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Mittwoch, 13. August 2008
Problemluxus
Die Immobilienblase in den USA und England war nicht ausschliesslich schlecht. Es genügt, ein paar ältere Ausgaben meiner Lieblingszeitschrift "World of Interiors" durchzublättern, um in den Anzeigen den Wandel beim Einrichtungsniveau zu erkennen. Dominierten um 2001 noch glatte Flächen und gerade Linien; wurden damals Naturmaterialien ausgeschlossen und glänzende Metalle verbaut, so wandelte sich mit den anziehenden Haupreisen und der Verwendung von Häusern als Garantie für immer neue Kredite die Ansprüche. Spätestens seit der Dolce & Gabbana-Anzeigenserie von 2003, als Modelle auf Perserteppichen und unter Kronleuchtern zu sehen waren, gab es kein Halten mehr. Venezianische Leuchter, schwere Damaststoffe, Posamenten, Strass, pompöse Antiquitäten, Kronleuchter auch in Küche und Bad, antike Teppiche, edle Hölzer, und als sei das nicht genug, kamen Firmen wie Rolex und Patek trotz saftiger Preissteigerungen gar nicht mit dem produzieren nach. In Florida boomte das Bootsgeschäft, in Russland wurden Bugattis ausgeliefert, und Chinesen plünderten besinnungslos auch unverkäufliche Vorvorjahresbestände von Vuitton. Der Luxus hatte von 2003 bis anfang 2008, vom Ende der New Economy bis zur Kreditkrise, fünf extrem fette Jahre.

Und wenn man heute in den einschlägigen Angeboten der internationalen Wirtschaftspresse liest, findet man allerorten die Hoffnung, es möchte nicht vorbei sein. Man wünscht sich, dass zumindest dieser Sektor weiter wachsen möchte, wenn schon andernorts Hungerkrisen erspekuliert werden und Konsumenten sterben, weil die Medikamente zu teuer sind. Was noch vor wenigen Monaten als gieriger Abzocker mit Schwarzgeld in Liechtenstein galt, wird heute in Handelsblatt und FTD, Wallstreet Journal und Vanity Fair hofiert als Rettungsanker in einer katastrophalen Konjunktur, die solchen alles schluckenden Mietmäulern die Werbeerlöse zu nehmen droht. Irgendwo soll die Party weitergehen, der Champagner strömen und die Umverteilung von unten nach oben als Retter in der Not auftreten, denn wenn es sich jemand Konsum leisten kann, dann diejenigen, die von Inflation und Lohndrückerei profitieren.

Leider, leider, leider gehen solche Überlegungen von falschen Voraussetzungen aus. Werfen wir doch mal einen Blick auf die gängigen Archetypen derer, die sich bislang Luxus leisten konnten. Da hätten wir:
1. Der Verschwender, der es sich eigentlich noch nie leisten konnte. Das ist der Sportsfreund, der die Auto-Haus-Bargeld-sofort Angebote der Banken für ein gutes Geschäft hält, seit dem Berliner Prekariat sowieso immer am Dispolimit rumkrebst und davon ausgeht, dass es schon irgendwie weiter geht, also genehmigt er sich noch eine Flasche mit seiner neuen Kreditkarte. Negative Sparquote, keine dauerhaften Sicherheiten, trotzem irre Ansprüche und eine geile Karre: Vor uns sehen wir den Onkel aus Amrika, Joe Default, seinen spanischen Vetter Jose Privatinso und deren deutschen Schwippschwager Josef Vielhaber-Anderzahl. Dieser Teil des Luxuskonsums ist definitiv Geschichte, und da helfen auch keine in manchen US-Staaten üblichen Angebote mehr, Schulden unzuschichten oder die Privatpleite rauszuzögern.

2. Die Wohlhabenden mit Vermögen. Was immer das sein soll. Angesichts der realen Inflation, die in den meisten Ländern des Westend näher bei 10 als bei 5% liegen dürfte, und angesichts der Kursverluste von so ziemlich allem ausser dem Zeug wie Gold oder Rohstoffe, das gerade jetzt den Abschwung nachholt, verlieren diese Menschen enorme Summen. Nicht so schlimm wie damals beim Filmfonds, aber dennoch in einem alle einschliessenden Umfang, den auch Wohlhabende nicht einfach so wegstecken. Besonders übel ist die Geschichte, wenn die Altersvorsorge an die Börse gekoppelt ist. Solche Leute können etwas, das die erste Gruppe nicht kann: Rechnen. Und das A und O bei diesen Leuten ist der sichere Ruhestand. Ich kenne diese Schicht, und dort hat das Thema "Wo bringe ich mein Geld in Sicherheit" das Thema Konsum vollkommen in den Hintergrund gedrängt. Statt dessen liest man jetzt in Einruchtungsblättern sehr, sehr oft vom Stolz auf "Estate" und "Flea Market Bargain", was früher, vorsichtig gesagt, eher eine exotische Haltung war. Lebt also wohl, ihr feinen britischen Farbenmischer und Stoffweber, ihr Sattler und Marmorschneider nahe Verona.

3. Die reichen Russen, Chinesen und andere Ausbeuter aus Schwellenländern: Machten ihr Geld weniger mit den Reichen des Westens, als vielmehr mit den Hauptbetroffenen der Krise - den Mittel- und Unterschichten des Westens. Denjenigen, denen es jetzt wiklich nass reingeht. Diejenigen, die nun eben nicht mehr alle zwei Monate die Sonderangebote gewisser Kleidermärkte kaufen, sondern nur noch alle 6 Monate. Wenn es reicht. Denn die Kunden Asiens sind vor allem Menschen ohne grosse finanzielle Spielräume. Der Massenmarkt. Dessen Kunden es sich dreimal überlegen werden, ob sie jedes Jahr eine neue Glotze, eine neue Kamera oder 10 Paar superbillige chinesische Sportschuhe mit Chemiegestank brauchen. Wenn sie es nicht tun, denkt ihr Bankberater für sie. Schlecht für Schwellenländer. Schlecht für deren Börsen. Noch viel schlechter, als es ohnehin schon ist. Und die meisten ort wissen noch, was Armut bedeutet. ich glaube nicht, dass allzu viele den Rückfall für ein paar französische Täschchen riskieren werden.

4. Die Superreichen: Diejenigen, die gerade panisch ihr Geld von der UBS abziehen. Diejenigen, für die das Wort Steuernachzahlung in vielen Ländern kein Fremwort mehr ist. Diejenigen, die nachher trotzdem noch genug haben. Oder hätten. Denn auch bei denen stellt sich die Frage, ob sie in Zeiten wie diesen unbedingt noch ein 10. Auto brauchen, einen Fünftwohnsitz, eine Viertfreundin oder eine Drittyacht. Überhaupt scheint es mir so zu sein, als wäre das Bild dieser Leute geprägt durch RTL II, irgendwelche singenden Junkies bei MTV und den Leseranalysen, mit denen Vanity Fair hausieren geht. Vielleicht kenne ich die falschen Superreichen, aber da gibt es einen, der über die hohen Kosten für den Midijob seines Gärtners jammert. Ein anderer verbringt seinen Urlaub, indem er Bauer spielt und Kompott mitbringt. Ein weiterer erzählt jedem, wie billig seine Büroeinrichtung bei Ebay war. Einer von zwei mit bekannten Schwerreichen, die eine Ferrarisammlung ihr eigen nennen, musste mir seine Wohnung am Tegernsee notverkaufen - der andere ist ein nicht wirklich gesellschaftsfähiger Grossmetzger in einem Kaff in der Provinz und hat kein anderes Hobby. Luxus hat übrigens auch noch ein Haltbarkeitsproblem, das jeder sofort versteht, der einmal eine Rolex aus den 70ern in der Hand gehalten hat: In aller Regel ist er kein Wegwerfprodukt. Menschen können im Luxus vergleichsweise lange ohne weitere Ausgaben existieren. Eine Keepall altert faktisch nicht. Eine Lampe von Émile Gallé wird nicht unmodern. Aus Bakkaratgläsern kann man immer trinken. Mahagonimöbel sind praktisch unzerstörbar. Luxus ist teuer in der Anschaffung, kann aber im Betrieb sehr lange kostenneutral sein.

Bleiben also noch als letzte und 5. Gruppe Fashion Victims und diejenigen, die sich beruflich mit Luxus umgeben müssen. In meiner ganz wilden Zeit habe ich mal erlebt, wie ein bekannter Sportmoderator eines süddeutschen Staatssenders mit seinem Feund, der auch ab und zu moderiert, bei einem der besten Läden Münchens einkaufen war. Ich musste für mein Bybloshemd gar nicht wenig zahlen - die beiden TV-Persönlichkeiten dagegen bekamen eine hohe Rechnung allein für die Steuer und den Dank des Hauses, weil sie vorhatten, die Einkäufe in der Glotze vorzuführen. Ich nehme an, dass die Steueroptimierer tatsächlich bei der Stange bleiben. Die Betrüger des grauen Kapitalmarkts werden weiterhin Grafentitel brauchen, Luxusimmobilien und die passende Einrichtung. Es wird weiterhin einen globalen Markt für Luxus geben, wie auch für Autos und Toilettenpapier. Teenager werden Väter anquengeln und Berufssöhne ihr Grossmütter, man wird mehr in Rechnungen schreiben, als bezahlt wurde und Steuerberater wird man immer brauchen.
Aber ich glaube nicht, dass Luxus eine Rettung für die Wirtschaft oder auch nur einen Teilbereich sein wird. Mitunter ist das schade, denn auch Eier von freilaufenden Biohühnern kosten 120% mehr, als die billigste Mörderware. An Luxus hängt ohne Frage sehr viel Gutes, der echte Honig wie auch der Erhalt von Olivenhainen, alte Handwerkskunst und neue Begriffe von dem, was ein "gutes Leben" sein sollte. Luxus ist nicht im Mindesten nur eine Sache der Reichen; wir würden alle blöd aus der Wäsche schauen, wenn auch die Vermögenden extrem kostenorientiert ihren gesamten Konsum nach China verlagern würden. Ich habe keine Antwort auf die Frage, ob es gut oder schlecht ist, wenn jetzt vieles nicht mehr möglich ist; ich halt Steuerhinterziehung und Bestechung der Reichen für verwerflich, aber die Ausbeutung in Sweat Shops und durch 3-Euro-Friseusen, die am anderen Ende der Gesellschaft als legitim und preiswert verstanden wird, kann es eigentlich auch nicht sein. Was es in der Krise letztlich sein wird - ich weiss es nicht.
Ich kann hier nur sagen, dass keine der obigen Einrichtungsideen mehr als ein Ipod gekostet hat. Es ist mein Luxus, weil ich darin zufrieden bin und es mir bequem leisten kann, ohne ein Schwein zu sein, oder Werbung schalten zu müssen.

