Dienstag, 9. Dezember 2008
Kleine Retrofreuden im Winter

Vielleicht sollte ich anstelle der Berliner Dirt Picture Contests einen alpinen Kitsch Picture Contest machen. Solche Bilder jedenfalls gibt es haufenweise in den Alben meiner Grosstanten.

Das Licht da oben ist so intensiv, dass es die Kamera überfordert. Was nicht schlecht ist.

Eine Stunde rauf, 15 Minuten runter.

Der Achensee. Es gibt Bilder, die man nur im Winter so hinbekommt - obwohl sie aussehen wie Sommer.

Der Süsswarenladen von Dorothea Daler ist ein lebendes Fossil aus den 50er Jahren und absolut unterstützenswert, etwa durch den Kauf von Zimtsternen und Schokolade.

Manche Bilder in den Galerien sind vollkommen unrestauriert und konservativ bepreist. Doch, doch.

Ah ja, die deflationäre Gegenwart hat uns wieder, mit Preisen wie vor ein paar Jahren. Nun könnte man trefflich fragen, wer zuerst einen Bailout haben will: Die Kriminellen der Ölkartelle oder die Meinungstrusts? Bet your bottom dollar you'll lose the blues in Chicago, sang Sinatra, haha. Heute Chicago, morgen Berlin. Bitte, lasst sie krepieren.
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Empfehlung heute - Wenn man

kann man sich auch mit ein wenig Debatte über den inzwischen reichlich fragwürdigen Historiker Götz Aly beschäftigen. Und als kleine Entschädigung in Berlin kann man auch Modeste und anderen am Donnerstag Abend lauschen.
Man kann halt selten alles haben. So, ich gehe in den Berg und nachher nach Innsbruck, Rennrodel kaufen.
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 7. Dezember 2008
Gestatten

Don Hill.

Und ich habe die Lizenz zum rödeln.
Etwas unglamuröser als das zweite Bild, von dem besser keiner fragen sollte, wie man das macht, wenn da vorne die Kurve ist und man zwei Hände zum mitlenken braucht (kleiner Tipp: Dummheit ist ein Hauptbestandteil, sicher auch ein wenig Ich muss eh bald zum Zahnarzt und ein gutes optimistisches Stück Es ist noch ewig hin bis zur Kurve, mindestens 1,42 Sekunden), etwas unglamuröser ist es zu wissen, wer mich da runter geschlagen hat. 2 Mädchen im Alter um die 6 Jahre. Und das kam so:
Als ich in die Neureuth eingestiegen bin, war 200 Meter vor mir ein Pulk Einheimische, mit meinen Davoser ausstechenden Rennrodeln, einem Hund, und besagten Kindern mit Plastikbobs. Ich kam näher und näher, irgendwann machten sie eine Pause. Kaum war ich vorbei, gingen sie wieder los, die Väterkühe voran und ohne auf den Rest der Blase zu warten. Und die Väterkühe waren verdammt schnell. Jünger als ich, besser trainiert, und laut Aufschrift auf den Jacken Mitglieder in einem Rodelverein. Die Sorte Mensch, denen man auf dem Berg nur ungern davonlaufen möchte. Ich habe es aus falschem sportlichen Ehrgeiz geschafft, aber es war nur unwesentlich klüger und gesundheitsfördernder als das zweite Photo. Oben habe ich dann erst gar nicht lang gewartet, rauf auf den Bock und hinunter mit Gebrüll. Soweit es halt ging, in 20 Zentimeter Neuschnee: Oben wildsaugut, unten immer schlechter.
Da sind einerseits die flachen Stellen, in denen der tiefe Schnee zu sehr bremst. Und die stark bewaldeten Stellen, in denen so wenig Schnee liegt, dass die Kufen durch den Schnee brechen und vom Schotter vollgebremst werden. Die Kufen, der Schlitten, aber nicht der Fahrer - der rutscht dann über das Vorderteil Richtung Schotter. Absteigen und ziehen geht ziemlich auf die Durchschnittsgeschwindigkeit. Ich war schon fast unten, als von hinten Lärm kam: Die beiden Blagen auf ihren Plastikbobs, die so viel Auflagefläche haben, dass sie auch noch über den Tiefschnee und die dünnste Schneelage gleiten. Ganz unten haben sie mich mit einem "Vorsicht" und ohne Abstand zu halten, nun, also, aber immerhin war ich schneller als die Väterkühe. Und musste am Auto auch keine Blagen von irgendwelchen Almwiesen einsammeln. Ich bin Gesamtsieger, könnte man sagen. Und ich bin für ein Verbot von unfairen Kindern und Plastikbobs.
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Der letzte Sieg der DDR

