: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 26. März 2008

Real Life 24.03.08 - Nicht genug

Natürlich ist da unten irgendwo Rottach, aber es könnte genausogut Davos sein, oder eine aufgelassene Sendeanlage des zweiten Weltkriegs auf Spitzbergen, oder eine arktische Versuchstation im Schneesturm. So wichtig ist das nicht, man kann ohnehin kaum vor die Tür, wenn man nicht muss. Die Grenzen des Grundstücks sind schemenhafte Grauschleier, wenn der Sturm nachlässt, und nicht mehr sichtbar, sobald der Wind wieder neue Massen vorbeitreibt. Hier oben ist es ein wenig so wie auf dem Begräbnis eines Arschlochs, das mitzumachen mir einmal eine obskure Freude bereitete: Etwas Unüberwindliches, sei es eine Glasscheibe oder ein Holzbrett trennt einen von dem Unschönen da draussen, es reicht aus, es ist sicher, aber der Gedanke, dass das Trennende fehlen könnte, ist nicht fern von unerträglich.

In dieser Jahreszeit versteht man, warum die Bauernhäuser so kleine Fenster haben, sagt Frau S. Wissen Sie, wenn es drin eh schon dunkel ist, fällt so ein Sturm gar nicht mehr auf, aber mit den Panoramascheiben kann man sich nicht verstecken. Man ist dem ausgesetzt, manchmal geht das hier oben drei, vier Tage so, wie ein Gruselfilm. Eigentlich müsste etwas passieren, man wartet darauf, es kommt nie, und gerade deshalb.

Dann wendet sie sich wieder anderen Themen zu, die erfreulicher sind, dass das Hannerl in Amerika eine gute Zeit hat und dass dei neues Zuhause wirklich sagenhaft günstig war, und sie, falls es dir doch langweilig werden würde, auch schon einen Mieter wüsste, und Käufer, ach Käufer sowieso. Und von der anderen Seite her brüllt der Sturm der Apokalypse gegen das Fenster, ein undezenter Hinweis auf die Nichtigkeit all dessen, was in diesem kleinen Raum am Hang des grossen Berges stattfindet.

Es ist eine Blase, eine negation des faktischen, dieser Raum und diese Konversation, und fast so etwas wie die Allegorie der Vergeblichkeit aller Zivilisation. Der heisse Tee in deinen Händen würde draussen in kurzer Zeit zu braunem Eis werden, die Einrichtungsfragen sind für die hunderttausende, die in Amerika auf die Zwangsversteigerung warten müssen, vollkommen irrelevant, die Koofmichs von Yahoo und Cisco wenden sich plötzlich antichinesisch im Ansturm der Bilder, anything goes, aber nur solange es passt, Zwang fickt Beliebigkeit und gebiert die Popkultur von den Slums in Shanghai bis zurEchtgoldpraline unten im Tal, Preis je nach Kurs und Krisenszenario und FED-Aktion, und entscheidet so darüber, welche dahergelaufenen Möchtegerngründer in zwei Wochen im hässlichsten Hotel des Tales wieviel Stück zum Protzen vor seinen Mitarbeitern kaufen kann.

Es gibt zu viele Stürme und zu wenig Panoramascheiben in dieser Welt, gerade jetzt, und der Umstand, dass es für dich fast immer das schützende Glas gab, ändert nichts an dem, was da draussen passiert. Aber selbst wenn es anders wäre, gäbe es noch immer zu viele, die glauben, dass es besser ist, wenn man es durch ein kleines Fenster kaum mitbekommt. Alles hängt zusammen, man kann sich nur schlecht abkoppeln, von der Unvernunft der Irren und der Perversen, die das alles mit dem Geld anderer leute, Staaten und Gesellschaften bezahlen. Seit Voltaire ist es vor allem komplexer geworden, man hat mehr und vor allem andere Dreckschweine, als nur Adel, Rentenverprasser, Steuereintreiber, Janseniten und Gesellschaft Jesu, die Methoden haben sich verbessert, und wer weiss, ob die Geschichtsschreibung über diese Tage nicht Urteile fällen wird, die keinem von euch zum Ruhm gereichen werden.

