: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 1. Dezember 2009

Empfehlung heute - Das grosse Fressehalten

Eigentlich müssten die Medien heute überquellen vor Texten wie: Wir wurden verarscht! Wir sind aufgesessen! Wir sollten kündigen, weil wir jeden PR-Dreck abdrucken, solange die Story geil klingt!

Denn sehr viele haben die absolut tolle Geschichte vom absolut tollen deutschen Ebook Txtr abgeschrieben, das auf der Buchmesse unter Kaufschmierern als der Konkurrent für Amazon Kindle schlechthin galt. Nun gab aber Txtr gerade bekannt, dass sie angeblich aus Kostengründen das versprochene WLAN streichen, was nicht eben gut ankommt, nachdem es einen Tag vor der Bestellmöglichkeit veröffentlicht wird. Und das wusste man nicht schon bei der Buchmesse? Bei den Produktionsvorlaufzeiten, die solche Geräte haben? Kurz, da sind die Schmierfritzen hübsch aufgesessen, als sie einfach die Versprechungen übernonmen haben (Und ja, ich weiss: Ich blogge bei einer Zeitung, bei der sich manche auch nicht mit Ruhm bekleckert haben.)

Aber es gibt ja noch Blogs wie nurmeinstandpunkt, die das tun, wozu Medien offensichtlich nur sehr begrenzt in der Lage sind: Genauer hinschauen, überprüfen, sich eigene Gedanken machen.

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Zeiten & Wunder

Das hier mag jetzt viele Leser überraschen, aber: Nicht nur, dass der Sunbeam gestern Abend angesprungen ist - er wurde auch weggebracht. Gerüchten zufolge nicht auf den Schrottplatz, sondern vielleicht sogar rechtzeitig zur nächsten Mille Miglia zum Schweisser.

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Pirat anstelle der Piraten

Ich möchte Wahlalternativen und keine Vielversprecher, denen alles andere wurscht ist. Das habe ich vor einer Wahl über die Piraten geschrieben, die einem Sozialdemokraten wirklich nicht leicht gefallen ist. Und aus meinem anderen Erfahrungsschatz würde ich hinzufügen: Ich würde nie eine Partei wählen, in deren Spitze jemand ist, der sich philosemitisch-überidentifiziert an meine Leute ranschleimt.

Ich weiss explizit nicht, ob das ein Deutscher gezielt macht, der sich von Stefan in Aaron umbenennt - aber der muss noch nicht mal Broderist sein, um für mich inakzeptabel zu sein. Es gibt da genug hauseigene psychisch schlimme Fälle. Wir brauchen keinerlei überidentifizierte Schleimbatzen mehr, egal aus welcher politischen Richtung - und ich denke auch, dass Leute, die sich entsprechend umlabeln, ungeeignet sind, ernsthaft über was auch immer zu debattieren.

Neben der menschlichen Peinlichkeit so eines Verhaltens, das allenfalls zwischen 1933 und 45 mutig gewesen wäre, bleibt da noch die politische Dimension dieses rechtslastigen Ausrutschers auf dem Oberdeck des Piratenschiffs: Es ist ja leider nicht das erste Mal, dass rechte Kräfte sich bemühen, die schmale ideologische Nerd- und Geekbasis der Piraten unter ihre schmierigen Füsse zu bekommen, was um so leichter ist, je weniger sich die Partei inhaltlich festlegt. Man sollte denken, dass man über gewisse Selbstverständlichkeiten wie Freiheit der Religionsausübung nicht mehr gross debattieren muss, und dass gerade einem selbstgebastelten Aaron ach bewusst sein sollte, dass man dafür eben auch die entsprechenden Einrichtungen braucht - sonst kommt das nächste braune Arschloch auf die Idee und lässt jüdische Ritualbäder verbieten, um die Schweizer Hetzer mal ein wenig weiter zu denken. Aber offensichtlich denkt man da falsch, wenn man es mit den real existierenden Piraten komischer Art zu tun hat.

