: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 7. März 2018

Hört nicht auf sie. Hört mir zu.

Also, ganz in Ruhe: Ich betreibe zwei Blogs, Stützen der Gesellschaft und Deus Ex Machina, die bei der FAZ laufen, Diese beiden Blogs habe ich selbst entwickelt und weitgehend autonom betrieben. Es war wie normales Bloggen, nur halt mit FAZ-URL. Was gestern mitgeteilt wurde, ist ganz konkret, dass die FAZ diese beiden Blogs unter faz.net nicht mehr betreiben wird.

Die besondere Form meiner Autonomie innerhalb der FAZ und die Struktur als Einzelautorenblog erlaubt es mir aber auf der anderen Seite, die Blogs woanders wieder aufzumachen. Das ist nicht neu, es gab wegen der maroden Kommentarfunktion die Blogs schon einmal alternativ extern. Die Entscheidung der FAZ, die Blogs nicht mehr unter ihrer URL fortzuführen, heisst also nicht, dass ich aufhöre, die Blogs füllen. Ganz im Gegenteil.

Was den Ablauf der Entscheidung angeht, möchte ich nicht indiskret sein, aber es gibt ein paar Dinge, die ich berichten kann. Blogs bei der FAZ sind immer eine Frage der Engagements, sei es, dass Redakteure das wirklich gern machen, sei es, dass Externe eingekauft werden, weil jemand mit ihnen ein Konzept umsetzen will, oder sie ein Konzept anbieten, das spannend erscheint. Im letzteren Fall, also bei mir, ist es dann so, dass es jemanden gibt, der das genau so will und auch durchsetzt, oft auch gegen Widerstände. Normalerweise ist diese Person ein leitender Mitarbeiter. Bei mir war es zuerst frank Schirrmacher persönlich, der das gegen die Widerstände im Haus durchgesetzt hat. Ich habe das zu spüren bekommen, als ich nach dem ersten Treffen nach Hause gefahren bin, mit dem Versprechen, dass alle kein Wort sagen, bis es so weit ist - und dann einer der vielleicht 7, 8 wirklich eingeweihten Leute die Nachricht beu Peter Turi durchstieß. Der Verräter muss, als ich noch nicht das Haus verlassen hatte, schon die Nachricht rausgeschickt haben. Es wurde nie bekannt, wer das gemacht hat. Aber es mag illustrieren, was für ein Balanceakt diese Arbeit oft ist.

Es gab immer wieder Konflikte, wie das nun mal so ist, einige wirkten sich auch so auf das Blog aus, dass die Verwerfungen offensichtlich wurden - jemand hat gegen Schirrmachers Willen etwa angeordnet, einen Beitrag zu löschen. Das wurde rückgängig gemacht: Es war halt Schirrmachers Entscheidung. Über die Jahre hinweg wurde aus dem Herausgeber, von dem ich so viel Schlimmes gehört hatte, jemand, für den ich durch das Feuer gegangen wäre, und der auf der anderen Seite zu mir gehalten hat.

Wie wichtig das war, lernte ich, als es zu einem Wechsel in einer leitenden Position kam und der Neue offensichtlich mal zeigen wollte, was er alles so kann. Er beschloss, Deus zu schliessen, und machte es tatsächlich, als ich protestierte. Ich habe dann bei Schirrmacher interveniert, und Schirrmacher entscheid: Es geht weiter. So eine Zeitung ist nun mal keine basisdemokratische Schwatzbude, sondern ein mitunter recht robuster Gutshof mit klaren Hierarchien. Auch das habe ich überlebt, einfach, weil jemand oben das genau so wollte.