Zu sagen, dass du nichts tun konntest, wegen des Sturmes da draussen, wird sicher nicht genug sein.

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Empfehlung heute - Dräunend

Das hier sind dräunende Schneewolken über dem See.



Grossbild

Und das hier ist dräunender Blödsinn von den bei Oldeurope aufgespiessten Nullcheckern, Faselköpfen und Ignoranten der Neoconpostille, die jetzt auf SPON-Niveau eingetrottelt wird.

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Montag, 24. März 2008

Man muss aufpassen

Das ist hier auch nicht anders als in Berlin, beispielsweise. Diese Angebote, doch einfach mitzumachen. Dort gründet man kaputte Firmen, hier macht man im Bräustüberl Geschäfte mit dem Haffenloher. Dort und hier wird es als normal angesehen, unzumutbare Pseudodialekte zu verwenden - und sich dafür nicht zu schämen. Habe ich schon mal erwähnt, dass auf einem Berliner Jugendsender wie Fritz die Anrufer genau die gleichen Artikulationsprobleme haben, die man in Bayern nur noch von Altnazis im Call in Format des Staatsfunks kennt? Anpassung heisst dabeisein, und mehr noch, alles richtig und angemessen finden, heisst Überleben, sein und werden, was man eh schon ist, wenn man sich unterordnet: Ein Stück Aas, ein Berliner, ein Rottacher Affenfelsenbewohner.

Man muss sich in Berlin der bedruckten T-Shirts enthalten und in Wiessee der Trachtenjanker, man sollte hier und dort nicht Komasaufen, nicht den Lügen der Fremdenverkehrten glauben und tun, was man selbst ist. Nur das Grau von Berlin ist so echt wie das Weiss des Schnees hier an den Bergen, und für alle scheint die gleiche Sonne, wenn sie denn scheint, was sie soeben, nach viel Schnee und Grau, zu tun beschlossen hat.



Man muss aufpassen. Besonders, wenn einem das hier nicht ganz so fern ist, wie das andere. Aber falls ich doch mal in einer dieser typischen, in China zusammengenähten Lederhose um die Aufnahme beim lokalen Blasmusikverein ersuche, fände ich es nett, wenn man mich erschiessen könnte, von mir aus auch mit dem Vorderlader. Solange bitte bei denjenigen üben, die im rotkarierldn Hemmad und Schnupftuch um den Hals, aus Norden via München kommen und meinen, das hier sei Oktoberfest mit anderen Mitteln.

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Montag, 24. März 2008

Der weisse Raum

(Zweierlei:

Vielleicht werde ich alt, aber in letzter Zeit verspüre ich eine Ablehnung des Englischen in mir. Eigentlich wollte ich diesen Beitrag mit "The White Room" überschreiben, was ganz hübsch zum eigentlichen Konzepts des Musikmeilensteins von The KLF gepasst hätte. Aber ich weiss nicht. Seit ein paar Jahren denke ich mir bei solchen Gelegenheiten häufig, dass es doch auch in Deutsch gehen muss. Seit auf von mir frequentierten Webseiten des englischen Sprachraums gerne Begriffe mit einem vorangestellten "Uber-" aufgebohrt werden, hat sich diese meine Neigung verstärkt, denn wenn das Englische, reflexiv betrachtet, genauso peinlich ankommt, ist es wahrlich nicht schön.)



