Das Verschwinden der Werbung

Ein Freund hat gerade alles Glück dieser Erde in doppelter Ausführung, folgerichtig muss das Pech auch irgendwo zwischengelagert werden. Es sass auf meinem Beifahrersitz, als sich der alte Depp in der S-Klasse entschloss, in Dürnbach einen Traktor mitten im Ort zu überholen, egal ob da einer kommt, was mich dazu brachte, auf den Bürgersteig auszuweichen. es war noch immer dort, als der LKW-Faher auf die zweite Spur rauszog, während ich zwischen seinen Vorder- und Hinterrädern war. Und es lurte aus den Kisten, als ich vom Instinkt getrieben einen viel frequentierten Altwarenhandel aufsuchte und dort einen venezianischen Leuchter fand: zerbrochen, aber komplett, pink, aber grandios, und ohne Preisschild. ich ging also zum Verkaufspersonal, das sich weigerte, ihn zu bepreisen, statt dessen sollte ich hinten bei der Leitung fragen. Die Leitung erklärte sich für nicht zuständig, oben jedoch sei eine Verantwortliche, die mich aber wieder an die Kasse verwies, und dort wiederum wurde mir der Leuchter abgenommen mit der Begründung, der Chef würde ihn morgen früh bepreisen. Und nein, reservieren könne man ihn auch nicht, irgendwann morgen würde er wieder im Laden sein. Um 9 machen sie auf, um 10 habe ich ein Date bis um ein Uhr, und wenn ich immer noch Pech habe, geht mir ein prächtiges Beispiel für Muranokunst durch die Lappen, für das ich sogar ein Plätzchen hätte.

To make matters worse, erwartete mich daheim ein nur mässig gefüllter Briefkasten - unter anderem mit einer World of Interiors, hübscher als das letzte Mal, aber auch erheblich schwindsüchtiger.



Nun ist bei der WoI die Werbung keine Belästigung, sondern in der Regel noch eine Kundeninformation oder bestensfalls sogar eine Anregung; die Methode entspricht nicht im Mindesten dem, was man sonst so an Werbeterror erleben muss. Vielleicht, weil Leute, die eventuell 50000 Pfund für eine Matratze oder 3000 Pfund für einen Muranoleuchter zu zahlen bereit sind, sich nicht anschreien, sehr wohl aber beraten lassen. Genau das aber fehlt jetzt in diesem 172-Seiten-Heftchen. Die Firmen, die grössere Kontingente gekauft haben, feiern die jetzt noch ab, es gibt offensichtlich ein paar Deals mit anderen Publikationen von Conde Nast, aber gewisse Bereiche fehlen fast völlig - und das in einer Ausgabe drei Wochen vor Weihnachten. Schmuck. Luxusreisen. Glas. Silberschmiede. Autos. Banken. Immobilien. Wintergärten.

Für viele Bereiche der Luxuseinrichtung gibt es kein anderes Medium, in dem man so zielgruppenspezifisch werben kann. Es gibt keine Möglichkeit, auf andere Medienformen auszuweichen. Es gibt keine entsprechenden Plattformen im Netz. Wie es erst mal sein wird, wenn die neuen Werbebudgets für 2009 an die Krise angepasst sind?

Die vielleicht schönste Geschichte in dieser Ausgabe beschäftigt sich mit dem Palast eines holländischen Admirals, der die Briten im 17. Jahrhundert eine Reihe schwerer Niederlagen zugefügt hat. Hoffen wir mal, dass ich morgen nicht eine ähnliche Niederlage erleide. Immerhin habe ich noch eine reelle Chance, im Gegensatz zu den Medien. Und denen, die den Kollaps auf der Insel erleben werden.

Donnerstag, 11. Dezember 2008, 23:58, von donalphons | |comment

 
es gibt offensichtlich ein paar Deals mit anderen Publikationen von Conde Nast,

Das Schnüren von Anzeigenpakten quer durchs Portfolio hat der Verlag dem Vernehmen nach lange Zeit sehr geschickt gemacht. Ohne solche Deals wäre bei VF wohl schon länger das Ende der Fahnenstange erreicht, aber das Murren vor allem bei Premium-Kunden, dieser Titel passe nicht so recht in ihre Zielgruppenansprache, ist lauter geworden.

Ich finde es überaus interessant, dass jetzt erst mal vor allem die Werbung am oberen Rand des Condé-Nast-Kundenstamms wegbricht. Im angestammten mehr so mitteledlen Segment wird der Schwund in nächster Zeit nicht ganz so offensichtlich sein, vermute ich mal. Dafür geht aber die Brutto-Netto-Schere weiter auf. Vor allem bei den Portfolio-Paket-Deals sind schon seit längerem üppige Nachlässe drin.

Von daher dürfte das Verschwinden der Werbung noch ein bisschen auf sich warten lassen. Was aber gut sein kann, ist, dass es zuerst vor allem die Werbung in den Orkus reißt, die eben nicht brüllt und schreit und verlogene Produktversprechen in die Welt hinaus posaunt. Scheißwerbung wirds weiterhin geben, und nicht zu knapp, nur halt noch billiger als bisher.

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Es ist etwas eng im oberen Preisbereich - wer kauft sich gleich eine Kommode aus den 60er jahren für 9000 Pfund. Lange Zeit dominierten besonders bei der AD Wohnungen von Bankmanagern und deren unterbeanspruchten Frauen. Die WoI spricht nochmal ein anderes Publikum an, weniger chichi, sondern eher mit Fragen wie: Wie könnten die 10 Zimmer der dritten Etage im 18. Jahrhundert ausgesehen haben" oder "Wer macht noch Farben wie vor 100 Jahren und kosten drei Räume dann weniger als 8000 Euro". AD ist so eine Art Ikeakatalog in teuer, den man tatsächlich nachkaufen kann. WoI dagegen zeigt Wohnungen, in denen das meiste alt und ererbt ist. Wer das nachbauen will, braucht ganz andere Quellen als, sagen wir mal, den Patentanwalt als Mann und drei Freundinnen, die ein paar Geschäftsbesitzer in Berlin und Düsseldorf kennen.

Aber jede dieser Personengruppen könnte heute das Kaufen einstellen und vom Bestand leben, zumindest die nächsten 2, 3 Jahre. Manche Idioten werden sich auch verkleinern müssen. Und dann stellt sich tatsächlich die Frage, ob man noch gross werben sollte, wenn es doch nichts bringt. Es wird noch dauern, bis diese Veränderung unten ankommt. Aber die miesen Ergebnisse von Electronic Arts und die Kündigungen bei Sony lassen vermuten, dass es dort auch schon schlimmer aussieht, als man erwarten könnte. Ich würde gerade kein Hersteller von Digitalkameras sein wollen.

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Der Admiral
ist das vielleicht Claes Compaan (oder auch Compahn genannt)?

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de Ruyter

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Die Holländer hatten zu der Zeit einfach zu viele Admiräle, die die Engländer geärgert haben.

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"Als er 1666, während des Zweiten Englisch-Niederländischen Seekriegs, als Leutnant-Admiral unter Michiel de Ruyter einen Teil der holländischen Flotte befehligte..." (wikip.)

Ach so, es geht nur um einen Unteroffizier.

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Glaubt man der WoI, so bekam er kurz vor seinem Tod den Oberbefehl, starb aber vorzeitung und musste damit (nicht) leben, kein Staatsbegräbnis zu bekommen.

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