Schirrmacher starb, ich bot die Einstellung der Blogs an, weil: Ohne Schirrmacher und seinen Einfluss machte das keinen Sinn. Ich bot die Kündigung aber dem neuen Digitalchef Blumencron an, und der hatte ganz andere Ideen: er sah das vorhandene und das kommende Potenzial meiner Arbeit. Er wollte die Blogs. Bezeichnenderweise gab es im Feuilleton damals einen Wechsel zu einem Interims-Herausgeber, und der überlegte, ob man überhaupt Blogs haben wollte: Blumencron setzte sich ein. Das war das dritte Überleben, ohne Blumencron wäre ein halbes Jahr nach Schirrmachers Tod wahrscheinlich Schluss gewesen. Gutsherrnhof halt. Wer das nicht mag, sollte kein derartiges Projekt machen. Schirrmachers Blogideen waren in der Redaktion nicht gerade populär, und wenn Blumencron bessere Blogger gefunden hätte, hätte er sie auch genommen. Das sind halt strategische Überlegungen, mit denen es läuft, oder nicht. Das war auch immer klar.

Blumencron ist gegangen, warum auch immer, sein Nachfolger hat offensichtlich die Notwendigkeit meiner Blogs im Vergleich zu neuen Experimenten nicht mehr gesehen. Manchmal klappt der Übergang, manchmal klappt er nicht, das hat nichts mit Links oder Rechts oder Sympathie zu tun, sondern einfach mit der Frage der Führung und der Ziele. Es reicht in einem derartigen Umfeld schon aus, wenn in der Leitungsebene keiner mehr ist, der sich explizit dafür stark macht und es auf seine Kappe nimmt: Dann ist es halt vorbei.

Als ich angefangen habe, hatte die FAZ neben den Stützen noch das immens erfolgreiche Netzökonomenblog, das ähnlich gute Zahlen wie ich lieferte. Dessen Autor hat das Blog eigenständig neben seiner normalen Arbeit aufgebaut, und ist später zum Focus gegangen, zufällig zwei Tage, bevor ich nach Frankfurt fuhr. Ich habe da in kleinerer Runde von damaligen Onlinern gesagt, dass das ein herber Verlust ist - die Antwort lautete, der Autor hätte hier halt mit dem Blog nicht genug Rückhalt gehabt, dann sei das halt so. Blumencron hat einiges an dieser Mentalität geändert, aber man sieht da auch recht schön: Arbeitseifer und Leistung sind nicht zwingend die Kriterien, nach denen Entscheidungen zur Förderung getroffen werden.

Und dass sich nach Blumencrons Abgang einiges ändern würde, war gerüchteweise schon Anfang Dezember zu hören. Zu Schirrmacher und Blumencron hatte ich einen Draht, diesmal eben nicht, und so hat man sich eben auf eine Neuorganisation der neumedialen Spielplattform geeinigt, und wollte etwas anderes versuchen. Ob das klug ist und die FAZ nach vorne bringt, weiss ich nicht. Der Unterschied zu den meisten anderen geschlossenen Blogs ist halt, dass die FAZ 9 Jahre Aufbau eines richtig gut laufenden Blogkleinnetzwerks bezahlt hat, mit sehr anhänglichen Zielgruppen und einer immensen Debattenkapazität - und andere jetzt nur noch ihre URL da einfügen müssen, wo bis zum 31. März noch FAZ steht. Ich kann mich jedenfalls über einen Mangel an fairen Angeboten und Solidarität nicht beklagen. Es gibt also formal kaum Grund für mich, etwas zu beklagen - die FAZ war bislang sehr, sehr fair und gut zu mir, woanders wären diese Blogs erst gar nicht entstanden, und sie haben sehr viel überlebt. Ich hatte immense Möglichkeiten, und vermutlich werde ich in Zukunft auch nicht gerade schlechter gestellt sein. Es gibt daher keinen Grund für einen Shitstorm gegen die FAZ.

Ausser diejenigen, die jubeln.

