: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 20. Juli 2011

Familienweisheiten

Eine lautet, dass man Dinge sofort erledigen soll, sonst schiebt man es jahrelang auf. Daran habe ich mich oft in einer Weise gehalten, dass ich die These überprüftem, und das ist gar nicht so schlecht: Auf diese Art ist man nicht nur durch den Kauf einer Biedermeierkommode beglückt, sondern auch, wenn man sie Wochen, Monate und Jahre später abholt. Man erwirbt sie gewissermassen zweimal. Ausserdem hat diese lange Zeit den Vorteil, dass die Kommode, in Wirklichkeit ein Mordstrumm, in der Erinnerung schrumpft, kleiner wird und optimistischerweise überall hinpasst, gemäss der anderen Familienweisheit: A Platzerl findt sie imma. Man denkt sich ein Jahr, man hat keine Sorgen und kein Platzproblem. Jenun, an der Kurve im Gang, bei der noch keine Bilder hängen, weil die Kommode doch so klein war und sicher einen Platz findet - fand sich kein Platz. Im Bad, was eine Verschwendung gewesen wäre: Auch kein Platz. In der Bibliothek, im Vorzimmer, in der Küche, im grossen Sommerzimmer: Nirgendwo wollte sie passen. Nicht vom Holz her. Vor allem aber nicht vom Platz her. Nur im Schlafzimmer würde sie zum Schrank passen. Aber da steht schon ein Stuhl, da hängen Bilder. Aber - mal probieren.



Es passt. Es passt gerade so, dass weitere Sprüche a la "A Platzerl findt sie imma" nur noch im Zusammenhang mit ander Leute Wohnungen geäussert werden sollten. Denn obwohl ich dann sofort gemerkt habe, wie gut sie dort passt und wie prima ich sie dort für Schuhe und Bettzeug brauchen kann, mit ihren vier hohen Schubladen, ging das alles nur mit Verschieben, Rumrutschen und dem Abhängen von einigen Bildern. Es passt mal eben so unter Aufgabe einiger hübscher Frauen und der Zeit, in der ich gerne etwas über Kairo gelesen hätte. Aber so eine Kommode kann man nicht tagelang im Gang stehen lassen. Wenn sie schon ein Jahr einer anderen, keinesfalls Unhübscheren dankenswerterweise den Platz wegnehmen durfte.



Bei uns in der Familie hat man sich früher, als sie noch sehr viel grösser war, mit Möbelverleihung gegenseitig das Leben erleichtert. Brauchte jemand etwas für einen neuen Hausstand, gab es immer irgendwo etwas, das man sich borgen konnte, und man gewöhnte sich daher auch an einen Einrichtungsstil, der mit "aus jedm Doaf an Hund" umschrieben wurde. Ich glaube, ich könnte gar nicht mehr anders, man hat es immer so erlebt, und dennoch fügt es sich am Ende zusammen. Nicht so, wie man das vielleicht immer gern hätte, aber doch so, dass es angenehm ist. Und weil bei der ganzen Schlepperei und Herumräumerei und dem Eintreiben neuer Nägel in Wände und Polieren und Ausmessen der Körper in Fahrt kommt, macht man Sport, isst ungesunde Sachen oder wenigstens Dinge, für die man im Biedermeier etwas auf die Pfoten bekommen hätte, und merkt gar nicht, wie der Wetterumschwung hereinbricht.



Es wird ein wenig frostig, aber zum Glück kann man das ein oder andere im warm bemalten Winterzimmer machen, wo es einem gar nicht so kalt vorkommt. Das erscheint mit den sommerlichen Kirschen und der Kommode und ganz ohne Styropor an den Wänden auch der richtige Moment für diesen Beitrag in der FAZ über Hauseinpackungen am Altbaubestand zu sein, den ich arbeitend geschrieben habe.

Schliesslich wachsen auch bei mir die Kommodenbäume in den Himmel.

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Qualitätssteigerung der Medien

Es wäre vielleicht der Sache unter dem Eindruck der Ereignisse wirklich dienlich, wenn man sich dazu durchringen könnte, Medien nicht mehr ausgerechnet von Angehörigen der Berufsgruppe der Journalisten machen zu lassen.

Und nun zu etwas Erfreulichem: Die Amseln, die hier vor zwei Wochen noch den Eindruck machten, sie sässen zitternd und flugunfähig auf meinem Fahrradsattel, und warteten dort auf das Ende durch die Miezekatze - einen Nachmittag war ich dadurch auf Trab gehalten - sind flügge. Für mich weitaus wichtiger als jede Frage nach Sexualpraktiken von Abgeordneten oder TV-Ansagern.

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