Ich glaube nicht mal, dass dieser angebliche Aaron in dieser Partei eine Mehrheitsmeinung vertritt, und ich hoffe, dass es dort auch die enstprechenden Reaktionen gibt. Solche Leute über Bord werfen ist die eine Sache, die andere wäre es aber, ihnen mit einem klaren, breit aufgestellten Programm zu erschweren, sich dort weiter auszubreiten. Es kann durchaus sein, dass man damit etwas an Breite verliert, aber diese Positionen sind sicher nichts, was eine Partei mit halbwegs denkenden Menschen dauerhaft aushalten kann, egal wie wichtig Partikularinteressen sind.

Ausserdem wollen die auch gewählt werden - und da ist es den Wählern sicher wichtig, welche Personen da in Ämter kommen wollen. Irgendwelche Mogelpackungen, auf denen Freiheit steht und der Inhalt sofort auf die Bremse tritt, wenn es um die Freiheit anderer Leute geht, werden die Piraten sehr schnell an den Abgrund bringen: Denn nichts und niemand kann garantieren, dass Mandatsträger jene Politikfelder, die die Partei ignoriert, nicht selbst nach Gusto beackern. Aber um das nach draussen zu zeigen, muss man die entsprechenden Ausleger auch konsequent auf Linie bringen. Oder eben feuern. Was als politisches Signal sicher die deutlichere Variante wäre.

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Montag, 30. November 2009

Ein mieser Beruf für miese Charaktere

Ich habe ja nicht allzu viel mit Journalisten zu tun, und wenn doch, dann weiss ich auch meist bald wieder, warum das so ist: Schlecht angezogen, ungebildet, kein Benehmen. Kein Wunder, wenn sie dauernd mit PRoleten rumhängen.

Als ich auf den Medientagen war, habe ich ein paar Dinge gesagt, die nicht wirklich gut ankamen. Zum einem ungefähr, dass ich eine arme Sau wäre, wenn ich von diesem Beruf und seinen schlechter werdenden Bedingungen leben müsste. Die vierte Hilfsmacht hört es nicht gerne, wenn man sie als arme Schlucker bezeichnet. Und dann war da noch die Frage, wo das Podium in seiner Einschätzung in vier Jahren sein möchte: Ich sagte Meran, und weit weg vom Journalismus, dem ich aus der Ferne beim Niedergang zuschauen möchte. Das war nicht nett, aber ehrlich.



Aber wenn ich dann solche Abmahnirrsinmsgeschichten vom Nordkurier lese, nur weil ein Blogger über die unschönen Zustände in diesem Beruf berichtet, denke ich mir: Dem Journalismus muss man die Verkommenheit seiner Existenz noch viel deutlicher vor Augen führen. Das macht nicht irgendein versiffter Plattenkonzern, das macht ein Medium, das sich ansonsten sicher gern auf Presseprivilegien und die Pressefreiheit beruft.

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Fette rote Männer für fette Starnberger Kinder

Nichts ist gleich in einer Klassengesellschaft, alles ist anders. Auch christliche Feste sind davon - trotz theoretisch egalitärer Einstellung der Ideologie - keinesfalls dav0n ausgenommen. Wie auch die Globalisierung ein Stück mitreden möchte. Das alles zusammen findet man in München in bester Lage. Und in den Stützen der Gesellschaft in der FAZ.

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Sonntag, 29. November 2009

Das Rentnerrad

Als ich jung war, bin ich im Sommer meistens von München in die heimatstadt mit Gepäck geradelt. Das dauerte keine drei Stunden und führte zum Angebot meiner Eltern, mir ein Auto zu überlassen - die B13 ist jetzt nicht die ungefährlichste aller Strassen dieses Landes. Ich radelte zum Kochelsee und Walchensee, um den Starnberger See, am Isarufer mit dem Mountainbike nach Wolfratshausen, war viel an der frischen Luft und auch reichlich gesund. Dann kam die Arbeit, dazu noch Berlin, aber ich dachte, es würde sicher noch gehen. Ausserdem hatte ich ja immer ein Fahrrad dabei, auch in Berlin, und obwohl diese Stadt der spätberufenen Fahrunfähigen noch gefährlicher als die B13 ist.