Zum Beispiel der Dresden-RAF-Witze-Macher, Twittermobber und Grünenpolitiker Matthias Oomen, der bei der FAZ als Pöbler mit seiner ganzen Geschichte, die sogar manche Grünenpolitker abstösst, nur zu gut bekannt ist, und über den ich in Absprache mit der Leitung bei der FAZ schon geschrieben habe. Oomen ist ein trauriges Beispiel für das, was aus der grünen Partei teilweise geworden ist, ein totalitär denkender Haufen, der explizit versucht, andere um den Job zu bringen - wenn es so wäre, hätte ich Oomen längst verklagt:



Oomen - der m.W. nicht die geringsten Kontakte in die FAZ hat - ist mit dieser aus der Luft gegriffenen Aussage ein Freund der Verschwörungstheorie und Scharfmacher, der seine Follower aufhetzt, gegen andere Andersdenkende vorzugehen. Ich hin aber auf der anderen Seite der festen Überzeugung, dass keine Redaktion mit einem Funken Resthirn vor so einer Figur und seinem Gefolge einknickt. Das Unangenehme ist natürlich, dass die FAZ so jemand wie Oomen auch noch aufwerten würde, wenn sie auf diese Aussage einginge. Es bedeutet aber, dass hier zumindest ein Verdacht gefüttert wird, die Entscheidung könnte etwas mit einem Twittermob zu tun haben, und die andere Seite wird dann natürlich rebellisch und vermutet ein Einknicken vor den Hetzern - wo gar keines ist.

Eine andere Person mit haufenweise Zeit für Kampagnen im Netz ist die Feministin Christina Dongowski, nach Eigenaussage Ghostwriterin aus Baden-Württemberg und seit ein paar Monaten auch freie Autorin im Feuilleton der FAZ, Frau Dongowski freut sich über die Entscheidung, mein Blog einzustellen. Mit ihr plaudert eine in Schweden lebende Refugeeaktivistin (?), die mich erst verklagen wollte, Antwortmails der FAZ an sie bei Twitter veröffentlichte, und mich beim Presserat nach Eigenaussage angezeigt hat, über neue Blogkonzepte bei der FAZ. Und ansonsten lässt Dongowski auch ihrem Hass auf mich freien Lauf - ich habe, zugegeben, mal über eine ihrer Bekannten ein ebenfalls vorab abgesprochenes Stück geschrieben, das damals gesessen hat.



Da reden also eine Denunziantin eines FAZ-Mitarbeiters und eine Frau, die ihre bisherigen paar Beiträge bei der FAZ doch recht deutlich in den Vordergrund gestellt hat, öffentlich über einen Kollegen, dessen Platz, die neuen, geplanten Experimente und wie sie da ihren Anteil für ihre politischen Überzeugungen vom linken Rand bekommen können.

Diese Aussenwirkung ist natürlich verheerend. Weil der Eindruck entsteht, man könnte das einfach so machen, mal sich bei Twitter zusammensetzen und dann der FAZ sagen, was man gern hätte. Der eine Twitterpromi sagt, man habe den Don erlegt, die andere dahergelaufene Dauerpöblerin bespricht mit einer Mitarbeiterin der FAZ die Neuausrichtung der Experimente. Leute, die sich wirklich mit den Vorgängen auskennen, machen extreme facepalmimg dazu. Ich bin offen gesagt froh, dass Frau Dongowski bald keine Kollegin von mir ist, und ich kann nur sagen, dass intern sehr ruhig über die weiteren Schritte gesprochen werden wird. Was im Netz los ist, entspricht nicht den internen Vorgängen. Es sind nur ein paar Wichtigtuer. Aber die erwecken eben mit einigen anderen zusammen den Eindruck der gelungenen politischen Einflussnahme.So ist das aber nicht. Es gibt keinen Grund für einen Shitstorm, und keinen Grund, diesen Leuten und dem Eindruck, den sich bewusst erwecken wollen, auf den Leim zu gehen.

Ansonstengeht irgendwo weiter. Das ist alles. Ich würde meine Arbeit dort bis zum 31. März gut und in kollegialer Atmosphäre weiter machen, und kein Gebrüll da draußen trägt irgendetwas dazu bei. Also bitte: Ruhe. Alles andere hilft nur der falschen Seite und wertet sie auf. Solche Leute ignoriert man, so lange es eben geht.

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Montag, 12. Februar 2018

Natura Morte.

