: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Das Verschwinden der Werbung

Ein Freund hat gerade alles Glück dieser Erde in doppelter Ausführung, folgerichtig muss das Pech auch irgendwo zwischengelagert werden. Es sass auf meinem Beifahrersitz, als sich der alte Depp in der S-Klasse entschloss, in Dürnbach einen Traktor mitten im Ort zu überholen, egal ob da einer kommt, was mich dazu brachte, auf den Bürgersteig auszuweichen. es war noch immer dort, als der LKW-Faher auf die zweite Spur rauszog, während ich zwischen seinen Vorder- und Hinterrädern war. Und es lurte aus den Kisten, als ich vom Instinkt getrieben einen viel frequentierten Altwarenhandel aufsuchte und dort einen venezianischen Leuchter fand: zerbrochen, aber komplett, pink, aber grandios, und ohne Preisschild. ich ging also zum Verkaufspersonal, das sich weigerte, ihn zu bepreisen, statt dessen sollte ich hinten bei der Leitung fragen. Die Leitung erklärte sich für nicht zuständig, oben jedoch sei eine Verantwortliche, die mich aber wieder an die Kasse verwies, und dort wiederum wurde mir der Leuchter abgenommen mit der Begründung, der Chef würde ihn morgen früh bepreisen. Und nein, reservieren könne man ihn auch nicht, irgendwann morgen würde er wieder im Laden sein. Um 9 machen sie auf, um 10 habe ich ein Date bis um ein Uhr, und wenn ich immer noch Pech habe, geht mir ein prächtiges Beispiel für Muranokunst durch die Lappen, für das ich sogar ein Plätzchen hätte.

To make matters worse, erwartete mich daheim ein nur mässig gefüllter Briefkasten - unter anderem mit einer World of Interiors, hübscher als das letzte Mal, aber auch erheblich schwindsüchtiger.



Nun ist bei der WoI die Werbung keine Belästigung, sondern in der Regel noch eine Kundeninformation oder bestensfalls sogar eine Anregung; die Methode entspricht nicht im Mindesten dem, was man sonst so an Werbeterror erleben muss. Vielleicht, weil Leute, die eventuell 50000 Pfund für eine Matratze oder 3000 Pfund für einen Muranoleuchter zu zahlen bereit sind, sich nicht anschreien, sehr wohl aber beraten lassen. Genau das aber fehlt jetzt in diesem 172-Seiten-Heftchen. Die Firmen, die grössere Kontingente gekauft haben, feiern die jetzt noch ab, es gibt offensichtlich ein paar Deals mit anderen Publikationen von Conde Nast, aber gewisse Bereiche fehlen fast völlig - und das in einer Ausgabe drei Wochen vor Weihnachten. Schmuck. Luxusreisen. Glas. Silberschmiede. Autos. Banken. Immobilien. Wintergärten.

Für viele Bereiche der Luxuseinrichtung gibt es kein anderes Medium, in dem man so zielgruppenspezifisch werben kann. Es gibt keine Möglichkeit, auf andere Medienformen auszuweichen. Es gibt keine entsprechenden Plattformen im Netz. Wie es erst mal sein wird, wenn die neuen Werbebudgets für 2009 an die Krise angepasst sind?

Die vielleicht schönste Geschichte in dieser Ausgabe beschäftigt sich mit dem Palast eines holländischen Admirals, der die Briten im 17. Jahrhundert eine Reihe schwerer Niederlagen zugefügt hat. Hoffen wir mal, dass ich morgen nicht eine ähnliche Niederlage erleide. Immerhin habe ich noch eine reelle Chance, im Gegensatz zu den Medien. Und denen, die den Kollaps auf der Insel erleben werden.

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Ein paar Hilfsbüttel der chinesischen Mörder weniger

Hübsch: Mit dem Schreibtalent eines Neuntklässlers und unter Versicht auf Grossschreibung verpasst Yahoo seinen Mitarbeitern den grossen Tritt. Leider erfährt man nicht, ob es auch die Typen erwischt hat, die aus Gier chinesische Dissidenten an das Mörderregime in Peking verraten oder dazu Beihilfe geleistet haben.

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11 ungeschriebene Geschichten in Postkartenmotiven

Das Pulver



Der genau richtige Zeitpunkt der Croutons in der Suppe



Vom Einsetzen der Bienenwachskerzen



Jungfernfahrt



Vom Glück, im Dezember draussen frühstücken zu können



Wintersaison



Andere müssen in Paris bei einer Internetkonferenz frieren



Die Abendstunde der Chorherren



Die letzte Fahrt



Auf der Suche nach dem perfekten Rodel



Nur so.


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Mittwoch, 10. Dezember 2008

Weltnichtretter

"Wenn du die Welt retten könntest für ein einziges deiner Haare - gib es nicht her"
Dino Segre


Manchmal bin ich gewillt, Bewohner der UdSSA tatsächlich für so dumm zu halten, wie man es ihnen oft nachsagt. Und zwar nicht nur die Rednecks, die beim Küheficken in Arizona vermutlich noch relativ locker durch die Krise kommen, sondern alle bis zu den Idioten, die sich mit Hilfe von Lobbyisten und Schmiergeldern die Sitze in den Parlamenten erkauft haben. Ich bin kein Feind der USA, ich finde es toll, dass es dieses Land gibt, aber es wäre auch nett, wenn es nicht so himmelschreiend dumm, dumm, dumm wäre. Nehmen wir nur mal die Autoindustrie, die mit 15 Milliarden Dollar nur die Hälfte von dem bekommt, was sie haben wollte, aber das immerhin nur für die nächsten paar Monate. Um die Zahl mal in eine reale Grösse umzuwandeln: Das sind ungefähr die Kosten von 600.000 fabrikneuen Durchnittsautos. 600.000 praktisch unverkäufliche Dreckschleudern.