Dann ging ich Mitte 2005 zurück nach Bayern, genauer: Ich hatte Verpflichtungen in der bayerischen Provinz. Ich ging gern radeln, und dachte eigentlich nach dem Winter 2006, dass ich nun meine Räder auspacken und wieder viel durch die Donauen oder ins Altmühltal, dem Revier meiner Schulzeit - es war ein harter, langer Winter, und das Frühjahr setzte schlagartig mit voller Wucht ein. Die Bäume waren voller Pollen, ich lag in der Badewanne und wusste nicht, wie ich hier mit meiner zugeschwollenen Lunge rauskommen sollte. Als Kleinkind bin ich deshalb einmal fast gestorben, und an einem schönen Maientag 2006 hatte ich den Eindruck, dass es nun wirklich so weit ist. Dann bin ich in morbider Stimmung nach Italien gefahren, statt, wie eigentlich empfohlen, ins Krankenhaus zu gehen. Und alles war weg. Ich habe keine Allergie in Italien. Das passiert nur im deutschen Flachland, wenn ich nicht in grossen Städten bin.

Das Pfeifen hörte auf, die Nebenhöhlenentzünung verschwand, ich fuhr offen und nahm mir vor, mein Leben noch mehr zu geniessen. Allerdings gab und gibt es da ein kleines Problem mit dem Lüngerl: Das setzt seitdem relativ schnell unter Belastung zu. Nicht schon beim Bergsteigen, aber oft, wenn ich auf dem Rad sitze. Meine Beine sagen: Treten! Mein Hirn denkt: Treten! Meine Lunge schweigt schockiert und fängt nach 10 Minuten das Pfeifen an. Sprich, die Muskeln sind in der Lage erheblich mehr zu leisten, als die Lunge dafür Luft zur Verfügung stellen kann. Gerade, wenn ich tief gebeugt über dem Lenker hänge. Früher war die Lenkerposition so tief wie möglich. Heute ist das anders. Meine extremen Zeitfahrmaschinen kann ich nur noch auf kurze Strecken fahren. Dem Jagdtrieb und dem Wunsch, den Autos davonzufahren, tut die Einsicht übrigens keinen Abbruch. Das schafft dann aber das Pfeifen der Lunge.

Mein Arzt meint, dass wir alle nicht jünger werden, und solange ich noch auf den Hirschberg komme, bräuchte ich mir keine Gedanken zu machen. Am Umstand des Zerfalls lässt sich aber ebenso wenig rütteln wie an seiner Unumkehrbarkeit; ich kann das Problem minimieren, ich kann bis an die Grenzen gehen, aber das ändert nichts daran, dass die Grenzen näher sind als zu meinen Jugendtagen, als ich von 6 bis 11 auf dem Surfboard war und dann um Nachmittag um den Gardasee radelte. Kurz, ich bin alt und krank und komme nicht mehr mit meinen Zeitfahrmaschinen zurecht. Wie gut, dass ich auf der Suche nach einem Ersatzteil ein ganzes Rentnerrad gefunden habe.



(Grossbild)

Es handelt sich dabei, wie man sieht, um ein recht altes Rad, gebaut vor 8 Jahren im Rentnerland Schwaben. Es hat dicke Reifen, und bremst mich durch sein Gewicht. Es hat sich auch gezeigt, dass es für mich lahmen und kranken Mann schon im Haus eine Hilfe ist, denn damit kann ich auch Treppen runterfahren, statt mich am Rad abzuschleppen. Wie alle Oparäder ist es auch gefedert, damit ich auf den kindskopfgrossen Steinen am Aufstieg zum Leonhardstein nicht so durchgeprügelt werde. Aufrecht, sehr aufrecht sitze ich darauf, und dann hat es auch noch zur Sicherheit - die Reaktionen beim Slalom im dichten Wald sind auch nicht mehr das, was sie mal waren - Hope-Downhill-Scheibenbremsen. Überhaupt eignet es sich vor allem zum rentnerkompatiblen Bergabfahren. Man kann den Lenker extra schön weit nach oben stellen. Fehlt eigentlich nur eine Pfeife.