Und wenn man heute in den einschlägigen Angeboten der internationalen Wirtschaftspresse liest, findet man allerorten die Hoffnung, es möchte nicht vorbei sein. Man wünscht sich, dass zumindest dieser Sektor weiter wachsen möchte, wenn schon andernorts Hungerkrisen erspekuliert werden und Konsumenten sterben, weil die Medikamente zu teuer sind. Was noch vor wenigen Monaten als gieriger Abzocker mit Schwarzgeld in Liechtenstein galt, wird heute in Handelsblatt und FTD, Wallstreet Journal und Vanity Fair hofiert als Rettungsanker in einer katastrophalen Konjunktur, die solchen alles schluckenden Mietmäulern die Werbeerlöse zu nehmen droht. Irgendwo soll die Party weitergehen, der Champagner strömen und die Umverteilung von unten nach oben als Retter in der Not auftreten, denn wenn es sich jemand Konsum leisten kann, dann diejenigen, die von Inflation und Lohndrückerei profitieren.

Leider, leider, leider gehen solche Überlegungen von falschen Voraussetzungen aus. Werfen wir doch mal einen Blick auf die gängigen Archetypen derer, die sich bislang Luxus leisten konnten. Da hätten wir:
1. Der Verschwender, der es sich eigentlich noch nie leisten konnte. Das ist der Sportsfreund, der die Auto-Haus-Bargeld-sofort Angebote der Banken für ein gutes Geschäft hält, seit dem Berliner Prekariat sowieso immer am Dispolimit rumkrebst und davon ausgeht, dass es schon irgendwie weiter geht, also genehmigt er sich noch eine Flasche mit seiner neuen Kreditkarte. Negative Sparquote, keine dauerhaften Sicherheiten, trotzem irre Ansprüche und eine geile Karre: Vor uns sehen wir den Onkel aus Amrika, Joe Default, seinen spanischen Vetter Jose Privatinso und deren deutschen Schwippschwager Josef Vielhaber-Anderzahl. Dieser Teil des Luxuskonsums ist definitiv Geschichte, und da helfen auch keine in manchen US-Staaten üblichen Angebote mehr, Schulden unzuschichten oder die Privatpleite rauszuzögern.

2. Die Wohlhabenden mit Vermögen. Was immer das sein soll. Angesichts der realen Inflation, die in den meisten Ländern des Westend näher bei 10 als bei 5% liegen dürfte, und angesichts der Kursverluste von so ziemlich allem ausser dem Zeug wie Gold oder Rohstoffe, das gerade jetzt den Abschwung nachholt, verlieren diese Menschen enorme Summen. Nicht so schlimm wie damals beim Filmfonds, aber dennoch in einem alle einschliessenden Umfang, den auch Wohlhabende nicht einfach so wegstecken. Besonders übel ist die Geschichte, wenn die Altersvorsorge an die Börse gekoppelt ist. Solche Leute können etwas, das die erste Gruppe nicht kann: Rechnen. Und das A und O bei diesen Leuten ist der sichere Ruhestand. Ich kenne diese Schicht, und dort hat das Thema "Wo bringe ich mein Geld in Sicherheit" das Thema Konsum vollkommen in den Hintergrund gedrängt. Statt dessen liest man jetzt in Einruchtungsblättern sehr, sehr oft vom Stolz auf "Estate" und "Flea Market Bargain", was früher, vorsichtig gesagt, eher eine exotische Haltung war. Lebt also wohl, ihr feinen britischen Farbenmischer und Stoffweber, ihr Sattler und Marmorschneider nahe Verona.

3. Die reichen Russen, Chinesen und andere Ausbeuter aus Schwellenländern: Machten ihr Geld weniger mit den Reichen des Westens, als vielmehr mit den Hauptbetroffenen der Krise - den Mittel- und Unterschichten des Westens. Denjenigen, denen es jetzt wiklich nass reingeht. Diejenigen, die nun eben nicht mehr alle zwei Monate die Sonderangebote gewisser Kleidermärkte kaufen, sondern nur noch alle 6 Monate. Wenn es reicht. Denn die Kunden Asiens sind vor allem Menschen ohne grosse finanzielle Spielräume. Der Massenmarkt. Dessen Kunden es sich dreimal überlegen werden, ob sie jedes Jahr eine neue Glotze, eine neue Kamera oder 10 Paar superbillige chinesische Sportschuhe mit Chemiegestank brauchen. Wenn sie es nicht tun, denkt ihr Bankberater für sie. Schlecht für Schwellenländer. Schlecht für deren Börsen. Noch viel schlechter, als es ohnehin schon ist. Und die meisten ort wissen noch, was Armut bedeutet. ich glaube nicht, dass allzu viele den Rückfall für ein paar französische Täschchen riskieren werden.

4. Die Superreichen: Diejenigen, die gerade panisch ihr Geld von der UBS abziehen. Diejenigen, für die das Wort Steuernachzahlung in vielen Ländern kein Fremwort mehr ist. Diejenigen, die nachher trotzdem noch genug haben. Oder hätten. Denn auch bei denen stellt sich die Frage, ob sie in Zeiten wie diesen unbedingt noch ein 10. Auto brauchen, einen Fünftwohnsitz, eine Viertfreundin oder eine Drittyacht. Überhaupt scheint es mir so zu sein, als wäre das Bild dieser Leute geprägt durch RTL II, irgendwelche singenden Junkies bei MTV und den Leseranalysen, mit denen Vanity Fair hausieren geht. Vielleicht kenne ich die falschen Superreichen, aber da gibt es einen, der über die hohen Kosten für den Midijob seines Gärtners jammert. Ein anderer verbringt seinen Urlaub, indem er Bauer spielt und Kompott mitbringt. Ein weiterer erzählt jedem, wie billig seine Büroeinrichtung bei Ebay war. Einer von zwei mit bekannten Schwerreichen, die eine Ferrarisammlung ihr eigen nennen, musste mir seine Wohnung am Tegernsee notverkaufen - der andere ist ein nicht wirklich gesellschaftsfähiger Grossmetzger in einem Kaff in der Provinz und hat kein anderes Hobby. Luxus hat übrigens auch noch ein Haltbarkeitsproblem, das jeder sofort versteht, der einmal eine Rolex aus den 70ern in der Hand gehalten hat: In aller Regel ist er kein Wegwerfprodukt. Menschen können im Luxus vergleichsweise lange ohne weitere Ausgaben existieren. Eine Keepall altert faktisch nicht. Eine Lampe von Émile Gallé wird nicht unmodern. Aus Bakkaratgläsern kann man immer trinken. Mahagonimöbel sind praktisch unzerstörbar. Luxus ist teuer in der Anschaffung, kann aber im Betrieb sehr lange kostenneutral sein.

Bleiben also noch als letzte und 5. Gruppe Fashion Victims und diejenigen, die sich beruflich mit Luxus umgeben müssen. In meiner ganz wilden Zeit habe ich mal erlebt, wie ein bekannter Sportmoderator eines süddeutschen Staatssenders mit seinem Feund, der auch ab und zu moderiert, bei einem der besten Läden Münchens einkaufen war. Ich musste für mein Bybloshemd gar nicht wenig zahlen - die beiden TV-Persönlichkeiten dagegen bekamen eine hohe Rechnung allein für die Steuer und den Dank des Hauses, weil sie vorhatten, die Einkäufe in der Glotze vorzuführen. Ich nehme an, dass die Steueroptimierer tatsächlich bei der Stange bleiben. Die Betrüger des grauen Kapitalmarkts werden weiterhin Grafentitel brauchen, Luxusimmobilien und die passende Einrichtung. Es wird weiterhin einen globalen Markt für Luxus geben, wie auch für Autos und Toilettenpapier. Teenager werden Väter anquengeln und Berufssöhne ihr Grossmütter, man wird mehr in Rechnungen schreiben, als bezahlt wurde und Steuerberater wird man immer brauchen.
Aber ich glaube nicht, dass Luxus eine Rettung für die Wirtschaft oder auch nur einen Teilbereich sein wird. Mitunter ist das schade, denn auch Eier von freilaufenden Biohühnern kosten 120% mehr, als die billigste Mörderware. An Luxus hängt ohne Frage sehr viel Gutes, der echte Honig wie auch der Erhalt von Olivenhainen, alte Handwerkskunst und neue Begriffe von dem, was ein "gutes Leben" sein sollte. Luxus ist nicht im Mindesten nur eine Sache der Reichen; wir würden alle blöd aus der Wäsche schauen, wenn auch die Vermögenden extrem kostenorientiert ihren gesamten Konsum nach China verlagern würden. Ich habe keine Antwort auf die Frage, ob es gut oder schlecht ist, wenn jetzt vieles nicht mehr möglich ist; ich halt Steuerhinterziehung und Bestechung der Reichen für verwerflich, aber die Ausbeutung in Sweat Shops und durch 3-Euro-Friseusen, die am anderen Ende der Gesellschaft als legitim und preiswert verstanden wird, kann es eigentlich auch nicht sein. Was es in der Krise letztlich sein wird - ich weiss es nicht.
Ich kann hier nur sagen, dass keine der obigen Einrichtungsideen mehr als ein Ipod gekostet hat. Es ist mein Luxus, weil ich darin zufrieden bin und es mir bequem leisten kann, ohne ein Schwein zu sein, oder Werbung schalten zu müssen.
donalphons, 17:10h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Mittwoch, 13. August 2008
Empfehlung heute - Kreditkrisenfreuden
Man muss die Krisen feiern, wie Dollar und Hauspreise fallen. Da war zum Beispiel diese nette Silbersauciere mit Holzgriff, die im gebeutelten Neuengland keinen Platz mehr fand und nun zum kleinen Abendessen - Gnocchi mit Pfifferling-Gorgonzola-Lauch- Sauerrahmsauce (feat. französische Meersalzbutter) beitragen darf, nebst einigen anderen Dingen, die der Amerikaner nach dem Ende des Eigenheimbooms nicht mehr brauchen kann. Im Gegensatz zu harten Euros.

