: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 18. Januar 2007

Zum ersten Mal

seit 8 Jahren muss ich mit einem Zug fahren. Das letzte Mal war München-Berlin, zwecks Zwangsarbeiterinterviews. Ich habe jede Sekunde gehasst. Ich hasse Züge, öffentlichen Personennahverkehr, U-Bahnen, alles und überhaupt. Ich fahre, das gebe ich zu, gern Auto auf lange Strecken. Bis 10 Kilometer mache ich praktisch alles mit dem Rad. Nur heute. Muss ich mit dem Zug fahren.

Meine Laune ist jetzt schon unterirdisch.

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Mittwoch, 17. Januar 2007

Liebe Hamburger!

Wenngleich ihr einem dunklen, verhuzelten, semitischen Bayern auch stets einen genetisch-blonden Schock verpasst habt: Ich fand Euch ok. Echt jetzt. Ein wenig wortkarg und kühl, aber das ist bei Euch so, ich weiss. Dass Ihr heute Nacht vom Orkan ins Meer geblasen werdet, ist wirklich ein Verlust, und bis zur Uckermark, steht zu befürchten, wird die Nordsee nicht kommen. Solltet Ihr Euch entschliessen, heute Nacht doch nicht den nassen Seemannstod zu finden: Hier in Bayern stehen ein paar Sofas und Betten für die ersten Notunterkünfte bereit, und irgendwann werden die Fluten das Land, dann blankgeputzt von Airbus, VW, Medien2klitschen, SinnerSchraders Torah Whoras und Reeperbahn, wieder ausspucken zur Neuaufsiedlung. Ja, ein hartes Schicksal, aber als meine Vorfahren im Grossraum Jericho Freizzeitparks errichteten, mussten Eure Vorfahren auch erst mal postglaziale Steppen nach Bäumen zum Draufklettern absuchen - im Spiegelhochhaus haben sie sich ja auch oben gehalten. So trug und trägt eben jeder sein Schärflein. Kleiner Hinweis: Nachdem das Spektakel eh nur ein Zwischenspiel der globalen Klimakatastrophe ist, solltet Ihr vielleicht auch gleich überlegen, doch wegzuziehen. Weil, wenn das Wasser steigt...

Wie auch immer: Alles Gute da oben.

Äh.

Oder unten, wenn man es vom kommenden Meeresspiegel aus betrachten will.

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Mittwoch, 17. Januar 2007

Wildjagd Heut

Na also. Mit einem Ticker aus Kreuth wie sonst nur bei Crashrennen beweist die Süddeutsche Zeitung, dass das Internet doch mehr ist als eine Seuche.

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Samstag, 13. Januar 2007

Über Designhotels

In manchen Firmen sitzen Sachbearbeiter, die mal Elitesse waren und es eben nicht weiter geschafft haben. All ihr Bemühen ist es, die Firma nach aussen möglichst cool, gediegen, erstklassig und fortschrittlich zu präsentieren. Anwaltskanzleien und Beraterfirmen sind da ganz gross drin, namentlich, wenn es um Fonds geht, den bevorzugten Lebensraum der Haifische. Also, Herr Porcamadonna, quäkt es dann aus dem Telefon, das mit der Übernachtung übernehmen wiiiaaar nicht wahr da müssen sie sich nicht drum kümmern, wir buchen für sie ein wunderschönes Einzelzimmer im Designhotel Blankstahl & Glasbaustein.

Diese Designhotels haben immer riesige Vasen beim Empfang mit einzelnen ungefickten, dürren Blumen drin. An diesen Tischen sehen die Hostessen in etwa so aus, wie der klassische Haifisch auch nach 24 Stunden Arbeit aussehen sollte, es aber in der Regel nicht tut: Frisch, freundlich, aufgeschlossen. Wenn ich zu so einem Blitzbesuch musste - was glücklicherweise selten vorkam - war ich abgehetzt, hatte meinen ersten Flug wegen idiotischer Reisegruppen verpasst, die Barchetta auch noch falsch abgestellt und war überhaupt wegen der Zahnschmerzen in einer absolut miserablen Laune sowie mit einem Wolf im Gesicht versehen. Das alllerletzte, was ich dann noch ertrage, sind irgendwelche missbilligenden Blicke ob des derangierten Aussehens, das man automatisch mitbringt, wenn man etwas zu tun hat, für das 36 Stunden Vorbereitungszeit nötig gewesen wäre - was man aber erst 12 Stunden vorher überhaupt erst erfahren hat.