Wir haben ja im Moment so eine gewisse, naja, Restaurierungstätigkeit im Haus. 120m² vorn, 180m² hinten, und das bei voll bewohnten drei Stockwerken drüber - es ist halt ein nicht ganz winziges Objekt. Betroffen ist mittelfristig auch der Laden, und einer der Vorschläge, gemacht von einer jungen, geschätzten Dame, wäre demzufolge, da doch ein Cafe hinein zu machen, das sie selbst dann übernehmen würde. Nun, wer weiss, aufgrund der vielen, ihre Kinder im Q7 abholenden Mütter wäre das sicher eine gute Idee und eine Gelddruckmaschine. Ich wüsste aber schon, in welche Richtung das gehen würde, dem Haus entsprechend mit Anklängen an die Barockmalerei. Vielleicht eine ganze Wand als Stillleben. Ein Gemälde ablichten und dann auf Folie vergrössern und an die Wand, das war keine dumme Idee.

Gäbe es da nicht Ebay.

Ebay hat nämlich mal wieder die Kategorien reformiert und bietet nun sowohl Epochen als auch Jahrhunderte an. Für die Kenner und professionellen Händler ist das nicht schwer, die wissen, was sie haben, und belegen nach Möglichkeit zwei Kategorien. Anders sieht das beim herkömmlichen Erben aus, der sich für das Zeug, das die Eltern vom Grossvater geerbt hat, nicht interessiert und es auch nicht einordnen kann. Es ist halt Malerei. Was bedeutet, dass viele Bilder, ich würde sagen, die Hälfte, einfach so in einer Kloake mit Sado-Maso-Kleckserei und neuer Abstraktkunst ab 1 € Berliner Herkunft herumschwimmen (manche scheinen sich wirklich so zu finanzieren, ganz erstaunlich). Gleichzeitig schaut da auch kaum jemand nach, so mein Eindruck, und Sujets wie Stillleben sind ohnehin nicht mehr gefragt.



Dann geht so etwas mit Rahmen, Signatur und Datierung halt für deutlich weniger weg, als der Rahmen allein kosten würde. Es ist jetzt nichts Besonderes, nur so eine nette, akademische Malerei des späten 19. Jahrhunderts. In Italien fände man das prima und würde es schätzen, aber so ist das halt wilhelminisches Zeitalter und es passt auch nicht in die moderne Küche. So kommt das. Man muss halt etwas wühlen, und wenn man wahllos kauft - also so, dass es für die Mütter dieser Stadt locker reicht - ist eine Wand mit Stillleben vielleicht sogar deutlich billiger als eine 20m² Folie. Man muss halt suchen, wühlen, viel Eigenartiges anschauen - wer kauft bitte eine Klitoris in Acryl und wer hängt sich eine gefesselte Japanerin an die Wand? - aber eigentlich ist da alle 2, 3 Tage etwas, das qualitativ hinnehmbar ist, und finanziell im Rahmen der sonstigen Kosten nicht aufträgt.

Zahlen alles die Erben, scherzen die Älteren am Tegernsee. Jetzt tun sie es auch noch beim Verkauf.

(Die anderen Restaurierungsunerfreulichkeiten wie Einregnen wollen Sie gar nicht wissen.)

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Freitag, 9. Februar 2018

Kompromat

Tatsächlich habe ich bislang nur eine Kamera jemals verloren, die aber gleich mehrfach, und das kam so: Ich war in Italien, und das nicht allein, und ich war sehr abgelenkt. einmal durch den Begleiter, dann durch Italien und letztlich durch den Erwerb gewisser ebenso teurer wie schöner Dinge. Dabei habe ich eine von zwei mitgebrachten Kameras, nämlich die kleine Sportknipse, vergessen. Und es sollte satte 4 Jahre dauern, bis ich durch mehrere Hindernisse und Vergesslichkeiten auf beiden Seiten - die nachgeschickte Mail "du hast schon wieder die Kamera vergessen und ich auch" wurde zum Klassiker der transalpinen Kommunikation - wieder in den Besitz gelangte.