Mein Problem mit der Sache ist zweierlei: Natürlich wäre die Abbildung eines billigen Döners aus einem Berliner Bezirk möglich, um mich den dortigen Gewohnheiten anzupassen. Es gibt auch in Berlin ganz hervorragenden Falafel, und ja, ich weiss, dass diese Form der Essensdarstellung eher akzeptiert ist, als der Anschein eines Reichtums, der allerdings nur in den Augen unwissender Betrachter einer ist, denn Reichtum, das sei hier gesagt, sieht nochmal ganz, ganz anders aus.Trotzdem: Aus mir unerfindlichen Gründen gibt es welche, die sich bemühen, Witze a la "da sitzt der an seinem Tegernsee hihi und putzt sein Silber höhö und dann hähä geht er mit einer Frau rodeln, die wie Romy Schneider ausschaut hähä und isst später auch noch Torte Bwahaha die arme Sau, und in die Schweiz muss sie auch noch gacker" - und dann beissen sie in ihren Döner und passen auf, dass die Sosse nicht aus dem Papier in die Tastatur ihres Apples läuft.
Ich kenne beide Welten aus eigener Anschauung, und das bringt uns zum zweiten, weiter gefassten Punkt, dem Überleben der DDR im Zeitgeist. Man sieht das ja in den Medien: Es gilt als legitim, Armut und schlechten Geschmack herzuzeigen, es ist vollkommen akzeptiert, sich schlecht zu kleiden, Bücher über schlechte Körpergerüche zu lesen und Blogger mit Magenbeschwerden toll zu finden, man ist sich einig, auf die herabzuschauen, die nicht grau, verhärmt und plakativer Abwesenheit von Vermögen in hässlichen Löchern hausen, in denen das Handy und der Computer die einzigen Stücke von Wert sind, wenn sie gerade mal wieder neu gekauft wurden. Diese Pflicht zur Prunkverhinderung, das Fehlen aller Zeichen von exzeptioneller Besitzfreuden - das alles ist DDR. Die DDR lebt fort in Berlin unter denen, die das Nichtauffallen verinnerlicht haben, eine antikapitalistische Lebenslüge, die den Verkauf aller Ideale selbstredend mit einschliesst, die DDR feiert Feste mit einer durchgehenden Ähnlichkeit in Stilabwesenheit und dadurch aufoktroierter Uniformität, eine Negation von Dauerhaftigkeit und Geschichte zugunsten einer vulgärtrotzkistischen permanenten Revolution des neuesten heissen Scheisses, der von den immer gleich aussehenden Protagonisten für die immer gleiche Zielgruppe entworfen, entwickelt und abgeräumt wird, ein Graubraunstufenpop mit Creative Commons Ideologie, die alles verabscheut, was sich über diese Pflichtgemeinschaft erhebt, eine geistige Einheit, der das Versorgungsstaatsgefühl vollkommen zum Hinterhofglück ausreicht und jeden, der mehr oder etwas anderes will, dem der Sinn nach ostentaiver Lebensfreude steht, als möglichen Systemfeind erkennt, als Leugner der neuen Wahrheit, dass in der Diktatur Chinas gebaute USB-Gadgets jedes halbe Jahr gut und ein feines Porzellan für das Leben bürgelich-dekadent ist.