(Und dann wollte ich eigentlich noch etwas anderes schreiben, aber nach 21 Stunden Arbeit und ein paar schlechten Stunden Schlaf hat es gestern nur noch zum offline speichern dieses Beitrags mit einem Platzhalter gereicht. Und als ich vorhin obiges Photo bearbeitet habe, konnte ich den Text nicht mehr niederlegen. Es passt nicht. Ich habe das Bild mit einer anderen Intention aufgenommen, als derjenigen, die es darzustellen beliebt hat. Denn wenn man genau hinsieht, zeigt sich, wie sich die Kunstfigur des Autors in die Realität gedrängelt hat. Stuck, alte Möbel, Parkett, das teilen wir, wie auch die Neigung, den Raum später nicht weiss zu lassen. Was ich aber ganz sicher nicht tun würde, einfach um so einem entsetzlich klischeehaften Eindruck zu vermeiden, wäre der in ökonomisch postapokalyptischen Zeiten vorgenommene Transport von Pinseln und Rollen zum Tegernsee in der nächstbesten Papiertüte, die in diesem Fall von Theresa. - was sonst - stammen würde. Don Alphonso würde jetzt sagen, was sollte er denn bitte tun, das liegt nun mal in diesem Clan im Keller rum, die Tüten taugen was, und Alditüten habe er nun mal nicht. Tatsächlich aber habe ich, wie es nun mal meine Marotte ist, aus Sparsamkeits- und Raumkenntnisgründen, denn ich liebe es, mein Orientierungsgefühl durch das sichere Gehen und Finden in dunklen Räumen stets unter Beweis zu stellen, das Licht nicht eingeschaltet und die erste, feste Tasche genommen, die ich in der Dämmerung ertasten konnte, und so kommt es dann, dass ich beim Umzug an den Tegernsee tatsächlich mein Werkzeug in einer Tüte transportiere, die etwas über Don Alphonso und seinen Zugang zu dieser Welt erzählen könnte, das auf mich ganz sicher nicht zutrifft. Leider ist Don Alphonso etwas, das mir ab und zu passiert, und auf Grundlage dieser Treffen kann ich ihn auch schreiben. Ohne er zu sein, und dann schreibe ich Dinge wie:)

Fast geschafft! Und wenn ich fertig bin, muss ich zu Frau S. runter an das Südende, ich bin nämlich zum Tee eingeladen, und vorher fahre ich noch in Bad Wiessee vorbei, da ist Antikmarkt in der Wandelhalle, weil, ich hätt natürlich noch ein Demi Lune daheim, aber das möcht ich nicht hergeben, und Stehlamperl bräuchte ich auch noch.

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Göthe halts Maul

wenn ich an Ostern im Gebirge bin:

"Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück."

Das hab ich heute gemerkt. Du Idiot.

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Samstag, 22. März 2008

Sehr zu empfehlen - Familienweisheiten

Ich habe ganz vergessen, welches Gewicht Mahagoni hat. Das Schleppen von Mahagonimöbeln verdrängt man aus gutem Grunde schneller als Banalitäten wie katastrophalen Sex, das Essen von Sushi oder Bekanntschaft mit den Töchtern führender CSU-Politiker. Man will das rotbraune Blei vergessen, das den Hausherrn nach unten zieht, ganz im Gegensatz zu früher. Denn zu der Zeit, als daraus Tische und Stühle gefertigt wurden, hatte man zum Transport Diener oder gar Sklaven, und damit gesellschaftliche Verhältnisse, die makroökonomisch nicht zu begrüssen, beim Schleppen über 5 Treppen aber dann doch auch vorteilsbehaftet waren. Selten ein Schaden, wo kein Nutzen dabei ist, sagte meine Grosstante immer, und hatte damit natürlich wie immer recht, besonders, wenn sie beim rasanten Skifahren einen fetten Altnazi umnietete. Sie kannte keinen Schwung und Bremse, nur die Schwerkraft.



Deshalb geht dieses Bild von ihr auch mit in die von ihr geliebten Berge. Falls ich es schaffe. Seit einer Stunde wollte ich drin sein, jetzt erst komme ich dazu, den Rechner auszuschalten und das letzte Monstrum nach unten zu tragen. Nie wieder umziehen, habe ich mir geschworen. Es scheint, als wollte sich mein Körper auf eine Art daran halten, die meinen Feinden besser als mir selbst gefallen könnte. Aber wie sagte nicht meine Grosstante auch immer so richtig und bayerisch-mitfühlend: A Guada hoits aus und um an Schlechtn is ned schod.

