: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 3. Februar 2007

Was vom Goya übrig blieb

Noch ein Jubiläum, dem zu gedenken man in Berlin natürlich vergessen hat - diese undankbaren Schweine hier: Vor 14 Monaten kündigte ich als alter Berlinkenner und Wissender um die Strukturen der Reichshauptstadt a. D. das ausbleibende Überleben der Feier-AG Goya Club an. Nicht nur weil Berlin, sondern auch wegen Hype und AG. Wir kennen das: Gier, Grössenwahn, Chaos bei der Umsetzung, dummdreiste Medien, Adabeis, das kann nicht gut gehen. Wie bekannt ist, hatte ich vor fast genau 11 Monaten recht.

Und nun?



Nun ist es an der Zeit, dem Goya einen kleinen Besuch abzustatten - schliesslich sind meine Kronleuchter immer noch da drinnen. Ein mir bekannter Antiquitätenhändler hat vergeblich versucht, daran zu kommen. Schauen wir doch mal vorbei, gleich nach dem Klick.

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Goyas Schrecken

Nun, von aussen gesehen, ist das jetzt schon fast ein Jahr insolvente Goya immer noch der alte Theaterklotz gleich zwischen Schwulen- und Babystrich, das es schon immer war, und zumindest die Farbe hat gehalten. Wenn sich schon die 7,5 Millionen Einlagen und 5 Millionen Schulden verflüchtigt haben.



Und ganz rechts unten brennt auch noch Licht. Neues Leben in den Ruinen? Schicker betrieb, der hierher, in den angeblichen " Club der Millionäre" zurückgefunden hat? Hat sich doch wieder etwas getan, unbemerkt von der Öffentlichkeit?



Nun, eher doch nicht. Eine Wurstbraterei hat sich seitlich von der Nobeldisse breit gemacht, wer weiss, welch abgebrochener CEO hier am Grill steht und welche arbeitslosen PRostituierten Extrasenf für billige Extrakalorien aus Plastikflschen drücken.



Aber so war das schon immer mit gefallenen Imperien. Kaum sind sie in Trümmern versunken, machen sich in den Ruinen die Barbaren breit, die keinen Sinn für die Grösse der Überweisungen und das Edle der gefälschten Handwerkerrechnung haben - wie vielleicht diejenigen High Potentials, die an dieser Tür in das heisse Leben der Metropole eintreten sollten



Oder vielleicht sind es doch nur Prolls mit zusammengekratzten Kröten gewesen, die man hier eingesammelt hat. Sollte der Spruch neben dem Eingang authentisch sein, dann ist hier ein Verlierer fast so schlecht wie der Businessplan der Goya AG: Writing on the wall, allerdings zu spät.



Sie waren wohl geblendet vom Marmor, der jetzt langsam vor sich hinstaubt, vom edlen Material, das für eine miserable Akustik sorgte, vom Lichterglanz und all dem, was sie auch daheim hätten haben können, wenn sie sich mal ein wenig in den besseren Geschäften umgetan hätten. Aber natürlich macht so eine AG erst mal mehr her, mitsamt schwarzem, seriösem Marmor.



Manch anderer wird ihn früher vielleicht beneidet haben, als er dumm genug war, draussen anzustehen, während die Aktionäre einfach so hineingingen. Dieses Hineingehen an den anderen vorbei, das war möglicherweise der Schlüsselreiz und der Traum so vieler, es ist immer das gleiche, es geht und es zieht die Deppen in Scharen an, und manche finden es auch noch toll.



Gott muss es so gewollt haben, sonst hätte er nicht den Anlagebetrüger, den Web2.0-Scharlatan und den Blogspamverlinker erschaffen. Und am Ende sehen si dann alle so mies und fertig aus wie der Laden neben dem Eingang zum Goya, den es genauso erwischt hat. Denn letztlich ist es nicht die Fassade, die entscheidet, sondern nur die schwarze Zahl.



Für diejenigen, die durch den Personaleingang kamen, spielte das am Ende keine Rolle mehr. Denn sie wurden vom Arbeitsamt, sprich der Allgemeinheit bezahlt, damit sie den missgelaunten Aktionären noch ein paar Abende versüssen konnten - soweit es eben möglich war. Denn mit den Aktien angeben war damals schon nicht mehr möglich, die früher begeisterten Medien der Stadt zogen die Leute in die Gosse, aus der heraus geschrieben wird.