Wie es dazu kommt, nun, das kann man in dieser Mail nachlesen, die ironisch darstellt, was de facto gerade von vielen Anlegespezialisten geschrieben werden müsste. Ich sehe es so: Spass beim Essen ist auch eine Rendite, zumal ich zu denen gehöre, die in sich selbst einen so erfreulichen Gast sehen, dass das Beste gerade gut genug ist. Und das Einschmelzen von Silber in den wirklich schlechten Zeiten hat obendrein beste europäische Tradition - sollte es jedoch jemals so weit kommen, weiss der geneigte Leser, dass es wirklich schlimm um uns bestellt ist.

Wie es dazu kommt, nun, das kann man in dieser Mail nachlesen, die ironisch darstellt, was de facto gerade von vielen Anlegespezialisten geschrieben werden müsste. Ich sehe es so: Spass beim Essen ist auch eine Rendite, zumal ich zu denen gehöre, die in sich selbst einen so erfreulichen Gast sehen, dass das Beste gerade gut genug ist. Und das Einschmelzen von Silber in den wirklich schlechten Zeiten hat obendrein beste europäische Tradition - sollte es jedoch jemals so weit kommen, weiss der geneigte Leser, dass es wirklich schlimm um uns bestellt ist.
donalphons, 01:19h
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Das Haus und sein Hüter
Jeden Sonntag gehe ich nach dem Konzert in den Hof, öffne das Waschhäusl, das mit nur 12 Quadratmeter das kleinste eigenständige Gebäude des Komplexes darstellt, hole Wasser, räume die Erdhalbkreise um die Weinstöcke vom Müll der letzten Nacht frei, giesse und binde neu gewachsene Äste hinauf. Manchmal gehe ich auch zur Seite, wenn Touristen ein Photo ohne Hausbesitzer machen wollen, und es freut mich, wenn das Erhalten durch diese Anerkennung belohnt wird. Manchmal ist es aber auch anders; so wie vorgestern. Da kam die auch nicht gerade seltene Argumentation der Neubaufetischisten: So ein altes Haus, so viel Aufwand, das kann sich doch gar nicht lohnen, da hat man nur Arbeit damit, das soll man doch verkaufen, viele Reiche suchen das heute, um Steuern zu sparen, aber so hätte das alles keinen Sinn - grad so, als wären wir selbst auf der Brennsuppn dahergschwumma und wüssten nicht, wie man die Erhaltungskosten steuerlich geltend macht.

Andererseits stimmt es natürlich. Es macht Arbeit. Als ich die Provinz verlassen habe und fast 2 Jahrzehnte nur sporadisch hier war, gab es nie einen Zweifel daran, dass ich mich irgendwann darum würde kümmern müssen. Ein paar Aspekte konnte ich mir gut vorstellen - auf der Dachterasse den Sonnenuntergang anschauen, eine grosse Wohnung beziehen, am Sonntag für die Mieter Zwetschgendatschi backen, Weintrauben pflücken. Es gab auch Aspekte, die ich mir weniger vorstellen konnte - noch vor 7 Uhr Schneeräumen, die Hinterlassenschaften der nachts durchziehenden Prolls wegräumen und ab und an auch Anzeige zu erstatten, wenn mal wieder jemand meinte, aus Frust etwas beschädigen zu müssen. Folglich auch reparieren. Man glaubt gar nicht, was alles so kaputt gehen kann in so einem grossen Haus, und wie komisch es ist, wenn man nicht mehr die Hausverwaltung anrufen kann, die man selber ist. Man ist nicht so schlimm wie an ein Kind angehängt, aber man ist eben auch niemals ganz frei, und die Vorstellung, dass das Haus wirklich einmal Besitz ergreifen könnte, war früher weniger angenehm.
Aber seit drei Jahren mache ich das neben all den anderen Verpflichtungen, und ich muss gestehen, dass es von allen, insgesamt betrachtet, die leichteste und angenehmste ist. Es ist zwar faktisch falsch oder gar gelogen, aber hier gebe ich diese Verwaltungsarbeit lieber als meine Beschäftigung an, als das Wühlen in den unerfreulichen Seiten gewisser Geldanlageformen. Es ist ein simples Geschäft mit überschaubaren Risiken und vielen Freuden, man hat so gut wie nie mit Kriminellen zu tun und hat auch bei den Partnern nie den Eindruck, dass sie besser im Gefängnis aufgehoben wären. Die Rendite ist lächerlich, der - theoretische - Stundenlohn vernachlässigbar. Aber man gewöhnt sich dran, es ist sicher, es kann einen keiner feuern und man tut, was richtig ist. "Herr bin imma no I", pflegte meine Grossmutterimmer zu sagen, und sie hatte natürlich wie immer recht.

"Mia woas no grod gnua", sagen statt dessen die Konzertbesucher, die das nicht verstehen und finden, dass ich so nie eine Weltreise werde machen können, und damit natürlich auch recht haben. Ich könnte jetzt auch nicht mehr nach Berlin gehen. Und anderes tun, was ich gar nicht so entsetzlich erstrebenswert finde. In gewisser Weise sind solche Aufgaben wie das älter werden: Nicht unbedingt das, was man in der Jugend gerne erleben will, aber später ist man doch irgendwie froh, dass gewisse Dinge nun erledigt sind. Genauso, wie man bald nach dem Abitur aufhört, unreife Schulmädchen trotz Kaugummi und Bravo-Abo sexy zu finden, gewöhnt man sich später auch an Verantwortung. Netterweise so schnell, dass es wirklich das Geraunze auf der Strasse braucht, das einem die Veränderungen im Leben erst wieder bewusst macht. Es ist nicht schlimm, es ist nichts besonderes, es passiert und ist besser als ein Bandscheibenvorfall, ein Kind oder die schwarzen Blattern. Sage ich, und habe damit natürlich wie immer recht, auch wenn das bei den traditionell eher gebährfreundlichen Konzertbesuchern leicht brüskierend ankommt. Aber dafür fahre ich auch nicht in die Vorstädte und strecke ihnen die Zunge in ihre Vorgärten.

Andererseits stimmt es natürlich. Es macht Arbeit. Als ich die Provinz verlassen habe und fast 2 Jahrzehnte nur sporadisch hier war, gab es nie einen Zweifel daran, dass ich mich irgendwann darum würde kümmern müssen. Ein paar Aspekte konnte ich mir gut vorstellen - auf der Dachterasse den Sonnenuntergang anschauen, eine grosse Wohnung beziehen, am Sonntag für die Mieter Zwetschgendatschi backen, Weintrauben pflücken. Es gab auch Aspekte, die ich mir weniger vorstellen konnte - noch vor 7 Uhr Schneeräumen, die Hinterlassenschaften der nachts durchziehenden Prolls wegräumen und ab und an auch Anzeige zu erstatten, wenn mal wieder jemand meinte, aus Frust etwas beschädigen zu müssen. Folglich auch reparieren. Man glaubt gar nicht, was alles so kaputt gehen kann in so einem grossen Haus, und wie komisch es ist, wenn man nicht mehr die Hausverwaltung anrufen kann, die man selber ist. Man ist nicht so schlimm wie an ein Kind angehängt, aber man ist eben auch niemals ganz frei, und die Vorstellung, dass das Haus wirklich einmal Besitz ergreifen könnte, war früher weniger angenehm.
Aber seit drei Jahren mache ich das neben all den anderen Verpflichtungen, und ich muss gestehen, dass es von allen, insgesamt betrachtet, die leichteste und angenehmste ist. Es ist zwar faktisch falsch oder gar gelogen, aber hier gebe ich diese Verwaltungsarbeit lieber als meine Beschäftigung an, als das Wühlen in den unerfreulichen Seiten gewisser Geldanlageformen. Es ist ein simples Geschäft mit überschaubaren Risiken und vielen Freuden, man hat so gut wie nie mit Kriminellen zu tun und hat auch bei den Partnern nie den Eindruck, dass sie besser im Gefängnis aufgehoben wären. Die Rendite ist lächerlich, der - theoretische - Stundenlohn vernachlässigbar. Aber man gewöhnt sich dran, es ist sicher, es kann einen keiner feuern und man tut, was richtig ist. "Herr bin imma no I", pflegte meine Grossmutterimmer zu sagen, und sie hatte natürlich wie immer recht.

