: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 9. Mai 2005

Gleich geht´s los!

Johnny, Modeste, Holgi und ich sind im idyllischen babelsberg, wir werden Internet im Studio haben, und bislang hat noch keiner Lampenfieber... Nur Holgi sucht gerade seine Tracklist.

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Heute Nacht

ab 10 Uhr bin ich ja mit Modeste, Johnny und Holgi im Bluemoon bei Fritz...keine Ahnung, wie das (ausser gut) wird. Vielleicht kann ich von da aus live hier bloggen. Mal schaun.

Und den Nörglern (Kein Podcasting! Keine Zukunft des Bloggens! Kein RSS! Keine Medienrevolution! Und mich Neidhammel haben sie nicht eingeladen, und dabei bin ich doch so viel besser als Don, wie ich auch beweisen könnte, wenn nur endlich mal jemand mein Manuskript abdrucken würde) sei diesmal vorsorglich gesagt:

Hm.

Na egal.

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Real Life 08.05.05 - Leiden eines Contract Shoppers

"Ja, also, der Spiegel der würde mir schon gefallen, also wenn er echt ist, können Sie den bitte im Auge behalten? Das wäre sehr nett. Ich müsste dann nur den venezianischen Spiegel ins Dining Room tun... was? Empire und Roccoco passen nichtzusammen? Äh, ach so, Sie meinen die Kommode, die ist Empire? Ja, dass es ein Stilmöbel ist, weiss ich auch, trotzdem könnte das... Sie meinen nicht. Na dann such ich eben einen anderen Platz.Über dem Acryltisch - ach ne, den wollte ich ja noch oben räumen, oder die Vreni bekommt den...



Ach so, und ja, dieses silberne Teeservice aus Hong Kong. Also, das habe ich mir nochmal überlegt. Natürlich brauche ich das nicht, mir fehlt ja auch die Zeit das zu benutzen, und ich trinke ja eher Kaffee und wenn Tee, dann nur Beutel, weil für Teezeremonien nie Zeit ist, aber das kennen Sie ja auch, nicht wahr Herr Porcamadonna, egal, jedenfalls wegen der Form könnte man das so schön aufstellen, so prunkig wie das ist, da passt es auch unter den Spiegel auf die Konsole, und ich will das schon haben, also ganz im Gegensatz zu den englischen Sachen so um 1900 weil die finde ich eher spiessig. Sie nicht? Nein? Ja, klar, wenn Sie sich gerade eine Kanne mit Füsschen gekauft haben, die können auch nett sein... Also, das könnten sie mir mitbringen, weil der Karl, mein Mann, nicht wahr, der braucht noch was zum Muttertag für mich nachträglich..."

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Google News zum 8. Mai

Und was bringt uns Google News zu diesem Datum ganz oben, wenn man nach "Irving" sucht, und in der Relevanz noch vor der FAZ? Ein Interview mit dem Holocaustleugner David Irving in der Nationalzeitung. Da kommt zusammen, was zusammen passt.

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Sonntag, 8. Mai 2005

Dirt Picture Contest: Der Pfahl im Auge.

Hoffnung geben will die Diakonie. In Ländern, die von Krieg, Zerstörung und Vertreibung geprägt sind, wo der Putz bröckelt und die Ruinen noch Jahre später mit Bretterverschlägen umzäunt werden. Wo kahle Mauern stumm erzählen, was hier an Vernichtung geschehen ist. Deshalb hat die Diakonie ein Plakat mit einem Kontrabass-Spieler vor Ruinen.

Und hängt es in Berlin Mitte auf - das sieht dann so aus.



Immerhin haben die auf dem Plakat etwas Musik. Berlin hat nicht mal das.

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Todes-Flowers AG zum Muttertag.

Man kann alles über das Internet verkaufen. Solange man Kunden findet, die mehr zahlen, als man ausgibt. Dann ist das ein Geschäft, und zwar kein schlechtes. Im Gegensatz zu manchen Geschäftsideen, die man nicht mal als Literat erfinden kann, weil es keiner glauben würde.

Wenn man nun eventuell mit einer Ware handelt, die leicht verderblich und schlecht zu transportieren ist, kommt, so man den Kunden hat, auch noch ein Logistikproblem dazu. Und eventuell ein Problem mit dem Kunden. Man stelle sich nur vor, man möchte erben, aber der Strauss zum Muttertag, den man nicht selbst aussuchte und überbrachte, sondern via Website abwickelte - dieser Strauss taugt Mama nicht, weil die Farbe nicht passt. Oder die Pralines, der Kuschelteddy oder ähnlicher mitsendbarer Krimskrams trafen nicht den Geschmack. Und überhaupt, dieses Unpersönliche...