Wir leben in einer Zeit, in der man gefahrlos schreiben kann, wie toll Döner für 1,30 ist, obwohl in der gesamten Verwertungskette eine elende, kriminelle Veranstaltung zugrunde liegt. Keiner macht einen blöd an, egal wie widerwärtig die industrielle Fleischproduktion ist - es ist arm, es ist proletarisch, also ist es sozial und gut. In dieser gleichen Zeit gilt es als unfein darauf hinzuweisen, dass Christies beim Verkauf des Inhaltes des Smith-Barry Anwesens am 20. April 2008 fast exakt das Vorlegebesteck in der Werbung abgebildet hat, das auf meinem Tisch ausliegt.
Ich will einfach nicht, dass die Partei, die Partei der Proleten, die anders als das Establishment sein will und de facto das Establishment der Mehrheit ist, immer recht hat. Diese Bilder sind das Mindeste, was man tun kann, wenn man schon auf eine Berliner antigeschmackhassenden Schutzwall für die Freunde der DDR zu verzichten bereit ist.
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 6. Dezember 2008
Offensichtlich, wenn das Christentum recht hat,

Manche jedoch werden gern bestätigen, dass sie durch diese kleine Veranstaltung hier Schaden über Schaden erlitten haben, ihr Zahnfleisch vom Zähneknirschen aberodiert ist, ihre Magengeschwüre wuchern wie die Geranien auf den Balkonen des Voralpenlandes, und wer wäre ich, das zu bestreiten? In Sachen Keuschheit kann ich offen sagen, dass ich dieses Jahr mit keiner Bloggerin geschlafen habe, was aber beim winzigen Anteil der Bloggerinnen an der Bevölkerung besser nicht als repräsentativ aufgefasst werden sollte. Da bleibt also nur ein Schluss:

Gott ist tot, der Nikolaus ist eine Erfindung, und mir geht es christengottlos prima.
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Samstag, 6. Dezember 2008
Der Davoser Nerv
Wir wissen, was das bedeutet: Winter in den grossen Städten. Manche von uns haben noch das Glück, in einer Stadt zu leben, deren sonstige Rahmenbedingungen angenehm sind; sei es die freundliche Natur der Menschen, Sauberkeit, Vermögen und eine gesunde, weise Verwaltung; manch andere bleiben allein mit Grau und Matsch in einer menschlichen Wüste, und andere mussten sogar Winter in Berlin überleben. Das einzige Positive, was uns dazu einfällt, ist die Leichtigkeit, mit der man in Berlin im Winter beischläft; einfach, weil es nichts Schlimmeres geben kann als eine einsame, kalte Februarnacht nach einem dunkelgrauen Tag in dieser schmutziggrauen Stadt unter bleigrauem Himmel, und dazu über Wochen die sibirische Kälte in den breiten Strassen, die alle Menschen alt, mürrisch und hässlich macht. Man muss irgendetwas tun, um dem zu entfliehen, und weil die Alternativen selten und teuer sind, gehen wir dort manchmal miteinander ins Bett.

Ziemlich oft jedoch sitzen wir einfach nur in der Küche, schauen dem Gegenüber beim Rauchen zu und kochen, nachdem wir dem Kühlschrank erheblich mehr als die verdorbene Zwiebel und die Medikamentendose, die wir dort vorfanden, hinzugefügt haben. Und erzählen, wie schön es wäre, jetzt nicht in Berlin zu sitzen und auch nicht auf den Bahamas, denn Kälte und Schnee braucht der Mensch, aber nicht so matschig und grau wie hier. Wir reden über die phänomenalen Frühstücksbuffets am Morgen in den Bergen, bevor es aus dem Schlosshotel hinausgeht zum Wintersport, das viele Essen und die Teesorten, aus denen wir wählen, das Dampfen des Kaffees, der in der Höhe wie ein Vulkan raucht, wenn die Sonne scheint und wir draussen sitzen können. Wir erzählen vom Phantomschmerz, nicht mehr mit unseren Eltern in die Berge fahren zu können, vom sternendurchwobenen Himmel über Chamonix, von den Auffahrten auf den Berg, während sich unten die Wolken in die Täler betten, als wären es plüschige Schafe. Und während sich das eintönige Grau von Horizont zu Horizont erstreckt, über der Wohnung der Person, für die wir nur kochen, glauben wir, dass irgendwo vielleicht die Sonne scheint, oder der Schnee die Tränen in die Augen treibt, wenn wir keine Brille im tosenden Unwetter tragen.