"Mia woas no grod gnua", sagen statt dessen die Konzertbesucher, die das nicht verstehen und finden, dass ich so nie eine Weltreise werde machen können, und damit natürlich auch recht haben. Ich könnte jetzt auch nicht mehr nach Berlin gehen. Und anderes tun, was ich gar nicht so entsetzlich erstrebenswert finde. In gewisser Weise sind solche Aufgaben wie das älter werden: Nicht unbedingt das, was man in der Jugend gerne erleben will, aber später ist man doch irgendwie froh, dass gewisse Dinge nun erledigt sind. Genauso, wie man bald nach dem Abitur aufhört, unreife Schulmädchen trotz Kaugummi und Bravo-Abo sexy zu finden, gewöhnt man sich später auch an Verantwortung. Netterweise so schnell, dass es wirklich das Geraunze auf der Strasse braucht, das einem die Veränderungen im Leben erst wieder bewusst macht. Es ist nicht schlimm, es ist nichts besonderes, es passiert und ist besser als ein Bandscheibenvorfall, ein Kind oder die schwarzen Blattern. Sage ich, und habe damit natürlich wie immer recht, auch wenn das bei den traditionell eher gebährfreundlichen Konzertbesuchern leicht brüskierend ankommt. Aber dafür fahre ich auch nicht in die Vorstädte und strecke ihnen die Zunge in ihre Vorgärten.
donalphons, 13:34h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 11. August 2008
Empfehlung heute - Maggie Thatcher lebt.
Und ihre Nachfolger leben auch. Wie auch viele begünstigte der Privatisierungen im englischen Gesundheits- und Sozialwesen.
Die bis zu 1300 Kebskranken, denen man Medikamente verweigert hat, sind da nur noch der zahlenmässige Beweis, dass auch im zivilierten Europa der freie Markt und der damit verbunde Sozialabbau nicht das asoziale Pack auslöscht, das es verdient hätten.
Die bis zu 1300 Kebskranken, denen man Medikamente verweigert hat, sind da nur noch der zahlenmässige Beweis, dass auch im zivilierten Europa der freie Markt und der damit verbunde Sozialabbau nicht das asoziale Pack auslöscht, das es verdient hätten.
donalphons, 18:06h
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Von Paris über den Bieler See nach Gardone Riviera
Und das alles an einem Abend. Und obendrein ausgerechnet in Pfaffenhofen, ein Kaff, das das Pech hat, zur letzten poshen Vorstadt von München geworden zu sein, und unter seinen Söhnen auch die berühmten Haffa-Brüder (EM.TV) finden kann. Wenn es noch Lust hat. Ansonsten aber hat Pfaffenhofen immer noch eine mit Geschäften aus den 60er Jahren vollgestopfte Altstadt, der gerade von einem auch für Ossiiverhältnisse ausgesprochen hässlichen Kommerzgebiet vor der Stadt der Garaus gemacht wird. Bals wird es auch hier statt verstaubter Raumausstatter nur noch die stinkende ungrüne Wiese geben, und der Elektrofachhandel wird keinen bayerischen Namen mehr tragen, unter dem es nur die Auswahl unter fünf guten Rasierern gibt, sondern die lauten Namen üblicher Grossumsetzer, die 500 Schrottrasierer zum gleichen Preis offerieren, mit 0% Zins bis zum Lesen des Kleingedruckten. Wer dieses alte Pfaffenhofen noch mal sehen will, voller Menschen und Trubel, mit gefüllten Strassencafes und viel Schlenderei, dem bleibt nur der berühmte Nachtflohmarkt übrig, und es lohnt sich. es lohnt sich sogar, wenn man die Belästigung durch ein von Kindern überfülltes Karussel mit den besten deutschen Schlagern von Heintje bis Scooter mit einberechnet.

Und es hat was, über einen eher spärlich beleuchteten Markt zu gehen. Aladin, Schatzhöhle, nachtliches Brandschatzen, und all das zwischen den stark gerundeten Söhnen und Töchtern des Landes, die eigentlich nur zum Schauen kommen, allenfalls schlecht gegrilltes und in Sauce ersäuftes Fleisch fressen und nichts anzufangen wissen mit Büchern von Antoine Thomas (Paris und Amsterdam 1773) und den neuen Briefen von Edme Boursault nebst einigen von ihm selbst verfassten amourösen Briefen einer jungen Dame an einen jungen Herrn (Neuauflage Paris 1722). Da schlängelt man sich durch zwischen den dicken, älteren Herren, die vielleicht Standregulatoren suchen oder landwirtschaftliches Gerät, aus denen sie Lampen bauen, und den gierigen Erzfeindinnen meiner Person, den alten Schachteln auf der Jagd nach billigem Besteck und anderem Tischzierat.
Gerade noch wühlte einen von denen in einer alten, ledernen Reisetruhe, unter der liebevollen Ermahnung ihres Gatten - "Geh, Zenzi, dös brachma nimma" - da fällt auch schon der Blick auf das mit Töpfen und Küchenmessern gefüllte Behältnis. Nein, es ist kein banaler alter Koffer, denn wer billig verreiste, hätte sich keinen Aufenthalt im Grand Hotel Astor in Leipzig oder Urlaub im Grand Hotel Gardone Riviera leisten können, von denen die Aufkleber künden. Irgendwann muss der Koffer zu lang vor dem Auspuff eines Wagens gestanden sein, was den Brandfleck erklärt, und aussen, als er schon ausrangiert war, hat jemand Farbe über das stabile Belting Leder gekippt. Aber die Messingverschlüsse sitzen perfekt, und das Innenleben mit gestepptem Stoff ist wie neu. Man einigt sich auf 20 Euro, nun ist auch Platz für die Bücher, und den Rest der Tour kommen von den anwesenden Leder- und Taschenhändlern aus der ganzen Republik verlockende Angebote - aber bittschön, ein echter Aufkleber vom Grand Hotel Gardone Riviera, den man normalerweise nur als Fälschung auf Imitationen sieht! Niemals!

Ein klassisches Auerhahnbesteck und einen italienischen Tischaufsatz in Form einer Zitronenschale (3 Euro! Vor 15 Jahren gab es dafür ein Geschäft in München hinter dem bayerischen Hof, die nahmen ein paar hundert Mark dafür!) später führen die von Geiern -60 Euro für den Koffer, hier nimm! - belagerten Wege noch zu einem Herrn, den man schon etwas länger kennt. Er verdient sein Geld unter anderem mit dem Import von altem Modeschmuck aus den USA und dem Export von hässlichen, weiss gestrichenen Möbeln der 30er Jahre dorthin, und ab und an holt er auch einen Jaguar oder einen alten SL. Man redet etwas - toller Koffer, so billig, die Freuden der Kreditkrise, dann fällt der Blick in eine seiner Kisten. Da liegt eine Longines in Rosegold, eine Autofahreruhr mit flexiblen Bandanstössen, von links grabscht sich eine Frauenhand in diese Richtung, aber flink wie eine Packratte flutscht das feine Beispiel schweizerischer Uhrmacherkunst schon in die eigene Hand, und bevor das weibliche Ohhhhh verklungen ist, steht die Frage "wieviel" im Raum. Zwei Euro, sagt er, ohne im Dunkeln genau hinzuschauen. Ist ja nur eine alte Uhr. Und Nachtflohmarkt.
Was den Verfasser nun in gewisse publizistische Probleme bringt, sollte hier heute doch ein längerer, leicht hochnäsiger Beitrag über den momentan günstigen Erwerb alter Zeitmesser vom Bieler See bei unseren notleidenden Freunden in den USA stehen. 80 Euro für eine Longines Admiral 1200 ist zwar günstig, aber dieser letzte Griff auf eine wirklich aussergewöhnliche Handgelenkszierde der 40er Jahre verbietet fast den Vergleich. Aber nie weiss man in diesem Leben, wie es kommt, und solange man nur für ein paar Euro von Paris über den Bieler See an die Gestade der Olivenriviera kommt, soll es mir recht sein.

Und es hat was, über einen eher spärlich beleuchteten Markt zu gehen. Aladin, Schatzhöhle, nachtliches Brandschatzen, und all das zwischen den stark gerundeten Söhnen und Töchtern des Landes, die eigentlich nur zum Schauen kommen, allenfalls schlecht gegrilltes und in Sauce ersäuftes Fleisch fressen und nichts anzufangen wissen mit Büchern von Antoine Thomas (Paris und Amsterdam 1773) und den neuen Briefen von Edme Boursault nebst einigen von ihm selbst verfassten amourösen Briefen einer jungen Dame an einen jungen Herrn (Neuauflage Paris 1722). Da schlängelt man sich durch zwischen den dicken, älteren Herren, die vielleicht Standregulatoren suchen oder landwirtschaftliches Gerät, aus denen sie Lampen bauen, und den gierigen Erzfeindinnen meiner Person, den alten Schachteln auf der Jagd nach billigem Besteck und anderem Tischzierat.
Gerade noch wühlte einen von denen in einer alten, ledernen Reisetruhe, unter der liebevollen Ermahnung ihres Gatten - "Geh, Zenzi, dös brachma nimma" - da fällt auch schon der Blick auf das mit Töpfen und Küchenmessern gefüllte Behältnis. Nein, es ist kein banaler alter Koffer, denn wer billig verreiste, hätte sich keinen Aufenthalt im Grand Hotel Astor in Leipzig oder Urlaub im Grand Hotel Gardone Riviera leisten können, von denen die Aufkleber künden. Irgendwann muss der Koffer zu lang vor dem Auspuff eines Wagens gestanden sein, was den Brandfleck erklärt, und aussen, als er schon ausrangiert war, hat jemand Farbe über das stabile Belting Leder gekippt. Aber die Messingverschlüsse sitzen perfekt, und das Innenleben mit gestepptem Stoff ist wie neu. Man einigt sich auf 20 Euro, nun ist auch Platz für die Bücher, und den Rest der Tour kommen von den anwesenden Leder- und Taschenhändlern aus der ganzen Republik verlockende Angebote - aber bittschön, ein echter Aufkleber vom Grand Hotel Gardone Riviera, den man normalerweise nur als Fälschung auf Imitationen sieht! Niemals!

Ein klassisches Auerhahnbesteck und einen italienischen Tischaufsatz in Form einer Zitronenschale (3 Euro! Vor 15 Jahren gab es dafür ein Geschäft in München hinter dem bayerischen Hof, die nahmen ein paar hundert Mark dafür!) später führen die von Geiern -60 Euro für den Koffer, hier nimm! - belagerten Wege noch zu einem Herrn, den man schon etwas länger kennt. Er verdient sein Geld unter anderem mit dem Import von altem Modeschmuck aus den USA und dem Export von hässlichen, weiss gestrichenen Möbeln der 30er Jahre dorthin, und ab und an holt er auch einen Jaguar oder einen alten SL. Man redet etwas - toller Koffer, so billig, die Freuden der Kreditkrise, dann fällt der Blick in eine seiner Kisten. Da liegt eine Longines in Rosegold, eine Autofahreruhr mit flexiblen Bandanstössen, von links grabscht sich eine Frauenhand in diese Richtung, aber flink wie eine Packratte flutscht das feine Beispiel schweizerischer Uhrmacherkunst schon in die eigene Hand, und bevor das weibliche Ohhhhh verklungen ist, steht die Frage "wieviel" im Raum. Zwei Euro, sagt er, ohne im Dunkeln genau hinzuschauen. Ist ja nur eine alte Uhr. Und Nachtflohmarkt.
Was den Verfasser nun in gewisse publizistische Probleme bringt, sollte hier heute doch ein längerer, leicht hochnäsiger Beitrag über den momentan günstigen Erwerb alter Zeitmesser vom Bieler See bei unseren notleidenden Freunden in den USA stehen. 80 Euro für eine Longines Admiral 1200 ist zwar günstig, aber dieser letzte Griff auf eine wirklich aussergewöhnliche Handgelenkszierde der 40er Jahre verbietet fast den Vergleich. Aber nie weiss man in diesem Leben, wie es kommt, und solange man nur für ein paar Euro von Paris über den Bieler See an die Gestade der Olivenriviera kommt, soll es mir recht sein.
donalphons, 17:32h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Montag, 11. August 2008
Vielleicht muss man die Frage anders stellen
In etwa so: Wie werden Historiker in 100 Jahren erklären, wie der Osten und der Westen gleichermassen die Chncen von 1989/90 verspielt haben, über die ganze lange Strecke der Balkankriege, der russischen Diktatur und der Oligarchie, das umfassende Debakel im mittleren und fernen Osten von Israel über den Irak, den Iran und Pakistan bin nach Burma und Tibet, bis zu unseren Tagen, die einer Diktatur wie China huldigen und durch die der Leichenduft vom späten Prager Frühling aus Georgien weht.