Es ist lächerlich zu glauben, irgendeiner der drei Hersteller wäre in der Lage, in den nächsten 10 Jahren ein konkurrenzfähiges Auto bauen. Aus einer ganzen Reihe von Gründen. Zuerst ist da der Vorlauf der Autoindustrie. Neue Baureihen brauchen in Europa zwischen 6 und 10 Jahren Entwicklungszeit, und es ist aufgrund der hohen Entwicklungskosten wirtschaftlich nicht möglich, eine Generation zu überspringen, selbst wenn man die übernächste Generation mit den Zielen schon entwickelt hätte, auf sich die Autohersteller verpflichten lassen wollen. Und die Hersteller in diesem Land sind schon heute weit, weit zurück: Der aktuelle Chrysler 300 basiert auf der nun schon 12 Jahre alten und seit 2002 ausgelaufenen E-Klasse von Mercedes. Das war kein schlechtes Auto, ist aber meilenweit von den Anforderungen von 2009 entfernt. Was passieren würde, wenn das lächerliche amerikanische Stromnetz mit seinen lumpigen 1800-Watt-Steckdosen plötzlich Autoakkus aufladen müsste, ist noch eine andere Frage, deren Beantwortung dort keinem einfällt.



Denn darum geht es nicht. Es geht um den ersten Schuss Geld, es ist ein Spektakel für die blöden Bürger, das zeigen soll: Wir geben denen nur die Hälfte, aber krepieren lassen wir sie auch nicht. Der zweite Teil stimmt, der erste ist eine blanke Lüge. Man wird der Autoindustrie alles geben, was sie fordert, da ist es auch egal, dass bei Chrysler mit Cerberus ein vermögender Hedge Fonds profitiert. Sobald man damit angefangen hat, wird stückweise mit der Wahrheit herausgerückt, denn die unerreichbaren Ziele sind der beste Anlass, Nachforderungen zu stellen und dabei zu betonen, dass es nur noch um die paar Milliarden geht, dann wird alles gut. Die knallharte Wahrheit ist: Amerika hat keinen einzigen Hersteller, der ohne Staatshilfen überleben kann, und die einzige logische Antwort wäre eine Verschmelzung der Firmen zu einem Konglomerat, um wenigstens im Überbau und der Entwicklung massiv Kosten zu sparen - so würde man das zumindest in Europa machen. In Amerika hat der Staat mit seinen Bailouts brandgefährliche Präzedenzfälle und moralisch abgefuckte Firmen geschaffen, gegen die die Risiken der Subprimekredite und bankrotter Hauseigentümer lächerliche Peanuts waren. Die Bailouts sind die Blase nach der Blase, und wenn die platzt, Gute Nacht, Freunde. Dann gibt es niemanden mehr, der den Krempel retten kann - es sei denn, man macht eine Hyperinflation zur Schuldenbeseitigung.



Wie das jetzt schon in die Katastrophe knallt, sieht man beim Versicherungskonzern AIG, der 90 Milliarden Bailout-Gelder so schnell verbrannte, dass er vor ein paar Wochen weitere 67 Milliarden brauchte. Jetzt hat AIG gleich nochmal 10 Millarden mit Wetten auf Hausmarktderivate verzockt. Und weil Bonuszahlungen für Manager nicht mehr en Vogue sind, gibt es eben retention payments - ein Begriff, den man sich wird merken müssen. Der Staat wird zahlen, um seine ersten 157 Milliarden nicht in einer Pleite zu versenken, und die Schuldner - allesamt Wall Street Elite - auch in Bedrängnis geraten zu lassen. Sie werden zahlen, selbst wenn man für die AIG-Zahlungen inzwischen 7 Millionen amerikanische Autos hätte kaufen können. Und nochmal. Und nochmal. Das gleiche Spiel wie bei der deutschen Hypo Real Estate, und ob deutsche Sicherheiten am Ende etwas anderes als Bezahlen bedeutet, muss sich auch erst mal zeigen. In Tegernsee, wohin der obige Rodel deutet, ist übrigens gerade ein Hotelprojekt geplatzt. Reiche Russen, die plötzlich kein Geld mehr haben, so kann es gehen. Die Krise ist überall.

Am liebsten würde ich mich hinlegen und 2009 verschlafen. 2009 ist das Jahr, das wir alle werden sauber knicken können. Wäre ich abhängig von Medien, Werbung und ähnlichem verzichtbaren Zeug, würde ich mir jetzt eine Alternative suchen. Jetzt heisst 10. Dezember, 22.07 Uhr.

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Im Früheis wir knallen vom Berg, fallera

Das ist ein durchgebogener Hörnerrodel von Bär aus Schwaz. Bär baut heute nur noch Möbel, was sehr schade ist. Zum Glück habe ich eines dieser 30 Jahre alten Eschenmonstren aus gutem Hause. Ich mag solche urzeitlich anmutenden, brutalen Gefährte, auf denen man auch Kanonen oder erlegte Wildschweine ins Tal bringen könnte, runter nach Wildbad Kreuth, wo das hingehört.



Diese Art der Hörnerrodel ist genau das richtige Gerät für einen Rutsch im Morgengrauen, und sollte die Kälte einen noch nicht aufgeweckt haben - die Neigung des Rodels, in schnellen Kurven hinten auszubrechen und dann kontrolliert um die Ecke zu schleudern, macht wach. Garantiert.Wäre schon jemand um halb acht unterwegs, er wäre sicher fasziniert von diesem Fahrstil, den man so auch aus Verfolgungsjagden aus Hollywood kennt.



Leider, leider war es das erstmal mit dem - leider auch nur scheinbar - sorg- und arbeitslosen Leben im Schatten der Berge. Nach der Arbeit am Rechner ruft nun wieder die Arbeit in München und am Haus, und da gibt es keine Berge. Mit etwas Pech ist es sogar ein Abschied für länger, und das, obwohl ich gerade vollkommen dem Davoser Gefühl erlegen bin. Winter ist absolut nicht mein Ding, aber so, wie er jetzt ist, ist er gar nicht so schlecht. Eigentlich ist er sogar grandios.



