: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 10. April 2009

60er

Wenn man so unterwegs ist und nur das Internet für die Arbeit frequentiert, bekommt man anderes gar nicht so mit: Der erstaunliche Aufstieg der Börsen etwa, eine ziemlich offensichtliche Abmachung weiter Teile der Medien, nur auf den DAX zu starren und bloss nichts zu sagen, was zeigt, dass die Misere noch lange nicht ausgestanden ist, dass man sich gerade sie Taschen volllügt, damit die Kurse wieder steigen und amerikanische Pensionäre den Eindruck haben, ihre Pensionen würden wieder Geld abwerfen. Ausserdem sind bald Wahlen, da würde jede Wahrheit nur schmerzen, und das will offensichtlich keiner, weshalb man sich unter wohlfeilen Wirtschaftskäuflingen an der PR von Twitter, Facebook und anderen Müllblasen des Internets berauscht (feat. deutsche Blogosphäre mit ihrem Kampfruf "nicht nur billiger, sondern für lau"). Solange wird es erst mal eine Weile abwärts gehen.



Ich habe mir das während meiner Reise überlegt: Mir geht es ja nicht direkt schlecht. Ich kann mir das schon leisten. Mir. Aber ich hätte massive Probleme, mir das zu leisten, was sich meine Eltern leisten konnten: Mit zwei Kindern wochenlang rumfahren, Urlaube machen, Skipässe zahlen, Wohnungen mieten und bei Bedarf auch kaufen. Meine Eltern kommen aus der Generation, die noch den ganzen Schub der 60er Jahre mitnahmen, Kredite in Zeiten hoher Inflation locker abbezahlten, und in den 80er und 90er Jahren in exakt jener Position waren, um bei den Umverteilungsprozessen auf der richtigen Seite zu stehen. Da kann nichts anbrennen.

Bei mir selbst - vermutlich auch nicht. Weil ich selbst im allerschlimmsten Fall noch immer genug hätte, um mein Leben so weiterzuführen, wie es gerade ist, nur dann eben ohne das Anlegen von Ersparnissen und mit deutlich reduzierten Kosten für Antiquitäten und andere Dinge, die ich nicht wirklich brauche. Ich kann auch nicht ganz ausschliessen, dass die kommenden Verwerfungen meine Verteidigungslinien gegen Risiken in Mitleidenschaft ziehen, aber egal, wie es ausgeht: Ich, für mich allein betrachtet, könnte nicht das leisten, was meine Eltern geleistet haben. Schon gar nicht in den kommenden zwei Jahren, in denen die Republik froh sein kann, wenn es wieder auf das gefühlte Niveau der 60er Jahre runtergeht. Mit all der Unsicherheit und den Verwerfungen, die wir dann sehen werden, nur geht es dann nicht mehr gegen alte Nazis, sondern eher gegen Klassen und Profiteure.

Was fehlt, ist der Rückenwind der historischen Entwicklung, und es ist vielleicht gar nicht so arg dumm zu schauen, was in den 60ern so war, und was man davon mitnehmen kann. Als ich von Orvieto ins Tal fuhr, dachte ich: Der klassische Italienurlaub mit einer Woche Strand und einer Woche Kultur wäre so ein Ding, das man wieder für angemessen erklären könnte. Klingt spiessig, wird aber bald eher beneidenswert sein. Oder Autoradio. Es ist manchmal ganz erstaunlich, wie viel Geld manche bei Onlineshops für mp3 ausgeben. Oder die daheim oder unterwegs selbst belegte Semmel. Obwohl es bei Orvieto eine Tankstelle mit angeschlossenem Feinkostladen gibt: Der Scamorza aus Brixen passte ganz vorzüglich zu den Panini aus Rom; das war zwar auch nicht gerade billig, aber billiger als der Dreck allemal, der normalerweise an der Tanke zu haben ist. Man zahlt heute in der Krise ziemlich viel Geld für Dinge, die es nicht gab, als die Wirtschaft reichlich Geschwindigkeit aufnahm. Demnächst kaufe ich vielleicht auch noch eine Thermoskanne.

Und zur Abrundung einen britischen Sport Saloon der Wirtschaftswunderzeit, und mehr richtiges Silber statt plated

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Rom - Orvieto - Arezzo

"Der Herr lasse alles stehen und liegen und incaminiere sich herzu." (Wallenstein an Pappenheim, 1632)







Ich würde ja eher eine Reise mit Etappen von nicht mehr als 200 Kilometer pro Tag bevorzugen. Leider ging es von dort aus unter Überspringerei von Florenz nach Mantua. Elende Hetze unter südlicher Sonne.

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