Wir erzählen, wie das ist, ohne den ganzen Outdoorkleidungskram aus Plastik und Hightech, so wie früher, mit dickem Leder und langen Socken, die Nässe und die Kälte direkt zu erleben und so auszusehen, als wären wir unser eigener Urgrossvater in seiner wilden Zeit, wir berichten vom derben Humor der Bergler, der direkt und ganz ohne diese verlogene Berliner Ironie ist, hier heisst die Steilkurve Geissalm-Reib´n, weil man von der Gravitationskraft in Eis, Schnee, Bretterwand und, wenn es ganz schlecht ausgeht, in die Tannen hineingerieben wird, als sei man ein Stück Appenzeller, der für die Tarte zerhobelt wird. Es gibt in unserer Erinnerung nicht nur die Weltmeisterstrecke in der Klamm, da ist der gefrorene Gebirgsee und der Gesang der Kufen auf dem Eis, es gibt schwarze Abfahrten, Buckelpisten und unberührten Neuschnee am Morgen, die letzte Abfahrt, wenn die Sonne längst verschwunden ist und der Himmel am östlichen Horizont dunkelblau wird, und unter den Stahlkanten der frierende Schnee knurrt, am Abend Überbackenes, Fettes, Schweres, die Stunden am Kachelofen, das Kerzenlicht, und der schwarze Schlaf voller Ruhe und Vergessen.

Es ist der Davoser Nerv, den wir da berühren, er schmerzt, und wir könnten ihn betäuben durch Frustkäufe der neuesten Elektronik und breiter Bildschirme, aber dazu müsste man raus in das nicht enden wollende Grau, das keine Nacht je zu erlösen scheint, oder Vergessen suchen in den bastardisierten Weihnachtsmärkten der Stadt, in denen man Eintritt verlangt und sich der Pöbel am Glühwein vorbesäuft, bevor es am Abend zur Molliparty geht. Wir könnten dort in China fabrizierte Erzgebirgskunst kaufen, oder schlechte Web2.0-Schokolade in billiger Verpackung bestellen, und es würde uns doch nur daran erinnern, welche internationalen Luxusmarken in Rottach für das gleiche Geld zu finden wären, Lexington zum Beispiel mit den besten Stoffen ihrer Weihnachtskollektion, die so grossherzig naiv sein kann, wie es Amerikaner in ihren besten Momenten nun mal sind. Die Schokolade würde uns nur an das kleine Häuschen von Eybel am Ufer des Sees vergegenwärtigen, das vollgepfropft ist mit echten Kostbarkeiten, die von Könnern gestaltet und gemischt sind, die genau wissen, was sie erschaffen, und was uns gefallen wird.
Wir reden und reden unter dem grauen Himmel und wollen eigentlich nur noch ins Bett, um am Körper des Gegenparts zu vergessen und die Wärme zu finden, die uns der Matsch und die Feuchtigkeit geraubt hat, und selbst dann schmerzt uns das Grau der Augen, das an die Welt da draussen erinnert, wir würden es lieben, wäre draussen ein Schneesturm oder das Funkeln der Brillianten am Firmament, wir könnten die Trinkschokolade im Bett löffeln, Bettwäschekataloge wälzen, vielleicht am Sonntag über den verschneiten Jaufenpass auf einen Kuchen nach Meran, und ganz ohne Hass sein auf den grauen Sarg, der noch Wochen alles Leben umfängt, so es sich nicht erlöst durch Selbstmord. Oder Wegzug.
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Alteisen
Jenseits der 40... das klingt ja fast schon wie Krückstock oder Rollator... ich sage es mal so. Gestern war ich auf dem Berg, und bis ungefähr 1100 Höhenmeter kam ich mir dumm vor. Da stand ich im grünen, frühlingshaften Wald, mit einem schweren Davoser am Arm. Einen Schlitten hochziehen mag gehen, aber mit so einem schweren Trumm diretissima hochkraxeln ist eine andere Sache: Hart, schweisstreibend und angesichts der Umgebung blöd. Dummheit, denkt man sich, ist kein Privileg der Jugend.
Die Jugend traf ich dann beim letzten Aufstieg, als alles schon vereist war: Ein Waldbauer, der einen Baum zuschnitt, an seinen Traktor hängte und mir damit die Rodelstrecke ruinierte. Selten habe ich jemand so missmutig mit der Kettensäge hantieren sehen, und ich dachte mir: Junger Mann, früher wäre das anders gewesen. Früher hättest du diesen Baum mit einem grossen Hörnerschlitten ins Tal bringen müssen, und eine Fehlbremsung, ein Steinbrocken, der eine Kurve verursacht, und der Baum könnte es sich nochmal aussuchen, ob er seinen Schlächter von Hinten kommend den Schädel platzen lassen möchte, oder ihn beim Überschlag in das Eis rubbelt. Mein lieber junger Mann, du bist so missmutig, weil das hier langweilige Arbeit ist. Mit so einem Hornschlitten hättest du jetzt Angst und unten würdest du die Wirtstochter schwängern, das Leben will nachher sein Recht, weil das alles nachher raus muss, diese Gratwanderung zwischen Geschwindigkeit und Tod, die uns so viele hübsche schmiedeeiserne Kreuzerl unten in Gmund beschert hat, mit Bildern von Männern im besten Alter.

