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Mittwoch, 3. März 2010
20.000
Die neuen Herren und die alten Westviertel heisst der Beitrag in der FAZ, mit dem das erste dortige Blog auf über 20.000 Kommentare kommen wird.
Das ist nicht wenig. (Und ich sage nie mehr, dass Profibloggen nichts werden kann)
Das ist nicht wenig. (Und ich sage nie mehr, dass Profibloggen nichts werden kann)
donalphons, 15:06h
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Die rote Ungleichheit auf der Rodelstrecke
Rodeln ist ein vergleichsweise egalitärer Sport: Das Sportgerät selbst ist sehr billig und robust, der Umgang damit ist schnell zu erlernen, die Berge muss man selbst ersteigen, und auf der Abfahrt ist die Schwerkraft und der Luftwiderstand ebenso für alle gleich. Im Kern geht es, selbst wenn man es ernsthaft und mit einem Sinn für Wettbewerb betreibt, also eher um fahrerisches Können, Muskelkraft, Ausdauer, Kurvengeschwindigkeit und den Mut, erst im letzten Moment zu bremsen. Wenn man sich einen ordentlichen, niedrigen und flexiblen Rodel der Klasse über 150 Euro kauft, hat man in etwa Waffengleichheit, und der bessere Mann gewinnt. Es gibt ein paar Unterschiede; mein alter Jested, mit dem ich in diesem Winter oft unterwegs war, ist eher spurstabil und braucht Zeit etwas, um im Flachen anzugleiten, dafür wird der Naviser von Kathrein, der willigum die Kurven fetzt, ab einem bestimmten Moment kaum mehr noch schneller. Es sind keine grossen Unterschiede; auf der Neureuth überhole ich eigentlich mit jedem Rodel alles, was sich vor mir befindet.
Das könnte sich jetzt ändern:

Es wird im Internet viel geredet über Supersportrodel: Dass sie sehr schwer sind (20 Kilo), dass sie enorm teuer sind (man zahlt doppelt so viel wie für einen richtig guten Rennrodel), und dass sie eigentlich verboten gehören, wenn sie statt Stahlschienen sogenannte Belagschienen haben. Tatsächlich werden diese Rodel bei vielen Rennen ausgeschlossen, weil sie als unfair gegenüber jenen gelten, die das übliche Material fahren. Beklagt wird zudem, dass sich die höheren Kosten nicht wirklich lohnen, und so gibt es wirklich nur sehr wenige Leute, die ein derartiges Geschoss ihr Eigen nennen. Ich gehöre nun dazu, mit allen Schikanen: Extragewichte als Schienen über den Kufen, die den Schwerpunkt auf den Boden nageln, stark gewinkelte Belagschienen mit scharfen Kanten, extrem tiefe Sitzposition und eine Optik, die an Rennkatamarane erinnert. Es ist nicht das neueste Modell; in meiner typischen Tradition habe ich es gebraucht von einem Rennfahrer erstanden, der sich diese Geräte bei Gasser massschneidern liess. Ich bin kein Freund der aktuellen Modelle mit zu viel Metall und Plastik und Werbeaufdrucken; ich wollte etwas, das nicht falsch aussieht, wenn man es sich im Sepia klassischer Bergphotographie vorstellt - nicht das moderne, bunte Technikmonster, sondern ein Gerät, dem man noch seine Herkunft vom klassischen Rodel ansieht.

All der wenig freundlichen Gerüchte im Internet zum Trotz werden derartige Rodel unter Rennfahrern als unverzichtbar angesehen, es gibt also eine Diskrepanz zwischen dem Gerede und der gelebten Realität, und ich finde, es ist keine schlechte Idee, die Sache mal an einem wirklich schlechten Tag auf einer schlechten Strecke den Wallberg hinunter auszuprobieren - dort gibt es Sulz, Matsch, präparierte Streckenabschnitte, Eis, Gras und sogar Teer im Wechsel. Dazu noch einige sehr enge Kurven und als Krönung Rippen und Buckel, auf denen man abhebt. Wenn man schnell genug unterwegs ist.
Normalerweise mache ich bei der Abfahrt ein paar Bilder. Das ist etwas riskant und doof auf dem Jested, aber wenn der Gasser erst mal Fahrt aufnimmt, ist es selbstmörderisch. Du lieber Himmel. Ich war diesen Winter ein paar mal auf Eis enorm schnell unterwegs, aber nie, kein einziges Mal so schnell wie auf der an sich eher schlechten Wallbergstrecke. Zu schnell für mehr als ein Bild:

Denn das Gerät gleitet auf jedem Untergrund enorm schnell an. Selbst wenn sich die Kufen tief in den Untergrund graben: Es ist überall schnell. Besonders schnell ist es in den Kurven, da liegt es so gerade, als wäre es einbetoniert. Ich wusste bis gestern nicht, was in Kurven möglich ist - mit jedem anderen Rodel hätte es mich aufgestellt, die Innenkufe wäre abgehoben, und es hätte mich massiv derbröselt - der Gasser klebt am Boden, schneidet ins Eis und rauscht einfach mit etwas Gewichtsverlagerung durch, solange die Kurve nicht zu eng ist. Wenn sie dann wirklich zu eng ist, sollte man vorher gut bremsen, und nicht auf den Luftwiderstand vertrauen. Aufrichten bringt so gut wie nichts. Es ist dabei nicht schwerer zu fahren, als ein normaler Rodel, nur eben erheblich schneller unter allen Bedingungen. Wie ein Sportwagen hat es deshalb auch grössere Reserven in den Kurven und auf Buckeln; es steht besser auf unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten und zwingt einen, nicht dauernd den Fahrstil anzupassen, wenn etwa eine Kurve stark vereist ist. Dafür hat man alle Hände voll damit zu tun, die Geschwindigkeit und das eigene Entsetzen zu kontrollieren. Es geht enorm viel, was früher nicht möglich war, solange man sich damit abfindet, dass der Körper nur ein paar Zentimeter über dem Boden schwebt - oder auch nicht, wenn man abhebt und dann bei der Landung auf dem Schnee aufsetzt. Das Gerät ist perfekt für die mitunter sehr eisigen Bedingungen auf der Neureuth, aber viel zu schnell, als dass man es dort in den unübersichtlichen Kurven wirklich ausfahren könnte. Aber gerade bei den flacheren, geraden Gleitstücken wird das sicher ein spassiger nächster Winter, wenn mal wieder ein älterer Herr auf einem normalen Rennrodel einen zur Wettfahrt herausfordert.
Bleibt die Frage: Lohnt es sich? Nein, eigentlich nicht. Man muss ja nicht rasen. Der Berg ist so schön! Aber vielleicht denke ich im nächsten Winter anders, wenn das Entsetzen über mich selbst der Lust gewichen ist.
Das könnte sich jetzt ändern:

Es wird im Internet viel geredet über Supersportrodel: Dass sie sehr schwer sind (20 Kilo), dass sie enorm teuer sind (man zahlt doppelt so viel wie für einen richtig guten Rennrodel), und dass sie eigentlich verboten gehören, wenn sie statt Stahlschienen sogenannte Belagschienen haben. Tatsächlich werden diese Rodel bei vielen Rennen ausgeschlossen, weil sie als unfair gegenüber jenen gelten, die das übliche Material fahren. Beklagt wird zudem, dass sich die höheren Kosten nicht wirklich lohnen, und so gibt es wirklich nur sehr wenige Leute, die ein derartiges Geschoss ihr Eigen nennen. Ich gehöre nun dazu, mit allen Schikanen: Extragewichte als Schienen über den Kufen, die den Schwerpunkt auf den Boden nageln, stark gewinkelte Belagschienen mit scharfen Kanten, extrem tiefe Sitzposition und eine Optik, die an Rennkatamarane erinnert. Es ist nicht das neueste Modell; in meiner typischen Tradition habe ich es gebraucht von einem Rennfahrer erstanden, der sich diese Geräte bei Gasser massschneidern liess. Ich bin kein Freund der aktuellen Modelle mit zu viel Metall und Plastik und Werbeaufdrucken; ich wollte etwas, das nicht falsch aussieht, wenn man es sich im Sepia klassischer Bergphotographie vorstellt - nicht das moderne, bunte Technikmonster, sondern ein Gerät, dem man noch seine Herkunft vom klassischen Rodel ansieht.

All der wenig freundlichen Gerüchte im Internet zum Trotz werden derartige Rodel unter Rennfahrern als unverzichtbar angesehen, es gibt also eine Diskrepanz zwischen dem Gerede und der gelebten Realität, und ich finde, es ist keine schlechte Idee, die Sache mal an einem wirklich schlechten Tag auf einer schlechten Strecke den Wallberg hinunter auszuprobieren - dort gibt es Sulz, Matsch, präparierte Streckenabschnitte, Eis, Gras und sogar Teer im Wechsel. Dazu noch einige sehr enge Kurven und als Krönung Rippen und Buckel, auf denen man abhebt. Wenn man schnell genug unterwegs ist.
Normalerweise mache ich bei der Abfahrt ein paar Bilder. Das ist etwas riskant und doof auf dem Jested, aber wenn der Gasser erst mal Fahrt aufnimmt, ist es selbstmörderisch. Du lieber Himmel. Ich war diesen Winter ein paar mal auf Eis enorm schnell unterwegs, aber nie, kein einziges Mal so schnell wie auf der an sich eher schlechten Wallbergstrecke. Zu schnell für mehr als ein Bild:

Denn das Gerät gleitet auf jedem Untergrund enorm schnell an. Selbst wenn sich die Kufen tief in den Untergrund graben: Es ist überall schnell. Besonders schnell ist es in den Kurven, da liegt es so gerade, als wäre es einbetoniert. Ich wusste bis gestern nicht, was in Kurven möglich ist - mit jedem anderen Rodel hätte es mich aufgestellt, die Innenkufe wäre abgehoben, und es hätte mich massiv derbröselt - der Gasser klebt am Boden, schneidet ins Eis und rauscht einfach mit etwas Gewichtsverlagerung durch, solange die Kurve nicht zu eng ist. Wenn sie dann wirklich zu eng ist, sollte man vorher gut bremsen, und nicht auf den Luftwiderstand vertrauen. Aufrichten bringt so gut wie nichts. Es ist dabei nicht schwerer zu fahren, als ein normaler Rodel, nur eben erheblich schneller unter allen Bedingungen. Wie ein Sportwagen hat es deshalb auch grössere Reserven in den Kurven und auf Buckeln; es steht besser auf unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten und zwingt einen, nicht dauernd den Fahrstil anzupassen, wenn etwa eine Kurve stark vereist ist. Dafür hat man alle Hände voll damit zu tun, die Geschwindigkeit und das eigene Entsetzen zu kontrollieren. Es geht enorm viel, was früher nicht möglich war, solange man sich damit abfindet, dass der Körper nur ein paar Zentimeter über dem Boden schwebt - oder auch nicht, wenn man abhebt und dann bei der Landung auf dem Schnee aufsetzt. Das Gerät ist perfekt für die mitunter sehr eisigen Bedingungen auf der Neureuth, aber viel zu schnell, als dass man es dort in den unübersichtlichen Kurven wirklich ausfahren könnte. Aber gerade bei den flacheren, geraden Gleitstücken wird das sicher ein spassiger nächster Winter, wenn mal wieder ein älterer Herr auf einem normalen Rennrodel einen zur Wettfahrt herausfordert.
Bleibt die Frage: Lohnt es sich? Nein, eigentlich nicht. Man muss ja nicht rasen. Der Berg ist so schön! Aber vielleicht denke ich im nächsten Winter anders, wenn das Entsetzen über mich selbst der Lust gewichen ist.
donalphons, 14:12h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 2. März 2010
Ein Tag in den Bergen
Am späten Vormittag am Tegernsee.

In den Blaubergen, Richtung Achenpass.

Der Achensee mit Blick auf Pertisau.

Oberhalb von Innsbruck, Richtung Ellbögen ist die Pflicht erfüllt, der Gasser Supersportrodel hat seinen Platz auf dem Gepäckträger gefunden. Nachdem um mich herum aufgerüstet wird, und ich ein paar Mal auf der sehr eisigen Neureuth ins Rutschen kam, habe ich mir dieses alten Rennwagen unter den Rodeln beschafft, mit Belagschienen und sehr niedrigem Gestell, von einem, der das Rennenfahren aufgegeben hat.
Jetzt aber gibt es nur noch ein Ziel. Italien, Südtirol, Sterzing, wo unten Frühling und oben noch Winter ist.

Nach dem Apfelstrudel - einen ganzen Apfelstrudel natürlich, einen bei Prenn und einen bei Haeusler, beschliesse ich, den geschlossenen Jaufenpass für eröffnet zu erklären.

Dort oben ist noch Winter und meterhoch Schnee, und so richtig geräumt ist der Pass auch nicht. Ich war schon mal schneller. Aber es ist jedesmal wieder überwältigend.

Grossbild
Man könnte nun weiter nach Meran, aber - später, bald, nicht heute, noch nicht heute. Heute geht es zurück über Kurven und Serpentinen nach Österreich.

Davor jedoch gilt es, den Bekannten am Ende der nächsten, sicher landschaftlich nicht so reizvollen Reise noch etwas mitzubringen.
Weiter nach Österreich, nach Pfons zu Gasser, wo der Rodel gebaut wurde, und nach Igls zur Bobbahn. Es sieht verlockend aus, besonders in der Nacht, man würde sich fast die Eisrinne hinunter stürzen wollen - aber eigentlich reichen mir die schmalen bayerischen Waldwege.