Naturlich wäre es naiv zu glauben gewesen, dass ein wenig Demokratie den Markt der Herrschaft schon alleine regelt. Überhaupt gab es viele angenehme Illusionen, weder die Taliban noch die russischen Nazis waren irgendwie vorgesehen. Gemessen an den Optionen hätte es auch noch schlimmer kommen können, schliesslich sind da unten auch Kernwaffen und gewissenlose Potentaten. Es ist vielleicht nicht das Übelste aus Kommunismus und Kapitalismus, das hier zusammenkommt, sondern nur die Spolien alter Ideologien, die an noch ältere Systeme, Gottesstaaten, Reichenherrschaften und Kommandoebenen geklebt werden.

Diesen Alte im Neuen ist inhomogen in Zielen und Ausrichtungen, Religionen und innerer Aufsplitterung. Es gibt keine Nomenklatura mehr, die man packen könnte, keine Ansatzpunkte für Veränderungen im ganz grossen Rahmen. Greift Russland nördlich von Afghanistan ein, hilft es nach amerikanischer Definition gegen den Terror, wirft es Bomben auf Georgien - nun, die lausige Reaktion der USA zeigt, dass man es gern anders hätte, aber man hat eigene, wichtigere Probleme. Komplizierter, aber nur in Teilbereichen besser, wäre vielleicht das Urteil der Historiker. Das Problem Bush gibt den Problemen Putin und Achmadinedschad die Freiräume, die sie besser nicht haben sollten. Überhaupt sind die Freiheiten seit 2001 vor allem für Diktatoren grösser geworden, sei es nun, weil sie selbst so stark sind, der Westen tatenlos zuschaut und keinen neuen Konflikt der Systeme erkennen will, oder weil man zusammen mit den hauseigenen Antidemokraten der Witschaft die anderen, so mies sie auch sind, als Globalisierungspartner braucht.
Bleibt nur die Frage, ob spätere Historiker das Ganze nicht nur als Vorspiel zu einem grösseren Unheil sehen. Gestern las ich einen guten Satz in Bezug auf China und seine Wirtschaft: "I don’t know what’s going to happen. Let’s just say that I’ve mapped the fastest routes to the airport and have my credit card and passport handy at all times." Blöderweise gibt es keinen Flughafen, über den man aus einer globalen Dystopie herauskommen könnte.

Naturlich wäre es naiv zu glauben gewesen, dass ein wenig Demokratie den Markt der Herrschaft schon alleine regelt. Überhaupt gab es viele angenehme Illusionen, weder die Taliban noch die russischen Nazis waren irgendwie vorgesehen. Gemessen an den Optionen hätte es auch noch schlimmer kommen können, schliesslich sind da unten auch Kernwaffen und gewissenlose Potentaten. Es ist vielleicht nicht das Übelste aus Kommunismus und Kapitalismus, das hier zusammenkommt, sondern nur die Spolien alter Ideologien, die an noch ältere Systeme, Gottesstaaten, Reichenherrschaften und Kommandoebenen geklebt werden.

Diesen Alte im Neuen ist inhomogen in Zielen und Ausrichtungen, Religionen und innerer Aufsplitterung. Es gibt keine Nomenklatura mehr, die man packen könnte, keine Ansatzpunkte für Veränderungen im ganz grossen Rahmen. Greift Russland nördlich von Afghanistan ein, hilft es nach amerikanischer Definition gegen den Terror, wirft es Bomben auf Georgien - nun, die lausige Reaktion der USA zeigt, dass man es gern anders hätte, aber man hat eigene, wichtigere Probleme. Komplizierter, aber nur in Teilbereichen besser, wäre vielleicht das Urteil der Historiker. Das Problem Bush gibt den Problemen Putin und Achmadinedschad die Freiräume, die sie besser nicht haben sollten. Überhaupt sind die Freiheiten seit 2001 vor allem für Diktatoren grösser geworden, sei es nun, weil sie selbst so stark sind, der Westen tatenlos zuschaut und keinen neuen Konflikt der Systeme erkennen will, oder weil man zusammen mit den hauseigenen Antidemokraten der Witschaft die anderen, so mies sie auch sind, als Globalisierungspartner braucht.
Bleibt nur die Frage, ob spätere Historiker das Ganze nicht nur als Vorspiel zu einem grösseren Unheil sehen. Gestern las ich einen guten Satz in Bezug auf China und seine Wirtschaft: "I don’t know what’s going to happen. Let’s just say that I’ve mapped the fastest routes to the airport and have my credit card and passport handy at all times." Blöderweise gibt es keinen Flughafen, über den man aus einer globalen Dystopie herauskommen könnte.
donalphons, 01:44h
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Hallo Du,
wirklich "Hallo Du" schrieb mich ein Student an.
Hallo Du Null, sagte ich ihm hier durch die Mimosenblümelein an meinem bloggenden Lebensrand. Hallo Du. Morgen kotzen sie mir dann vor meinen Stadtpalast oder wollen, dass ich ihre wohlverdiente Wasmitmedien-Arbeitslosigkeit finanziere. Hallo Du. Geht´s noch?
Hallo Du Null, sagte ich ihm hier durch die Mimosenblümelein an meinem bloggenden Lebensrand. Hallo Du. Morgen kotzen sie mir dann vor meinen Stadtpalast oder wollen, dass ich ihre wohlverdiente Wasmitmedien-Arbeitslosigkeit finanziere. Hallo Du. Geht´s noch?
donalphons, 16:51h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 10. August 2008
Vom Aussterben
Man kann es natürlich auch ignorieren. Wie die Kuh im Viehtransport, die nichts begreift, wie der Dinosaurier, der den Kometeneinschlag unter "weit weg in Mexiko" abheftete, oder wie der Hummer, der wohl eine Weile im Kochtopf gar nicht merkt, dass es zu warm wird. Es sind auch weniger die 22 Millionen Dollar grossen Dinge, die andernorts vom Ende einer Ära künden, sondern das Verschwinden ganz banaler Dinge, an denen doch so viel hängt. Man kann es übersehen. Aber wenn man es sich vergegenwärtigt, ist es ein Schock und eine sehr traurige Erkenntnis über diese meine Welt.

Dabei fing alles genauso gut an, wie diese Zeit des Zwetschgendatschis immer angeht: Mein Lieferant hatte an seinem Südhang gezielt die besten Exemplare gepflückt und aufgehoben, bis ich mal wieder zu spät eintrudelte. Der Teig ging langsam wie ein CSU-Politiker nach der Anklage wegen Kinderpornographie, das Fleisch der Zwetschgen löste sich akzeptabel von den Kernen, und bald war die Küche erfüllt von diesem ganz spezifischen Geruch der Süsse, die aufgeschnittene Früchte in der Wärme eines vorheizenden Ofens verbreiten. Jetzt nur noch den Teig auf dem Backpapier auswoigeln -
welches Backpapier. Da ist keines. Wenn die Mitbewohner gern Tarte essen und die Gäste auch und die Eltern genauso, dann geht sowas schnell zur Neige. Zu schnell. Wie jetzt. Aber es war erst sechs Uhr, der Supermarkt um die Ecke hatte noch bis acht offen, also ging ich schnell Backpapier besorgen. Dachte ich. Da war nach längerem Suchen auch so eine Ecke mit Mülltüten, Alufolie und Gefrierbeuteln. Sonst nichts. Kein Backpapier. Nicht aufs Maul gefallen, fragte ich nach. Und musste mir sagen lassen, dass sie es mangels Nachfrage vor ein paar Wochen aus dem Programm genommen haben. Vielleicht wieder im Winter. Ich suchte einen Drogeriemarkt auf, der Backpapier vorrätig hatte, aber da dachte ich mir -
in diesem Supermarkt decken rund 3000 Altstadtbewohner ihren täglichen Bedarf vor allem an Lebensmitteln. Sie haben Zilliarden Versionen Chips und Trillionen Dosen und Kühlregale kulinarisch frigider Art so lang wie von den Franziskanerinnen bis zu meinem Jesuitenhochbunker. Und in dieser Altstadt ist die Gentrifizierung abgeschlossen, die Preise liegen auf dem Niveau normaler Münchner Wohnviertel. Hier wohnen diejenigen, die angeblich die Zielgruppe für besseres Essen, Kochkurse und gehobenen Lebensstil sind. An diesen Leute orientiert sich das Weinangebot, die nagelneue Brottheke und die Bioeier - was da halt so Bio ist. Und diese grosse Menge kaufkräftiger Leute braucht kein Backpapier.

Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie auch nicht backen. Dass sie lieber 1,95 Euro für ein Stück Zwetschgendatschi bezahlen, das in zwanzigfacher Ausführung in weitaus besserer Qualität auf meinem Backblech entsteht. Dass sie ihren Ofen vermutlich nicht nutzen, weil sie eine Microwelle haben.
Nun ist Backpapier per se schon eine eher fragwürdige Angelegenheit für Faulpelze, denen das Einbuttern und Putzen von Formen zu viel Aufwand ist.Ich kann von mir nicht behaupten, auch nur ansatzweise an die Koch- und EssKünste der Familie anknüpfen zu können; die alte Clanküche Anno 1860 ist inzwischen meine Bibliothek, die Speisekammer dagegen die Küche. Ich esse zu spät mit zu wenigen Gängen und ziemlich durcheinander. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber weil ich Single bin, stellt mein Haushalt einen klaren Niedergang im Vergleich zur organisierten Küchentätigkeit für Mehrpersonenhaushalte dar, die ich theoretisch beherrschen würde, aber nicht praktiziere. Ich verkörpere die höchst flexible Auslegung der Tradition -
aber wie es mir nun erscheint, in einem Umfeld, das diese Traditionen zu teilen aufgehört hat, und zwar derartig konsequent, dass es sich nicht mehr lohnt, dafür die nötigsten Utensilien zu verkaufen. Das ist hart. Vielleicht sollte ich mich jetzt einfach am Zwetschgendatschi totfressen, denn was will ich in so einer Welt.

Dabei fing alles genauso gut an, wie diese Zeit des Zwetschgendatschis immer angeht: Mein Lieferant hatte an seinem Südhang gezielt die besten Exemplare gepflückt und aufgehoben, bis ich mal wieder zu spät eintrudelte. Der Teig ging langsam wie ein CSU-Politiker nach der Anklage wegen Kinderpornographie, das Fleisch der Zwetschgen löste sich akzeptabel von den Kernen, und bald war die Küche erfüllt von diesem ganz spezifischen Geruch der Süsse, die aufgeschnittene Früchte in der Wärme eines vorheizenden Ofens verbreiten. Jetzt nur noch den Teig auf dem Backpapier auswoigeln -
welches Backpapier. Da ist keines. Wenn die Mitbewohner gern Tarte essen und die Gäste auch und die Eltern genauso, dann geht sowas schnell zur Neige. Zu schnell. Wie jetzt. Aber es war erst sechs Uhr, der Supermarkt um die Ecke hatte noch bis acht offen, also ging ich schnell Backpapier besorgen. Dachte ich. Da war nach längerem Suchen auch so eine Ecke mit Mülltüten, Alufolie und Gefrierbeuteln. Sonst nichts. Kein Backpapier. Nicht aufs Maul gefallen, fragte ich nach. Und musste mir sagen lassen, dass sie es mangels Nachfrage vor ein paar Wochen aus dem Programm genommen haben. Vielleicht wieder im Winter. Ich suchte einen Drogeriemarkt auf, der Backpapier vorrätig hatte, aber da dachte ich mir -
in diesem Supermarkt decken rund 3000 Altstadtbewohner ihren täglichen Bedarf vor allem an Lebensmitteln. Sie haben Zilliarden Versionen Chips und Trillionen Dosen und Kühlregale kulinarisch frigider Art so lang wie von den Franziskanerinnen bis zu meinem Jesuitenhochbunker. Und in dieser Altstadt ist die Gentrifizierung abgeschlossen, die Preise liegen auf dem Niveau normaler Münchner Wohnviertel. Hier wohnen diejenigen, die angeblich die Zielgruppe für besseres Essen, Kochkurse und gehobenen Lebensstil sind. An diesen Leute orientiert sich das Weinangebot, die nagelneue Brottheke und die Bioeier - was da halt so Bio ist. Und diese grosse Menge kaufkräftiger Leute braucht kein Backpapier.

Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie auch nicht backen. Dass sie lieber 1,95 Euro für ein Stück Zwetschgendatschi bezahlen, das in zwanzigfacher Ausführung in weitaus besserer Qualität auf meinem Backblech entsteht. Dass sie ihren Ofen vermutlich nicht nutzen, weil sie eine Microwelle haben.
Nun ist Backpapier per se schon eine eher fragwürdige Angelegenheit für Faulpelze, denen das Einbuttern und Putzen von Formen zu viel Aufwand ist.Ich kann von mir nicht behaupten, auch nur ansatzweise an die Koch- und EssKünste der Familie anknüpfen zu können; die alte Clanküche Anno 1860 ist inzwischen meine Bibliothek, die Speisekammer dagegen die Küche. Ich esse zu spät mit zu wenigen Gängen und ziemlich durcheinander. Es sieht vielleicht nicht so aus, aber weil ich Single bin, stellt mein Haushalt einen klaren Niedergang im Vergleich zur organisierten Küchentätigkeit für Mehrpersonenhaushalte dar, die ich theoretisch beherrschen würde, aber nicht praktiziere. Ich verkörpere die höchst flexible Auslegung der Tradition -
aber wie es mir nun erscheint, in einem Umfeld, das diese Traditionen zu teilen aufgehört hat, und zwar derartig konsequent, dass es sich nicht mehr lohnt, dafür die nötigsten Utensilien zu verkaufen. Das ist hart. Vielleicht sollte ich mich jetzt einfach am Zwetschgendatschi totfressen, denn was will ich in so einer Welt.
donalphons, 01:46h
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Empfehlung heute - Ich war mal
auf eine Vernissage in Mitte eingeladen, die sich teuer gab und in Wirklichkeit auch nur so versifft war wie die, die Itha im alten Westen der alten Reichshauptstadt besuchte.
donalphons, 21:13h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 8. August 2008
75 Dollar, 60 Jahre und 40 Euro
Die anderen bekamen zum Abitur in der Regel eine Rolex, manchmal auch eine Omega, Cartier oder eine Longines, was der erste Juwelier am Platze eben so vorrätig hatte. Die Eltern kauften wohl in der Hoffnung, die frisch gebackenen Abiturienten würden damit rechtzeitig die Vorlesungen aufsuchen, und weniger das tun, was dann folgte: Sie beim Tanzen und Trinken im Parkcafe ruinieren, beim Duschen am Handgelenk vergessen oder sie, wie in einem Fall geschehen und mir weitergetragen, bei einer Bordsteinschwalbe zurücklassen, deren Wagen ein entfernter Bekannter beim Gaffen zwar angerempelt, aber keine ausreichenden Mittel zum Begleichen des Schadens verfügbar hatte. Ich dagegen hatte andere Wünsche: Nach Amerika fliegen, einen Strassenschlitten kaufen, die Westküste rauf und runter fahren und nach einer alten Gruen Curvex suchen. In den 30er und 40er Jahren war Gruen in den Staaten das, was heute ungefähr Rolex ist; eine exklusive Uhrenmarke, die ihre Werke aus der gleichen Firma wie Rolex bezog, und einige der schönsten rechteckigen Uhren des Art Deco entwickelte: Eben die Curvex mit einem in sich gebogenen Werk, das der Uhr eine hohe Krümmung verlieh und sie beim Autofahren besser ablesbar machte. Wer damals eine Gruen Curvex besass, hatte es geschafft. Es war die Uhr von Cary Grant und Errol Flynn, und in der vorletzten Nacht fuhr ich mit meinem 73er Oldsmobile Delta 88 über die San Francisco Bay Bridge, an meinem Arm die gewünschte Curvex und vor mir die Hügel und Lichter der Stadt, mit dem CanAm-Building und der Lichterkette der Golden Gate Bridge daneben. Und war glücklich.

Auch wenn mir Amerika, offen gesagt, nicht gefallen hatte. Soziale Unterschiede, die mentalität, der Dreck und Zerfall, das Fehlen von Geschichte und Bildung, was sich in der Frage einer Ärztin manifestierte, was für ein Bundesstaat bitteschön dieses "Germany" sein sollte, das habe sie noch nie gehört. Amerika war nicht so gut zu mir wie erwartet, es war damals nicht mehr die Westküste von Jan and Dean, nicht das Los Angeles von Marlowe oder das Hollywood von Gregory Peck, und auch das Hippietum in San Francisco war zu einer kruden Mischung aus Obdachlosigkeit, Prostitution, Drogen und komischen Sekten geworden, während man in einer Ölstadt in der Wüste einfach die Rolls Royce und Bentleys auf einem Schrottplatz von Wind und Sand blankstrahlen liess. Amerika war bestenfalls eine surrealistische, mitunter aber auch traumatische Erfahrung, und ich war noch nie in meinem Leben so froh, wieder daheim zu sein. Nur die Heimkehr nach anderthalb Jahren in Berlin war besser.
Die Gruen Curvex jedoch habe ich in Ehren gehalten, und es ist die einzige Uhr, die mir zu schade zum Tragen ist. An ihr hängt zu viel; ab und an nehme ich sie aus dem Schrank, schaue sie an und stelle sie zurück. In meinen Augen ist sie zu wertvoll. Um diese Einstellung vielleicht angemessen zu erklären: Die oben abgebildete Veri-Thin ist die Nachfolgerin der Curvex-Modelle und kostete in der Saison 1947/48 - in de ganz schlechten Zeit für Deutschland - 75 Dollar. 75 Dollar sind drei Tagessätze für den Detektiv Philipp Marlowe im Roman "Das hohe Fenster", und seine Auftraggeberin Mrs Murdock, eine zum Erbrechen reiche alte Schachtel aus Pasadena, beschwert sich über diesen hohen Tarif. Drei Tage muss Marlowe dann auch über Leichen stolpern, sich mit der Polizei ärgern, Prügel einstecken und sich von allen belügen lassen. Klingt nach wenig Geld, aber 1947 bekam ein normaler Facharbeiter oder Angestellter in den USA in der Regel weniger als 10 Dollar am Tag. 75 Dollar waren damals mehr als nur ein kleines Vermögen.