Nun wird mancher sagen, dass es für einen alten Sack wie mich so knapp vor der Bahre rausgeschmissenes Geld ist, einen damals knapp 6000 Mark teuren Rollatorersatz zu kaufen. Ich aber hatte das Glück, es - sparsamer, alter und bescheidener Mann, der ich bin - gebraucht zu erwerben. Es hat den ganzen Weg nach Unten mitgemacht: Erst brutale Renneinsätze, dann als Trainingsrad misshandelt, später als Stadtrad nicht gepflegt und im Winter draussen der Witterung ausgesetzt, Stürze, mangelnde Pflege, defekte Lager... wir werden alle nicht jünger. Aber als alter Opa sitzt man gern auf der Terrasse, repariert altes Zeug und freut sich, wenn es dann wieder funktioniert und mit gemässigten 80 Sachen den Berg runter geht - nur den Helm, den habe ich vergessen. Altersdemenz, nehme ich an.



Aber ansonsten ist es ein wirklich feines, äusserst dezentes Oparad in oliv und schwarz, es war in diesem Zustand sehr günstig, und es wird mir noch viel Spass beim Seniorenluftkurradeln machen: Man kann wirklich einen halben Meter hohe Steinblöcke runterfahren, und man merkt bei der Landung mit 15 Zentimeter Federweg so gut wie nichts. Bei besagtem Italienurlaub besuchte ich mit einem Bekannten auch ein Mountainbikertreffen in Riva, und fand all die überteuerten, vollgefederten Pseudomotorräder blöd - allerdings muss ich sagen, dass sie im fortgeschritteten Alter auf den hiesigen Wurzelteppichen mit 20% Gefälle doch den ein oder anderen Vorteil haben, gerade wenn die Knochen morsch werden. Und mit 16 Kilo an den Pedalen lässt man es auch beim Hochfahren endlich etwas gemütlicher und lungenkompatibler angehen.

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Sonntag, 29. November 2009

TV-Reform. Aber richtig.

In meiner Zeit an der Uni lernte ich eine Reihe von aussichtsreichen JungjournalistInnen kennen. Nun ja. Die Geschichte hat anders entschieden. Schwangerschaften, PR-Jobs, ab und an eine prakäre, freie Mitarbeit - auf den Medientagen traf ich einen, der nach 7 Jahren in der Mühle immer noch nicht weiter ist. Und das, obwohl er nicht schlecht war. Nur ein Stück Aas, das damals mit ein paar Kumpels versuchte, die Notlagen und die Dummheit anderer Leute auszunutzen, ist heute bei einem Privatradiosender im Onlinebereich oben. Und twittert. Und sitzt ab und an auch Podien, seinem Sender sei Dank. Ansonsten ist die Bilanz keinesfalls so gut, wie man das erwartet hätte, und erinnert fatalerweise an die Ergebnisse meines eigenen Orchideenfaches.

Eine junge Dame arbeitet frei für den hiesigen Staatsfunk. Wir haben uns in diesem Sommer mal getroffen und ein wenig geplaudert, weil sich das Format, an dem sie arbeitet, auch so ein Blog überlegt hat. Es geht um eine ehemals hochrespektable Sendung, die vom Thema Gesundheit mehr und mehr in Richting Wellness und Beautykuren rückt. Wer die bayerischen Verhältnisse und hier besonders die Nähe von Gesundheitsunternehmen in Hotels und Staatspartei kennt, wird nicht überrascht sein zu hören, dass wir uns am Tegernsee trafen, wo sie gerade mit so einer Einrichtung auf Wunsch von Oben einen Beitrag besprochen hatte. Die Menschen werden nicht nur älter, sie werden in einer gewissen Schicht auch geünder älter und brauchen dann sowas. Sagt man ihnen mit netten Bildern in der Sendung. Die junge Dame hätte durchaus andere Interessen, aber an Pharnmaskandalen oder ernsthafter Hinterfragung besteht bei Wohlfühl-TV kein Interesse.

