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Mittwoch, 12. Mai 2004
Real life 11.5.04 - Ja und nein
Ich muss sie mir anschauen, um über sie schreiben zu können. Eigentlich ist es egal, weil sie schon lange nicht mehr das sind, was sie waren. Mit Michael Jürgs habe ich vor ein paar Wochen telefoniert. Er ist Kulturhistoriker. Sagt eigentlich alles, wenn man als CR von sowas wie Tempo zehrt, um dann als Kulturhistoriker zu enden.
Christian Kracht ist schon noch so wie damals, aber seine Welt existiert nicht mehr. Er beschrieb den Mainstream einer Gesellschaft, die heute andere Werte adaptiert hat. Für die ist Faserland ein historischer Roman.
Maxim Biller habe ich fast drei Jahre nicht mehr gesehen. Das war damals bei einer Lyriklesung von Ira Cohen, der eine ziemlich gute Show abgezogen hat. Biller kam mit einer Freundin und einem Kumpel, sie lachten über den Schweizer Akzent des Vorlesers und benahmen sich so daneben, dass Ira bei der Fahrt durchs regennasse Schwabing in einem Amischlitten mit Schweizer Kennzeichen meinte, wenn das unsere jungen Literaturstars sind, dann sei das ziemlich traurig und er wünsche sich den Thomas Mann zurück. Der Vorleser sagte noch was anderes, was nicht gerade höflich war.
Das war zwischen Billers ersten und zweiten Roman. Inzwischen ist es drei Bücher später; ein verbotener Roman, ein dtv-Aufguss älterer Texte - Stuckrad-Barre lässt grüssen - und seine neuen Erzählungen. Die verdammt gut sind, und jetzt, endlich, 10 Jahre nach dem Ende von 100 Zeilen Hass, einen Ausweg aus seinem Image bieten, das er, egal wie, nicht will, weil er nach guter Intellektuellenart gar kein Image mag. Erzählt er bei der Lesung im, man könnte kotzen, wenn man was zu fressen hätte, hungerleidenden Intellektuellenliteraturviertel Prenzlauer Berg und an seinem Ground Zero, dem Kollwitzplatz. Weshalb dort neben den Billerbüchern auch Nina Jäckle verkauft wird. Auch das sagt einiges.
Man merkt es, da läuft gerade der Kampf um das Vielschichtige, da wird um eine Basis gerungen, von der das Werk in Gesamtschau analysiert werden kann. Später mal. Das Problem bei der Sache ist, dass er einmal der Gesellschaft die Faust in die Fresse gedonnert hat, dann den Hirnfickern vom Feuilleton und zum Schluss dann noch den Popliteraten, dass immer ein Eindruck, ein Image entstand und heute gar niemand anders mehr kann, als in starken Bildern von ihm zu sprechen.
Und das tut seinem aktuellen Buch nicht gut. Ein anderer Biller, sagen sie, und was sind die zuhörenden 30 Leute in einer nicht ganz ausverkauften Buchhandlung, um das Gebrüll der Medien zu übertönen? Selbst, wenn es eigentlich nur ein Rülpsschlucken ist, ach so, der Biller hat ein neues Buch, und Skandal? Nö? Ach ne, dann machen wir mal einen Einspalter darüber und gut ist.
Dagegen rebelliert er. Was daran scheitert, dass es draussen nicht ankommt. Er wird weiterreden, haspeln, Gedanken anfangen, Bögen schlagen, sich in Rage reden und gegenfragen, aber am Ende werden sie ihn wieder so einmachen, so brutal in die Klischees bomben, wie er es früher in seinen 100 Zeilen auch gemacht hat. Es wird freundlicher formuliert sein. Aber der Effekt ist derselbe. Auch wenn er eineinhalb Stunden dagegen strampelt. Für mich spielt das keine Rolle; der historische Biller meines Buches ist ohnehin einer, der nur über seine Kolumne spricht und wirkt, und die Meinung des heutigen Literaten ist da einfach schnurz.