Ich mein, Essen, auf Berge steigen, Sonne, Licht, runtersausen, lesen und arbeiten in der Wärme mit der Eiseskälte vor dem Fenster - das kann man so lassen. Ich ertappe mich dabei, mein Hiersein mit Gedanken wie "Jede Nacht im Hotel würde in vergleichbaren Räumen 100 Euro kosten, das musst du ausnützen, mit jeder Nacht verdienst du 1oo Euro" zu begründen, was falsch und dumm, aber dennoch nicht wirkungslos ist.

Nun ja. Darf ich einen Tipp geben, für alle, die noch nach Geschenken suchen? Ich würde Ungeübten keinen Rennrodel empfehlen, aber so ein richtiger Hörnerrodel macht auch schön Dampf, ist vielleicht sogar mehr Spass, weil nachher die Bauchmuskeln nicht so arg weh tun und die Kurven schön knallen, und auch, wenn Bär sie nicht mehr baut: Bei Sirch in Böhen im Allgäu bauen sie meine Wildsau als Einsitzer mit dem schönen, bankertauglichen Namen Abyss H11. Sieht aus wie ein Designermöbel, ist aber gar nicht so arg teuer: Unter 200 Euro, hört man. Vielleicht 100 Euro mehr als einen in Osteuropa zusammengeschraubter Billigmüll, und dafür gibt es aus lokalem Holz und von deutschen Arbeitern gebaute Prachtstücke. Was Besseres als Billy-Regale haben sie übrigens auch - wenn das innere Kind genug gedübelt ist und der Mann oder die Frau Platz für Bücher brauchen.

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Mittwoch, 10. Dezember 2008

Depp Staat

"Hey Staat, hey Staat, hey Staat,
Heit sog' da I amoi, wos I ois moch für di."
Da Söllner Hans


Über Rauchverbote kann man reden, ok. Und es ist auch sinnvoll, Energie zu sparen. Hübscher jedoch wäre es, wenn der Staat statt der Verbote, sagen wir mal, den Rauchern die Kosten ihrer Sucht knallhart abverlangt. Rauchen so teuer macht, wie es ist. Und wenn ich schon auf die Suche nach denkmal- und umweltgerechten Leuchtmitteln gehe, dann hätte ich auch gern, dass der Staat ein Atomkraftwerk schneller ausknipst.

Generell habe ich den Eindruck, dass mir dieser Staat etwas zu sehr auf die Pelle rückt. Ich komme aus Bayern, und bei uns daheim reagiert man auf sowas mit dem Reflex, solchen Leuten auch auf die Pelle zu rücken. Ich habe gerade eine genetisch bedingte Lust, dem Staat und seinen Schergen und dem Schäuble ein paar fundamentale Sachen zu sagen, wie: Kümmere Dich um Deinen eigenen Dreck und pfusch mir nicht in mein Leben. Hör auf, mich zu kontrollieren und fang mal besser bei den Arschlöchern an, die gerade unser Wirtschaftssystem vor die Wand fahren, auch wenn das vorweihnachtlich gerade kleingeredet wird. Lern erst mal, auf Dich selber aufzupassen, bevor Du bei mir ankommst. Wenn ich mich einen Dreck um die Gossen von Bild und Spon kümmere, kannst Du das auch. Und lass Dir mal eine Geschäftsbeziehung einfallen, die so locker ist, dass ich keinen Steuerberater brauche. So Zeug. Du Arschloch.

Da gibt es zum Beispiel so eine Verordnung, wie Eier aussehen müssen. Jeder Bisnäs-Abschaum kann Eier aus übelster Zucht importieren, egal wie es zugeht. Aber meine Eierfrau muss mich verstohlen fragen, ob sie mir auch ein Ei mit dünner Schale geben kann. Das passiert, das ist, solange man es nicht kocht, kein Problem, es ist so Bio, wie etwas nur Bio sein kann, bis zum Fressen der Hühner, das aus den Resten des Biokäses besteht, den mein Käsemann mit der Eierfrau gegen ein Packerl Eier eintauscht. Vermutlich gibt es dagegen auch eine bescheuerte Richtlinie.



Hey Staat, ich bin heute ziemlich schnell den Berg runter. 15 Zentimeter über dem Eis, das ist eine ziemlich heftige Aussicht, wenn die Kurve angerast kommt, mei Liaba. Könnt sein, dass der Spass am Ende doch nicht so arg gesund ist, wenn ich die Kurve nicht kriege. Hätte ich genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken, hätte ich mir vielleicht gedacht: So ein Helm ist bei solchen Kurvengeschwindigkeiten nicht ganz blöd. Aber die Zeit hatte ich nicht, weil der 40 Jahre alte Rodel immer noch blitzschnell Kurven schlitzt, wie Du den Geldbeutel der Menschen, und was ich so höre, denkst Du schon daran, dass man so einen Helm auch Skifahrern vorschreiben soll. Wenn Du nicht die Existenz von Rodeln und meinem Kanonenkugelwaldweg vergessen hast, weiss ich schon jetzt, wer dann der nächste ist. Und wer absolut keine Lust hast, wenn er so einen Deppenhelm aufgezwungen bekommt.



Staat, enspann Dich mal. Halt mal eine Woche Dein blödes Maul, geh in eine Pension und denk nach. Wenn sich hier alle so beschissen, so kleinkariert, so unkommod aufführen würden wie Du, wäre das hier kein Spass. Deine Bürger sind zusammengenommen eine bessere Veranstaltung, als Du selber. Das sollte Dir echt mal zu denken geben. Mach einfach etwas weniger, gschaftl nicht so viel rum, lass Dich seltener betrügen und nimm den Stock der Global Player aus dem Arsch, dann klappt es auch mit den Landesbanken, von denen Du eh nichts verstehst. So Zeug. Und meine Pr0nsammlung mit den Kategorien Food, Sonnenuntergang und blöde Bilder bei zu hohen Geschwindigkeiten auf der Festplatte geht Dich auch nichts an. Und wenn Du schon bestimmte Gruppen ficken willst, ein kleiner Tipp: Es gibt zu viele unproduktive Anwälte in diesem Land. Wegen Dir. Mach da mal was.