Der Preis ist also alles andere als niedrig. Gerade die hier gezeigte Uhr mit den verdeckten Bandanschlüssen war ein Prestigemodell, das in den Weihnachtsanzeigen von Gruen vorgeführt wurde, und man hat sie nicht einfach so gekauft, wie man heute eine Swatch oder ein Handy kauft, das diese Funktion zunehmend usurpiert. Damals gab es zwar billige Uhren für ein paar Dollar, aber mit 75 Dollar war dieses Exemplar schon signifikant teurer als ein Einsteigermodell von Rolex. Oder Girard Perregaux. Oder Omega. Man muss sich nur das Werk anschauen, um die hohen Kosten zu verstehen; die für diese Form ausgesprochen grosse und mit Justierungsschrauben versehene Unruh, der speziell verschraubte Rubin für die Ankerhemmung, die Schriftzüge und das Finish eines Bauteils, das fast nie das Licht der Welt erblickt und heute, 60 Jahre nach seiner Herstellung, immer noch klaglos arbeitet.
Um den Wert und den Luxus zu verstehen, muss man sich die Preise der damaligen Konsumgüter vergegenwärtigen. Ein Chevrolet der oberen Mittelklasse kostete damals gerade mal 1300 Dollar, der damals schon äusserst teure Jaguar XK 120 rund 3000 Dollar, und das durchschnittliche amerikanische Haus mit Grund 6600 Dollar. Man sollte meinen, dass so eine Uhr zumindest halbwegs ihren Preis gehalten hat, zumal, wenn sie gereinigt ist, gut läuft und ein fast neues Band hat - aber man irrt sich. Keine 40 Euro inclusive Versand und Zoll über Ebay.
Und das ist typisch für Amerika. Dieses Land hat wenig Geschichte, aber zumindest nach der grossen Depression bis Mitte der 60er Jahre eine Phase der absoluten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dominanz. Die gute alte Zeit der USA dauerten 30 Jahre, mit einem enormen Industrieausstoss der besten Produkte, die die Welt jemals gesehen hatte, die besten Materialien und Wohlstand für weite Teile der Bevölkerung. Aber weil sie keinen Geschichtsbegriff haben, weil Amerika immer nur nach vorne schaut, werden die besten Uhren der Welt zu Preisen verramscht, für die man weitaus weniger gute Uhren aus der Schweiz nie verkaufen würde.

In meinen Augen ist es diese Umgang mit der Vergangenheit, der eine der zentralen Ursachen der amerikanischen Finanzkrise darstellt. Amerika hat in den Zeiten dieser Uhr sein Wachstum über rund 8% Inflation aufgeblasen, ohne Rücksicht auf Gespartes, weil es damals nach der Wirtschaftskrise wichtig war, Geld in Umlauf zu halten. Diesmal wurden die natürlichen Grenzen des Wachstums weniger über die Inflation ausgehebelt, sondern durch ein allumfassendes Lügen, in dem sich Kreditnehmer ein höheres Einkommen erfanden, Banken bessere Sicherheiten, Ratingagenturen bessere Bewertungen und Banken höhere Gewinne, die die globale Produktion antrieben. Hauptsache, es wird immer mehr und besser als das Alte, das man nach einem Jahr nicht mehr sehen will. Schon in den 30er Jahren ging die amerikanische Wirtschaft dazu über, langfristige Güter wie Autos jährlich neu zu entwerfen; es gab noch mehr Chrom und Blech auf Fahrgestellen, die sich seit der Tin Lizzy technisch kaum entwickelt hatten, und diese Tradition der Lüge und Verschleierung gilt bis heute. Weil aber jeder weiss, dass unter dem bunten Lack der Amerikaner eben kein ausgebufftes Werk wie das einer Gruen steckt, sondern nur eine veraltete Konstruktion, muss aussenrum aufgesext und hochgelogen werden -
bis das System zur Kaschierung alter Fehler unter den hohen Kosten und den Schulden zusammenbricht. Meine neue Gruen habe ich von jemandem, der sie verkauft hat, um dieses individuelle Schicksal in einem Vorort von san Francisco abzuwenden. Ihre - übrigens in bester alter europäischer Traition - aufgelegten Goldziffern werden von nun an meinem Arm funkeln, wenn ich in die Berge fahre. Und glücklich bin, in einem Land zu leben, das die Geschichte nicht vergisst, sondern in ihr lebt und daraus lernt.

Auch wenn mir Amerika, offen gesagt, nicht gefallen hatte. Soziale Unterschiede, die mentalität, der Dreck und Zerfall, das Fehlen von Geschichte und Bildung, was sich in der Frage einer Ärztin manifestierte, was für ein Bundesstaat bitteschön dieses "Germany" sein sollte, das habe sie noch nie gehört. Amerika war nicht so gut zu mir wie erwartet, es war damals nicht mehr die Westküste von Jan and Dean, nicht das Los Angeles von Marlowe oder das Hollywood von Gregory Peck, und auch das Hippietum in San Francisco war zu einer kruden Mischung aus Obdachlosigkeit, Prostitution, Drogen und komischen Sekten geworden, während man in einer Ölstadt in der Wüste einfach die Rolls Royce und Bentleys auf einem Schrottplatz von Wind und Sand blankstrahlen liess. Amerika war bestenfalls eine surrealistische, mitunter aber auch traumatische Erfahrung, und ich war noch nie in meinem Leben so froh, wieder daheim zu sein. Nur die Heimkehr nach anderthalb Jahren in Berlin war besser.
Die Gruen Curvex jedoch habe ich in Ehren gehalten, und es ist die einzige Uhr, die mir zu schade zum Tragen ist. An ihr hängt zu viel; ab und an nehme ich sie aus dem Schrank, schaue sie an und stelle sie zurück. In meinen Augen ist sie zu wertvoll. Um diese Einstellung vielleicht angemessen zu erklären: Die oben abgebildete Veri-Thin ist die Nachfolgerin der Curvex-Modelle und kostete in der Saison 1947/48 - in de ganz schlechten Zeit für Deutschland - 75 Dollar. 75 Dollar sind drei Tagessätze für den Detektiv Philipp Marlowe im Roman "Das hohe Fenster", und seine Auftraggeberin Mrs Murdock, eine zum Erbrechen reiche alte Schachtel aus Pasadena, beschwert sich über diesen hohen Tarif. Drei Tage muss Marlowe dann auch über Leichen stolpern, sich mit der Polizei ärgern, Prügel einstecken und sich von allen belügen lassen. Klingt nach wenig Geld, aber 1947 bekam ein normaler Facharbeiter oder Angestellter in den USA in der Regel weniger als 10 Dollar am Tag. 75 Dollar waren damals mehr als nur ein kleines Vermögen.

Der Preis ist also alles andere als niedrig. Gerade die hier gezeigte Uhr mit den verdeckten Bandanschlüssen war ein Prestigemodell, das in den Weihnachtsanzeigen von Gruen vorgeführt wurde, und man hat sie nicht einfach so gekauft, wie man heute eine Swatch oder ein Handy kauft, das diese Funktion zunehmend usurpiert. Damals gab es zwar billige Uhren für ein paar Dollar, aber mit 75 Dollar war dieses Exemplar schon signifikant teurer als ein Einsteigermodell von Rolex. Oder Girard Perregaux. Oder Omega. Man muss sich nur das Werk anschauen, um die hohen Kosten zu verstehen; die für diese Form ausgesprochen grosse und mit Justierungsschrauben versehene Unruh, der speziell verschraubte Rubin für die Ankerhemmung, die Schriftzüge und das Finish eines Bauteils, das fast nie das Licht der Welt erblickt und heute, 60 Jahre nach seiner Herstellung, immer noch klaglos arbeitet.
Um den Wert und den Luxus zu verstehen, muss man sich die Preise der damaligen Konsumgüter vergegenwärtigen. Ein Chevrolet der oberen Mittelklasse kostete damals gerade mal 1300 Dollar, der damals schon äusserst teure Jaguar XK 120 rund 3000 Dollar, und das durchschnittliche amerikanische Haus mit Grund 6600 Dollar. Man sollte meinen, dass so eine Uhr zumindest halbwegs ihren Preis gehalten hat, zumal, wenn sie gereinigt ist, gut läuft und ein fast neues Band hat - aber man irrt sich. Keine 40 Euro inclusive Versand und Zoll über Ebay.
Und das ist typisch für Amerika. Dieses Land hat wenig Geschichte, aber zumindest nach der grossen Depression bis Mitte der 60er Jahre eine Phase der absoluten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dominanz. Die gute alte Zeit der USA dauerten 30 Jahre, mit einem enormen Industrieausstoss der besten Produkte, die die Welt jemals gesehen hatte, die besten Materialien und Wohlstand für weite Teile der Bevölkerung. Aber weil sie keinen Geschichtsbegriff haben, weil Amerika immer nur nach vorne schaut, werden die besten Uhren der Welt zu Preisen verramscht, für die man weitaus weniger gute Uhren aus der Schweiz nie verkaufen würde.

In meinen Augen ist es diese Umgang mit der Vergangenheit, der eine der zentralen Ursachen der amerikanischen Finanzkrise darstellt. Amerika hat in den Zeiten dieser Uhr sein Wachstum über rund 8% Inflation aufgeblasen, ohne Rücksicht auf Gespartes, weil es damals nach der Wirtschaftskrise wichtig war, Geld in Umlauf zu halten. Diesmal wurden die natürlichen Grenzen des Wachstums weniger über die Inflation ausgehebelt, sondern durch ein allumfassendes Lügen, in dem sich Kreditnehmer ein höheres Einkommen erfanden, Banken bessere Sicherheiten, Ratingagenturen bessere Bewertungen und Banken höhere Gewinne, die die globale Produktion antrieben. Hauptsache, es wird immer mehr und besser als das Alte, das man nach einem Jahr nicht mehr sehen will. Schon in den 30er Jahren ging die amerikanische Wirtschaft dazu über, langfristige Güter wie Autos jährlich neu zu entwerfen; es gab noch mehr Chrom und Blech auf Fahrgestellen, die sich seit der Tin Lizzy technisch kaum entwickelt hatten, und diese Tradition der Lüge und Verschleierung gilt bis heute. Weil aber jeder weiss, dass unter dem bunten Lack der Amerikaner eben kein ausgebufftes Werk wie das einer Gruen steckt, sondern nur eine veraltete Konstruktion, muss aussenrum aufgesext und hochgelogen werden -
bis das System zur Kaschierung alter Fehler unter den hohen Kosten und den Schulden zusammenbricht. Meine neue Gruen habe ich von jemandem, der sie verkauft hat, um dieses individuelle Schicksal in einem Vorort von san Francisco abzuwenden. Ihre - übrigens in bester alter europäischer Traition - aufgelegten Goldziffern werden von nun an meinem Arm funkeln, wenn ich in die Berge fahre. Und glücklich bin, in einem Land zu leben, das die Geschichte nicht vergisst, sondern in ihr lebt und daraus lernt.
donalphons, 20:05h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 8. August 2008
Die Mehlkrise
Alles war daheim. Ausser einer ausreichenden Menge Mehl. Da stand ich dann in der Küche, den Baaz an den Händen und zu viel Öl im Teig. Da nimmt man, was in Griffweite ist: Maismehl, viel Maismehl, und als das auch nicht reicht, noch eine ordentliche Portion Hartweizengries, Kichererbsenmehl ist auch noch da, na, es wird schon was werden, ran an die Füllung -