So ist das hier. Oben feiert die Meute, unten sind Freud und Leid sehr nah beieinander. Einen Vorhang, der fallen könnte, gibt es nicht. Das Monument der Schande der sog. Reichshauptstadt Berlin a. d. Spree bleibt gut sichtbar ma Nollendorfplatz stehen.

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Donnerstag, 1. Februar 2007

Wie daheim. Nur schmutziger

Es ist 23.20 Uhr, Mittwoch Abend in Berlin. Nicht irgendwo, sondern auf der Strasse hinter der Kulturbrauerei im Slumbezirk "Prenzlauer Berg" in Berlin a. d. Spree, kurz vor Marzahn. Das Wetter ist für Februar erträglich, ungefähr 4 Grad über Null, es regnet nicht, und auch der sonst eisige Wind ist kaum zu spüren. Kurz, das hier ist Teil des zentrums der Vergnügungen, die man sich in der Provinz von Berlin ausmalt. Party, Events, Kunst, Spass bis zum Morgengrauen mit Leuten, die entweder arm oder schwäbisch sind, aber in jedem Fall sexy. Das sieht dann so aus:



Ganz vorne an der Strasse ist ein eilig nach Hause hastendes Mädchen. Ein Porsche hat sichtbare Schäden, mutmasslich vom erfolglosen Kampf gegen die Übermacht der Kombis und Familienkutschen. Ein Lokal ganz vorne hat noch offen, obwohl nur noch ein halbes Dutzend Leute da ist. Ein Abend wie in der tiefsten Provinz.

Ich war hier vor drei Jahren länger unterwegs, und ich hatte damals durchaus Probleme, den Ausklang der nacht mit dem beginn meiner Tätigkeit ohne Überschneidungen zu gestalten. Im Januar 2004 war das hier eine Ausgehmeile. In der Kulturbrauerei war es immer laut und hell, auf den Strassen wälzten sich Girlies in Rok und Hose in Vergnügungstempel wie das Drei am Helmholtzplatz, das jetzt auch schon ziemlich verlassen daliegt.

Und nochwas hat sich geändert: Gardinen. Hatte man hier früher noch freien Blick auf von Stuckdecken hängenden, nackten Glühbirnen, sind jetzt allerorten Vorhänge und Gardinen vor den Fenstern. An nichts kann man die Verbürgerlichung eines Viertels besser erkennen als an Gardinen. Denn wer Gardinen hat, will nicht, dass man ihm Nachts reinschaut. Weshalb er nachts zu Hause sein muss. Wäre er weg, wäre es egal. Aber sie sind daheim. Weil das Kind plärrt, weil man hier eben wohnt, weil es schick ist, weil man am nächsten Morgen in das Ministerium muss.Vermutlich gibt es Deutschlandweit aus diesem Grund einen Boom bei elterlichen bekannten Gardinengeschäften.

Vielleicht werden die Sofas auch nur rausgestellt, um einmal noch etwas Rebellisches zu tun, bevor man sich auf die fraglos vorhandenen Vorzüge eines Bausparers und die Altersvorsorge konzentriert. Das frühere ausgehviertel wird noch lange den Ruf prägen, so wie "Montmatre" oder "Quartier Latin" heute eben auch bevorzugte Wohnlagen sind. Der Ablöungsprozess der Party People ist keiner; wer sich hier heute sein Nest baut, ist eigentlich wegen des Vergnügens hergezogen. Die Menschen altern und das Viertel mit ihnen. Und wenn sie dann heim nach Schwaben fahren, müssen sie sich schon erheblich belügen, um noch einen Unterschied zwischen sich und dem Stuttgarter Zahnarztehepaar zu sehen.

Einkommen aussen vor, klar.

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Dienstag, 30. Januar 2007

Berliner Wirtschaft

oder warum aus dieser Stadt nichts mehr wird.