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Real Life 9.12.08 - Die Benzinmörder

Häss-lich, sagt Iris. Scheusslich. Ich weiss jetzt schon, dass es den ganzen Tag grau bleibt. Alles voller Nebel. Grau in Grau. Und kalt, kalt, kalt, es könnte nicht hässlicher sein. Und bei dir?

Scheusslich! Extrem windig, zum ersten Mal wäre genug Wind zum Surfen - und das im Dezember. Eine absolute Unverschämtheit, das Wetter.



Und dann ist auch noch der Boden gefroren, alles voller Schnee, grässlich, ich musste gestern nach Innsbruck und mir einen Schlitten kaufen, damit ich hier unter dem eisblauen Himmel überhaupt noch vorankomme.



Und dann hat meine Bäckerin nebenbei noch geratscht und statt der Brezenzöpfe Brezen eingepackt. Ich hasse es, wenn ich keinen Butter (Hinweis: Ja, ich weiss, es hiesse andernorts "keine Butter", aber in Bayern ist der Butter männlich) mehr daheim habe, und Brezen mit Käse essen muss. Kurz: Es ist hier absolut unerträglich.



Wirklich, fragt Iris.

Naja, geht so.

Ist aber auch eine miese Gegend. Hast du von dem Mordversuch in Tegernsee gehört? Da hat eine Frau ein Haus geerbt, und wollte es verkaufen, aber eine Mieterin wollte nicht ausziehen. Nach einigem Streit hat die Vermieterin die Frau überfallen, zusammengeschlagen, und mit Benzin übergossen, um sie zu verbrennen. Als ihr dann aufgefallen ist, dass sie damit auch das Haus anzünden würde, hat sie die Mieterin in ihr Auto bringen wollen, um irgendwo draussen einen Selbstmord vorzutäuschen. Dabei ist sie dann erwischt worden. Das sind Zustände.

Nun, liebste Iris, bei uns sind die Wasserleichen stets gepflegt und werden anhand vieler Schmuckstücke identifiziert. Vielleicht magst du dir selbst ein Bild von der Lage machen? Ich habe gestern auch noch einen Doppelschlitten gekauft, und von der Neureuth aus hat man einen grandiosen Blick über die Slums von Rottach und die Problemviertel von Wiessee, von den Buden, wo die Ärmsten selbstgebackenePlätzchen backen, bis zur staatlichen Spielhölle.

Mein Auto ist kaputt. Und ich hasse dich.

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Dienstag, 9. Dezember 2008

Kleine Retrofreuden im Winter

zwischen Tegernsee und Innsbruck, in chronologischer Reihenfolge:



Vielleicht sollte ich anstelle der Berliner Dirt Picture Contests einen alpinen Kitsch Picture Contest machen. Solche Bilder jedenfalls gibt es haufenweise in den Alben meiner Grosstanten.



Das Licht da oben ist so intensiv, dass es die Kamera überfordert. Was nicht schlecht ist.



Eine Stunde rauf, 15 Minuten runter.



Der Achensee. Es gibt Bilder, die man nur im Winter so hinbekommt - obwohl sie aussehen wie Sommer.



Der Süsswarenladen von Dorothea Daler ist ein lebendes Fossil aus den 50er Jahren und absolut unterstützenswert, etwa durch den Kauf von Zimtsternen und Schokolade.



Manche Bilder in den Galerien sind vollkommen unrestauriert und konservativ bepreist. Doch, doch.



Ah ja, die deflationäre Gegenwart hat uns wieder, mit Preisen wie vor ein paar Jahren. Nun könnte man trefflich fragen, wer zuerst einen Bailout haben will: Die Kriminellen der Ölkartelle oder die Meinungstrusts? Bet your bottom dollar you'll lose the blues in Chicago, sang Sinatra, haha. Heute Chicago, morgen Berlin. Bitte, lasst sie krepieren.

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Empfehlung heute - Wenn man

nicht gerade so ein Wetter, solche Berge, so einen gführigen Schnee und einen Schlitten auf dem Auto hat



kann man sich auch mit ein wenig Debatte über den inzwischen reichlich fragwürdigen Historiker Götz Aly beschäftigen. Und als kleine Entschädigung in Berlin kann man auch Modeste und anderen am Donnerstag Abend lauschen.

Man kann halt selten alles haben. So, ich gehe in den Berg und nachher nach Innsbruck, Rennrodel kaufen.

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Sonntag, 7. Dezember 2008

Gestatten

Mein Name ist Hill.



Don Hill.



Und ich habe die Lizenz zum rödeln.

Etwas unglamuröser als das zweite Bild, von dem besser keiner fragen sollte, wie man das macht, wenn da vorne die Kurve ist und man zwei Hände zum mitlenken braucht (kleiner Tipp: Dummheit ist ein Hauptbestandteil, sicher auch ein wenig Ich muss eh bald zum Zahnarzt und ein gutes optimistisches Stück Es ist noch ewig hin bis zur Kurve, mindestens 1,42 Sekunden), etwas unglamuröser ist es zu wissen, wer mich da runter geschlagen hat. 2 Mädchen im Alter um die 6 Jahre. Und das kam so:

Als ich in die Neureuth eingestiegen bin, war 200 Meter vor mir ein Pulk Einheimische, mit meinen Davoser ausstechenden Rennrodeln, einem Hund, und besagten Kindern mit Plastikbobs. Ich kam näher und näher, irgendwann machten sie eine Pause. Kaum war ich vorbei, gingen sie wieder los, die Väterkühe voran und ohne auf den Rest der Blase zu warten. Und die Väterkühe waren verdammt schnell. Jünger als ich, besser trainiert, und laut Aufschrift auf den Jacken Mitglieder in einem Rodelverein. Die Sorte Mensch, denen man auf dem Berg nur ungern davonlaufen möchte. Ich habe es aus falschem sportlichen Ehrgeiz geschafft, aber es war nur unwesentlich klüger und gesundheitsfördernder als das zweite Photo. Oben habe ich dann erst gar nicht lang gewartet, rauf auf den Bock und hinunter mit Gebrüll. Soweit es halt ging, in 20 Zentimeter Neuschnee: Oben wildsaugut, unten immer schlechter.