Lawinen, ich komme!

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Empfehlung heute - Eine Tomate

würfeln geht in 60 Sekunden, und dann ist auch der harte Stielansatz weg. Man kann es machen, während die Butter schmilzt. Überhaupt, dieser Geruch von schmelzender Bergbauernbutter aus Österreich, nicht die weisse Pampe mit Gentechnikanteil, sondern goldgelbe Butter in Butterpapier, ohne Aufdruck, das braucht sie nicht, man kennt Butter nicht, bevor man sie nicht probiert hat - und dazu muss selbst ich erst mal 30 Kilometer fahren. Aber es lohnt sich. Weil es nämlich auch anders geht. So etwa. Prachtvoll, oder? Oder das. LEC-KER! Oder dieser Blattspinat, mal was ganz anderes als meine frische Spinat-Mangold-Austerpilze-Tarte. 100 saftige, dreckige Lügen der Werbeindustrie gegenüber der Realität bei Pundo3000.

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Samstag, 22. März 2008

Für die hinterfotzigen Christen

eine Bitte: ich fände es echt prima, wenn Ihr, wenn Ihr schon für "perfidis judaeis" betet, also solche wie mich, vielleicht in Gedanken meine Wenigkeit ausnehmen könntet. Dass ich perfide sein kann, ist mir durchaus bewusst, und ja, ich halte das für eine meiner besseren Charaktereigenschaften. Denn ich bin immerhin kein zölibakterielles, bigottes, bankerlrutschendes, hirnrissige ex Cathedra Entscheidungen glaubendes Stück Kadaver vor dem Papst (so zumindest die Gesellschaft Jesu als Idealbeschreibung) und auch kein Befolger idiotischer sexfeindlicher Vorstellungen aus dem vorvorletzten Jahrhundert, oder sonstwie der Feind einer aufgeklärten Gesellschaft, die immerhin so nett ist, Euch bei Zusammenrottungen solche antisemitischen Drecksrituale durchziehen zu lassen, ohne dass ihr auf der Strasse angepöbelt werdet - oder was einem zu dieser Zeit sonst noch gerechterweise einfallen könnte. Ihr wisst ja, wer einen Hammer hat, sieht alle Probleme nur noch als Nagel.

Statt dessen bin ich eigentlich stets freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend, habe Manieren und Tischsitten, kann kochen und bin eigentlich so, wie ich bin, der höflichste Mensch von der Welt.



Kein Osterlamm wurde für dieses Bild abgemurkst. Nehmt Euch daran ein Beispiel, benehmt Euch, schliesslich bete ich ja auch nicht dafür, dass Ihr endlich mal im 21. Jahrhundert ankommt, mehr Kondome benutzt, weniger bigotte Blagen aufzieht und nicht den letzten Volldeppen wählt, nur weil seine Partei ihre korrupte haltung hinter dem Buchstaben C versteckt. Ihr könnt so bleiben, wie Ihr wollt. Ihr könnt auch diesen Jesusdingens da behalten. Gratis. Als Zugabe.

Wenn Ihr nach 1900 Jahren endlich mal anfangt, Euch so zu benehmen, wie man das von obskuren Sektierern erwarten kann. Ich wüsste jedenfalls nicht, dass die Muslime irgendso einen Krampf machen.

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Empfehlung heute - Wenn wir über Tibet sprechen,

weiss Konstantin besser, worum es eigentlich geht, als all unsere deutschen Sesselpupser, die Flickr und Youtube nach drastischen Bildern für ihre Sensationsstories absuchen, und das Mietmaultum für Politik, Wirtschaft und Funktionärskaste geben.

