: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Samstag, 16. Juli 2011

Päpstliche Selbstbeglückung

Sicher, die Barchetta braucht einen neuen Motor, und das wird nicht ganz billig, aber wenn Berater und Fondsvertriebler bei der Sache noch eines auf die Nuss bekommen können, weil sie keine Manieren haben - dann hat es sich noch immer nicht gelohnt. Aber es hebt meine Stimmung ein klein wenig, zumal ich dabei auch etwas über Erziehung schreiben kann, was ja wirklich fein ist, wenn man sie nicht praktizieren muss. In der FAZ.

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Zeiten der Enthaltung

Jemand war so freundlich, eine Gratiszeitung an die Tür zu stecken. Vermutlich ist der Heimatzeitung aufgefallen, dass dieses Haus von 5 Abos mittlerweile auf 0 herabgesunken ist, und möchte nun, dass sich die Bewohner erneut mit Neuigkeiten über 50 Jahre Schuhgeschäft Huber in Geisenfeld von vor drei Tagen infizieren und bestellen.



Nachdem es mir gerade nicht so besonders übertoll geht - es kommt gerade einiges zusammen - ist das vor der Abfahrt noch einmal eine nette Geste: Sicher, ich brauche einen neuen Motor. Aber hey! Immerhin bin ich nicht zum würdelosen Untergang verdammt. Zeitungen vergehen, aber Leute wie mich, die für die Bindung sorgen, die sonst dauerhaft verloren ist, wird man immer brauchen. Mirabellen sind ja auch immer da und werden immer gegessen.



Daneben hängen übrigens Steinäpfel: Sehen aus wie Äpfel, sind aber ungeniessbar, man kann sie höchstens zur Dekoration herumliegen lassen, oder - deshalb wurden sie früher auch gepflanzt - an Tiere verfüttern. So kommen mir mitunter Versuche vor, dezidiert für solche Zwecke vollkommen untaugliche Leute irgendwie zu Marken aufzubauen, weil irgendwelche Berater das sagen: Man muss zur Marke werden. Einen Scheissdreck sagen die: Entweder ist man eine Persönlichkeit, oder eine Wurst. Und Journalismus geht, man betrachte die Erfolge von Sun und News of the World, die sicher nicht einzigartig sind, eher in Richtung Wurstbetrieb denn in Richtung Persönlichkeitsschule. Man gebe den Maulaufreissern ein Blog, dann sieht man ja, wie sie den Medienwandel beherrschen, von dem sie reden. Die meisten sind platt wie geplatzte Schläuche.



Oder anders: Wenn sie es so toll könnten, wie sie sagen, dass andere es betreiben müssten - dann würden sie ihre tolle Kompetenz doch längst selbet unter Beweis stellen, wie es es bei Carta und the European mehr oder weniger tun. In Wirklichkeit sind sie nur gross, wenn es darum geht, anderen das Offensichtliche zu sagen: Dass sie es falsch machen. Haben sie sich dann irgendwo eingenistet, gehen sie das alles erst mal ganz langsam an, orientieren sich absolut nicht nach oben, sondern schauen, dass sie minimal besser sind als das, was der untere Durchschnitt leistet. Der untere Durchschnitt macht Bleiwüste? Macht man eben ein Bild. Der untere Durchschnitt packt das mit der Leseransprache nicht? Sagt man halt mal "Ich". Der untere Durchschnitt reitet Steckenpferde, die sonst keine alte Sau interessieren? Schreibt man halt was über ein populäres Thema.



Vermutlich wissen sie, dass an Bäumen voll mit unreifen Äpfeln am ehesten jene genommen werden, die nicht ganz so unreif aussehen. Man ist dann gespannt auf den nächsten Rülpser gegen andere Medien - zu gern wüsste man, wie so ein Nixkönner und Keineanstrengungmöger es dann begründet, warum andere schlecht sein sollen. Und ich verstehe mittlerweile besser, warum hintenrum so viele Augen verdreht werden, wenn mal wieder eine ganz tolle Ideen mit diesem neuen Internet aufkommt: Das bringt dann halt Leute an die Oberfläche, die besser den Rest ihrer Tage irgendwo den Stuss erzählen, der ansonsten keinen in seinen Lesegewohnheiten stört. Es reicht halt nicht zu sagen, dass die anderen zu lahm sind: man muss schnell sein und wissen, wie man diese Geschwindigkeit kontrolliert.