Das Risiko stand ganz sicher nur ganz klein im Businessplan der Münchner (wo sonst?) Flowers AG, und gar nicht in den Seiten, die andernorts als "Philosophie" oder "Vision auftauchen würden. Statt dessen versuchte man dies und das New-Eco-Gemässe, ohne sich deshalb gross zu schämen. It´s Internet, baby, ohne AG geht nichts im schönen Bayernland.

Und ohne Geld geht auch nicht. Nicht mal mehr vor dem umsatzträchtigen Muttertag. 120 Punkte und einen Kranz bitte.

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Dirt Picture Contest - in der Pfeife rauchen können

Restmüllreste am Alexanderplatz, heute Abend dann um 17.50 Uhr, nachdem die braunen Überbleibsel in den S-Bahnhof Alexanderplatz zwangsgeschwemmt wurden.



Ich war auf der anderen Seite von Girl.

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Samstag, 7. Mai 2005

Mobile Ego Shooter von der CSP Mobile GmbH

Ich hatte ja eine Weile auch mit den Jungs von der Mobile Media Branche zu tun. Manche waren nett, manche gradraus Sickos, die nur deshalb nicht draufgingen, weil sie 2000 so viel VC bekommen haben, dass sie sich dreinmal den Change of Business Model leisten konnten. Die Grundidee war immer: Das Handy ist auch nur ein Computer, den jeder dabei hat und der immer an ist. Das, nicht das Internet, ist der Markt der Zukunft. Auktionen, Marketing, Direktvertrieb, alles wird auf dem Handy besser laufen.

Ich stand bei den Events, wo dergleichen verkündet wurde, krallte mich an das Reisschälchen und die Frühlingsrollen, und verstand es einfach nicht. Da hatten sie gerade mit Internet in die Fresse bekommen, da brabbelten sie schon wieder von Always on. Ich hatte noch nicht mal mehr Lust, eine der - wirklich hübschen, aber leider total verblödeten - Ideenpreisträgerinnen anzugraben: Mobile Marketing location based, und das auf einen halben Meter genau in Funkzellen, die mal eben ein paar hundert Meter umfassen können. Ich hatte böse Visionen; wer sowas verspricht, wird es auch ansonsten mit der wahrheit nicht ernst nehmen, sei es nun, dass die Pille doch nicht die übliche, sondern eine rosane war, oder unter dem Kleid steckt doch etwas anderes, kennt man ja, Mars Attacks habe ich gesehen, nein danke, wer einmal im Business Plan lügt...

Kurz darauuf verpulverte dann Vodafone Millionen für seine Idee load-a-game, die anderen zogen nach, die Kunden wollten aber nicht so richtig, und so verschwand auch diese App ganz schbnell wieder mitsamt Slogans und Werbung als Leiche in den Kellern der Bizz Developer. In Ibbenbüren warf ein türkisches Kid seinen Mobile Joystick bald wieder auf den Müll, und das Mädchen von damals war bei einer Agentur angestellt, die bald darauf bankrott ging.

Jetzt, drei Jahre später, kommen die Samwers und versuchen es erneut mit mobile Gaming. Immerhin sind Farbdisplays nicht mehr selten, und haben schon mal mehr als 160 mal 160 Pixel auf dem Display! Fast schon C-64-Niveau! Das hat man sich vielleicht auch bei der CSP Mobile GmbH gedacht, schliesslich sah man sich als "one of the leading companies in wireless entertainment". Und vertrieb Spielchen für Handies über maxartists.com und t-Zones für Deutschland. Und verdiente damit so mörderviel Kohle, dass es even beim Amtsgericht Münster breakte: 70 IN 43/05 heisst das Spiel, das jetzt der vorläufige Insolvenzverwalter spielt.

Sie hatten halt keine aufdringliche Werbung beim Muikfernsehen und keine Abo-Abzocke. Ihre Nachfolger werden das anders machen.

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Todessektor

Irgend ein Schnulli in der Munich Area meinte, die Agenturen seien Dank Spezialisierung auf bestimmte Anwendungen aus dem Gröbsten raus. Man macht nicht mehr alles, sondern nur noch das, was man gut kann. Man prügelt sich nicht um den aktuellen Markt, sondern entwickelt für kommende Bedürfnisse. Der hat wohl zu lange diesen Käse hier hier gelesen; der Bundesverband digitale Wirtschaft BVDW, former knows as dmmv, sieht wieder rosig.