Und durch die Nacht geht es zurück am Achensee entlang, dann nach Bayern nach Hause.
Es war ein schöner Tag.

In den Blaubergen, Richtung Achenpass.

Der Achensee mit Blick auf Pertisau.

Oberhalb von Innsbruck, Richtung Ellbögen ist die Pflicht erfüllt, der Gasser Supersportrodel hat seinen Platz auf dem Gepäckträger gefunden. Nachdem um mich herum aufgerüstet wird, und ich ein paar Mal auf der sehr eisigen Neureuth ins Rutschen kam, habe ich mir dieses alten Rennwagen unter den Rodeln beschafft, mit Belagschienen und sehr niedrigem Gestell, von einem, der das Rennenfahren aufgegeben hat.

Jetzt aber gibt es nur noch ein Ziel. Italien, Südtirol, Sterzing, wo unten Frühling und oben noch Winter ist.

Nach dem Apfelstrudel - einen ganzen Apfelstrudel natürlich, einen bei Prenn und einen bei Haeusler, beschliesse ich, den geschlossenen Jaufenpass für eröffnet zu erklären.

Dort oben ist noch Winter und meterhoch Schnee, und so richtig geräumt ist der Pass auch nicht. Ich war schon mal schneller. Aber es ist jedesmal wieder überwältigend.

Grossbild
Man könnte nun weiter nach Meran, aber - später, bald, nicht heute, noch nicht heute. Heute geht es zurück über Kurven und Serpentinen nach Österreich.

Davor jedoch gilt es, den Bekannten am Ende der nächsten, sicher landschaftlich nicht so reizvollen Reise noch etwas mitzubringen.

Weiter nach Österreich, nach Pfons zu Gasser, wo der Rodel gebaut wurde, und nach Igls zur Bobbahn. Es sieht verlockend aus, besonders in der Nacht, man würde sich fast die Eisrinne hinunter stürzen wollen - aber eigentlich reichen mir die schmalen bayerischen Waldwege.

Und durch die Nacht geht es zurück am Achensee entlang, dann nach Bayern nach Hause.

Es war ein schöner Tag.
donalphons, 14:02h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Dienstag, 2. März 2010
An der Grenze
Natürlich ist der Brenner der Punkt, an dem der Alpenhauptkamm überwunden wird, aber in meinen Augen ist die echte Grenze zwischen alpiner und mediterraner Region drr Jaufenpass. Und wenn man ihn wieder ohne allzu grosse Mühe erreichen kann, gewissermassen ein Loch durch Schnee und Eis piekst, und oben auf 2100 Meter allein steht - dann beginnt auch der Frühling.

Der Umstand, dass mich eine Rodelangelegenheit hierher gebracht hat, widerspricht natürlich dem Wunsch nach lauwarmer Luft über den Palmen in Meran, 1800 Meter weiter unten. Aber selbst hier oben merkt man an der Kraft der Sonne: Der Winter neigt sich dem Ende zu, die Berge verlieren auch hier oben ihre Eispanzer, die Rodel kommen in den Keller und die Räder werden aufgepumpt. Und während am Tegernsee in den Höhen noch der Winter regiert -

spitzt am Ufer der erste Bärlauch aus dem Boden. Morgen jedoch geht es noch einmal auf den Berg, das neue Gerät ausprobieren. Ausnahmsweise mit der Gondel auf den Wallberg, aber so ist das immer am Ende der Saison. Dort oben geht noch was, während unten die ersten Millionärsrentner auf den Bänken sitzen und sich freuen, den Winter auch diesmal überlebt zu haben.

Der Umstand, dass mich eine Rodelangelegenheit hierher gebracht hat, widerspricht natürlich dem Wunsch nach lauwarmer Luft über den Palmen in Meran, 1800 Meter weiter unten. Aber selbst hier oben merkt man an der Kraft der Sonne: Der Winter neigt sich dem Ende zu, die Berge verlieren auch hier oben ihre Eispanzer, die Rodel kommen in den Keller und die Räder werden aufgepumpt. Und während am Tegernsee in den Höhen noch der Winter regiert -

spitzt am Ufer der erste Bärlauch aus dem Boden. Morgen jedoch geht es noch einmal auf den Berg, das neue Gerät ausprobieren. Ausnahmsweise mit der Gondel auf den Wallberg, aber so ist das immer am Ende der Saison. Dort oben geht noch was, während unten die ersten Millionärsrentner auf den Bänken sitzen und sich freuen, den Winter auch diesmal überlebt zu haben.
donalphons, 00:50h
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Die Anlösung der Problemeltern der grossen Liebe
Dass man nicht unbedingt dem Durchschnitt entspricht, bemerkt man, wenn man für einen Teller mit freuden mehr ausgibt, als andere für einen ganzen Karton Becher mit dummen, aufgedruckten Sprüchen zu zahlen bereit wären. Und die Teller dann auch nicht benutzt, in jenem Sinne, da es der normale Mensch tut.