Und das, mit Verlaub, ist alles immer noch das, was man als "Qualität der Öffentlich-Rechtlichen" betrachtet. Nicht die echte Gosse, sondern das, was als Grundversorgung gehobener Art gilt. Selbst wenn solche Sendungen das Leben von Menschen massiv beeinflussen udn beeinträchtigen können, hat im Sender scheinbar niemand ein grösseres Problem mit der aktiven Bewerbung schräger Schönheitsideale, die die PR vorgibt. Das gilt als vollkommen normal, das sind die neuen Zeiten, die zusätzlich zum Einfluss der Staatspartei neue Befeshlsgeber mit ins Spiel bringen. Natürlich ist das in weiten Teilen der Zeitschriften auch nicht anders, aber -

Ich hätte da einen Vorschlag, wie man das Problem gleich richtig löst, wenn der Koch durchregieren und einen Sender auf Linie bringen möchte. Es ist ja nicht so, dass hier höchstlöbliche, respektable Geistesleistungen indokriniert werden, hier wird die wohlfühlschunkelnde Mediengosse von den Politikgosse auf jene neoliberale Linie gebracht, die sie selbst lange genug vorgegeben haben. Wenn man sich mal durch diesen Müllberg, den TV darstellt, mal durchklickt - was ich heute Nacht getan habe - ist da nichts, was zwingend erhaltenwert wäre. Von mir aus könnte man ein paar politische Magazine weiterführen und ein paar gute Filem bringen - ansonsten aber abschalten. Drei Stunden, drei, vier Programme, Information, werbefrei, und den ganzen anderen Dreck abschalten. Wer Privat-TV macht, muss sich halt umschauen, das ging uns als Archäologen auch nicht anders. Also: Nicht über all die kleinen und grossen Kochs jammern, die Intendanten absägen und ihre Kumpels Abzockspiele machen lassen, einfach komplett vernageln und die Leute draussen indokrinieren, am Abend etwas anderes zu machen.

Wenn man ihnen einreden kann, sich die Zeit von dem Dreck totschlagen zu lassen, der da gestern kam, wenn man Cretins findet, die sich als "TV-Kritiker" sogar Mühe geben, den Dreck noch zu ventilieren - dann sollte es nicht so arg schwer sein, Menschen auch für Alternativen zu begeistern ohne dass man deshalb selbst ein Beihelfer der Gosse werden müsste. Es kann mir keiner erzählen, dass der Mensch zu diesem Elend verdammt ist, das da aus der Kiste kommt.

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Samstag, 28. November 2009

Landpartie nahe München

Es gibt prinzipiell drei Arten, sich für den kommenden Tag zu kleiden: Deutsch-konservativ, britisch-konservativ oder italienisch-konservativ; geneckt auf jeden Fall, nicht schreiend und auch nicht schwarz, denn schwarz erinnert nur an Finsternis, Tod und Vergänglichkeit, wovon man dort, wo ich eingeladen bin, zu viel Drohung und Ahnung hat. Die Zeiten sind, vorsichtig gesagt, suboptimal, die Angst vor den Verlusten zieht sich zurück, aber seelisch könnte es allgmein besser gehen.