Weiter oben war dann Schnee. Und wie es so ist: Man rauscht hinab, das Panorama vor Augen, und schwupps rast man an der richtigen Kehre vorbei und muss wieder hoch. Runter kommen sie bekanntlich alle, aber nach Gasse gibt es, nachdem der andere Weg vom Waldbauer ruiniert war, nur einen Steilweg, und der ist in Zeiten wie diesen eher eisig und ungeeignet für Rodel. Ich würde da nicht mit Skiern runterfahren, und auf ein paar Meter Schlittenschleppen kam es mir auch nicht mehr an. Nur war ich zwischen einem älteren Ehepaar, er vornedran marschierend und sie ängstlich zurückbleibend. Der Weg ist sehr schmal, manchmal nur ein Meter zwischen Baum und Abgrund, und als ich an ihm vorbeikam, machten wir ein kleines Berglerschwätzchen, wie man es halt so macht.
Der alte Mann, 70plus auf alle Fälle, meinte, es sei währscheinlich trotz des Abgrunds sicherer, die Strecke zu rodeln, und wenn er einen Rodel dabei hätte, dann, ja dann, und so kam eines zum anderen, und ein mittelalter und ein sehr alter Depp probierten es aus, ob es wirklich ungefährlicher ist. Nun, ich war dabei und kann sagen: Nein, es ist nicht ungefährlicher, besonders bei der Links-Rechts-Kombination oberhalb des Wurzelfeldes, wo es hineingeht, wenn man die zweite Kurve nicht kriegt. Was man mit 180 Kilo Gesamtgewicht auf Stahlkufen und Eis gegen die Schwerkraft erst mal schaffen muss. Seine Frau jedenfalls war not amused. Ich schon. Er auch.

Ich halte absolut nichts von der Vorstellung, die restlichen 50, 60 Jahre meines Erdendaseins der Risikovorsorge zu widmen. Ich würde keine explizite Dunmheit machen, wie etwa im Bananenröckchen solche Strecken fahren. Oder mit falscher Ausrüstung auf Berge steigen. Aber ich glaube fest daran, dass ein wenig Risiko und ein paar schlecht platzierte Bäume gut sind für den Organismus, weil der Mensch bauartbedingt nicht für das gemacht ist, was viele tun: In einem Büro sitzen und irgendwas rumtippen, während 90% des Körpers nur Ballast sind, der in einem möglichst ergonomischen Stuhl vor Schäden durch Rumsitzen geschützt wird. Bis vor drei Generationen war der Bürostuhl die Ausnahme und der eisige Wald normal, und so schnell schaltet die Evolution unsere Spezies nicht auf Wellness-Workout-Ausgleichssport um.
Was für den Körper gilt, gilt auch für den Geist: Die Angst, wenn der Rodel zu schnell für die Kurve wird und hinten ausbricht, wenn die Kufen sich in das Eis knirschen und man hofft, sie scharf genug geschliffen zu haben, ist eine ganz andere Angst als, sagen wir mal, einen Betrag falsch zu buchen oder eine Deadline nicht zu packen. Es ist eine existenzielle Angst, die den ganzen Körper und das Gehirn fordert, man lernt etwas über Schwerkraft und Geschwindigkeit, das ist keine Übung, und wenn man es schafft und sich wieder in die Horizontale legt, und es wird schneller und schneller, wenn dann wieder in den Kurven die Eisbrocken fliegen, ist es...
notwendig. Ab und zu einfach notwendig, um sich zu erinnern, dass man Fleisch und Blut ist, Angst und Schmerzen, dumm und mutig, und nicht nur so ein Depp aus´m Internet, Computersklaven und Festplattenwichser, für den das grösste Drama ein Schnitt im Finger ist, weil er dann nicht mehr tippen kann, oder gar eine Risikobegrenzungsüberlegung, sondern - so lange wie irgend möglich - ein Geschoss voller Leben und Gier.
Die Reformhausbesitzerstochter schaut übrigens toll aus.
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Empfehlung heute - Ich will endlich
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Donnerstag, 4. Dezember 2008
Ski und Rodel gut, Medien und Obama schlecht
Falco, der Komissar
Hätte man mich gefragt: Wie willst du deinen 4. Dezember und die folgenden Wintertage, dann hätte ich in etwa an sowas gedacht:

Ich bin, schneller als ich dachte und eine Gelegenheit am Schopfe greifend, wieder am Tegernsee. Hinten auf dem Wagen ist mein Rodel drauf, ein alt-neuer Sportrodel aus Eschenholz übrigens, den ich am Wochenende auf einem Antikmarkt erstand, mit der Typbezeichnung "Davos". Ich mein, Davos, aber hallo, wir sind schliesslich alle Graubündener. Davoser haben den grossen Vorteil. dass man beim Sturz nicht mit dem männlichen Hörnchen in die Hörner des Hörnerschlittens knallt. Ausserdem hat er einen harten Brettsitz für harte Männer. Mit dem werde ich jetzt dann den Berg runterrasen, der im Hintergrund des Frühstücks zu sehen ist.

Man kann hier draussen frühstücken, denn auf der geschützten Terrasse ist es wirklich warm und angenehm. Während die Kürbistarte auskühlt, gibt es heisse Zitrone und eine Semmel mit Tete de moine und Feldsalat, danach Tee und zum Abschluss Mandarinen. Sport ist zwar bekanntlich Mord und die Rodelstrecke die Neureuth runter ganz besonders, aber wenn schon, dann mit einem vollen Magen, der ausserdem gut für die Geschwindigkeit ist. Schnell sein durch essen. Ein toller Sport.
Es gibt sie also noch, die schönen Ecken des Bayernlandes. Eine unschäne Ecke beginnen die Medien gerade erst zu entdecken - die Milliardenrisiken der Hypo Alpe Adria, einer Tochter der BayernLB. Die Medien entdecken das jetzt, weil die Bank aus Kärnten gerade das öffentlich zugibt, was man schon vor sieben Wochen hat lesen können - auf diesem Blog hier, als die Medien teils zu dumm, teils einfach zu feige waren, das Thema aufzugreifen. Man wird verstehen, warum mein Mitleid mit den sog. "Kollegen" der gerupften Wirtschaftspresse nur mässig ausgeprägt ist, wenn sie jetzt das übliche Schicksal feiger Schweine erleben - und ich hier als freier Wildeber weiter grunzend durch die Schneisen fege.
Und dabei auch eine Obama und seine Leute angrunze - denn von denen ist nicht zu erwarten, dass die Finanzkrise irgendwie gelöst wird. Gestern wurde bekannt, dass parteiübergreifend und mit dem ausdrücklichen Wunsch Obamas an billigen Krediten für Hauskäufe gearbeitet wird, mit sagenhaft niedrigen 4,5% Zinsen. Da hat man also eine Kreditkrise, weil zu viele Häuser für Leute gebaut wurden, die es sich nicht leisten können. Und nun sollen Leute diese in Probleme geratenen Häuser aufkaufen - welche Leute eigentlich? Die, die sich kein Haus leisten können? Die, die schon pleite sind? Die, die Probleme haben, ihre Kredite zu bezahlen? Und das alles nur, um die Hauspreise auf einem Niveau zu halten, auf dem sie überbewertet sind.
Auf den ersten Blick ist das die nächste Blasew, aber auf dem zweiten Blick ein Spiel mit der Hyperinflation. Es gibt genau zwei Methoden, um eine Immobilienblase abzubauen: Entweder die Preise fallen - das hatten wir bisher. Oder, wie es jetzt versucht wird, die Preise bleiben. Formal. Aber aufgrund der nachgedruckten Geldscheine für jeden, der ein Haus kaufen will, ist das Geld weniger wert. Natürlich ist das eine Option für den Verschwenderstaat UdSSA, so macht man seine Schulden klein, das Geld ist billig, die Leute werden wieder zuversichtlich, und wer ohnehin nur Schulden hat, kann gut lachen. Vorerst. Obama und Freunde verschieben das Problem auf irgendwann, wenn die Währung zusammenbricht, zum Schaden aller, die amerikanische Schulden gekauft haben, und eines ohnehin schon labilen Weltwirtschaftssystems. Während der Börsencretin und seine Medien jubeln und die Kurse nach oben schnellen, findet man die richtige Analyse mal wieder in den Blogs.
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Mittwoch, 3. Dezember 2008
Ein kleines Stück Kürbis