So denkt man eben, Kilometer für Kilometer, und auch an anderes und daran, dass man in Zukunft vielleicht noch ein wenig besser aufpassen und genauer hinschauen sollte. Nicht, weil die Welt schlecht ist und genauer Prüfung bedarf, sondern um das Schöne zu entdecken: Das Miese zeigt sich leider schnell genug ganz von allein. Sicher, ich habe gerade nur einen Leihwagen, aber eben auch mehr als nur ein Rennrad, sicher, ich werde ein paar Einschnitte vornehmen müssen, aber ich weiss auch, wo all die guten Apfel- und Mirabellenbäume stehen. Man muss nur die Augen offenhalten. Und ab und zu anhalten, um etwas mitzunehmen.



Ich mag diese Zeit der frühen Reife sehr; bald wird man sogar die Bäume stützen müssen, denn sie tragen schwer, sehr schwer an ihrer Last. Ich denke, ein erfolgreiches Projekt sollte wie so ein Baum aussehen, und das geht am besten, wenn man dazwischen nicht zu viel Gestrüpp hochkommen lässt in der Hoffnung, dass sich daran schon irgendwas einfinden würde, was irgendwem schmecken könnte. Es gibt schöne, alte Sorten und andere, die ebenso gut wie modern sind, und dann noch welche, die durchaus als Hecke einen Lebensraum darstellen: Aber nur, weil ein Garten zugewuchert ist, ist er noch lange nicht natürlich oder einladend. Das vesteht jeder Bauer. Aber in den Medien wirft man eine Handvoll Brenesselsamen an Hagebuttensträucher und wundert sich, warum der Steinapfelbaum nicht endlich bessere Früchte trägt, obwohl man ihm doch eine schöne Bewässerung gebaut hat.



Spätestens bei der Ernte, sollte man meinen, erkennt man, was da gut funktioniert hat, und was man besser nicht angebaut hätte. Das hat dann auch ein klein wenig mit einem Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen zu tun. Nehmen wir nur einmal die alten Birnensorten, die nicht im Mindesten so knackig und frischestrahlend sind, wie es die Ideologie vorschreibt. In solchen Fällen muss man eben dazu sagen, dass es gar nicht schadet, wenn man daraus einen famosen Birne-Baiser-Kuchen macht: Das vestehen die Leute dann auch, wenn die Gabel durch das saftige Fruchtfleisch wie durch warme Butter gleitet, und man die Frucht mit der Zunge zerdrücken kann, so süss, wie sie ist. Was sie gar nicht verstehen, wäre eine andere Ansprache, wenn man sich an den Weg stellen würde und sie anblaffen, dass sie verschwinden sollen, wenn sie nicht mal wissen, wann dieser Baum gepflanzt wurde und welche Rolle er in der Biographie eines lang vergessenen Pflanzenforschers spielt.



Auch das ist etwas, was die Bauern bei uns aufgrund der Bewusstseinswandels begriffen haben. Die Kundschaft ist ja nicht dumm, die Kundschaft würde schon etwas anderes als nur die Lady Gagas des Obsthandels wollen, man muss es eben zusammen entdecken und vermitteln. Es gelingt den Bauern, es gelingt einer Zeitschrift wie Landlust, alle gaffen das an, kratzen sich am Kopf, und dann gehen sie mit Debbie Harris im Ohr in den Supermarkt, diskutieren darüber, was in den untersten Regalen ist, schauen auf schreiend aufgemachte Sportillustrierte und Modejournale ohne Inhalt, lästern über Vegetarier und reden darüber, was letzte Woche im TV war, wo sie sich über Ballettgequatsche gezappt haben. Und irgendwann merken sie, dass es nichts bringt, so Zeug den Leuten vor die Haustür zu legen, die einfach etwas anderes haben wollen.



Dann aber ist es schon reichlich spät. So wie heute auch. Nur bin ich bald daheim, und die Zeitung klemmt immer noch an der Tür.

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