Dem hätte das Leistungsspektrum der Düsseldorfer Agentur Sektor mit 3D-Graphiken und Broadcast-Multimedia sicher gut gefallen - nur leider haben die eine dieser Nummern, die man im Leichenschauhaus Menschen an die grossen Zehen hängen würde: 504 IN 60/05 beim Amtsgericht Düsseldorf. Und wenn ich den Schnösel in München demnächst wieder sehe, werde ich ihm sagen, dass der BVDW gerade dabei ist, ein altgedientes Mitglied zu verlieren.

Die waren übrigens mal für Viva tätig. Medienstandort NRW, kann ich da nur sagen. Immer die gleiche Geschichte.

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di com nich mehr - Dicom Gmbh hat ne Nummer

und zwar nicht mehr die 120 für die Mitarbeiterzahl des grossen IT-Consultung, Softwareentwicklungs-, Internet- und Netzwerkdienstleisters aus Hanau bei Frankfurt. Statt dessen ist es die 70 IN 127/05 beim Amtsgericht Hanau. Das wird wohl nichts mehr mitb der Idee, anderen auch noch venture Capital zu geben. Und wer gibt mir jetzt 120 Punkte?

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Freitag, 6. Mai 2005

Partei der Besserhaueverdienenden

Ach, der Guido. Den kenne ich noch ganz von früher. So aus den ersten Tagen meiner journalistischen Tätigkeit. Da war er in München und hat eine Rede ausgerechnet im Nachtcafe gehalten - das war noch vor der New Economy. Aber damals sassen genau die Abzocker im Publikum, die ich später jeden Tag sehen sollte. Alle in Schwarz oder dunkel, draussen auf der Terasse, mit einer enormen Perlenkettchendichte, wie beim Auflaufen der Deutschen Bank in Witten-Herdecke. Ins nachtcafe geht man zum Aufreissen, aber in dieser Nacht hätte es nur zu einem Ehevertrag gereicht. Unfickbar. Alle.

Und immer die gleichen Fressen. Die ersten, die wegen Beihilfen und Förderung vor Gericht ziehen. Diejenigen, die mit der New Economy die teuerste ABM-Massnahme in privater Verantwortung durchgezogen haben. Diejenigen, die so lange steuerlich optimieren, bis sie vor der Fahndung genauso viel Angst haben, wie früher um ihr Geld. Ein Saal voller asozialem Pack, dagegen ist die CSU-Mittelstandsvereinigung eine caritative Organisation.

Und da trat Guido auf. Das Nachtcafe ist nicht so gross, dass man brüllen müsste. Aber weil es München war, und er noch keine so grosse Nummer unter Kohl, meinte Guido, jetzt mal so richtig aufdrehen zu müssen. Ein paar Tage vorher war ich bei Gauweiler in einem Bierzelt, wo man mich netterweise eingeladen hatte, mich doch gleich aufs Podium zu setzen.

Gauweiler war netter - im Vergleich fast schon sympathisch. Guido ist der typische immer zu kurz gekommene, ängstliche kleine Kläffer, der letztlich immer auf die Fresse kriegt. Als er dann Möllemann ins Guidomobil gefolgt ist und antisemitisch mitgerülpst hat, hätte seine Partei ihn eigentlich gleich mitabschiessen sollen, den Spitzenkadidaten. Mit ihm werden sie es wohl wieder auf unter 5% schaffen; auch eine Art, den Edimerkel zu verhindern.

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Blogohnemich05

I didn't attend the funeral, but I sent a nice letter saying that I approved of it.
Mark Twain

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Wer weiss was

Wer sich mit der mph holding gmbh/Medienport AG auskennt, kann ja mal a.foersterling ät gmx dot de anmailen, der hat dazu ein paar Fragen.

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Donnerstag, 5. Mai 2005

Die den Spargel häuten

In Zeiten moralischer Oberflächlichkeit, in der man eine doppelte Moral günstiger auf dem Markt bekommt, denn wohlfeilen Applaus des Publikums für das Fehlen jeglicher Moral, kann es also nicht unterbleiben, dass sich mancher selbst sein Leben zurecht schnitzt; wo gedübelt wird, da fallen unschuldige Späne, und wenn schon die Haut nicht mehr zum Markte getragen, sondern der Markt gleichsam in die Haut tätoiert wird, darf es uns nicht verwundern, wenn manche sagen: Nackt ist mir nicht nackt genug - und hinter das mehr oder weniger welke Gewebe schauen, bevor sie zubeissen.