Da ist eine Buchhandlung. Diese Buchhandlung verkauft - Bücher. Nachdem wir in Deutschland eine Buchpreisbindung haben, zu einem vorher festgesetzten Preis. Dieser Preis schreibt auch den Verdienst fest, den der Buchhändler vom Verkaufspreis erhält. Das sind in der Regel 50%. Davon kann man prima leben - eigentlich. Solang man nicht auf dumme Ideen kommt. Aber welche Idee rund um den Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg ist schon gut? Ein Blick auf die missratenen Mütter und ihre Torbens, Moritze und philosemitisch angehauchten Hannahs zeigt: Ideen gehen hier meist schlecht aus. Und so ergeht es auch dieser Buchhandlung.



Diese Buchhandlung hat helles Licht, grosse Räume, eine schlanke Buchhändlerin und eine gar nicht so schlechte Lage. Diese Buchhandlung könnte gut laufen. Wenn sie nicht ihren Buchkäufern folgendes, jedem Buchsammler verachtenswert erscheinendes Angebot machen würde: Wer ein Buch gelesen hat und es zurückbringt, bekommt die Hälfte des Preises zurück.

Das heisst also: 50% des Preises gehen an den Verlag, 50% gehen an den Kunden, damit bleibt das Buch und pi mal Daumen 0,garnichts Euro bei den Buchhändlern. Würde es jeder so halten, müsste man den Strom und die Miete in gebrauchten Büchern der Anwohner des Helmholtzplatzes, eventuell mit dem eingepressten Gesabbel der Blagen bezahlen.

Ich will gar nicht wissen, wie der Deal letztlich funktioniert. Ich vermute, dass die Buchhandlung mit diesem Angebot einfach auf die Kistenmenschen dieses Ortes spekuliert, die hierherkommen und am Ende mit dem gleichen Koffer abreisen, mit dem sie gekommen sind und hier gelebt haben - in der Hoffnung, dass sie die Bücher doch vergessen und nicht zurückbringen. Auch ein Schwabe auf der Flucht ist schliesslich ein Käufer.

Oder aber man will bankrott machen. Oder man schickt die Bücher als Remittenden zurück, was aber gemeinshaftlicher Betrug am Verlag und Autor wäre. Wenn man das Buch erneut antiquarisch verkauft, macht man vielleicht wieder einen kleinen Gewinn, aber verliert dadurch einen Kunden für das gleiche neue Buch. Wie man es sonst dreht und wendet, es macht - ausser als buchbesitzfeindliche Werbemassnahme - absolut keinen Sinn. Vielleicht muss es auch keinen Sinn haben, und jemand will vorführen, wie man in bester Startup-Manier Umsätze ohne Gewinn erwirtschaftet. Ich weiss es nicht.

Ich weiss nur: Eine Stadt, in deren Läden die Rückabwicklung des Geschäfts Teil des Vertrags ist - wird es nie zu etwas bringen. Nie. Ausser zu Hundehaufen, dem einzigen, was der Berliner nicht zurücknimmt. Man wird hier zum Hundehalterbesitzer. Aber das ist eine andere Geschichte.

Im Schaufenster steht übrigens ein billiges Machwerk namens "Wir nennen es Arbeit".

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Freitag, 26. Januar 2007

Krawall

ist besser als Feigheit und Kriechen.

Ich will das mal kurz erklären. Also: Da gibt es einen Jochen Reinecke. Jochen hat ein Antville-Blog, schreibt ein mässig besuchtes Blog bei der Zeit über Berlin, und ist - nach meiner Meinung - auf mich schlecht zu sprechen gewesen, weil ich bei der Vorbereitung einer Lesung in Berlin dafür gesorgt habe, dass er nicht am Mikrophon war. Der Grund ist einfach: Im Gegensatz zu ihm selber hielt und halte ich ihn für eine literarische Null. Er kann nicht schreiben, wenn schreiben mehr sein soll, als Buchstaben in eine mehr oder weniger zufällige Reihenfolge zu bringen. In Fact ist er auch weniger Literat, sondern eher sowas wie ein Samwer der Astrologiegebimmels. Richtig, die mit dem bescheuerten Astro-TV.