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Freitag, 21. März 2008

Sehr zu empfehlen - Schenk mir, gib mir, werbe mich

Es gibt nicht viel, was ich mir freiwillig in den Briefkasten stecken lasse; neben sehr viel Zwang - das grottenschlechte Gemeindeblatt etwa, Müll und den wenigen Benachrichtigungen meiner schmalen Restbesitztümer auf der Bank meines Misstrauens - ist das die World of Interiors, die ich auch empfehlen kann, obwohl sie aus dem Hause Conde Nast stammt. Heute jedenfalls, in der Aprilausgabe, war noch etwas im Umschlag:



Eine Farbenskala von Farrow & Ball, auf gutem Papier lichtecht gedruckt und einzeln eingeklebt, mit Beschreibungen, wie sie nur Briten vermögen: Dead Salmon statt Beige, Breakfeast Room Green statt Lindgrün und, dankenswerter Weise, Cinder Rose für das Kirschyogurthelend, in dem ich versehentlich mein kleines Vorzimmer gestrichen habe. Cinder Rose klingt gleich viel besser.

Neben dem Briefkasten war auch der sehnlichst erwartete Stuck, mit dem ich die Schachtelräume meines neuen Heims menschenwürdig zu gestalten denke, und zumindest eine Wand in einem grünlich-braunen Hellbeige wäre nicht schlecht. Die Farbe nennt sich dann auch bloggerfeundlich "Cat´s Paw".

So geht Werbung. Alles andere ist nur ädiekelhaft.

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Warum ich Werber verabscheue

Ich habe gestern abend einen neuen Telefonanschluss beantragt. Ich schloss die Verwendung meiner Daten für Werbezwecke aus, ich untersagte den Eintrag in Telefonbücher und verwahrte mich gegen die inverse Suche bei der Auskunft. Das ist die Zukunft. Das Telefon ist das Einfallstor für Diebe, Kriminelle, Abzocker und Abschaum, den man nicht sehen will. Das ist der Grund, warum ich so wenig Telefon wie möglich haben möchte. Es geht keinen was an, ausser meine Freunde. Denen kann ich die Nummer sagen. Aber die Vorstellung, dass irgendwelche Callcenterdreckschweine meine Daten ausgraben, analysieren, ein Profil machen und mich dann an meinem neuen Wohnsitz mit ihrem Schmutz belästigen, ist keine erfreuliche.

Das ist, historisch betrachtet, eher seltsam. Mein Urgrossvater war ein sehr fortschrittlicher Mensch, der jede technische Neuerung begeistert begrüsste und sich schon in jungen Jahren wenig Freunde bei seinem Radsportverein machte, als er dort mit dem ersten Motorrad aufkreuzte. Meine Grossmutter hatte - bittschön, tiefstes Bayern in den späten 20er Jahren - kaum Probleme, von ihm auch so ein Knatterding zu bekommen. Elektrifizierung und fliessendes Wasser war hier schnellstens installiert, und mit der unausgereiften Technik von damals habe ich bis heute zu kämpfen. Fernsprecher und das Fräulein vom Amt waren ebenfalls sehr früh vorhanden, und man war stolz, eine Telefonnummer zu haben.

Als meine Eltern dann zusammenkamen, war die Beantragung des eigenen Anschlusses eine der ersten Tätigkeiten, und das Telefonbuch dieses Jahres haben sie mit Stolz aufbewahrt. Im Telefonbuch stehen bedeutete, dass man wer ist. Man hatte damit auch keine Probleme, denn es war Usus, Bekannte nur zwischen 9 und 12 und 14 und 19 Uhr anzurufen. Wer einen nicht kannte, rief nicht an. Warum auch. Man war sich ja nicht vorgestellt worden. Das Telefon machte alles einfacher, aber nichts schwerer. Es war eine gute Verbindung.