Dann geht es nach oben in einem Aufzug, poliertes Metall wie eine frisch ausgelehrte Kotzschüssel im Krankenhaus, und dann über weisse Marmorplatten, die dem entkernten Altbau die letzte Form nehmen, in die Zimmer. Die in etwa so aussehen, als hätte der Einrichter nach Lektüre der deutschen AD Feng Shui gespritzt: Ungemütlich, kalt, weiss, mit Milchglaslampen und so praktisch und heimelig wie die Leichenhalle einer Vergasungsanstalt. Also klatsche ich mein Zeug rein, renne zum Termin, und danach, wenn sich herausgestellt hat, wie sinnlos der ganze Aufwand eigentlich war, nur um so ein Amöbenhirn von Investor das Gefühl von Bedeutung zu geben, kommt es eben so, wie es kommen muss: Jemand anderes auf dem Termin wurde auch dort eingebuchtet, und so hässlich diese Dinger sind: Sie haben ein Gutes. Man fühlt sich so verdammt verloren in diesen weissen Särgen, dass man praktisch zwangsweise die Beraterin der anderen Seite

Und zwar in ihrem Zimmer. Ich weiss nicht warum, aber es ist immer ihr Zimmer. Nie meines. Nun gibt es aber das Problem, dass man auschecken muss am Morgen danach. Meist schnell, weil der nächste Gast und die Reinigungsfachkraft schon warten. Überflüssigerweise, denn ich habe das Zimmer nur zum Zeug reinschmeissen gesehen. Ihr Zimmer ist nochmal eine andere Sache. Mein Zimmer ist so jungfräulich, wie die Beziehung zu den befreundeten Beraterinnen eigentlich sein sollte. Also, was bleibt einem, wenn die Putzfrau kommt und merken könnte, dass das Zimmer gar nicht genutzt wurde - und sie einen vorher schon beim Verlassen eines anderen Zimmers gesehen hat, weil man auf diese weissen Dreckscheissgestapomarmorgängen alles immer sieht und hört.



Drin rumwühlen. Als ob man das die Nacht zuvor nicht schon genug getan hätte, aber egal, Hauptsache, es sieht benutzt aus. Das klappt immer. In normalen Hotels.

Aber in diesen Schlachthausderivaten geht es nicht. Keine Ahnung warum, aber es sieht immer so künstlich aus, wie es tatsächlich auch ist. Es ist offensichtlich, dass da keiner drin geschlafen hat, unten bei ihr sah es richtig aus, hier ist es nur eine schlechte Vertuschung. Ich kenne ein Hotel in Paris, da öffnet man nur die Tür und es sieht aus, als habe man dort 2 Wochen stille Tage in Clichy gemacht. Jedes Stück Nippes oder Plüsch macht es so einfach, Leben in ein unbenutztes Bett zu bringen, aber das Design, in das das Bett übergeht, saugt die Unruhe und Störung wieder auf, und nach so einer Nacht gebe ich irgendwann auf, soll sie doch ihrer Kollegin am Empfang die Sache weitertratschen, die es dann der gescheiterten Elitesse in der Firma erzählt, die wahrscheinlich wirklich genauso glatt, dumm und unerträglich ist, wie die Hotels, in denen sie buchen.

Fuck it, wenn sie es hört, hat sie wenigstens auch mal was Interessantes in ihrem sog. Leben in der Corporate Edition.

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Donnerstag, 11. Januar 2007

Nachtwache

Der König wird abtreten. Er wird nicht gern gehen, er wird noch kämpfen, aber hier, im Kernland seines Nachfolgers, ist man sich längst sicher, dass es so kommen wird. Und so gehen Gerüchte durch die Strassen, man flüstert es sich in den Kirchen zu, es rauscht in den Telefondrähten, und verschlossen sind die Lippen, solange man sich nicht umdreht. Es ist ohrenbetäubend still, hier in der Stadt, denn jeder weiss, dass, wenn es einmal so weit ist, diese Provinz weltweit bekannt sein wird als Heimat des zweitwichtigsten Menschen auf Erden nach dem Papst - und das auch nur, weil der aus Marktl am Inn kommt, bei dem schiachn Polackn hed ma des nia ned gsogt.



