: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 26. Mai 2004

Das Bild der Arbeitslosen

hat sich gewandelt. Schlange stehen beim Stempeln, Anzeigen durchwühlen und sich verkriechen ist nicht mehr.

*

Statt dessen rauchen. Mit anderen Arbeitslosen telefonieren, auf einem ziemlich neuen Handy, für das das Geld gerade noch reicht. Gespart wird am Essen. Der typische Stil dieser Leute hat sich hier schon seit zwei Jahren nicht mehr geändert, Hauptsache bauch/rückenfrei. Man kann noch das Zeug tragen, das man sich beim letzten Teilzeitjob in dieser Bar gekauft hat, die es dann nicht mehr gab, und deren besitzer einem noch 200 Euro schuldet. Balance halten auf dem schmalen Grat, reden, inhalieren, in der Tasche kramen, ob noch eine Packung Zigaretten da ist, und alles gleichzeitig tun, ohne wirklich etwas zu machen.

In einer Zwischenwelt leben, an die man sich gewöhnen kann. Aus der man kaum raus kommt, weil es für all die multitask-fähigen, umfassend ausgebildeten und MS-Works-erfahrenen Wohlstandskinder nichts zu tun gibt, ausser vielleicht an dem Gefühl zu ersticken, dass man nie nie nie die Sicherheit im Leben erreichen wird, die die Eltern scheinbar spielend geschafft haben. Zur Beruhigung noch eine rauchen, und dabei langsam das Ziehen im Rücken fühlen, nach einer viertel Stunde in dieser Haltung.

So sieht Arbeitslosigkeit heute aus. Leicht verschwommen, unscharf, auf eine schöne Art krank. Und die, die noch nicht so weit sind, fiebern dem einzigen Test, dem einzigen Gespräch, dem einzigen Assesment Center auf ihrer Taskliste entgegen. Wenn es nicht klappt bei diesem Spiel mit den Chancen 1:5, dann werden sie eben auch irgendwo zusammengekauert rumsitzen.

Und hoffen, dass der Dispo noch was ausspuckt, wenn die Telefonrechnung abgebucht wird.


*Symbolphoto. Die Arbeitslose vor Ihrer Haustür kann in Form und Farbe abweichen.

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Filbinger, der 68er-Schreck

Nur falls jemand in meiner Alterskohorte glauben sollte, dass die 68er reaktionäre, verkiffte, stinkende nicht übermässig auf Körperpflege achtende Kleingeister des Jeans-Faschismus sind: Stimmt.

Aber die Alternative der alten Nazis, der neuen Rechten und die reaktionären, alkoholabhängigen, stinkenden mit Boss-Produkten auf Körperpflege achtenden Knallchargen in den conservativen Jungunternehmerverbänden mit ihren Wirtschaftsraum-im-Osten-Phantasien sind noch weniger lecker.

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