Irgendwann ist dann Schluss. Über der Buchhandlung stehen zwei ältere Leute und beschweren sich über den Lärm und die Zumutungen. Aber die kommen nicht aus der Buchhandlung unter ihnen.
Christian Kracht ist schon noch so wie damals, aber seine Welt existiert nicht mehr. Er beschrieb den Mainstream einer Gesellschaft, die heute andere Werte adaptiert hat. Für die ist Faserland ein historischer Roman.
Maxim Biller habe ich fast drei Jahre nicht mehr gesehen. Das war damals bei einer Lyriklesung von Ira Cohen, der eine ziemlich gute Show abgezogen hat. Biller kam mit einer Freundin und einem Kumpel, sie lachten über den Schweizer Akzent des Vorlesers und benahmen sich so daneben, dass Ira bei der Fahrt durchs regennasse Schwabing in einem Amischlitten mit Schweizer Kennzeichen meinte, wenn das unsere jungen Literaturstars sind, dann sei das ziemlich traurig und er wünsche sich den Thomas Mann zurück. Der Vorleser sagte noch was anderes, was nicht gerade höflich war.
Das war zwischen Billers ersten und zweiten Roman. Inzwischen ist es drei Bücher später; ein verbotener Roman, ein dtv-Aufguss älterer Texte - Stuckrad-Barre lässt grüssen - und seine neuen Erzählungen. Die verdammt gut sind, und jetzt, endlich, 10 Jahre nach dem Ende von 100 Zeilen Hass, einen Ausweg aus seinem Image bieten, das er, egal wie, nicht will, weil er nach guter Intellektuellenart gar kein Image mag. Erzählt er bei der Lesung im, man könnte kotzen, wenn man was zu fressen hätte, hungerleidenden Intellektuellenliteraturviertel Prenzlauer Berg und an seinem Ground Zero, dem Kollwitzplatz. Weshalb dort neben den Billerbüchern auch Nina Jäckle verkauft wird. Auch das sagt einiges.
Man merkt es, da läuft gerade der Kampf um das Vielschichtige, da wird um eine Basis gerungen, von der das Werk in Gesamtschau analysiert werden kann. Später mal. Das Problem bei der Sache ist, dass er einmal der Gesellschaft die Faust in die Fresse gedonnert hat, dann den Hirnfickern vom Feuilleton und zum Schluss dann noch den Popliteraten, dass immer ein Eindruck, ein Image entstand und heute gar niemand anders mehr kann, als in starken Bildern von ihm zu sprechen.
Und das tut seinem aktuellen Buch nicht gut. Ein anderer Biller, sagen sie, und was sind die zuhörenden 30 Leute in einer nicht ganz ausverkauften Buchhandlung, um das Gebrüll der Medien zu übertönen? Selbst, wenn es eigentlich nur ein Rülpsschlucken ist, ach so, der Biller hat ein neues Buch, und Skandal? Nö? Ach ne, dann machen wir mal einen Einspalter darüber und gut ist.
Dagegen rebelliert er. Was daran scheitert, dass es draussen nicht ankommt. Er wird weiterreden, haspeln, Gedanken anfangen, Bögen schlagen, sich in Rage reden und gegenfragen, aber am Ende werden sie ihn wieder so einmachen, so brutal in die Klischees bomben, wie er es früher in seinen 100 Zeilen auch gemacht hat. Es wird freundlicher formuliert sein. Aber der Effekt ist derselbe. Auch wenn er eineinhalb Stunden dagegen strampelt. Für mich spielt das keine Rolle; der historische Biller meines Buches ist ohnehin einer, der nur über seine Kolumne spricht und wirkt, und die Meinung des heutigen Literaten ist da einfach schnurz.
Irgendwann ist dann Schluss. Über der Buchhandlung stehen zwei ältere Leute und beschweren sich über den Lärm und die Zumutungen. Aber die kommen nicht aus der Buchhandlung unter ihnen.
donalphons, 01:47h
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