Und wäre man nicht perfekt geeignet, als Stammland des Herrschers? War diese Stadt nicht schon vor München bedeutend? Sind sie hier nicht besonders gläubig? Gibt es hier nicht das Reinheitsgebot? Wo wird die Staatspartei inniger in alle Ämter gebeten? Nirgendwo ist Bayern so bayerisch wie hier, glauben sie, die Firmen sind Giganten, die Kultur teuer und käuflich, die Menschen scho Hund, verwachsen, a bissal dumm und a wengal rassistisch. Und gleichzeitig weltoffen, wenn weniger wichtige Leute, so wie der Amipräsident oder de Bauantritschn vom Osten kommt.

Und a scheens Monsbuid is er ah, da Seehofa. In dem Stoiber steckt ja was, was nicht so richtig bayerisch ist, das merkt man jetzt wieder ganz deutlich, so verkniffen nordisch, wie der schaut. Halten wir uns also aufrecht, fürchten wir uns nicht, verlischt bald des Stoibers politisches Licht.

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Dienstag, 9. Januar 2007

Schadbärenjagd

Sollte jemand bei Burdas Digital Lifestyle Day, der Champions League der Web2.0-Scharlatane sein - Aufnahmegerät mitnehmen! Der Stoibär kommt nämlich auch, und sobald es um äh im Grunde genommen äh das Internet das ich meine nicht wahr geht, wird es dann also bei genauer Betrachtung äh lustig muss man schon sagen also das versteht sich ja von selbst.

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Mittwoch, 27. Dezember 2006

München, wie wir es lieben

Das grossartige, einzigartige Isar-Athen in den Augen und den famosen Worten eines verlorenen, wieder aufgetauchten Sohnes, beim Mann, den sie den heiligen Burnster nennen: Überfluss, Reichtum, diese fette, zufriedene, etwas beschränkte und doch liebenswerte Stadt.

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Donnerstag, 21. Dezember 2006

Grundkurs Logik bei SPON

Aus der "Panorama" Spiegel-Online-Redaktion, die demnächst von einer BILD-Schreiberin geleitet werden soll:

Als sie nach Hause kam, fand sie nur noch eine rauchende Ruine vor: Das Haus der "Lost"-Darstellerin Evangeline Lilly auf Hawaii ist bis auf die Grundmauern abgebrannt. Die Schauspielerin wurde nicht verletzt.

Ne, echt jetzt?

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Samstag, 16. Dezember 2006

Mikroklimatische Schwankungen

Ohne in die altbekannte "Früher war alles besser"-Schwadroniererei zu verfallen: Früher hat man sich wenigstens lange Gedanken gemacht, wo man gebaut hat, die Orte genau studiert und dort, wo im Schnitt die besten Bedingungen waren, das Lager aufgeschlagen. Kann beim Überleben wirklich hilfreich sein. Denn es ist ein Unterschied, ob man bei -4 Grad im Nebel zittert oder 5 Grad in der Sonne den Mantel aufmacht - ungefähr so gross wie zwischen einsetzender Grippe und prima Laune.



Das hier ist die ehemals altwasserdurchzogene Gegend, in der die besseren Leute der Stadt heute wohnen. Blick vom Damm Richtung Fluss, mit dem Rücken zu den Villen. Und Folgendes ist 700 Meter entfernt, 5 Minuten später und 12 Höhenmeter weiter oben, auf dem ehemaligen Hochufer aufgenommen:



Das ist die Ecke der Altstadt, in der ich wohne und die Vorfahren der besseren Leute gelebt haben. Irgendwie war man so gegen 70o etwas klüger als 1300 Jahre später. Von Spritkosten, weiten Wegen und enorm teurer Heizung mal abgesehen. Übrigens, weiter unten, wo das privat finanzierte Studentenwohnheim auf dem hoffentlich entseuchten Gelände der früheren Wäschereien und Gerbereien steht, ist noch Dunst in den Strassen.