Das nun betrifft nicht nur Medienprodukte, die desöfteren abfällig Spargel geheissen werden, sondern auch den unschuldigen Namensgeber, die frühe Gemüsefrucht, die zu dieser Zeit vom Bauern gestochen wird wie weiland die Magd - ach ja, der Frühling. Der Spargel also, dieses unzüchtig aussehende, bleiche und dennoch feste Gewächs gedeiht hier in der heimatlichen Provinz ganz vortrefflich, mehr noch, zwischen den beiden Orten Abensberg und Schrobenhausen zieht sich ein Halbmond über die Hügelketten und die Donauniederung, in der schlichtweg der beste Spargel der Welt wächst. Des frühen Morgens steckt er sein Köpfchen aus der Erde, wo ihn der geübte polnische Wanderarbeiter erblickt, sticht, wäscht, und sogleich in den Wagen verfrachtet, mit welchem ihn der Bauer auf den von mir bevorzugten Wochenmarkt bringt.



Hier muss sich unsereins zwischen den beiden Herkunftsregionen und Handelklassen entscheiden. Es gibt Klasse IV, III, II, I und Extra, zu 4, 5, 6, 7 und 8 Euro das Kilo. Das sind lachhafte Preise im Vergleich zu dem, was man in München, Frankfurt, Paris oder Hamburg für den besten Spargel der Welt zahlt - wenn er dort nicht gar gefälscht wird, und lokale Ware mit den beiden berühmten Namen versehen wird. Bei uns gibt es nichts anderes als diesen Frucht der Heimat, und so nimmt es nicht Wunder, wenn zwischen Mitte April und Anfang Juni der Spargel die regionale Küche prägt.

Dort, wo man für Klasse I 20 Euro oder mehr bezahlt, wird der weisse Stengel - in der Regel ist der ja zu dünn für einen Schwengel - nur mit Butter, Kartoffeln oder einer Hollandaise gegessen, zu zart und fein ist der Geschmack, als dass man ihn mit starken Beilagen zerstören dürfte. Aber wir sind in Mittelbayern an der Quelle, das feinste Luxusgemüse der anderen ist bei uns so banal wie Mohrrüben oder Kohlrabi, und so wird der Spargel zwar geschätzt, aber nicht als Götze verehrt. Wir geben ihm Gutes mit auf seinem Weg in unseren bayerischen Verdauungstrakt, bisweilen auch Ente und Schwein, oder auch nur einem geräucherten Schinken - aber herausragend, das ist der Spargel nicht. Zuerst mal ziehen wir ihm die Haut ab, was ihn noch dünner und feiner macht - so sieht er dann aus. Wir brauchen ungefähr 15 Stengel der Klasse I für zwei.



Wir werfen dann einen verächtlichen Blick hinab zum Wohnheim der Elitessen, die sich von ihrer Fit-for-Fun-Lektüre anlügen lassen, dass dünne, bleiche Spargel der Diät zuträglich sei, wenn man nur auf fettarme Butter oder gar Margarine zurückgreife. Und sich dann wundern, wenn sie Kettenraucherinnen werden, vor lauter Unzufriedenheit... Wir haben von der Wochenmarktkäserei unseres Vertrauens Butter aus dem Voralpenland und einen italienischen Weichkäse namens Asiago besorgt, die zusammen gut und gerne auf über 50% Fett kommen. Für die Sauce zwei Personen brauchen wir 30 Gramm Butter und 120 Gramm Asiago, ausserdem 200 Gramm Creme Fraiche, der mit 30% Fett das Mittel auf unter 40% senkt - so geht Diät, ihr blonden, dürren Dinger da unten, dann macht auch der Sex wieder Spass. Dann kommen noch 20 Gramm milder Peccorino dazu, auserdem zwei Teelöffel rotes Pesto, ein klein wenig von einer Frühlingszwiebel und etwas Schnittlauch.