Aber auch, wenn jede Kuchengabel diese feinen Gebilde des 18. Jahrhunderts sofort schädigen würde - es gibt auch noch andere Verwendungszwecke für Famille Rose. Im 18. Jahrhundert sagten die Fürsten: Sehr her, ich kann. Heute kann man damit zu späteren, absolutistischen Schwiegereltern sagen: Sehr her, ich mache Euch keine Schande. Und all das ohne die entwürdigende Fragerei, die sonst unvermeidlicher Begleiter der zwischenfamiliären Absprachen ist. Steht so geschrieben der FAZ, wo sicher viele dieses Problem aus eigener Erfahrung kennen.

Aber auch, wenn jede Kuchengabel diese feinen Gebilde des 18. Jahrhunderts sofort schädigen würde - es gibt auch noch andere Verwendungszwecke für Famille Rose. Im 18. Jahrhundert sagten die Fürsten: Sehr her, ich kann. Heute kann man damit zu späteren, absolutistischen Schwiegereltern sagen: Sehr her, ich mache Euch keine Schande. Und all das ohne die entwürdigende Fragerei, die sonst unvermeidlicher Begleiter der zwischenfamiliären Absprachen ist. Steht so geschrieben der FAZ, wo sicher viele dieses Problem aus eigener Erfahrung kennen.
donalphons, 11:00h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Sonntag, 28. Februar 2010
Barocke Ruinen, einmal anders
Wie es so mit dem Sammeln ist: Kaum habe ich mich entschlossen, wie eine Wand zu bestücken ist, ändert sich das Angebot zu meinen Ungunsten. Konkret geht es um die Wand über meinem Sofa, die ich gerne mit Gemälden behängen würde; spätestens zu Beginn des 19. Jahrhunderts sollten sie entstanden sein, und Italien, am besten mitsamt Ruinen und/oder Mythologie, zum Thema haben. Sechs bis acht Exemplare kann ich brauchen, drei habe ich schon, aber die Aufhängung ist nicht so leicht, wenn unklar ist, welches Format die noch fehlenden Stücke haben. Dem Umstand abzuhelfen war mein erklärtes Ziel auf dem üblichen Markt am üblichen Ort, und was soll ich sagen: Es gab barocke, italienische Ruinen! Allerdings nicht auf Leinwand, sondern als richtige Trümmer, genauer, als Majolicafliessen aus Capodimonte, entstanden so um 1740 oder früher, und vor einiger Zeit vermurlich beim Abbruch eines Hauses gerettet:

Nun bin ich ja spätestens seit meiner Zeit in Portugal ein grosser Verehrer der Kunst auf Keramikkacheln, ich mag Azulejos und ich bewundere den Mut der Italiener, Häuser mit Produkten aus Capodimonte so bunt und prachtvoll zu gestalten. Sie waren auch gar nicht teuer - man muss schon ziemlich speziell gebildet sein, um so etwas auf den ersten Blick zuordnen und in einer verlotterten Kiste einschätzen zu können - aber eben nicht wirklich genau das, was ich suchte. Um ehrlich zu sein, habe ich absolut keine Ahnung, wohin ich das hängen soll; in meine Bibliothek passt es nicht, in meinem grossen Wohnzimmer würden sie vollkommen herausfallen, am Tegernsee sind nur Asiatika und Schnitzereien. Kurz, ich habe ein neues, loses Ende, und selbst in der Küche ist kein Platz mehr dafür. Aber sie einfach zurücklassen, das geht auch nicht. In Lissabon wollte ich alte Azulejos kaufen und wurde mit meinem schmalen Budget ausgelacht, hier nun konnte ich zugreifen, und tat es denn auch. Es wird sich schon ein Platzerl finden, sagte meine Grossmutter immer, und sie hatte damit wie immer recht.
Das jedoch, was ich wirklich suchte, fand ich natürlich nicht, und jene Tempelszene, die trotz christlichen Ursprungs vielleicht in Frage gekommen wäre, kaufte mir ein Händler vor der Nase weg. Also kaufte ich weiter Keramik, Qing-Periode und Delft, und dann wollte ich noch einen Spiegel haben, dessen Besitzer aber wenig Verständnis für realistische Preise hatte - um dann nochmal ein wenig zu streifen und eine weitere Majolica zu erstehen.