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Donnerstag, 14. Dezember 2006

Es hiess mal Alma Mater

Als ich meine Besuche an der Uni 2003 von regelmässig auf sporadisch umgestellt habe, hatten sie in dem Fach gerade erst den Bachelor eingeführt. Es war sowas wie eine Spätfolge der New Economy, in der alle Arschkrampen der Unternehmerzunft die Politiker beschrieen, man bräuchte für globalisierte Billigmärkte auch globalisierte Abschlüsse. Eine hübsche Vorstellung angesichts des Umstandes, dass die Praktika nach dem Abschluss mangels Geld natürlich genauso in Deutschland stattfinden, wie die Besuche beim Arbeitsamt. Wer einmal einen Monat im bett einer Erasmus-Studentin den Winter in Lassabon genossen hat, weiss ohnehin um die wahre Bedeutung des internationalen Wissenschaftsaustauschs, der sich mehr in Körpersäften denn in Lehrinhalten äussert. Wird man bildungspolitisch in 20 Jahren zurückschauen auf diese Phase der Umstellung, wird man diese Kretins zur Hölle wünschen. Die modernen Arschkrampen sagen jetzt, dass die leute nicht gut genug ausgebildet sind und deshalb Runden als Interns schieben müssen. Und die Lehrkörper kotzen zurecht ab, wenn sie sehen, was das mentalitätsmässig für Folgen haben kann: Man gibt ihnen bei der marktbereitmachung auch gleich noch die naturprallen Tschackaaah-Personalities mit, als würde man sie für ein Businessformat bei N24 casten. Schlechtere Leistung bei geringeren Entstehungskosten für einen überfüllten Arbeitsmarkt mit hohen gesamtgesellschaftlichen Folgekosten.



Es ist ja nicht so, dass die Leute das nicht begreifen: Bei den Ausbildern herrscht der Zynismus des Alters, bei den Studenten der Zynismus des Sozialdarwinismus, und dahinter die nackte Angst. Man muss nur mal reingehen in so ein Seminar, und den Leuten sagen, was da draussen wirklich los ist: Alles dabei von den ausgefallensten Verdrängungsmechanismen über Depression bishin zur SS-Mentaliät, der gnadenlos zelebrierten Bereitschaft, sich unterzuordnen und das System zu verteidigen. Jeder, der sich ein wenig damit beschätigt hat weiss, dass Bachelor und Master hierzulande ein Griff ins Klo sind, kein Job wird dadurch besser bezahlt und keine Rente sicherer, das Bruttosozialprodukt steigt nicht und die Akademikerschwemme wird auch nicht besser. Aber die, um die es geht, finden das alles super, weil sie Deppen sind und keinen Ausweg haben. Ich bekomme jedesmal Lust, ihnen Voltaires Candide als Hardcover um die Ohren zu hauen, diesen Dummbratzen in der besten aller möglichen Welten. Denn lesen werden sie ihn nicht, es gibt ja kein Executive Summary. Nich nicht mal das Script dafür kann man downloaden, und Google spuckt bei den ersten 5 Treffern auch nichts Gescheites aus, ist also uninteressant.



Das schönste aller Pseudoargumente der Zukunftshoffer ist dann: "Aber Sie haben es doch auch geschafft". Klar. Als Langzeitstudent, mit Studienortwechseln, mit viel Spass und im Bewusstsein, dass ich meinen Magister später in eine Schublade tun und nie wieder brauchen würde. Mit vielen Zufällen, weil ich ein paar mal am richtigen Ort war, weil ich einer von "denen" sein kann, wenn es sein muss , und weil ich nach all der Zeit in diesem Abgrund inzwischen gelernt habe, mit der dauernden Unsicherheit nicht nur umzugehen, sondern auch daraus Profit zu schlagen. Das Problem ist nur: Auf einen Gewinner kommen fünf Verlierer, und der Gewinner erhält als Preis massig Hotelaufenthalte im Randbereich der grossen Städte, wo er allein mit anderen Arschkrampen in unterkühlt wirkenden Speisesälen sitzt und innerlich abkotzt über das, was er die 12 Stunden vorher erlebt hat. Draussen vor dem Fenster starrt ihn die Ödnis einer noch unbebauten Projektfläche an, für weitere schwer vermietbare Büros, die im gleichen "Wir machen das"-Wahn hochgezogen werden, der sie schon durch das Studium treibt. Nur sagt denen das keiner so direkt.

Warum auch. Ist doch alles prima, das Ministerium ist zufrieden, die Wirtschaft will noch mehr, und den Rest ergruscheln (TM) wir uns auch noch, irgendwann.

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