Den geschälten Spargel kleinschneiden, und in kochendem Wasser 9 Minuten blubbern lassen. Butter zerlaufen lassen, Zwiebeln kurz dünsten, Creme Fraiche dazu, aufkochen, Käse hinzufügen, Pesto unterrühren, und dann in einem weiteren Topf grüne Nudeln kochen - besonders empfehlenswert: Grüne Ravioli mit Spinatfüllung, passen geschmacklich und mit 2 Minuten Kochzeit perfekt in den Arbeitsablauf. Ricotta ist auch drin, aber, wie man in Bayern so schön sagt, der macht das Kraut auch nicht mehr fett. Am Ende den Schnittlauch in die Sauce, Spargel und Ravioli abseien - Könner machen das ohne Sieb, nur mit einer Silbergabel - und auf den Tellern als, je nach Standpunkt, italienische oder holländische Flagge anordnen. Profis giessen das auch mit der Hutschenreuther-Sauciere.



Und geniessen. Ein kleiner Hinweis noch: Durch das Schneiden des Spargels ist es möglich, nur mit der Gabel zu essen, auch wenn Nudeln und Spargel al dente sind - eine halbwegs scharfkantige Gabel vorrausgesetzt. Wer diesen Ratschlag beherzigt, wird ob seiner grenzfeinen Manieren keine Probleme haben, die hiesigen Eltern einer jeunesse doree Apothekerstochter von der Eignung als Gatte derselben nachhaltig zu überzeugen. Schliesslich wissen auch die Parvenissen und Cretins der hiesigen Oligarchie um die Unverzichtbarkeit von Moral, Sitte und Anstand, selbst wenn sie allein am Abend die Salami aus der Tupperware fressen, und nur mit Mühe davon Abstand nehmen können, die Messer abzulecken, wie es noch ihrer Väter Sitte war.

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Mittwoch, 4. Mai 2005

Heute

in Bayern. Vorletzter Tag.



Links in der Mitte unter dem Kamindach ist der taubenbetriebene Weckdienst.

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They hired a contract shopper

Du fühlst dich etwas schmutzig, als du deinen verdreckten Punto hinter dem blitzsauberen, lindgrünen Mercedes abstellst. Keine gute Vorraussetzung, denn da drinnen musst du der ordentliche Sohn aus besserem Haus sein, der täglich zweimal duscht und gepflegte Fingernägel hat. Nicht, dass du nicht darauf achtest; es ist dir in Fleisch und Blut übergagangen, aber der lindgrüne Mercedes verheisst gesteigerte Ansprüche. Da drinnen krachen gerade geballte Repräsentationswünsche aufeinander. Frau P., die schon immer, seit du sie kennst, lindgrüne Mercedes-Limousinen fährt, wird die nötigen Assets an ihrem Körper mitgeschleift haben, und deine Eltern sind auf solche Überfallkommandos der besseren Gesellschaft eingestellt.

Es ist nicht so, dass sie nicht auch schon früher aus mehreren Geschirren hätten auswählen können. Aber das hat sich dank deiner Einkäufe in Berlin und der Neigung deiner Frau Mama geändert, diese Dinge, die sie eigentlich gar nicht braucht, dann nach zwei Wochen dringenst zu benötigen. Das geht dann so: *bimmelbimmel* - "Mein mittelgrosser Pastetenheber. Alphonso, ich brauche den jetzt." "Frau Mama, Sie sagten aber, ich könnte den wieder mitnehmen..." "Wirklich, Alphonso." "Frau Mama, Sie haben doch auch den grossen Pastetenheber." "Ja, aber mit dem beschäme ich Frau K., der ist zu protzig." Nur falls sich jemand mal wundern sollte, warum du nur zwei mickrige Pastetenheber besitzt. Für die Frau P.s dieser kleinstädtischen Welt stehen jetzt immer zwei grosse Tabletts voller notwendiger Waffen bereit, und die Abwehrfront steht meistens, noch bevor sich der Besuch gebührend über das Wasserspiel vor der Terasse äussern kann.

Tatsächlich plätschert ein wenig Wasser über den arabesken Steinbrocken, und daneben sitzen sie vor Damast, Silber und Porzellan und tauschen sich über die Neuigkeiten des Provinzdaseins aus. Du gibst artig die Hand, mit angedeuteter Verbeugung, und kannst schlecht einfach Richtung Arbeitszimmer und Internet verschwinden, zumal dir ausdrücklich ein Platz angeboten wird. Frau P. erzählt von ihren Töchtern, deren ältere gerade dabei ist, sie zum dritten Mal zur Grossmutter zu machen. Und alle sehen aus wie die Mutter. Die weiblichen P.´s haben die Sorte Gene, mit denen man notfalls auch Metall fräsen, Flugzeuge abschiessen oder Tunnel sprengen kann. Noch in Jahrhunderten werden sich die P.´s ihre Bresche durch den Genpool dieser Welt schlagen, keine Frage. Die jüngere Tochter ist etwas aus der Art gschlagen; immer noch Single und nie daheim. Noch. Aber das werde sich schon ändern.