Grossbild hier, Mittelbild hier
Erst mal als Foodporn verbloggen. Und nachher mache ich eine Kürbistarte. Zur Feier des Tages. Also, meines Tages. Wäre ich General Motors und bräuchte schlanke 4 Milliarden sofort, um das Ende des Jahres zu überleben, oder ein amerikanischer Abgeordneter und müsste den Vollversagern von Cerberus und ihrer Klitsche Chrysler 7 Milliarden hinterherwerfen - und das alles nur für den Anfang - oder generell wohnhaft in den UdSSA, würde ich anfangen, mich an billige Hotdogs zu gewöhnen.
Und zwar von der falschen Seite des Rollwägelchens aus.
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Gute Nachrichten für Rebellmarkt-Hasser
5 Jahre Rebellen ohne Markt
überstanden, höchstens mit ein paar Magengeschwüren und schlechten Wünschen.
historischer, scheinheiliger rotschopf mit verdrehten augen aus einem unaufgeklärten zeitalter, dessen fossilien im sumpf der berliner kuschelkaufs überlebt haben
Mit etwas Glück und einer unschönen Einstellung höherer Mächte gegen mich müsst Ihr vielleicht nur noch 10 mal 5 Jahre mit dieser hübschen Seite leben. Na? Ist das nicht prima? Also, hoch Eure hässlichen, usauberen Kaffeemugs!
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Dienstag, 2. Dezember 2008
Boomurbanistik

Als der Hauptstamm meiner Familie das Haus erwarb, in dem ich jetzt schreibe, hatte der Ort 5000 Einwohner. Als ich in diesem Haus geboren wurde, waren es 60.00. Heute sind es mehr als doppelt so viele, Tendenz weiter steigend. Und wer hier wohnt und arbeiten will, arbeitet hier auch. Es gibt keinen Arbeitsplatzmangel, und für eine Grossstadt vergleichsweise minimale soziale Vewerfungen - und die wiederum in den Ecken der Stadt, in denen man unter Kohl meinte, Russlanddeutsche vor dem Kommunismus retten zu müssen. Das Wachstum hat alle mitgenommen, aus armen Schluckern wurden Facharbeiter, deren Entlohnung für einen hippen Berliner vermutlich ein Schock wäre, aus Abiturienten werden Manager, und die alte Oberschicht hat es geschafft, oben zu bleiben. Schliesslich gehörte ihnen früher das, wo jetzt die anderen sind, und manchmal gehört es ihnen bis heute. Man könnte sich zufrieden zurücklehnen und einfach zuschauen, Generation um Generation, wie das Geld reinkommt, sich durch den Konsum und den Bedarf verteilt und einen reichen, fetten Klops im Donautal macht. Gross, geschmacklos, prall, sicher auch etwas beschränkt und ein Hohn für alle Regionen, denen es dreckig geht. Das hier ist die richtige Seite.