Nun ist es auch unter diesen Bedingungen wie immer, oder vielleicht sogar, noch mehr unter diesen Bedingungen so, dass man aufpassen sollte, nach was man seine Hände ausstreckt; nicht alles an Zugriff kommt in schweren Zeiten gut an wie in Frühlingslust und warmen Sonnenschleim, wenn doch der November in den Herzen ist. Man benehme sich, man lasse alle Komplimente sein, die missverständlich sind, man legt gerade keinen Wert auf Verbindlichkeiten, und Nähe wird nur bis zu einem gewissen Grad ertragen, bevor sie in Unleidlichkeit umschlägt. Man könnte so vieles tun, man könnte nach Meran oder auch Verona, man müsste nicht bleiben, und doch bleibt es bei ein paar Stunden im tiefen Tageslicht, bevor alles wieder auseinanderbricht, nicht mal ein Konzert steht an, nur das Grübeln daheim, warum sich alles so eingefinstert hat.



Krähen stehen am Wegesrand des späten Leichenzugs ganz ohne Sarg, nur mit Erinnerungen und Bedauern, es muss nie so weit kommen, man hätte es auch anders machen können, vor Jahren schon, die nun vergangen sind. Plötzlich wacht man auf und merkt, dass man täglich eine Tablette nehmen muss, meinte einst einer, und auch, wenn es nicht die Chemie ist - irgendwas braucht ein jeder, wenn er das, was er erträumte, nicht bekam, oder zaudernd doch nicht wollte. Es steht so geschrieben in der Literatur, die man gemeinschaftlich gelesen hat, und alle Erkenntnis des Textes hilft nichts gegen die Blindheit im eigenen Leben, bis man sehend, keinen Ausweg sehend, durch die Schlossparks des Lebens anderer Menschen geführt wird. Um sich dann doch wieder früh mit leichtem Händedruck und mit einer Ahnung von Parfüm zu verabschieden.

Ich packe dann den Schlosspark meines Lebens wieder in die Geisteskoffer, und fahre sie an den Tegernsee, wo ich mich nicht aufhören kann zu wundern, wie man mit all den Möglichkeiten am Ende so bar aller Alternativen sein kann.

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Alles ruhig im Süden

Ich muss immer noch lächeln über jene Propheten, die in der Krise den Niedergang des Südens erwartet haben - mitunter auch freudig und hämisch. Es ist nicht so gekommen, erkläre ich in der FAZ.

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Freitag, 27. November 2009

Tarnfarben

Plötzlich ist man allein auf weiter Flur, alle haben Reissaus genommen. Heute Abend, 21 Uhr, was niemand mehr da. Am Tag davor hatten sie die Teekanne aus der Zeit von George III noch kräftig hochgesteigert, da war noch Kaufwille vorhanden. Heute waren all die Engländer verschwunden



In meinen Augen ist der Preis englischer Silberkannen bei Ebay ein guter Indikator für den Wert, der im jeweiligen Konsumklima dem Wert eines Gegenstandes über dem Materialwert beigemessen wird. Seit dem Ausbruch der Krise liegen normale Silberkannen auf einem Niveau von 110 bis 140% des Materialpreises. Erst in der Zeit vor Königin Victoria ziehen die Preise bis zu 200, 250% des Materialwertes an. So gesehen hätte ich heute die Kanne mit ihren mehr als 18 Unzen gar nicht bekommen dürfen, und schon gar nicht für 185 Euro - der Materialwert allein liegt schon bei 205 Euro.



Aber die Käufer waren einfach verschwunden. Krise ist, wenn die Leute nicht mal mehr Dinge kaufen wollen, die weniger als das Edelmetall kosten, aus dem sie gemacht wurden. Das war bis gestern übrigens komplett anders, da ging ich mehrmals gegen Briten unter. Danke, Dubai, kann ich da nur sagen.



In Ermangelung von Bergen war ich heute am Baggersee spazieren, sah den Enten zu und wunderte mich über die seltsamen Gebräuche der Angler. Telefonierte mit Leuten, die allesamt mehr als nur viel zu tun haben. Ähnlich wie in den übleren Zeiten der New Economy häufdn sich gerade die Ausfälle wegen Überarbeitung und Freizeitmangel. Ausser mir sind auch nur Rentner am See.