Deine Frau Mama erklärt, dass du nun auch wieder oft in der Provinz sein wirst, und deine Zelte in Berlin abbrichst. In Frau P.´s Kopf entsteht wahrscheinlich die Illusion eines verlorenen Sohns, eines reuigen Sünders, der in den Schoss seines Clans zurückkehrt. So zumindest interpretierst du ihre Begeisterung, ihren dezenten Hinweis, du könntest doch dann mal ihre jüngere Tochter treffen, wenn sie auch hier ist. Du revanchierst dich mit ein paar Bemerkungen über deine Pläne zum Ausbau deiner Wohnung; schön soll sie werden, antik, repräsentativ, nicht so billig, und vor allem: Kein Acryl. Sagt auch übrigens die aktuelle House & Garden. Das sitzt. Frau P. schaut etwas betroffen auf den Tisch, und stochert mit der Vorlegegabel in den kleinen Gebäcken.

"Schöne Gabeln", wechselt sie das Thema und läuft deiner Mutter damit gleich ins Vorlegemesser. Die, so sagt sie, hat ihr Sohn aus Berlin mitgebracht, Geburtstagsgeschenk, allerliebst mit kleinen Putti drauf. Tatsächlich fandest du die Teile damals ziemlich grenzwertig; knorpelige Gründerzeit, die versucht, falschverstandenes Rokkoko zu imitieren. Hier, auf dem Gartentisch, sind sie erträglich. Irgendwie sogar hübsch. Ob es in Berlin oft dergleichen gebe, will Frau P. wissen, und bereitwillig gibst du ihr Auskunft. Frau P. japst schlussendlich nach Luft, als Du beiläufig die Notwendigkeit einer neuen Silbervitrine erwähnst. Und als du sagst, dass du es inzwischen einfach nicht mehr kaufst, weil du nicht nochmal so Zeug brauchst, kann sie nicht mehr an sich halten und fragt, ob du ihr nicht vielleicht, natürlich nur wenn du so etwas siehst und natürlich gegen sofortige Bezahlung dieses und jenes und das, was sie nie findet, mitbringen könntest. Habgier ist in diesen Kreisen normal, man kennt sich ja, und wird zumindest hier kaum kaschiert vorgetragen.

Mit deiner Einwilligung in ihr Begehren ist auch die Höflichkeits-Viertelstunde vorüber, und du ziehst dich zum Rechner zurück. Du wirst ihr das Gewünschte mitbringen, sie werden dich einladen, in ihrem Garten zu sitzen, ihre ältere obszön aufgequollene Tochter wird dabei sein, die quäkenden Blagen, vielleicht auch die Missratene, und du wirst dir wünschen, dass man dich erschiesst, wenn du auch so werden solltest. Denn du kennst diese lindgrünen Mercedes-Schlitten noch aus den 70er Jahren. Frau P. hatte den damals von ihrem Vater bekommen, und über uns über mit Blumen und Parolen bemalt. Am Wochenende war der Mercedes über irgendwelche Feldwege gehoppelt, wo Frau P. Gerüchten zufolge seltsame Sachen rauchte. Ihre Kinder hatte sie am Anfang noch auf alle Ostermärsche mitgeschleift. Und überhaupt sehr progressiv getan, die indischen Perlen gleich neben der Luxusuhr, und die Gabeln aus dem Familiensilber hatte sie zu Armringen umarbeiten lassen. Du wirst bei ihr Tee trinken und den kleinen Finger nicht zu sehr abspreizen, du wirst das ordinäre, viel zu teure Stilmöbel bewundern, das den Acryltisch abgelöst haben wird, und in dem Wissen lächeln, dass es im Netz jederzeit und immer Anleitungen zum Bombenbau gibt.

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On Air offline

bin ich mit Modeste und Johnny bei Holgi auf Fritz. Und das drei Stunden lang. Am kommenden Montag ab 22 Uhr. Und ihr könnt und sollt anrufen.

