oder die Murdoch-Appeaser mit geschenkten Spaaufenthalten wirklich sagen würden, wie es aussieht, wenn man mal die PR beiseite lässt. Und wir hängen mit denen ganz anders zusammen, als etwa die USA mit Argentinien.
Irgendwer treibt gerade das Thema Eurobonds, sprich, eine gemeinsame Verschuldung aller EU-Länder zugunsten der Investoren, die damit alle am Wickel haben. Diese Eurobonds sind angesichts der Konstruktion und Schwerfälligkeit der EU pures Gift, aber weil da genug Röslers rumlaufen, wird es aus Schonungsgründen für den Finanzsektor und aufgrund deren Wünsche dazu kommen - vielleicht offen, vielleicht versteckt, so wie der sog. Rettungsschirm auch schon eine Art postapokalyptischer Eurobond ist. Wir retten jetzt seit drei Jahren, Banken, Versicherungsn, Börsen, Staaten, wir sind keinen Millimeter weiter gekommen, und wie bei jeder Vollgastour mit Irren am Steuer wird das nicht unbegrenzt ohne Schäden ausgehen. Es ging los mit ein paar falsch bewerteten Häusern, und inzwischen liegt die EU in Scherben. Drei Jahre hatte man, sich daran zu gewöhnen, nochmal, nochmal, nochmal, und schau doch mal wer auf Google Plus ist. Für die anderen: Macht hin, kauft Euch Zeug, das ihr brauchen könnt und langfristig hilft, Kosten herunterzufahren, wenn es eng wird. Denn ein wackelnder Euro wird schon einige vor die Frage stellen: Brauche ich noch ein Auto?
Kann ich mir das Benzin noch leisten und spare ich nicht besser im Winter für die Heizung? Wir sind ja zum Glück in einem Land des Überflusses, man könnte uns die Hälfte nehmen, und wir wären immer noch komfortabel, relativ zu 1929 gesehen, aber vielleicht sollte man, da Silberkannen und Franken nicht mehr so toll sind, sich Gedanken über Dinge machen, die Werte erhalten und das Leben angenehm machen, wenn vieles andere nicht mehr geht. Nur für alle Fälle, falls es nach dem Währungsschnitt doch nicht so schnell nach oben geht, wie Frau Merkel das alternativlos mitteilen wird.

Man kann natürlich fragen, ob man sich nicht genauso ärgern kann, wenn man wusste, was da kommen wird. Und das Richtige getan hat. Und es so weit getan hat, wie es eben ging. Man kann nicht unbegrenzt Silberkannen kaufen, man hatte nicht grenzenlose Mittel, man tat, was man konnte, und jetzt würde man eben nicht mehr können. Was immer vor drei Jahren gut aussah, ist heute nur noch etwas für Spätkommer. Ich glaube weiterhin nicht, dass die Aktienkurse steigen. Es gibt lediglich eine Euroentwertung im Verhältnis zu Aktien. Und ich kann eigentlich jeden verstehen, der gerade nicht sein Geld in den PIIGS-Staaten investieren will. Es glaubt doch hoffentlich niemand ernsthaft, dass einem italienische Plutokraten oder die Murdoch-Appeaser mit geschenkten Spaaufenthalten wirklich sagen würden, wie es aussieht, wenn man mal die PR beiseite lässt. Und wir hängen mit denen ganz anders zusammen, als etwa die USA mit Argentinien.

Irgendwer treibt gerade das Thema Eurobonds, sprich, eine gemeinsame Verschuldung aller EU-Länder zugunsten der Investoren, die damit alle am Wickel haben. Diese Eurobonds sind angesichts der Konstruktion und Schwerfälligkeit der EU pures Gift, aber weil da genug Röslers rumlaufen, wird es aus Schonungsgründen für den Finanzsektor und aufgrund deren Wünsche dazu kommen - vielleicht offen, vielleicht versteckt, so wie der sog. Rettungsschirm auch schon eine Art postapokalyptischer Eurobond ist. Wir retten jetzt seit drei Jahren, Banken, Versicherungsn, Börsen, Staaten, wir sind keinen Millimeter weiter gekommen, und wie bei jeder Vollgastour mit Irren am Steuer wird das nicht unbegrenzt ohne Schäden ausgehen. Es ging los mit ein paar falsch bewerteten Häusern, und inzwischen liegt die EU in Scherben. Drei Jahre hatte man, sich daran zu gewöhnen, nochmal, nochmal, nochmal, und schau doch mal wer auf Google Plus ist. Für die anderen: Macht hin, kauft Euch Zeug, das ihr brauchen könnt und langfristig hilft, Kosten herunterzufahren, wenn es eng wird. Denn ein wackelnder Euro wird schon einige vor die Frage stellen: Brauche ich noch ein Auto?

Kann ich mir das Benzin noch leisten und spare ich nicht besser im Winter für die Heizung? Wir sind ja zum Glück in einem Land des Überflusses, man könnte uns die Hälfte nehmen, und wir wären immer noch komfortabel, relativ zu 1929 gesehen, aber vielleicht sollte man, da Silberkannen und Franken nicht mehr so toll sind, sich Gedanken über Dinge machen, die Werte erhalten und das Leben angenehm machen, wenn vieles andere nicht mehr geht. Nur für alle Fälle, falls es nach dem Währungsschnitt doch nicht so schnell nach oben geht, wie Frau Merkel das alternativlos mitteilen wird.
donalphons, 21:51h
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