Da sind einerseits die flachen Stellen, in denen der tiefe Schnee zu sehr bremst. Und die stark bewaldeten Stellen, in denen so wenig Schnee liegt, dass die Kufen durch den Schnee brechen und vom Schotter vollgebremst werden. Die Kufen, der Schlitten, aber nicht der Fahrer - der rutscht dann über das Vorderteil Richtung Schotter. Absteigen und ziehen geht ziemlich auf die Durchschnittsgeschwindigkeit. Ich war schon fast unten, als von hinten Lärm kam: Die beiden Blagen auf ihren Plastikbobs, die so viel Auflagefläche haben, dass sie auch noch über den Tiefschnee und die dünnste Schneelage gleiten. Ganz unten haben sie mich mit einem "Vorsicht" und ohne Abstand zu halten, nun, also, aber immerhin war ich schneller als die Väterkühe. Und musste am Auto auch keine Blagen von irgendwelchen Almwiesen einsammeln. Ich bin Gesamtsieger, könnte man sagen. Und ich bin für ein Verbot von unfairen Kindern und Plastikbobs.

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Der letzte Sieg der DDR

Vor ein paar Wochen ist eine elend mitte-mittige Politikwebseite mit dem Wunsch an mich herangetreten, ich möchte für lau einen Beitrag für ihren Adventskalender schreiben, und zwar einen Versöhnungsversuch mit einem Blogger meiner Wahl. Regelmässige Leser ahnen vielleicht, dass ich mir nicht nur die hart erarbeitete Feindschaft fragwürdiger Figuren erhalten möchte, sondern obendrein die ganze Komposition als solche in wirklich jeder Hinsicht ablehne. Was nichts daran ändert, dass es zwischen mir und einigen, sagen wir mal, people familiar with the Berlin Blog matter, durchaus Kontakte und Austausch zweitrangiger Informationen gibt. Und da hört man dann auch so Ratschläge wie: Das wäre alles gar nicht so schlimm, wenn ich nicht dauernd vorführen würde, wie das hier halt nun mal so ausschaut.



Mein Problem mit der Sache ist zweierlei: Natürlich wäre die Abbildung eines billigen Döners aus einem Berliner Bezirk möglich, um mich den dortigen Gewohnheiten anzupassen. Es gibt auch in Berlin ganz hervorragenden Falafel, und ja, ich weiss, dass diese Form der Essensdarstellung eher akzeptiert ist, als der Anschein eines Reichtums, der allerdings nur in den Augen unwissender Betrachter einer ist, denn Reichtum, das sei hier gesagt, sieht nochmal ganz, ganz anders aus.Trotzdem: Aus mir unerfindlichen Gründen gibt es welche, die sich bemühen, Witze a la "da sitzt der an seinem Tegernsee hihi und putzt sein Silber höhö und dann hähä geht er mit einer Frau rodeln, die wie Romy Schneider ausschaut hähä und isst später auch noch Torte Bwahaha die arme Sau, und in die Schweiz muss sie auch noch gacker" - und dann beissen sie in ihren Döner und passen auf, dass die Sosse nicht aus dem Papier in die Tastatur ihres Apples läuft.

Ich kenne beide Welten aus eigener Anschauung, und das bringt uns zum zweiten, weiter gefassten Punkt, dem Überleben der DDR im Zeitgeist. Man sieht das ja in den Medien: Es gilt als legitim, Armut und schlechten Geschmack herzuzeigen, es ist vollkommen akzeptiert, sich schlecht zu kleiden, Bücher über schlechte Körpergerüche zu lesen und Blogger mit Magenbeschwerden toll zu finden, man ist sich einig, auf die herabzuschauen, die nicht grau, verhärmt und plakativer Abwesenheit von Vermögen in hässlichen Löchern hausen, in denen das Handy und der Computer die einzigen Stücke von Wert sind, wenn sie gerade mal wieder neu gekauft wurden. Diese Pflicht zur Prunkverhinderung, das Fehlen aller Zeichen von exzeptioneller Besitzfreuden - das alles ist DDR. Die DDR lebt fort in Berlin unter denen, die das Nichtauffallen verinnerlicht haben, eine antikapitalistische Lebenslüge, die den Verkauf aller Ideale selbstredend mit einschliesst, die DDR feiert Feste mit einer durchgehenden Ähnlichkeit in Stilabwesenheit und dadurch aufoktroierter Uniformität, eine Negation von Dauerhaftigkeit und Geschichte zugunsten einer vulgärtrotzkistischen permanenten Revolution des neuesten heissen Scheisses, der von den immer gleich aussehenden Protagonisten für die immer gleiche Zielgruppe entworfen, entwickelt und abgeräumt wird, ein Graubraunstufenpop mit Creative Commons Ideologie, die alles verabscheut, was sich über diese Pflichtgemeinschaft erhebt, eine geistige Einheit, der das Versorgungsstaatsgefühl vollkommen zum Hinterhofglück ausreicht und jeden, der mehr oder etwas anderes will, dem der Sinn nach ostentaiver Lebensfreude steht, als möglichen Systemfeind erkennt, als Leugner der neuen Wahrheit, dass in der Diktatur Chinas gebaute USB-Gadgets jedes halbe Jahr gut und ein feines Porzellan für das Leben bürgelich-dekadent ist.



Wir leben in einer Zeit, in der man gefahrlos schreiben kann, wie toll Döner für 1,30 ist, obwohl in der gesamten Verwertungskette eine elende, kriminelle Veranstaltung zugrunde liegt. Keiner macht einen blöd an, egal wie widerwärtig die industrielle Fleischproduktion ist - es ist arm, es ist proletarisch, also ist es sozial und gut. In dieser gleichen Zeit gilt es als unfein darauf hinzuweisen, dass Christies beim Verkauf des Inhaltes des Smith-Barry Anwesens am 20. April 2008 fast exakt das Vorlegebesteck in der Werbung abgebildet hat, das auf meinem Tisch ausliegt.