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Dienstag, 3. Mai 2005

Ehemaliges Jung von Matt/Isar Gebäude, Munich Area

Der Zerfall der New Economy manifestiert sich, im Gegensatz zu Industrieregionen, in der Regel nicht in Ruinen und verkommenen Gebäuden. Die New Economy war standortunabhängig, mobil und flexibel. Die Produktionsmittel - in der Regel Rechner und Server - waren klein und innerhalb weniger Stunden an einem neuen Ort aufgestellt. Das galt als eine Grundvorraussetzung für dynamisches Wachstum. Eigene Immobilien wären da nur ein Klotz am Bein gewesen, die obendrein die Rendite geschmälert hätten - selbst in München mit den steigenden Preisen. Was bingt einem 5% Wertzuwachs von Mauern, wenn die Firma nach einem Jahr mit 5.000% Wertzuwachs an die Börse geht?

Während also früher das Industriegebäude ein Alleinstellungsmerkmal war, Zeichen für Erfolg und Repräsentation, oft stolz auf den Aktien abgebildet wurde, standen für die Bauten der New Economy andere Merkmale im Vordergrund. Sie sollten flexibel teil- und erweiterbar sein, günstig, schnell erreichbar, und in einem kreativen Umfeld, das unter dem Schlagwort "Mediencluster" Austausch, Kooperationen und gegenseitige Verstärkung einer Zukunftsbranche versprach. Die Folge waren neue Komplexe wie die Oberbaum City in Berlin oder das Siemens Business Center of E-Excellence am Münchner Flughafen. Andere zog es ironischerweise in alte, brach liegende Industriebauten und Lofts früherer Gründerzeiten wie 1871, 1900, 1924 und 1948, die nach den Anforderungen der New Economy flexibel umgestaltet wurde. Beispiele sind die Hanauer Landstrasse in Frankfurt, die Brotfabrik in Berlin und die Media Works Munich an der Rosenheimer Strasse.

Überall ging dort ab 2000 der Dotcomtod um - die Folge waren sinkende Mietpreise, die Ansiedlung gar nicht mehr so zukunftsträchtiger Dienstleisten, und viel Leerstand. Aber kein sichtbarer Zerfall. Wann immer eine dieser Firmen drauf ging, reichte ein Container für den Müll aus. Die meisten Möbel waren praktisch neu, schick, und landeten in Geschäften wie etwa diesem Gebrauchtmöbelhändler in Münchens Gabelsberger Strasse, die Rechner waren ohnehin oft nur geleast. Man wollte schliesslich schlanke Strukturen und sich allein aufs Business konzentrieren, alles andere wurde outgesourced.

Die New Economy hat es in der Folge tatsächlich geschafft, zumindest in ihrem Untergang fast vollkommen virtuell zu bleiben. Die virtuellen Produkte wurden gelöscht und von den Servern geschmissen, die Hardware landete bei den Verwertern, und die Gebäude, die sie für ein paar Jahre wie Kakerlakenschwärme überfielen, sind jetzt von ihnen gereinigt, als ob es sie nie gegeben hätte. Keine Trümmer, keine Ruinen, keine Brandschicht. Nur dort, woher die folgenden Bilder stammen.



Wir befinden uns im nördlichen Schwabing, dem berühmten Künstlerviertel von München, in der ehemaligen Stettenkaserne an der Schwere-Reiter-Strasse. Die ist noch innerhalb des Mittleren Rings, aber die bevorzugten Wohngegenden, das klassische Schwabing der Türken- und Theresienstrasse, das eigentlich "Maxvorstadt" heisst, oder die Leopoldstrasse und der englische Garten sind weit weg von hier. Die Stettenkaserne lag in den 20er Jahren am nördlichen Stadtrand von München, und hier war genügend Platz für ein grosses Militärareal. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Anlage konsequent erweitert, bis sie nach dem Ende des kalten Krieges aufgegeben wurde. Gerade rechtzeitig für den Boom der New Economy übernahm die Stadt München das Gelände, und förderte die Ansiedlung junger, innovativer Firmen. Im Zufahrtsbereich steht das obige Gebäude; eine ehemalige Werkhalle, die früher unter anderem Jung von Matt an der Isar beherbergte. Und heute? Bitte hier lang.

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Real Life 02.05.2005 - Grosses Rokkokotheater

Im Original hat dieses Bild eine grenzenlose Auflösung. Im Original kommen viele Vogelstimmen dazu, und nur manchmal das dröge Geschnatter einer Elitesse. Im Original ist das ein exklusiver Blick in splendid isolation, es gibt ihn nur hier und für mich allein. Es ist, wie so oft in Bayern, fast schon italienisch, und weil es so hoch droben ist, weht immer eine angenehme Brise. Es ist nie zu heiss, wenngleich hier oben Feigen reif werden.