Das Exemplar sieht unspektakulär aus, hat aber in Realität einen halben Meter Durchmesser, und man frage mich jetzt bitte nicht, weshalb ich das brauche. Brauchen tue ich gar nichts, jeder Foodpr0n wird darin untergehen, aber vielleicht nächstes Jahr, bei der Traubenernste. Und wenn ich dann vielleicht auch die Bilder habe, die ich wirklich brauche.

Nun bin ich ja spätestens seit meiner Zeit in Portugal ein grosser Verehrer der Kunst auf Keramikkacheln, ich mag Azulejos und ich bewundere den Mut der Italiener, Häuser mit Produkten aus Capodimonte so bunt und prachtvoll zu gestalten. Sie waren auch gar nicht teuer - man muss schon ziemlich speziell gebildet sein, um so etwas auf den ersten Blick zuordnen und in einer verlotterten Kiste einschätzen zu können - aber eben nicht wirklich genau das, was ich suchte. Um ehrlich zu sein, habe ich absolut keine Ahnung, wohin ich das hängen soll; in meine Bibliothek passt es nicht, in meinem grossen Wohnzimmer würden sie vollkommen herausfallen, am Tegernsee sind nur Asiatika und Schnitzereien. Kurz, ich habe ein neues, loses Ende, und selbst in der Küche ist kein Platz mehr dafür. Aber sie einfach zurücklassen, das geht auch nicht. In Lissabon wollte ich alte Azulejos kaufen und wurde mit meinem schmalen Budget ausgelacht, hier nun konnte ich zugreifen, und tat es denn auch. Es wird sich schon ein Platzerl finden, sagte meine Grossmutter immer, und sie hatte damit wie immer recht.
Das jedoch, was ich wirklich suchte, fand ich natürlich nicht, und jene Tempelszene, die trotz christlichen Ursprungs vielleicht in Frage gekommen wäre, kaufte mir ein Händler vor der Nase weg. Also kaufte ich weiter Keramik, Qing-Periode und Delft, und dann wollte ich noch einen Spiegel haben, dessen Besitzer aber wenig Verständnis für realistische Preise hatte - um dann nochmal ein wenig zu streifen und eine weitere Majolica zu erstehen.

Das Exemplar sieht unspektakulär aus, hat aber in Realität einen halben Meter Durchmesser, und man frage mich jetzt bitte nicht, weshalb ich das brauche. Brauchen tue ich gar nichts, jeder Foodpr0n wird darin untergehen, aber vielleicht nächstes Jahr, bei der Traubenernste. Und wenn ich dann vielleicht auch die Bilder habe, die ich wirklich brauche.
donalphons, 23:41h
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Rezensionen, wie sie sein sollen
Nach der ganzen Hegemann-Klauaffäre bin ich etwas schlecht auf das Besprecherunwesen zu sprechen, und wenn dann auch noch einem Text ein "Beat" unterstellt wird, muss ich kurz japsen. Aber trotzdem hat sich Susanne Engl (mir bekannt aus Bloggerlesungen) sehr verdienstvoll mit dem Erstling von Elisabeth Rank (hatte einen von Jetzt.de ausgewählten Text im von mir mitherausgegebenen Blogs-Buch) auseinander gesetzt, und das in dieser ruhigen Art, wie ich sie sehr schätze.
donalphons, 23:41h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Samstag, 27. Februar 2010
Alle reden von Frühjahrsdiät
Als passionierter Rodler und Winterbergsteiger kann man da nur laut lachen: Mit Trüffelgnocchi

(aber nein, lieber Mieter, ich komme wirklich gern und sofort nach München, mein Kühlschrank ist leer, da mache ich das alles auf einmal.) und mit Kürbistarte:

Ich brauche dringend noch ein paar Imariteller, damit ich die nicht immer von der Wand nehmen muss, wenn ich präsentiere. Nächste Woche wird ohnehin karg, mit einem Besuch in einer kulinarischen Entwicklungsregion.