Ich will einfach nicht, dass die Partei, die Partei der Proleten, die anders als das Establishment sein will und de facto das Establishment der Mehrheit ist, immer recht hat. Diese Bilder sind das Mindeste, was man tun kann, wenn man schon auf eine Berliner antigeschmackhassenden Schutzwall für die Freunde der DDR zu verzichten bereit ist.

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Samstag, 6. Dezember 2008

Offensichtlich, wenn das Christentum recht hat,

habe ich dieses Jahr eindeutig zu keusch, enthaltsam und freundlich verbracht. Schliesslich sitze ich am Nikolaustag draussen im Sonnenschein.



Manche jedoch werden gern bestätigen, dass sie durch diese kleine Veranstaltung hier Schaden über Schaden erlitten haben, ihr Zahnfleisch vom Zähneknirschen aberodiert ist, ihre Magengeschwüre wuchern wie die Geranien auf den Balkonen des Voralpenlandes, und wer wäre ich, das zu bestreiten? In Sachen Keuschheit kann ich offen sagen, dass ich dieses Jahr mit keiner Bloggerin geschlafen habe, was aber beim winzigen Anteil der Bloggerinnen an der Bevölkerung besser nicht als repräsentativ aufgefasst werden sollte. Da bleibt also nur ein Schluss:



Gott ist tot, der Nikolaus ist eine Erfindung, und mir geht es christengottlos prima.

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Samstag, 6. Dezember 2008

Der Davoser Nerv

Disclosure: Ich habe zwei Winter in Berlin überlebt. Ich weiss, wovon ich rede.

Wir wissen, was das bedeutet: Winter in den grossen Städten. Manche von uns haben noch das Glück, in einer Stadt zu leben, deren sonstige Rahmenbedingungen angenehm sind; sei es die freundliche Natur der Menschen, Sauberkeit, Vermögen und eine gesunde, weise Verwaltung; manch andere bleiben allein mit Grau und Matsch in einer menschlichen Wüste, und andere mussten sogar Winter in Berlin überleben. Das einzige Positive, was uns dazu einfällt, ist die Leichtigkeit, mit der man in Berlin im Winter beischläft; einfach, weil es nichts Schlimmeres geben kann als eine einsame, kalte Februarnacht nach einem dunkelgrauen Tag in dieser schmutziggrauen Stadt unter bleigrauem Himmel, und dazu über Wochen die sibirische Kälte in den breiten Strassen, die alle Menschen alt, mürrisch und hässlich macht. Man muss irgendetwas tun, um dem zu entfliehen, und weil die Alternativen selten und teuer sind, gehen wir dort manchmal miteinander ins Bett.



Ziemlich oft jedoch sitzen wir einfach nur in der Küche, schauen dem Gegenüber beim Rauchen zu und kochen, nachdem wir dem Kühlschrank erheblich mehr als die verdorbene Zwiebel und die Medikamentendose, die wir dort vorfanden, hinzugefügt haben. Und erzählen, wie schön es wäre, jetzt nicht in Berlin zu sitzen und auch nicht auf den Bahamas, denn Kälte und Schnee braucht der Mensch, aber nicht so matschig und grau wie hier. Wir reden über die phänomenalen Frühstücksbuffets am Morgen in den Bergen, bevor es aus dem Schlosshotel hinausgeht zum Wintersport, das viele Essen und die Teesorten, aus denen wir wählen, das Dampfen des Kaffees, der in der Höhe wie ein Vulkan raucht, wenn die Sonne scheint und wir draussen sitzen können. Wir erzählen vom Phantomschmerz, nicht mehr mit unseren Eltern in die Berge fahren zu können, vom sternendurchwobenen Himmel über Chamonix, von den Auffahrten auf den Berg, während sich unten die Wolken in die Täler betten, als wären es plüschige Schafe. Und während sich das eintönige Grau von Horizont zu Horizont erstreckt, über der Wohnung der Person, für die wir nur kochen, glauben wir, dass irgendwo vielleicht die Sonne scheint, oder der Schnee die Tränen in die Augen treibt, wenn wir keine Brille im tosenden Unwetter tragen.



Wir erzählen, wie das ist, ohne den ganzen Outdoorkleidungskram aus Plastik und Hightech, so wie früher, mit dickem Leder und langen Socken, die Nässe und die Kälte direkt zu erleben und so auszusehen, als wären wir unser eigener Urgrossvater in seiner wilden Zeit, wir berichten vom derben Humor der Bergler, der direkt und ganz ohne diese verlogene Berliner Ironie ist, hier heisst die Steilkurve Geissalm-Reib´n, weil man von der Gravitationskraft in Eis, Schnee, Bretterwand und, wenn es ganz schlecht ausgeht, in die Tannen hineingerieben wird, als sei man ein Stück Appenzeller, der für die Tarte zerhobelt wird. Es gibt in unserer Erinnerung nicht nur die Weltmeisterstrecke in der Klamm, da ist der gefrorene Gebirgsee und der Gesang der Kufen auf dem Eis, es gibt schwarze Abfahrten, Buckelpisten und unberührten Neuschnee am Morgen, die letzte Abfahrt, wenn die Sonne längst verschwunden ist und der Himmel am östlichen Horizont dunkelblau wird, und unter den Stahlkanten der frierende Schnee knurrt, am Abend Überbackenes, Fettes, Schweres, die Stunden am Kachelofen, das Kerzenlicht, und der schwarze Schlaf voller Ruhe und Vergessen.