Trotzdem gibt es Ängste, grosse Ängste. Schliesslich ist die Autobranche zu einer tödlichen Grube geworden, aus der man sich herausbetteln muss. Die Produkte des Autoherstellers sind gut und begehrt, aber auch ziemlich teuer. Die monatlichen Zulassungs- und Absatzstatistiken sind ein Quell steter Ängste, es könnte irgendwann vorbei sein. Den Neuzuwanderern kann es vergleichsweise egal sein, die gehen dann vielleicht wirder oder werden frühpensioniert. Aber die, die hier bleiben und schon immer da waren, sind vom weiteren Erfolg der gefrässigen Firma vor der Stadt abhängig. Bisher, auch diesmal, hat die Fima kein Problem, die Ängste zu zerstreuen. man sitzt hier, liest die entsetzlichen Zahlen von Opel - minus 38% -, und fragt sich, wie das jetzt in Rüsselsheim sein muss. Anders als hier, wo ich heute an der Kasse zehn Minuten warten musste, um meine neue Springform zu bezahlen. Wer hier wohnt und, wie die meisten Eltern meiner Bekannten, kein Internet hat, kennt die Finanzkrise nur aus der zeitung als etwas weit Entferntes, das sie Depots gemeinerweise schmälert. Auf den Hinweis, dass es auch hie schwerer werden könnte, sagen sie, de Seehofer werde seine Stadt schon nicht verkommen lassen.

(es ist gar nicht so leicht, hier ein bild von vandalismus zusammen (!) mit einem länger nicht gestrichenen Zaun zu finden)
Inzwischen sickert durch, dass es auch sehr bald ein Elektroauto geben wird, das wirklich funktioniert und schick ist, Benzinsparer und noch so ein paar Dinge, die die bessere Gesellschaft beruhigen. Die Kriminalität ist niedrig, es gibt keine Sprayerpest, es ist alles nur grösser geworden, aber nicht wirklich anders. Landschaftlich ist es hier noch immer nicht reizvoll, aber wenn man erwähnt, dass man sich da und dort eine Wohnung gekauft hat, mit See, Berg, oder mehr, ist die typische Antwort, dass der eine und andere dort ja auch was hat. Alle profitieren, keiner geht leer aus, es ist zwar inzwischen ganz schön teuer, aber man kann es sich umgekehrt auch leisten. Rs bleibt bei manchen die Angst und bei mir auch das Wissen, dass es nicht immer so wid weitergehen können, nichts hält ewig, aber vielleicht wird es dann anders weitergehen, und nicht Detroit oder Wedding an der Donau. Oder Bayerisch-Rüsselsheim.
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Christbaumkugeln, die mir gefallen könnten

Gerade Weihnachten 2009, das dem hoffnungsfrohen Wort "Jahresendrally" eine neue Bedeutung und vielen Menschen die Chance einer beruflichen Veränderung gibt, um es mal sozialverträglich zu sagen, böte sich für dieses Sujet am Baum wirklich an.
Übrigens hört man von mit der Thematik vertrauter Seite, dass die diesjährigen Weihnachtsauktionen üppige Angebote vorweisen - so mancher Münchner atellt gerade fest, dass, wie man hier sagt, nix gwies is, und trennt sich so von Teilen seiner künstlerischen Habe. Ein letzthin unfreiwillig bekannt gewordenes Bankhaus in der schönen Isarstadt etwa hatte ein Aktienprogramm für Mitarbeiter, das man nicht wirklich ablehnen konnte, und so legte man brav einen Teil des Lohns in den Geschäften des eigenen Hauses an. Und die haben mit die schlechtesten Ergebnisse dieses ohnehin schon schlechten Jahres. Wenn man dann noch Schulden abbezahlen muss, gobt man vielleicht doch etwas moderne Kunst in einen Kreislauf, der gerade zu verstopfen droht. Besitzer alter Meister stehen da noch relativ gut da. Noch.
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Montag, 1. Dezember 2008
Ihr müsst jetzt ganz hart sein.


Das ist der eigentliche Grund, warum Medien nie verstehen werden, wie das mit dem Bloggen geht.
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Manipulationsmöglichkeiten v0n Sascha Lobo
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