und dann kommt die Absage. Blöderweise ist die aus der Not geborene Kreation tatsächlich sehr ordentlich geraten, ungewohnt, aber auch sehr bissig und stark, sehr dick auch und für zwei reichend, aber nun vor nur einem stehend, weil es zu spät ist, den Rest an die Mieter zu verfüttern. Wie sähe das denn aus, spät nachts Leute aus der Couch bimmeln und stopfen, das geht nicht. Zumal am Wochenende die ersten richtigen Zwetschgen auf dem Wochenmarkt angeboten werden, da wir man hier sowieso schon dauernd mit Datschi belästigt.
(Ein Beitrag aus der Serie Bloggen statt Einkaufszettel schreiben)

und dann kommt die Absage. Blöderweise ist die aus der Not geborene Kreation tatsächlich sehr ordentlich geraten, ungewohnt, aber auch sehr bissig und stark, sehr dick auch und für zwei reichend, aber nun vor nur einem stehend, weil es zu spät ist, den Rest an die Mieter zu verfüttern. Wie sähe das denn aus, spät nachts Leute aus der Couch bimmeln und stopfen, das geht nicht. Zumal am Wochenende die ersten richtigen Zwetschgen auf dem Wochenmarkt angeboten werden, da wir man hier sowieso schon dauernd mit Datschi belästigt.
(Ein Beitrag aus der Serie Bloggen statt Einkaufszettel schreiben)
donalphons, 01:05h
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Empfehlung heute - Ich mag das.
Dass ich hier im Hochsommer tagsüber keine grossen Geschichten schreibe. Ich würde mich irgendwie komisch fühlen, wenn die Leser dann wegen sowas am Computer bleiben, statt den Tag so weit wie möglich draussen zu verbringen. Man nennt es ja die Saure-Gurken-Zeit, was es absolut nicht ist; ich könnte Romane schreiben über die Wechselfälle des Lebens. Aber ein warmes Notebook ist nichts für einen warmen Tag, zumindest nicht, wenn es irgendwie anders geht. Ich mag es, wenn ein Blog in Sachen Besucherzahlen atmet; das zeigt, dass viele Leser die richtigen Prioritäten setzen und ein gutes, echtes Leben dem Schatten eines Lebens, diese Fiktion vorziehen. Das ist auch einer der Gründe, warum ich nicht an Profiblogs glauben kann: Weil man da immer Quote machen muss. Auch wenn Quote nicht das Ziel sein kann. Das Ziel ist es, Gespräche zu bieten, wenn es sich anbietet. Gerade an Tagen wie diesen, denen Hitze die Leute verrückt macht. Vorhin hat mich jemand angerufen, der nie mehr mit mir reden wollte - falsche Nummer im Kopf, aber immer noch die richtigen Beleidigungen im Kopf. Verrückt. Das Wetter. Das ist das Wetter, das nach einem See verlangt, einer Siesta vielleicht, aber nicht nach Zeitverschwendung, die vom Eigentlichen abhält.

Wer dennoch will, dem empfehle ich das Housingbubbleblog. Noch kränker als das Wetter. Mit Material, das es nicht in die deutschen Medien schafft, aus einem Land, das gerade feststellt, dass sich alle belogen haben: Bei den Ratings, bei den Bewertungen, bei den Risiken und am Ende auch der Bankkunde die Bank bei seinen Einkünften.

Wer dennoch will, dem empfehle ich das Housingbubbleblog. Noch kränker als das Wetter. Mit Material, das es nicht in die deutschen Medien schafft, aus einem Land, das gerade feststellt, dass sich alle belogen haben: Bei den Ratings, bei den Bewertungen, bei den Risiken und am Ende auch der Bankkunde die Bank bei seinen Einkünften.
donalphons, 23:49h
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Für das Schwesterschiff
Nie vergessen: Das war vor über anderthalb Jahren. Sah schlimm aus. Totalschaden, sagten sie. Kann man nichts mehr machen. Lohnt sich auch nicht. Es war auch kein Spass, sie dann so ausgeweidet zu sehen. Es war auch nicht gerade billig. Aber das ist heute immer noch:

Sie hatten nicht recht. Es ist zwar nur ein Auto. Aber es lohnt sich.

Sie hatten nicht recht. Es ist zwar nur ein Auto. Aber es lohnt sich.
donalphons, 23:17h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 7. August 2008
Real Life 6.8.2008 - Die Karpfen
Vielleicht, meint Iris, kommen sie nur an die Oberfläche, weil ihnen das Wasser zu warm ist und sie die Vorstellung mögen, so nass und glitschig an der Luft kalt wie ein Fisch zu werden.

Langsam schwimmen die Karpfen weiter, nach Luft schnappend und keine Flosse zu viel bewegend. Es ist heiss hier unten, drückend heiss, und auf ihrem rückenfreien Oberteil hat sich unterhalb rechten Brust ein kleiner, feuchter Fleck gebildet, so heiss, dass du beinahe gesagt hättest, dass es zu heiss für sie ist, so wie sie transpiriert, und es eigentlich besser wäre, diese Tageszeit woanders zu verbringen. Es wäre unschicklich und vielleicht sogar unentschuldbar gewesen, aber so ist das mit der Hitze, sie macht alles platt, dumm und gedankenlos.
Später erzählt sie von Italien, ausführlich vom Ungeziefer im Bad und von denen, die auch dort waren, vom übervollen Strand und chinesisch dominierten Venedig. Von einer Bekanntschaft, die sich als zudringliches Schwein herausgestellt hat, von der letzten Woche, die mit der Umgehung dieser Person vertan wurde. Und nun versuche er, unfähig die Zeichen zu deuten, hierher zu kommen. Ohne eingeladen zu sein. Ihr vielleicht auch auf der Strasse aufzulauern. Sie nimmt keine Anrufe mit unterdrückten Nummern mehr entgegen.

Er verstehe einfach nicht den Zweck solcher Bekanntschaften, die sich bitteschön mit Urlaubsende aufzulösen hätten und nicht weiter gehen; schon gar nicht, wenn sich zeigt, dass es nicht passt, dass Ansprüche nicht erfüllt werden und es einfach nicht vorgesehen ist, dass die Frau bezahlt und anschliessend auch noch fahren muss, die Gierpfote eines Besoffenen auf dem Schenkel und drittklassige Anmachsprüche im Fahrtwind. Und dann noch die neureichen Russen, eine weitere Belästigung zu all dem, was nicht mehr so ist wie vor 20 Jahren, und das ist praktisch alles.
Ausser die Szenen, die sie macht, beginnst du, die nächste Dummheit anzudenken, denn vor 20 Jahren klang es gar nicht unähnlich, als sie ins Zimmer kam und trocken bemerkte, dass er jetzt heule und sie das nicht erträgt, du solltest sie jetzt nach Verona fahren oder sonstwohin, wo sie sich amüsieren kann. Aber Iris redet weiter und erzählt von den fremdartigen Sexgeräuschen und Schnappsleichen am Strand, und was sonst noch immer zum Niedergang des Sommerurlaubs an der Adria nach alter Sitte beiträgt.

Langsam schwimmen die Karpfen weiter, nach Luft schnappend und keine Flosse zu viel bewegend. Es ist heiss hier unten, drückend heiss, und auf ihrem rückenfreien Oberteil hat sich unterhalb rechten Brust ein kleiner, feuchter Fleck gebildet, so heiss, dass du beinahe gesagt hättest, dass es zu heiss für sie ist, so wie sie transpiriert, und es eigentlich besser wäre, diese Tageszeit woanders zu verbringen. Es wäre unschicklich und vielleicht sogar unentschuldbar gewesen, aber so ist das mit der Hitze, sie macht alles platt, dumm und gedankenlos.
Später erzählt sie von Italien, ausführlich vom Ungeziefer im Bad und von denen, die auch dort waren, vom übervollen Strand und chinesisch dominierten Venedig. Von einer Bekanntschaft, die sich als zudringliches Schwein herausgestellt hat, von der letzten Woche, die mit der Umgehung dieser Person vertan wurde. Und nun versuche er, unfähig die Zeichen zu deuten, hierher zu kommen. Ohne eingeladen zu sein. Ihr vielleicht auch auf der Strasse aufzulauern. Sie nimmt keine Anrufe mit unterdrückten Nummern mehr entgegen.

Er verstehe einfach nicht den Zweck solcher Bekanntschaften, die sich bitteschön mit Urlaubsende aufzulösen hätten und nicht weiter gehen; schon gar nicht, wenn sich zeigt, dass es nicht passt, dass Ansprüche nicht erfüllt werden und es einfach nicht vorgesehen ist, dass die Frau bezahlt und anschliessend auch noch fahren muss, die Gierpfote eines Besoffenen auf dem Schenkel und drittklassige Anmachsprüche im Fahrtwind. Und dann noch die neureichen Russen, eine weitere Belästigung zu all dem, was nicht mehr so ist wie vor 20 Jahren, und das ist praktisch alles.
Ausser die Szenen, die sie macht, beginnst du, die nächste Dummheit anzudenken, denn vor 20 Jahren klang es gar nicht unähnlich, als sie ins Zimmer kam und trocken bemerkte, dass er jetzt heule und sie das nicht erträgt, du solltest sie jetzt nach Verona fahren oder sonstwohin, wo sie sich amüsieren kann. Aber Iris redet weiter und erzählt von den fremdartigen Sexgeräuschen und Schnappsleichen am Strand, und was sonst noch immer zum Niedergang des Sommerurlaubs an der Adria nach alter Sitte beiträgt.
donalphons, 01:50h
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