Es ist der Davoser Nerv, den wir da berühren, er schmerzt, und wir könnten ihn betäuben durch Frustkäufe der neuesten Elektronik und breiter Bildschirme, aber dazu müsste man raus in das nicht enden wollende Grau, das keine Nacht je zu erlösen scheint, oder Vergessen suchen in den bastardisierten Weihnachtsmärkten der Stadt, in denen man Eintritt verlangt und sich der Pöbel am Glühwein vorbesäuft, bevor es am Abend zur Molliparty geht. Wir könnten dort in China fabrizierte Erzgebirgskunst kaufen, oder schlechte Web2.0-Schokolade in billiger Verpackung bestellen, und es würde uns doch nur daran erinnern, welche internationalen Luxusmarken in Rottach für das gleiche Geld zu finden wären, Lexington zum Beispiel mit den besten Stoffen ihrer Weihnachtskollektion, die so grossherzig naiv sein kann, wie es Amerikaner in ihren besten Momenten nun mal sind. Die Schokolade würde uns nur an das kleine Häuschen von Eybel am Ufer des Sees vergegenwärtigen, das vollgepfropft ist mit echten Kostbarkeiten, die von Könnern gestaltet und gemischt sind, die genau wissen, was sie erschaffen, und was uns gefallen wird.

Wir reden und reden unter dem grauen Himmel und wollen eigentlich nur noch ins Bett, um am Körper des Gegenparts zu vergessen und die Wärme zu finden, die uns der Matsch und die Feuchtigkeit geraubt hat, und selbst dann schmerzt uns das Grau der Augen, das an die Welt da draussen erinnert, wir würden es lieben, wäre draussen ein Schneesturm oder das Funkeln der Brillianten am Firmament, wir könnten die Trinkschokolade im Bett löffeln, Bettwäschekataloge wälzen, vielleicht am Sonntag über den verschneiten Jaufenpass auf einen Kuchen nach Meran, und ganz ohne Hass sein auf den grauen Sarg, der noch Wochen alles Leben umfängt, so es sich nicht erlöst durch Selbstmord. Oder Wegzug.

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Alteisen

jenseits der 40 sollte man das schicksal in dieser beziehung nicht herausfordern.

Jenseits der 40... das klingt ja fast schon wie Krückstock oder Rollator... ich sage es mal so. Gestern war ich auf dem Berg, und bis ungefähr 1100 Höhenmeter kam ich mir dumm vor. Da stand ich im grünen, frühlingshaften Wald, mit einem schweren Davoser am Arm. Einen Schlitten hochziehen mag gehen, aber mit so einem schweren Trumm diretissima hochkraxeln ist eine andere Sache: Hart, schweisstreibend und angesichts der Umgebung blöd. Dummheit, denkt man sich, ist kein Privileg der Jugend.

Die Jugend traf ich dann beim letzten Aufstieg, als alles schon vereist war: Ein Waldbauer, der einen Baum zuschnitt, an seinen Traktor hängte und mir damit die Rodelstrecke ruinierte. Selten habe ich jemand so missmutig mit der Kettensäge hantieren sehen, und ich dachte mir: Junger Mann, früher wäre das anders gewesen. Früher hättest du diesen Baum mit einem grossen Hörnerschlitten ins Tal bringen müssen, und eine Fehlbremsung, ein Steinbrocken, der eine Kurve verursacht, und der Baum könnte es sich nochmal aussuchen, ob er seinen Schlächter von Hinten kommend den Schädel platzen lassen möchte, oder ihn beim Überschlag in das Eis rubbelt. Mein lieber junger Mann, du bist so missmutig, weil das hier langweilige Arbeit ist. Mit so einem Hornschlitten hättest du jetzt Angst und unten würdest du die Wirtstochter schwängern, das Leben will nachher sein Recht, weil das alles nachher raus muss, diese Gratwanderung zwischen Geschwindigkeit und Tod, die uns so viele hübsche schmiedeeiserne Kreuzerl unten in Gmund beschert hat, mit Bildern von Männern im besten Alter.



Weiter oben war dann Schnee. Und wie es so ist: Man rauscht hinab, das Panorama vor Augen, und schwupps rast man an der richtigen Kehre vorbei und muss wieder hoch. Runter kommen sie bekanntlich alle, aber nach Gasse gibt es, nachdem der andere Weg vom Waldbauer ruiniert war, nur einen Steilweg, und der ist in Zeiten wie diesen eher eisig und ungeeignet für Rodel. Ich würde da nicht mit Skiern runterfahren, und auf ein paar Meter Schlittenschleppen kam es mir auch nicht mehr an. Nur war ich zwischen einem älteren Ehepaar, er vornedran marschierend und sie ängstlich zurückbleibend. Der Weg ist sehr schmal, manchmal nur ein Meter zwischen Baum und Abgrund, und als ich an ihm vorbeikam, machten wir ein kleines Berglerschwätzchen, wie man es halt so macht.

Der alte Mann, 70plus auf alle Fälle, meinte, es sei währscheinlich trotz des Abgrunds sicherer, die Strecke zu rodeln, und wenn er einen Rodel dabei hätte, dann, ja dann, und so kam eines zum anderen, und ein mittelalter und ein sehr alter Depp probierten es aus, ob es wirklich ungefährlicher ist. Nun, ich war dabei und kann sagen: Nein, es ist nicht ungefährlicher, besonders bei der Links-Rechts-Kombination oberhalb des Wurzelfeldes, wo es hineingeht, wenn man die zweite Kurve nicht kriegt. Was man mit 180 Kilo Gesamtgewicht auf Stahlkufen und Eis gegen die Schwerkraft erst mal schaffen muss. Seine Frau jedenfalls war not amused. Ich schon. Er auch.



Ich halte absolut nichts von der Vorstellung, die restlichen 50, 60 Jahre meines Erdendaseins der Risikovorsorge zu widmen. Ich würde keine explizite Dunmheit machen, wie etwa im Bananenröckchen solche Strecken fahren. Oder mit falscher Ausrüstung auf Berge steigen. Aber ich glaube fest daran, dass ein wenig Risiko und ein paar schlecht platzierte Bäume gut sind für den Organismus, weil der Mensch bauartbedingt nicht für das gemacht ist, was viele tun: In einem Büro sitzen und irgendwas rumtippen, während 90% des Körpers nur Ballast sind, der in einem möglichst ergonomischen Stuhl vor Schäden durch Rumsitzen geschützt wird. Bis vor drei Generationen war der Bürostuhl die Ausnahme und der eisige Wald normal, und so schnell schaltet die Evolution unsere Spezies nicht auf Wellness-Workout-Ausgleichssport um.