Die anderen wollen vermutlich keine Schwächen zeigen, auch wenn sie in den kommenden Wochen nichts vom Tag mitbekommen: In der Finsternis ins Büro, in der Finsternis nach Hause. Und das, obwohl das Wetter immer noch einen Tag weiter hält, obwohl mn jetzt nochmal durch all die Farben des Herbstes wandern könnte, dem Schnee nochmal ein paar Tage abtrotzen. Aber es ist Jahresabschluss, da steigt der Stress. Nur nicht bei mir, habe ich den Eindruck.



Ich sitze da und höre mir all die einstürmenden Firmenprobleme an, den Druck und die Streitigkeiten, und stehe eigentlich nur vor dem Problem, dass ich noch ein paar Hosen brauche, es ist wirklich so banal, um zufrieden in den Herbst zu gehen. Hosenkauf ist eine lächerliche Aufgabenliste angesichts der Wichtigkeiten, die mich nicht betreffen. Ändern - ändern kann ich ihnehin nichts. Alles geht den Weg, der gegangen werden muss, die eine in den Überdruck, ich über Wiesen und kahle Felder nach Hause.


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Mittwoch, 25. November 2009

Zivilisierter Ungehorsam

Zuerst mal die gute Nachricht des Tages: Man kann sich Politikerreden raussuchen, die von der tollen Zukunft Dubais erzählen, wenn sie mal wieder Deutschland schlechtreden wollen, und ihnen ihren Dreck ins Maul zurückschieben. Denn der Staatsfonds von Dubai - nun, er ist vielleicht nicht pleite, aber er kommt jetzt erst mal ein halbes Jahr seinen Verpflichtungen nicht nach. Das ist insofern lustig, als diese Vermögensverwaltung Anteile an sehr vielen Firmen und Projekten weltweit hält, der klassische reiche Onkel aus Arabien, und man kann jetzt überlegen, was die tun: Notverkäufe? Die Geldgeber im Regen stehen lassen? Eine normale Private Equity Firma wäre damit eigentlich am Ende, aber hier hängt noch ein Staat dran. Dem es nicht mehr so gut geht, aber immerhin ein Staat. Und in dem wiederum haben sehr viele Leute sehr viel Geld stecken. Vergleichen wir es mit einem dicken Tresor, um den herum es lichterloh brennt: Eigentlich müsste man die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, aber wenn man das tut, wer weiss, was dann mit dem Geld im Tresor in der Zwischenzeit passiert. Mich würde generell mal interessieren, wieviel all der Milliarden im Sand von Dubai eigentlich bislang abgeschrieben wurden.

Natürlich hat Dubai gerade in dieser Jahrezeit so seine Reize, da es hierzulande schnell finster wird, die Luft recht kühl ist, und die Merino- und Kaschmirindustrie über Einnahmen lacht: Angesichts der Energiepreise lohnen sich warme Kleider mehr denn je. Noch vier Wochen bis zur Sonnenwende. Noch vier Monate bis Frühling.



In Zeiten wie diesen schalte ich auch öfter das Licht ein, und zum ersten Mal fällt mir auf, wie schnell doch Glühbirnen durchbrennen: Gleich drei Stück haben mich in den letzten Monaten im Stich gelassen. Und alle drei waren matt. Sprich, man kann sie nicht mehr nachkaufen, was angesichts meiner Kronleuchter ein echtes Problem ist: Manche sehen mit klaren Glühbirnen einfach nicht gut aus. Das Argument, Glühbirnen würden 80% der Energie in Wärme umwandeln - mit Verlaub, das ist gerade jetzt nicht wirklich von Nachteil. Ich habe natürlich noch einen gewissen Bestand, aber wenn das so weiter geht - sagen wir mal, 5 durchgebrannte Birnen pro Jahr - dann wird es im Herbst 2012 unerfreulich. Um so besser, dass ich, wie es der Zufall haben will, nochmal einen fabrikneuen Vorrat kaufen konnte.