Manchmal sitze ich hier auf der Dachterasse ein, zwei Stunden, kaue an einem Schnittlauchhalm, und frage mich, warum ich gegangen bin. Es gab keine Notwendigkeit, der in der Munich Area zu werden, aus dem dann später Don Alphonso entstand. Es gab keinen Zwang, nach Berlin zu gehen. Natürlich ist das Leben hier langweilig, aber sage bitte keiner, dass es spannend ist, sich im 103 oder im Tresznjewski Gerede über nie vollendete Romane oder Businesspläne anzuhören. Location Based Stories sind sowieso dumm, was fehlt sind Geschichten über das Unterwegs mit Zielen, die sich auflösen, desto näher man ihnen kommt.

Das Essen hier ist exzellent, die Menschen sind freundlich, an Frauen herrschte, falls nötig, kein Mangel, schliesslich rollt bei alten Freundinnen die grosse Scheidungswelle. Wenn es doch einmal zu langweilig wird, liegt München keine Stunde von hier entfernt. In der Nacht ist es unfassbar ruhig, und wenn ich nach oben schaue, sehe ich unendlich viele Sterne. Am nächsten Morgen wecken mich die Tauben im barocken Kamin neben meinem Fenster. Es ist buchstäblich mein Fenster, es gehört mir. Es ist mein Haus, mein Blick, mein alltäglicher Urlaub, ein, zwei, drei Tage ohne Netz sind kein Problem.

Ich habe heute die Wohnung in Berlin gekündigt.

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Montag, 2. Mai 2005

München, gestern Abend

Die Stadt kann sehr schön sein.



Wenn man nicht alle fünf Meter auf Reste der schlimmen Zeit 97-02 stossen würde, wenn man nicht dauernd daran erinnert werden würde, mit wem man mal wo war und was aus ihnen wurde - langweilige Mütter, wenn sie Glück hatten, 2 qm Souterrain-Wohnungen in nicht allzubester Lage in den Heimatstädten für die nächsten Jahrzente, wenn sie viel Pech hatten. Und viel dazwischen. Aber nichts von dem, was man sich 99 gewünscht hätte.

Es ist eine schöne Stadt. Ohne diese Stadt hätte es die New Economy so nicht gegeben. Diese Stadt ist teuer und fordert die Menschen. Ohne Leistung fliegt man raus. Man dachte, dass grosse Leistung am richtigen Ort zur richtigen Zeit einen einzigartigen Flug macht. Diese Strasse da oben war die Startbahn für ein halbes Dutzend Startups. Und auch ihre Absturzstelle.

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Consultantnewbankingmainhatten/Donau

Die Stadt, aus der ich komme, hat eine gut 700 Jahre alte Tradition als Festungsstadt. An dieser Stadt bissen sich die Schweden und Protestanten im 30-jährigen Krieg die Zähne aus. beinahe hätten sie hier den Schwedenkönig abgeknallt. Sowas macht stolz. Und anfällig. Für Militärarschitektur. Weshalb jetzt die Sparkasse statt ihres alten, unpassenden Hochhauses an einem totsanierten Rathausplatz jetzt einen zeitgemässen Sperrriegel gebaut hat, wie er im Lehrbuch für den barocken Festungsbau steht.



Da spielen natürlich noch mehrere Faktoren mit rein. Ein guter Teil ortstypischer "Wer ko, der ko"-Haltung. Auch der in Diktaturen und lokalen Bürgermeistereien nicht unübliche Wunsch, sich frühzeitig ein Denkmal zu setzen.

Aber diese Scharten - die gleichen sind am völlig überzogenenen und heute nicht wirklich überfüllten Deloitte-Gebäude in München zu sehen. Die flache Form ist auch bei Siemens in München beim Headquarter - nur ist daneben eine breite Strasse, und keine mittelalterliche Gasse. In Frankfurt hat man das auch probiert, und in der Nacht ist es ein Teil des Drogenstrichs. Überhaupt Frankfurt, die Dominanz der Banken im öffentlichen Raum: Wenn man hier schon nicht hoch darf, dann eben in die Breite. Aber es gefällt den Stadtoberhäuptern. Weiss, sachlich, modern. Wie in der Munich Area.

Und, auch wenn es ihnen nicht aufgefallen ist: Auf einer Achse mit der weissen Kirche und dem langgestreckten Gebäude dahinter. Das ist das alte Spital meiner Heimatstadt, gegründet gegen 1320 von Kaiser Ludwig dem Bayern. Zur Unterbringung der Verrückten. Wie man sieht, bauen sich die heute die Erweiterung selbst.

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