Und obwohl das bei den meisten anderen derartigen "Unternehmerpersönlichkeiten" dazu führen könnte, dass sich mal einer den Laden und Knaben zur Brust nimmt, passiert es nicht. Naja, ab und zu regt sich etwas Unmut über ihn. Aber gerade in Berlin hält man gern die Schnauze. Der Grund ist einfach: Eine Reihe Berliner A-Blogger sind mit ihm persönlich befreundet. Darunter auch die "Zentrale Intelligenz Agentur", beispielsweise. Da wird dann der Makel mit dem Astroquatsch auch verschwiegen. Man kann es inkonsequent nennen, ist aber so.

Wie auch immer: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat ähnlich wenig negative Gefühle ob dieser Person und lässt sie einen Beitrag schreiben, in dem es auch um meine Wenigkeit geht: Krawalltexter darf Astro-Jochen mich da nennen, und ausführen, dass mein Bemühen in Sachen StudiVZ nicht von Erfolg gekrönt war:
Trotzdem wird die nachhaltige Wirkung von Weblogs stark überschätzt, das Thema ist inzwischen durch und vergessen. Genau wie der Sturm im Wasserglas um den Krawalltexter „Don Alphonso“, der im Herbst 2006 dutzendweise Peinlichkeiten um das Gründerteam und die teils horrenden Sicherheitslücken der Studentencommunity „studivz.net“ an die Öffentlichkeit zerrte. Mancher in der Blogosphäre schrieb das Projekt schon tot; inzwischen hat sich die Holtzbrinck-Gruppe für einen zweistelligen Millionenbetrag die Mehrheit gesichert, studentische Nutzer melden sich weiterhin in Scharen an.
StudiVZ haben sie übrigens verlinkt, das Blog hier aber nicht, und ich würde gerne wissen, was in Jochens Astroklitschenexistenz vor sich ging, als er "zweistelligen Millionenbetrag" schrieb. Nun ist es - erkennbar - so, dass ich sehr beständig in der Ablehnung von Personen sein kann. Jochen Reinecke hat manchmal über mich gelästert und ein ander mal nette Mails geschrieben, zwischendrin auch was von Anwälten gefaselt und überhaupt ein Bild abgegeben, das nicht kongruent, aber auf beiden Polen, dem schleimigen und dem beleidigten, nicht dazu angetan war, mir zu gefallen. Ich denke, ich habe ihm das auch zu verstehen gegeben.

Das amüsante an der Sache ist nun zweierlei: Einerseits kam wenige Minuten, nachdem ich den obigen Text gelesen hatte, eine Mail von Jochen mit Ratschlägen, wie ich einen billigeren Flug nach Israel bekommen könnte. Jenseits der historischen Ironie, dass früher eher Arier Juden eine Teppichhändlermentalität nachgesagt haben - they don´t make Germans as they used to - habe ich ihm direkt mit der zweiten amüsanten Sache nach dem tendenzjournalistisch-schleimigen Wechselbad konfrontiert. Und das betrifft die Zeitung, in der sein Artikelchen steht.

Denn die FAZ spielt bei dem Sturm im Wasserglas eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die FAZ hat StudiVZ immer sehr gut wegkommen lassen. Das ist erst mal nichts ungewöhnliches für ein Medium, allein die Süddeutsche Zeitung hat sich schon vor den Aufdeckungen kritisch mit dem Startup auseinandergesetzt. Der Witz nun an der Sache war, dass die FAZ zu einem sehr frühen Zeitpunkt durch mich an Material über StudiVZ gelangt ist, das später durch die Medien gereicht wurde: Unter anderem den Screenshot vom Völkischen Beobachter, eine Reihe von Informationen zu gewissen Gruppen und ähnliches. Die FAZ hat es gesehen, erst abgelehnt, dann doch überlegt, beobachtet und es schliesslich versanden lassen. Sie waren die ersten, die das Material hatten, exklusiv und bevor es an der Blogbar war, unentgeltlich, einfach so, ohne Zwang oder Wunsch, mich zu erwähnen. Sie haben es nicht gebracht - im Gegensatz zu obigem Artikel über die "Selbstüberschätzung der Blogger". Warum?

Keine Ahnung.