Heute ist es Belästigung, eine Konsumterrormaschine. Weniger, weil Leute auch mal spät anrufen, sondern vor allem wegen all der Callcenter- und Maschinenansagen. Ich kenne Leute, die einfach nicht mehr an das Telefon gehen, wenn sie die Rufnummer nicht erkennen. Ich kenne andere, die zurückrufen, wenn sie einen auf den Anrufbeantworter hören, aber nie rangehen. Das Telefon ist vom Freund zum Einfallstor der anderen, der Ungewollten, der Feinde geworden. Es hat aufgehört, ein Privileg zu sein, und wurde zum Mittel derer, die kein Nein, keine verschlossene Tür und keinen Papiermüll für ihr Gebrülle akzeptieren.

Ich bin der Meinung, dass Werbung jenseits der Produktinformation generell verboten und unter Strafe gestellt werden sollte. Zumal der Übergang von Werbung zu Betrug längst fliessend ist, und die, die es schamlos betreiben, kein Recht haben sollten, von unserer Gesellschaft zu profitieren. Eigentlich habe ich ein Recht, meinen Namen im Telefonbuch zu lesen. Ich und meine Freunde, wir haben ein Recht zu kommunizieren, ohne wegen der Belästiger Sorgen haben zu müssen. Die haben kein Recht, das für meine Zwecke zu missbrauchen. Schliesslich rufe ich auch nicht bei diesem Abschaum an und verlange, dass sie mir mein Konto füllen, mein Klo sauberlecken und mir ein Bleirohr zu schenken, falls ich mal Nachts am Medienhafen in Düsseldorf allein unterwegs sein sollte.

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Empfehlung heute - Einen luxuriösen Gedanken

findet man zum Thema Geld bei Tristesse Deluxe.

(Und ich sitze hier und kann nicht raus, weil ich auf den Stuck warte, der nicht kommen will)

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Mittwoch, 19. März 2008

Ein Bömbchen für Schäuble

Wenn ich mit meiner Frau Mama telefoniere, etwa, weil wie heute Gäste kommen und der Konditor bei mir um die Ecke ist, fallen dauern Worte wie "ein paar Sachen aus England", "kannst du das machen", "behüte Dich Gott", und natürlich auch das Wort "Bombe", und ihr alle Masse sprengender Inhalt - siehe unten. Abgeshen davon schimpfe ich natürlich über "Drogen" in ihrem Hause, worunter ich, Nichtraucher und Antialkoholiker, die Erlaubnis des Rauchens auf dem Balkon und den Ausschank von Bier verstehe. Kurz, was ich ganz normal von mir gebe, könnte in den falschen Ohren schnell zu einem Problem werden.



Die Fragen, ob wir nun Liechtenstein oder das Kleinwalsertal bevorzugen, ob Paris nicht auch ein gutes Ziel wäre, und ob es noch 72 Jungfrauen in der besseren Gesellschaft der Stadt gibt, diskutierten wir ohnehin nur noch beim Waldspaziergang. Ganz, ganz leise, und nur wenn wir uns sicher waren, dass keine rosafeiges SPD-Trojanerschwein unsere Wege kreuzen würde, mit einem Geheimdienstler im Mastdarm. Oder einen Büttel der Plattenindustrie.

Die einzige Frage, die nach der heutigen Entscheidung des Verfassungsgerichtes bleibt ist, ob das Gericht nicht vielleicht auch Schäuble, Merkel, Beckstein, Koch, Hermann und Zypries verbieten könnte. Falls nicht, wäre es eine gute Bewährungsmöglichkeit für feige SPDler, indem sie passende gesetzliche Regelungen auf den Weg brächten. Illegaler als die von ihnen abgenickte Vorratsdatenspeicherung sollte das auch nicht sein, sagt mir mein rudimentäres Rechtswissen.