(aber nein, lieber Mieter, ich komme wirklich gern und sofort nach München, mein Kühlschrank ist leer, da mache ich das alles auf einmal.) und mit Kürbistarte:

Ich brauche dringend noch ein paar Imariteller, damit ich die nicht immer von der Wand nehmen muss, wenn ich präsentiere. Nächste Woche wird ohnehin karg, mit einem Besuch in einer kulinarischen Entwicklungsregion.
donalphons, 22:49h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Freitag, 26. Februar 2010
Die grosse Angst
Ich glaube im Übrigen nicht an einen grossen Euroverfall. Gut, es gibt da ein paar periphere Probleme, und vielleicht wird man den Euroraum spalten müssen. Aber solange es den Briten immer noch dreckiger geht und in den USA die Subprimekrise gerade wieder den Kopf hebt und AIG weiter kriselt, ist Europa relativ gesehen immer noch eine stabile und sichere Nummer.
Trotzdem geschah es vor ein paar Tagen, dass jemand angerufen und gefragt hat, ob unsereins vielleicht eine Immobilie verkaufen wollte. Zu viel Geld, zu wenig sichere Häfen, das verleitet zu erstaunlichen Aktionen. Geschäfte gab es nicht, aber dafür einen Beitrag in der FAZ über Griechenland und die Reichen.
Trotzdem geschah es vor ein paar Tagen, dass jemand angerufen und gefragt hat, ob unsereins vielleicht eine Immobilie verkaufen wollte. Zu viel Geld, zu wenig sichere Häfen, das verleitet zu erstaunlichen Aktionen. Geschäfte gab es nicht, aber dafür einen Beitrag in der FAZ über Griechenland und die Reichen.
donalphons, 17:49h
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Schon wieder München
Inzwischen, und ich passe durchaus auf, weil ich mich über meine Veränderung wundere, fahre ich nach München, tue, was getan werden muss, halte ab und zu beim Markt an, gehe vielleicht noch in eine Ausstellung oder Vorbesichtgung, auch in ein paar Antiquariate, und fahre wieder heim. Erstaunlich für jemanden, der sich vor 10 Jahren nicht hätte vorstellen können, dass "heim" etwas anderes als München ist. Ich mag München als Stadt immer noch, ich mag "mein" Viertel immer noch, aber die Vorstellung, dort wirklich zu wohnen - ist nicht gerade erheiternd, um es dezent zu sagen.

Es gibt mir in München einfach zu viele dieser ganz bestimmten Schleimbatzenmünchner, Menschen ohne Distanz, Berliner Asoziale gewissermassen mit Münchner Statussymbolen, von denen jeder weiss, dass sie menschlich und fachlich unerträgliche Quatschköpfe sind, aber irgendwie hat niemand den Mut, sie auch entsprechend zu behandeln. In den letzten 10 Jahren, mag mir scheinen, hat das etwas überhand genommen - Freaks, die nicht nur ungefragt Mails schicken, sondern auch noch all die Internetkanäle für ihr Geseier und ein Bild ihrer hässlichen Kotzfresse dazupacken, als würde man in der Stadt noch nicht genug von dem Zeug erleben. Typen, die weder Anstand noch Zurückhaltung kennen, die Gschaftlhuber, die Adabeis, das alles floriert kräftig in München, man merkt es am Strassenverkehr und an den Kassen, in den Cafes und vor den Büros. In meinem Viertel geht es noch einigermassen, aber jedesmal, wenn ich durch München Richtung Tegernsee fahre, komme ich an der Bürowüste des Ostbahnhofs vorbei, und mir wird körperlich übel. Genauso auf dem Weg nach Norden, wo Vermietungsprobleme mit Namen wie the M-Pire, haha wie kreativ, beantwortet werden. Voll mit billigen Anzügen und schlechter Erbsenzählerfüllung.

Das ist nicht mehr meine Stadt, es ist die nächste grosse Stadt für Bedürfnisse, die man in den kleinen Orten nicht befriedigen kann, notwendig, halbwegs schön, sehr schön für eine Stadt dieser Grösse, aber am Schönsten mit dem Wissen, dass 47 Kilometer, teilweise im Oberland, zwischen einem und der Stadt liegen. Und die nicht allzu oft rauskommen, um mit ihren BMW-SUVs und Geschäftsideen und bescheuerten Powerpoint-Charts zu stören.

Es gibt mir in München einfach zu viele dieser ganz bestimmten Schleimbatzenmünchner, Menschen ohne Distanz, Berliner Asoziale gewissermassen mit Münchner Statussymbolen, von denen jeder weiss, dass sie menschlich und fachlich unerträgliche Quatschköpfe sind, aber irgendwie hat niemand den Mut, sie auch entsprechend zu behandeln. In den letzten 10 Jahren, mag mir scheinen, hat das etwas überhand genommen - Freaks, die nicht nur ungefragt Mails schicken, sondern auch noch all die Internetkanäle für ihr Geseier und ein Bild ihrer hässlichen Kotzfresse dazupacken, als würde man in der Stadt noch nicht genug von dem Zeug erleben. Typen, die weder Anstand noch Zurückhaltung kennen, die Gschaftlhuber, die Adabeis, das alles floriert kräftig in München, man merkt es am Strassenverkehr und an den Kassen, in den Cafes und vor den Büros. In meinem Viertel geht es noch einigermassen, aber jedesmal, wenn ich durch München Richtung Tegernsee fahre, komme ich an der Bürowüste des Ostbahnhofs vorbei, und mir wird körperlich übel. Genauso auf dem Weg nach Norden, wo Vermietungsprobleme mit Namen wie the M-Pire, haha wie kreativ, beantwortet werden. Voll mit billigen Anzügen und schlechter Erbsenzählerfüllung.