Es gibt aber eine Sache, die ich weiss: Ich mag keine Arschkriecher, Schleimer und Feiglinge. Am wenigsten kann ich sie im Journalismus ab. Und ich mag es nicht, wenn sich Astropersonalities und ihre Auftraggeber als was Besseres empfinden:
Die Stärken von Journalisten sind (oder sollten) zumindest ein breites Allgemeinwissen, professionelle Recherche, ein gewisses Arbeitsethos hinsichtlich der Trennung von privaten und öffentlichen Interessen und ein sicheres Beherrschen der Sprache sein.
Aber ich mag Krawall. Weil die ihn nicht mögen. Alle, die Holtzbrinckler, die Astro-Jochens, die Nazistileinlader, und natürlich auch diese Völkermordleugner hier. Alle wollen weniger Krawall.

Jo. Dann wollt mal schön weiter.

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Hm.

El Al fliegt billiger nach Tel Aviv direkt, als die Tschechen über Prag und die Italiener über Rom. Das mit Alitalia wundert mich nicht, aber 100 Euro weniger als die Tschechen? Kann es sein, dass El Al Terrorrabatte gibt?

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2nuller

http://www.webcultureblog.de/
http://web-zweinull.de/

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Mittwoch, 24. Januar 2007

Der kommende Winter der alten Medien

Gestern war es endlich so weit. Das Esszimmer habe ich in einem sanften, sehr warmen Rotton gestrichen, weil ich eine Vision hatte: Wie es sein muss, wenn es draussen kalt ist und auf dem grünen Stadtpalast danaben der Schnee liegt, ich aber auf meinem Chesterfieldsessel neben der Heizung sitze, alles ist warm und angenehm, und vor dem Fenster, flankiert von zwei kleinen Stehlampen, die mein Leben in ein mildes Licht tauchen, erstarrt die Welt in Eis. Das war der Plan, und man sieht: Es war nicht die dümmste Idee meines Lebens.



Hier also lässt es sich gut überstehen. Die Arbeit, die hier verrichtet wird, ist angenehm, und das Büro hat auf der Festplatte genug Platz. Kabel sieht man hier nicht, die Daten kommen über die Luft, und da draussen ist keiner, der sich bei diesen Temperaturen einklinken würde.

Und damit bin ich auch real in einer Lage, mit der ich heute dem Journalismus gegenüber stehe, dieser alten, aussterbenden Gattung der Informationsvermittlung. Ich habe in den letzten Wochen mit sehr vielen Medienvertretern über Ideen und Konzepte gesprochen, und wenn ich etwas mitgennommen habe, dann ist es die Erfahrung der Erfrierungen, die Angst und Unsicherheit in ihnen hinterlassen haben. Die meisten sind sehr, sehr lange dabei, haben anerkannt weitaus mehr Erfahrung als ich, aber sie haben den Eindruck, "draussen" zu sein. Sie verstehen nicht mehr, was sich geändert hat, sie sehen, dass es kälter wird und andere dennoch auf selbst gekauften warmen Sesseln sind, aber wie das geht, ist ihnen nicht klar, und auch nicht zu vermitteln.

Schon gar nicht von meiner Seite aus. Ich halte mich für nicht reproduzierbar, ich bin eine "Marke", wenn man so will. Die Ironie, dass ich noch nicht mal real bin, ändert auch nichts an den Folgen der virtuellen Fakten. Es gab da einen Verlagsvertreter, der mir von Überlegungen erzählte, sich selbst so eine Art Blogbar oder Basicthinking aus seinen Redakteuren basteln zu wollen. Als ob man, nur weil man Shakespeare, Miller oder Villon liest, auch so schreiben könnte. Als ob man durch Dranhängen an die Themen der Blogs selbst gute Inhalte hätte. Als könnte man sich ein gewachsenes Interieur mal schnell bei Ikea zusammenkaufen. Dass sie es nicht öffentlich versucht haben, zeugt von einer gewissen Intelligenz, aber allen der Umstand, in welchen Strategien da gedacht wird, zeigt die Hoffnungslosigkeit der Leute auf.