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Über den Umgang mit Peter Turi, Springer und anderen Problemen

Peter Turi ist vieles. Ein Pleitier, der sich in der New Economy bei seinen Firmen verhob. Dessen Mitarbeiter wenig erfreuliche Erfahrungen gemacht haben. Ein Lügner, der mit seinen Unterstellungen Dritte in juristisch heikle und teure Situationen bringt. Jemand, der sich einen Dreck um Urheber- und Persönlichkeitsrechte schert, der schon mal ein Video einer öffentlich-rechtlicher Anstalt, mit seinem Turi2-Logo versehen, auf seine Seite packt, und Bildrechte gezielt verletzt. Und wer sich über den Zusammenhang von windelweichen Gefälligkeitsinterviews und den baldigen Partner-Logos von Medien wie Focus, Zoomer oder der Welt wundert: Unternehmer- und damit anzeigenfreundliche Haltungen sind schon bei seinem Pleiteprojekt Netbusiness in der Pressemitteilung angekündigt worden:

Turi will im neuen "netbusiness" eine "entschieden unternehmerfreundliche Haltung" kultivieren.

Darauf angesprochen, warum nach einem extrem netten Interview eines leitenden Mitarbeiters eines Sponsors nirgendwo auf die geschäftliche Verbindung hingewiesen wurde, antwortete der Leiter des angeblichen "Branchendienstes" (http://turi-2.blog.de/2008/03/01/interview2-christoph-keese-3801813#c6208855):

"Da alle Geschäftsbeziehungen (Anzeigen, Sponsoring, Content-Verkauf) offen sichtbar sind und die Leser dieses Dienstes Medienprofis und keine Milchmädchen, sehe ich kein wirkliches Problem."

Nachdem schon einige Blogger und Blogunternehmer - namentlich die Macher des Werbevermarkters Adical - wenig schöne Erfahrungen mit Peter Turi gemacht haben, und zwischen dem Bildblog-Autor Stefan Niggemeier und Turi schon aus gemeinsamen Kress-Zeiten eine Aversion besteht, die sich in unverhohlener Freude über meine Abmahnung von Peter Turi einerseits und unfreundlichen Aussagen in Gefälligkeitsinterviews andererseits äussert - nachdem also all diese unschönen Dinge zusammenkommen und man bei den Betroffenen von Peter Turis Sponsoren Machenschaften schon mal erfahren musste, dass eine konsequente Abschottung mittelfristig die beste aller Problemlösungen darstellt, nach all dem also verstehe ich

das hier absolut nicht.

Dass Felix Schwenzel und Stefan Niggemeier befreundet sind, und von ihm in der Sache Turi nach seinen Dienstleistungen für den Springerkonzern keine unvoreingenommene Haltung zu erwarten ist, steht völlig ausser Frage. Aber es ist ja nicht so, dass man die ganze Problematik des "Mediendienstes" und seines Gründers nicht kennen würde. Wieso dann Felix Schwenzel noch vor ein paar Wochen seinen Kopf für ein Interview mit dieser Person hergegeben hat, ist mir, bei aller eigenen Antipathie gegenüber Niggemeiers und Schwenzels Berliner Kreise, vollkommen unverständlich.

Ich bin der festen Überzeugung - wir kommen zum Kern des Beitrags - , dass wie schon beim Springerkonzern die einzige Antwort die totale Isolation sein kann. Man fördert mit jedem Interview, mit jedem Bild, mit jedem Link einen Dienst, bei dem man es irgendwann bereuen wird. Turi ist nicht zufällig dort, wo er gelandet ist, und ich kann nur hoffen, dass sich zukünftig möglichst wenige für Schleimbezeichnungen wie "Alphablogger". "Kultblogger" etc. empfänglich zeigen. Man möchte sich bitte klarmachen, dass eine Präsenz gerade bei diesem Mediendienst für Blogger ganz sicher nicht besonders förderlich ist, denn seriös geht anders. Turi versucht meines Erachtens, gegenüber den Medien seine Kompetenz in Sachen "Bloggern" zu vermarkten, und wer ihm dabei hilft, sollte sich nicht wundern, wenn er sich danach in der schlechten Gesellschaft von Gefälligkeitsinterviews und Hilfsdienste bigotter Medientypen wiederfindet, die auf das eigene Umfeld eindreschen dürfen.