Das ist nicht mehr meine Stadt, es ist die nächste grosse Stadt für Bedürfnisse, die man in den kleinen Orten nicht befriedigen kann, notwendig, halbwegs schön, sehr schön für eine Stadt dieser Grösse, aber am Schönsten mit dem Wissen, dass 47 Kilometer, teilweise im Oberland, zwischen einem und der Stadt liegen. Und die nicht allzu oft rauskommen, um mit ihren BMW-SUVs und Geschäftsideen und bescheuerten Powerpoint-Charts zu stören.
donalphons, 17:25h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 25. Februar 2010
Blinde Passagiere
gehören zu jedem anständigen Dampferkapitänsdasein, aber bitte doch nicht schon so früh: Auch wenn die Aussenhaut des neuen Faltboots dank Mottenpapier offensichtlich nichts abbekommen hat, sind die Transportsäcke nicht nur mottenverseucht, sondern haben ihre ungebetenen Gäste auch noch in meiner Wohnung ausgespuckt. Herrlich, wenn man alte Teppiche hat, und endlich mal neue Teppiche kaufen will.
donalphons, 15:09h
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: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :
Donnerstag, 25. Februar 2010
Zum Leben erwachen
Es ist die eine Sache, eine eher zweidimensionale Sache wie ein Fahrrad aufzubauen. Ein Fahrrad macht sich dünn und nimmt eine Fläche ein, und selbst dickste Bergräder sehen von vorne nach wenig aus. Bei einem Fahrrad habe ich den Eindruck, ein Gerät zu restaurieren, einen Mechanismus zu bauen. Bei einem Faltboot, das markant dreidimensional ist und mit einem Holzgerippe daherkommt, sieht es anders aus:

Es ist, als würde man keine Maschine aufbauen, keine Konstruktion, sondern fast etwas - ich weiss, das klingt seltsam - etwas Lebendiges. Als hantierte man nicht mit Eschenholz, sondern mit Knochen, als entstünde kein Boot, sondern ein Meeressäuger. Es ist keine Mechanik wie bei einem Schaltwerk, sondern eher wie ein Organismus, das Zusammenfügen der Einzelteile ist komplexer und zugleich organischer. Stange für Stange versteift sich das Gebilde, es sind fast angespannte Muskeln, denen man beim Aufbau Spannkraft verleiht. Es hat eine ganz eigene Schönheit, dieses Bauen im Raum, und es ist fast schade, das alles in eine Bootshaut zu stecken, wo es niemand mehr sieht.
Und ich bin in Zeiten wie diesen froh, mal etwas anderes als den Rechner oder Bücher zu sehen - wenn ich schon nicht am See bin.

Es ist, als würde man keine Maschine aufbauen, keine Konstruktion, sondern fast etwas - ich weiss, das klingt seltsam - etwas Lebendiges. Als hantierte man nicht mit Eschenholz, sondern mit Knochen, als entstünde kein Boot, sondern ein Meeressäuger. Es ist keine Mechanik wie bei einem Schaltwerk, sondern eher wie ein Organismus, das Zusammenfügen der Einzelteile ist komplexer und zugleich organischer. Stange für Stange versteift sich das Gebilde, es sind fast angespannte Muskeln, denen man beim Aufbau Spannkraft verleiht. Es hat eine ganz eigene Schönheit, dieses Bauen im Raum, und es ist fast schade, das alles in eine Bootshaut zu stecken, wo es niemand mehr sieht.
Und ich bin in Zeiten wie diesen froh, mal etwas anderes als den Rechner oder Bücher zu sehen - wenn ich schon nicht am See bin.
donalphons, 00:51h
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Der Mangel an Anstand
des ungebildeten Westerwelle beim Schneeschippen, der schamlosen Kirche bei Missbrauchsfällen und des Kulturbetriebsangehörigen Durs Grünbein beim Rassismusvorwurf als Antwort auf Argumente - das alles zusammen zeigt auf, wo die bessere Gesellschaft mit ihren wirtschaftlichen, moralischen und kulturellen Stützen im schlimmsten Fall gelandet ist: Unten. Da, wo angeblich die anderen sind.
donalphons, 14:25h
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