Das Internet hat alles verändert. Ich weiss nicht, ob sich das schon mal jemand verdeutlicht hat - aber die beiden besten Tageszeitungen Deutschlands, FAZ und Süddeutsche, sind online recht kleine Nummern. Obwohl die Reichweite grösser ist, obwohl es nichts kostet - sie sind im Vergleich zu Wochenmagazinen die klaren Verlierer. Sogar der Stern mit seinem erbärmlichen Angebot liegt vor ihnen. Und was tun sie? Sie verklagen den Perlentaucher, weil er im Netz darauf hinweist, dass sie im Print gute Angebote haben. Es ist kalt da draussen, und schuld an der globalen Abkühlung ist die Verschmutzung des Internets, deshalb hassen sie es, wie ein dömonengläubiger Bauer des Mittelalters, der im Unwetter die bösen Geister und den Vorboten des jüngsten Gerichts sah. Was es definitiv nicht ist, es ist eine Veränderung, und die kann man gestalten. Indem man dazu beiträgt.

Und das ist das einzige, was sie von hier drin lernen können: Das Beitragen. Das Hergeben. Das Mitmachen. Das Licht ins Fenster stellen. Ein wenig Ehrlichkeit und persönliche Ansprache. ich höre immer nur, dass es nicht geht, aber ich habe die StudiVZ-Angriffe auch überlebt. ich sehe immer nur Kommentare mit Anmeldung und dann drei Kommentare, bis ich weiterclicken muss. Sie wollen keine Leser, sie wollen Clickvieh. Ich sehe niemanden, der überlegt, wie man von den Tausenderkontaktpreisen runter kommt, die Onlinemedien so schlecht nutzbar machen. Ich sehen Leute, die sich in den Schnee legen und dort verharren, weil es dort im Sommer ja auch warm war, es muss also gehen.

Und dann ist da noch die Sache mit der Zeit: Online ist schnell, aber es geht langsam. Markenaufbau und Glaubwürdigkeit im Internet ist ganz, ganz schwer, das geht nicht von heute auf morgen wie bei der Einführung eines Printtitels. Man muss es irgendwie schaffen, in eine Art "Blogroll", die Abozeitung des Internets zu kommen, dann hat man die Basis für eim solides Geschäft - wenn hier mal die Printkrise mit voller Wucht einschlägt. Ich habe dazu keine Statistik und keine Marktuntersuchung, nur eine Meinung, etwas Erfahrung und Zeit zum Nachdenken in einem warmes Zimmer.

Was aber schon sehr viel ist, verglichen mit den Machma-Idioten und Huschhusch-Scharlatanen, die landauf landab für den Ausbau der Onlinestrategien zuständig sind.

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Dienstag, 23. Januar 2007

Warum ich Blogbuzzevents meide

C., ich darf Dir hier öffentlich antworten? Ich danke Dir für Dein Bemühen, und irgendwann treffen wir uns einfach so. Es wird mir eine Freude und eine Ehre sein. Aber nicht auf dem Hypeevent vom Burda namens Digital Life Design, oder dem kleinen Pseudobloggerabklatsch im Dilo. Denn ich bin analog, und muss mein Dasein nicht designen. Allein der Titel stösst mich ab. Vor allem aber - die Leute. Ich will nicht unter ihnen sein.

Nicht unter denen, die das fotografieren.
Nicht unter denen, die sich so fotografieren lassen.
Nicht unter denen, die das ohne einen Gedanken online stellen.
Nicht unter denen, die jedes Detail in 24 bit Farbtiefe und in 3072 x 2304 Pixeln Auflösung brauchen.

Das, was meines Erachtens kongenial alles, das Drumherum, den Hype, die Gier nach Anerkennung und Kollektiv, den irrwitzigen Anspruch und das Scheitern der angeblichen digitalen Elite an der analogen Realität darstellt, das, was mehr ausdrückt als alles, was ich je sagen könnte.

Das. Und die gnadenlose Ehrlichkeit, die dem zugrunde liegt. So sind sie, so sehen sie sich, so lichten sie sich ab, so klatschen sie sich ins Netz, so ist ihr Digital Life Design.

Verstehst Du, C.? Es ist nicht meine Welt, und ich würde es nicht ertragen, Teil davon zu sein.

Mit Bitte um Verständnis,

Don

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Samstag, 20. Januar 2007

Welche Firma schreibt sowas auf ihre Website?

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Auflösung im Kommentar

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