Was für den Körper gilt, gilt auch für den Geist: Die Angst, wenn der Rodel zu schnell für die Kurve wird und hinten ausbricht, wenn die Kufen sich in das Eis knirschen und man hofft, sie scharf genug geschliffen zu haben, ist eine ganz andere Angst als, sagen wir mal, einen Betrag falsch zu buchen oder eine Deadline nicht zu packen. Es ist eine existenzielle Angst, die den ganzen Körper und das Gehirn fordert, man lernt etwas über Schwerkraft und Geschwindigkeit, das ist keine Übung, und wenn man es schafft und sich wieder in die Horizontale legt, und es wird schneller und schneller, wenn dann wieder in den Kurven die Eisbrocken fliegen, ist es...

notwendig. Ab und zu einfach notwendig, um sich zu erinnern, dass man Fleisch und Blut ist, Angst und Schmerzen, dumm und mutig, und nicht nur so ein Depp aus´m Internet, Computersklaven und Festplattenwichser, für den das grösste Drama ein Schnitt im Finger ist, weil er dann nicht mehr tippen kann, oder gar eine Risikobegrenzungsüberlegung, sondern - so lange wie irgend möglich - ein Geschoss voller Leben und Gier.

Die Reformhausbesitzerstochter schaut übrigens toll aus.

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Empfehlung heute - Ich will endlich

wieder bei Anke kommentieren können und sagen, wie wunderbar ich solche Einträge finde. Ichwillichwillichwill. Ich mein, schliesslich ist bald dieser, äh, Nikolaus, glaube ich, heisst das.

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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Ski und Rodel gut, Medien und Obama schlecht

Den Schnee, auf dem wir alle talwärts fahren, kennt heute jedes Kind.
Falco, der Komissar


Hätte man mich gefragt: Wie willst du deinen 4. Dezember und die folgenden Wintertage, dann hätte ich in etwa an sowas gedacht:



Ich bin, schneller als ich dachte und eine Gelegenheit am Schopfe greifend, wieder am Tegernsee. Hinten auf dem Wagen ist mein Rodel drauf, ein alt-neuer Sportrodel aus Eschenholz übrigens, den ich am Wochenende auf einem Antikmarkt erstand, mit der Typbezeichnung "Davos". Ich mein, Davos, aber hallo, wir sind schliesslich alle Graubündener. Davoser haben den grossen Vorteil. dass man beim Sturz nicht mit dem männlichen Hörnchen in die Hörner des Hörnerschlittens knallt. Ausserdem hat er einen harten Brettsitz für harte Männer. Mit dem werde ich jetzt dann den Berg runterrasen, der im Hintergrund des Frühstücks zu sehen ist.



Man kann hier draussen frühstücken, denn auf der geschützten Terrasse ist es wirklich warm und angenehm. Während die Kürbistarte auskühlt, gibt es heisse Zitrone und eine Semmel mit Tete de moine und Feldsalat, danach Tee und zum Abschluss Mandarinen. Sport ist zwar bekanntlich Mord und die Rodelstrecke die Neureuth runter ganz besonders, aber wenn schon, dann mit einem vollen Magen, der ausserdem gut für die Geschwindigkeit ist. Schnell sein durch essen. Ein toller Sport.

Es gibt sie also noch, die schönen Ecken des Bayernlandes. Eine unschäne Ecke beginnen die Medien gerade erst zu entdecken - die Milliardenrisiken der Hypo Alpe Adria, einer Tochter der BayernLB. Die Medien entdecken das jetzt, weil die Bank aus Kärnten gerade das öffentlich zugibt, was man schon vor sieben Wochen hat lesen können - auf diesem Blog hier, als die Medien teils zu dumm, teils einfach zu feige waren, das Thema aufzugreifen. Man wird verstehen, warum mein Mitleid mit den sog. "Kollegen" der gerupften Wirtschaftspresse nur mässig ausgeprägt ist, wenn sie jetzt das übliche Schicksal feiger Schweine erleben - und ich hier als freier Wildeber weiter grunzend durch die Schneisen fege.

Und dabei auch eine Obama und seine Leute angrunze - denn von denen ist nicht zu erwarten, dass die Finanzkrise irgendwie gelöst wird. Gestern wurde bekannt, dass parteiübergreifend und mit dem ausdrücklichen Wunsch Obamas an billigen Krediten für Hauskäufe gearbeitet wird, mit sagenhaft niedrigen 4,5% Zinsen. Da hat man also eine Kreditkrise, weil zu viele Häuser für Leute gebaut wurden, die es sich nicht leisten können. Und nun sollen Leute diese in Probleme geratenen Häuser aufkaufen - welche Leute eigentlich? Die, die sich kein Haus leisten können? Die, die schon pleite sind? Die, die Probleme haben, ihre Kredite zu bezahlen? Und das alles nur, um die Hauspreise auf einem Niveau zu halten, auf dem sie überbewertet sind.

Auf den ersten Blick ist das die nächste Blasew, aber auf dem zweiten Blick ein Spiel mit der Hyperinflation. Es gibt genau zwei Methoden, um eine Immobilienblase abzubauen: Entweder die Preise fallen - das hatten wir bisher. Oder, wie es jetzt versucht wird, die Preise bleiben. Formal. Aber aufgrund der nachgedruckten Geldscheine für jeden, der ein Haus kaufen will, ist das Geld weniger wert. Natürlich ist das eine Option für den Verschwenderstaat UdSSA, so macht man seine Schulden klein, das Geld ist billig, die Leute werden wieder zuversichtlich, und wer ohnehin nur Schulden hat, kann gut lachen. Vorerst. Obama und Freunde verschieben das Problem auf irgendwann, wenn die Währung zusammenbricht, zum Schaden aller, die amerikanische Schulden gekauft haben, und eines ohnehin schon labilen Weltwirtschaftssystems. Während der Börsencretin und seine Medien jubeln und die Kurse nach oben schnellen, findet man die richtige Analyse mal wieder in den Blogs.

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