: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 14. Dezember 2007

Slow Food bavarese

In Bayern setzt man sich an den Tisch, isst, bis aller weg ist, und das war es. Dass vorher gebetet wird, ist eine Legende christlich-totalitärer Fanatiker, denn das Risiko wäre viel zu gross, dass es kalt wird oder schlimmer, einer mehr bekommt als die anderen, also legt man los. Das ist genetisch in uns drin, das kenna mia ned ondas ned. Das verleiht uns unseren kerngesunden Wuchs und ein Aussehen, das nicht an Drogensucht und Mangel gemahnt - man vergleiche nur den bumberlgsunden Bayern mit all den Berliner Grischperln. Das kann ja so nichts werden mit denen.

Nur für das moderne Slow Food, das langsame Essen, ist diese Haltung nicht wirklich zuträglich. Nehmen wir also an, es steht noch eine mitternächtliche Auberginenpasta auf dem Programm - wie schafft man es, dass ein Bayer diese langsam, gemessen und mit der nötigen Zeit zu sich nimmt, und somit den modernen Gepflogenheiten des zivilisierten Essens entspricht? Bislang galt es als unmöglich, aber ich habe zusammen mit meiner Frau Mama heute die Lösung gefunden, und die sieht so aus:


senga´S dös Eggal do om? Dös is des wos bei am Konditor ois a oanzigs Schdiggl kriagn. Ois ondare kennan´S eana ausrechna.

Ein zwei Kilo schwerer Apfelstrudel aus Sahne, Weinberl, Vainille, Teig, Butter und Zucker. Der wird am Nachmittag ins Rohr geschoben, gebacken und dann mitgegeben. Es folgt ein für das Darstellen nicht allzu geeigneter Vorgang, bei dem die Hierodramen von Henri-Joseph Rigel und die Grands et Petits Motets von Jean Gill das Kratzen des Tortenhebers auf Blech übertönen, und am Ende das Geräusch des Abspülens unter schwerem Atmen. Der Strudel entfaltet dann seine Wirkung, er babbt as Mei und an Mogn zam, wie wir in Bayern sagen, er führt zu einem süssrigen Gefühl, mit Pattex ausgeschäumt zu sein, und der Körper schreit nach etwas Saurem, wie eben Pasta mit Auberginen und Knoblauch mit viel Salz und Pfeffer. Nachdem der Strudel aber noch gefühlt über der Stelle ist, wo sich bei Bayerinnen der zum Halten des Kropfbandes nötige Kropf bildet, ist der Verzehr eine äussert langsame, von vielen Pausen begleitete Angelegenheit, und dazu dreht der Bayer seine Augen in den Himmel, als wäre er eine verhungerte Castingalleeblondine, der man eine gschpritzte Schweinshaxe anbietet.

So klappt das mit dem Slow Food auch in Bayern.

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Es gibt da etwas,

das sich wehrt, in einen Beitrag gefasst zu werden, und es hat einiges mit den Reisen und Erlebnissen dieses Jahres zu tun, allem voran meinem zweiten Aufenthalt in Italien, und dort spezifisch dem glühend heissen, nicht im Blog beschrieben Tag in Sabbioneta, einer Planstadt der Gonzaga in der Poebene, die völlig auf den Willen des dort herrschenden Fürsten zugeschrieben war. In Sabbioneta gibt es noch den Vorläufer späterer Parks, den Hortus Conclusus, einen von der Sorte der abgeschlossene Gärten, die man aus dem Decamerone und den Asolaner Gesprächen kennt.



In Italien werden diese Gärten weder gepflegt noch genutzt, schrecliche Beispiele finden sich in Modena und Ferrara, und auch Sabbioneta hat nicht erkannt, dass die Geistesgeschichte des Ortes mehr in solchen Nischen, und weniger in den Palästen stattfand. Ich hätte so etwas gerne. Nicht in Realität, denn ich bin ein bescheidener Gärtner, aber in virtuell. Ich würde dieses Blog hier gern noch etwas weiter zuschneiden, begrenzen, unoffener gestalten. Ich will keinen rausschmeissen, aber noch ein wenig unattraktiver für Gaffer machen. Man muss mir das nachsehen, es gibt genug Blogs, die um jeden Besucher froh sind und jeden Klick feiern, ich aber hätte das gern anders.

Ich weiss noch nicht, wie ich es umsetze, und welche Stellschrauben ich betätige, aber es erscheint mir wichtig, um das zu bewahren, was es ist. Ohne es auf 2008 festlegen zu wollen, wird im nächsten Jahr vieles auseinanderfliegen, es wird gegenläufige Entwicklungen geben, und gerade im direkten Umfeld der grösseren Blogs wird es viele Erscheinungen weg vom Blog hin zum Online-Magazin geben, Kräfte werden sich vereinen, die Schlagzahlen werden raufgesetzt, es wird effektiver, vermarktbarer und dominanter. Deshalb möchte ich die Grenzen des Gartens klar definieren, und die Mauern so hoch ziehen, dass man ungestört verweilen kann. Ich möchte Distelhecken für Medien und Artverwandtes vor dem Tor, und ich möchte schöne Geschichten von anderen, die ich verlinken kann.

Ich kann nicht sagen, was ich mir von all dem hier erwarte, ich habe nie darüber allzu tief nachgedacht, aber ich habe einen ganz guten Begriff von der Funktion, die ich mir wünsche. Auch dann noch Spass haben, wenn um mich herum nur noch Ödnis ist, weil die hochfliegenden Pläne unrealisierbar waren und man an natürliche Grenzen kommt. Da sind mir meine Mauern und die Nischen lieber.

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Empfehlung heute - Einige sehr feine Gedanken

über Sicherheit und Demokratie gibt es drüben bei moreintelligentlife zu lesen. Was ich übrigens an Intelligent Life auch mag: Man kann jetzt die bei weitem nicht veralteten Texte der ersten Ausgabe komplett online lesen. Ich mag dieses Zugehen auf den Leser. Wirklich sehr.

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