Das sollte jetzt bis 2025 halten. Da ist noch lange hin, und es ist zu hoffen, dass deutsche Ingenieurskunst bis dahin wirklich ordentliche Alternativen erfunden hat. Nebenbei: Ich hatte Glück, heute nachmittag waren schon keine mehr da. Es ist nicht so leicht, mit alten Gewohnheiten zu brechen.

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Mittwoch, 25. November 2009

Via Mala

Früher stand hier links das grosse Jesuitenkolleg und rechts die Landwirtschaft des Frauenklosters. Die Landwirtschaft wurde verlegt, es entstand eine Turnhalle für die Schule, und Bäume für den Hof. Es war eine ganz normale Strasse in der Altstadt, sauber und durchaus schön. Dann, vor ein paar Jahren, bauten sie ein Studentenwohnheim, fällten die Bäume und rissen die Turnhalle ab. Das Wohnheim macht die Strasse hässlich. Und weil es so sperrig ist, fängt sich zwischen den Gebäuden der Wind.



Deshalb bleibt dort alles liegen. Im Herbst die Blätter, Unmengen von Blättern, obwohl es hier keine Bäume mehr gibt. Ansonsten der Dreck, Zeitungen. Plastikbecher, Unrat, durch den die Elitessen zum Eingang stapfen - dieses Metallgitter, das eingetreten ist. Wind und menschen gleichermassen scheinen das Gebäude zu hassen. Es macht aggressiv, es beleidigt das Auge, es ist ein Zeichen für die Arroganz unseres schwarzen Stadtregimes und der Kirche, die hier alles darf. Auch den öffentlichen Raum optisch vergewaltigen. Der Wind jedoch wird den längeren Atem haben und hier noch den Müll herpfeifen, wenn auch der letzte Verantwortliche für diesen Baudreck längst im Grab verschimmelt. Hier im bayerischen Kongo.

Im echten Kongo können sie wenigstens sagen, dass es ein Entwicklungsland ist, und die grosse Diktatur nicht so lange her ist wie der Strauss, wenn die Strassen übel sind.

Edit: Und hier ist der neue Journaillen-Ponzi aus den USA!

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Reich, hässlich und amerikanisch

Man könnte es auch anders umschreiben, etwa mit "inneren Werten". Man findet für alles eine Ausrede, jedes Schmieren lassen von Microsoft kann so ein versiffter Dreckausdeminternetzusammenblogger vermutlich logisch oder weinerlich oder wie auch immer erklären, es gibt immer etwas, das man als mildernde Umstände bezeichnen kann, aber - diese Teekanne ist abgrundtief hässlich:



Und, wie der Stempel sagt, auch amerikanisch. Nur ein Amerikaner käme auf die Idee, aus Bocksbeinen Blumenkörbe erwachsen zu lassen. Und dann der Rand! Angeberischer geht es kaum. Nur eine amerikanische Hausfrau empfände das als Tischzier. Selbst auf einem deutschen Antikmarkt kommt das allenfalls in die Kruschkiste, und ich ziehe so etwas nur als Kuriosität heraus.

Der Stempel allerdings - Sterling Silver - ist besser als der Rest. Und in Zeiten de facto insolventer Banken und enormer Geldblasen kann ich kaum anderthalb Pfund Silber einfach liegen lassen, wenn der Händler dafür den Preis von zwei Unzen verlangt. Es ist hässlich, aber nicht so verkommen, wie sich von Microsoft schmieren zu lassen. Schlimmstenfalls kann man Silber immer noch einschmelzen lassen und was Neues draus machen. Ein fragwürdiger Charakter lässt sich dagegen nicht ändern.

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Der unvermeidliche Diskurs um Putzfrauen.

Dieses Thema ist riskant und voller Tretminen - deshalb habe ich es bislang in den Stützen der Gesellschaft gemieden. Man will sich ja amüsieren und nicht zerrissen werden, weil man eine prägnante Meinung hat. Aber nach vielen Nachfragen habe ich mich nun durchgerungen, es doch zu tun und schriftlich darzulegen, warum ich keine Putzfrau habe. Es tat auch gar nicht weh.

Noch nicht.

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