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Dienstag, 18. März 2008

Unbehagen auf 760 Meter

Während man sich in Berlin noch Gedanken über die Besetzung, den Kauf oder die Restaurierung von Seeimmobilien macht (Kommentar 29! Liesl und ihre innere Tegernseeerin mit dem Traum der sauberen Häkelgardinen!), ist man im Süden der Republik schon weiter. Genauer: Auf dem rutschigen Parkett des Seelebens. Man hat die Küche eingeräumt und kann sich nun dem erneuten Versauen der mitgebrachten Familienschmuckstücke widmen, zu deren Reinigung es nachher an Schwamm und Spülmittel fehlen wird.



Es ist ja ein Graus mit diesen Seeimmobilien: Wenn man sie sich leisten kann, ist es in aller Regel mit dem Spass vorbei. Im Ort, wo ich diese sagehaft rosa Torte kaufte, deren Beschreibung allein mir wohl keiner wegen überzogener Klischeehaftigkeit glauben würde, in diesem Cafe eines CSU-Gemeinderates jedenfalls waren nach mir zwei ältere Damen dran, mit dem halben nigerianischen Staatsschatz am wenig ansprechenden Körper und einer Karosse vor der Tür, mit der man das Okawangadelta überbrücken könnte , und auf die Frage, ob sie Sahne zum Kuchen möchten, sagten sie NEIN und lachten verzweifelt, denn es war ein Lachen der Erkenntnis, dass alles, was sie in Zukunft tun, sie dem baldigen, fühlbar nahen Ende aller Ungewollten, Ungeliebten und Opfer der Erbenphantasien zutreiben wird. Keine Sahne also. Und das, obwohl sie sich viel leisten könnten. Jetzt, wo jede Ausgabe nur noch die Nachkommen ärgert, ihnen selbst aber nichts mehr bringt. Die Sahnecremetorte mit dem Caramel bitte auch noch, sage ich wohlgelaunt und LAUT dem dörflich gepierct und gesträhnten Thekenmädchen, das so auch in den Käffern Leipzig oder Berlin stehen könnte, vielleicht sogar in Gemeinden wie Dresden oder Bauzen, sollte sie das richtige Tribal auf dem verlängerten Rücken tragen. Da gibt es Unterschiede, nehme ich an. Und nein, das Ideal ist auch dieser See nicht, an dieser Stelle würde ich vielleicht sogar einen italienischen Kuchen für eine italienische Bedienung hinnehmen, aber es passt schon. Besonders, wenn es dann zu schneien beginnt.



Da sitzt man am Panoramafenster, wo exakt hinter dem Garten der erste 1000er steht, schaut zu, wie sich das Grün in der Dämmerung zu Grau und dann zu Blau wandelt, die dicken Flocken fallen, wie man es seit Jahren nicht mehr erlebt hat, ein letzter Gruss vom Bergwinter vielleicht, die Füsse liegen auf der Marmorplatte über der Heizung, und oben, im Hof, schlachtet der Bauer vielleicht gerade ein Biokalb für das Fressen der anderen, da wo das Licht durch die Nacht blinkt. Überall geht etwas zu Ende, die Zeit läuft aus, und überhaupt nimmt man zu wenig an den Rändern des Lebensweges mit, eine Schande, die sich hier obenüber dem See und unter den Bergen aber schneller abstellen lässt, als anderswo, und das sogar ohne Heiratsschwindeleien, für die Bad Wiessee so trefflich geeignet sein soll. Noch etwas dichter fällt der Schnee, schön ist es, wenn man drin ist und bleiben kann, mit einer Kanne Tee, dem Kuchen, und der leidigen Erkenntnis, dass man die Streichhölzer für die Kerzen vergessen und eine Küche ohne Gasherd hat.

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Empfehlung heute - Autofahren ist weniger asozial,

wenn man sich mal bei vert mit den Freuden des Zugfahrens unter Zuhilfenahme von Schland-Brüllern beschäftigt

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