Die SD-Karte in der Kamera ist wie ein alter, unentdeckter Film von einer Reise, und es ist erstaunlich, was da alles zu sehen ist - es sind nur viereinhalb Jahre, die Reise war exakt bei der Hälfte meiner Tätigkeit bei der FAZ, und entlang der Route ist alles wie immer, halt Bayern, Tirol, Südtirol und letztlich Venetien. Es gibt Bilder aus Meran eines schwulen Besitzers, der sich mit einer Bar seinen eigenen Traum erfüllte, und ansonsten, wie ich in den letzten Jahren als Journalist erfuhr und auch schon ahnte, Unternehmungen von Leuten, denen man mit den gleichen Einstellungen in Berlin die Autos anzünden, die Schaufenster einwerfen und die Läden verwüsten würden. Eigentlich ist das keine besondere Überraschung, Betreiber kleinerer Unternehmungen sind meistens konservativ und leben davon, nicht ausgeraubt und öfters mal bedroht zu werden. Man kann vom Tegernsee nicht langsam mit Einkehr nach Oberitalien fahren, ohne, sagen wir mal, die adrette Ungarin kennenzulernen, die als Bedienung in den Gasthof kam, den Junior heiratete, den Laden nach vorn brachte und supernett ist, bestes Heiratsmaterial, wirklich, Orban mag und mit ihrem Mann zusammen dem FPÖ-Stammtisch eine Heimat ist. Die Lega Nord ist bei uns gerade wegen des Anschlags in Macerata ein Schreckgespenst - wer die Meinung teilt, sollte besser erst gar nicht in Verona mit Handschuhgeschäftsinhabern sprechen, die sich noch gut erinnern, wie das vor der Lega Nord hier war, als die Altstadt zu kippen drohte.

Ich verteidige das nicht und ich würde weder unter CSU, FPÖ, ÖVP, AfD, SVP (die vielleicht noch am ehesten) oder italienischen Rechtsparteien leben wollen. Städte konnen auch unter der Sinistra schön, gut geführt und ordentlich sein, siehe Mantua - obwohl ich auch da die Sinistra persönlich kenne und diese Sinistra Null Toleranz für Migrationsnebenwirkungen wie abgebrannte Nachbarshäuser hat. Nur, wer Urlaub in seinem gewohnten politischen Umfeld deutscher Linker machen will, sollte besser den Alpenraum meiden, wenn er in einem netten Hofladen mit dem Kürbiskernbrot nicht auch ein paar gar nicht so biologisch schräge Thesen bekommen will. Die Zone des politischen Gifts beginnt schon beim Konditor von Gmund, ein wirklich stattlicher, leider inzwischen verstorbener Mann, der seinen Laden aus dem Nichts aufbaute und kurz nach der Pensionierung als führender CSUler starb. Ich will gar nicht wissen, wie viele politisch korrekte und pralinen- und tortenoffene Haupstädter jetzt nachträglich würgen würden, wenn sie in allen Details wüssten....



Wenn diese Kreise heute - leider auch von Seiten mancher Leute, die ich hier durch die Lokalitäten führte - über Abgrenzung und Ausgrenzung von Menschen mit abweichenden Einstellungen reden, wenn man bei Twitter zu Anne Wizorek steht, für die alles von Spahn bis Höcke eine braune Suppe ist, dann muss man schon mal fragen dürfen, wo diese Leute vor 4, 5 Jahren dachten, Urlaub zu machen. Sie finden es in Ordnung, Läden zu boykottieren, die AfD-Stammtische erlauben? Falls ja, dann sind im ganzen Alpenraum nur einige Viertel grösserer Orte wie Wien, Innsbruck, Graz, Trient, Zürich und Basel mit dem Helikopter anzusteuern. Ich kenne auch solche Lokalitäten, in denen die liberale Jugend verkehrt, die sind nur oft eher teuer. Es liegt weiss Gott nicht an mir, ich habe die übleren Aspekte der Region, die bis in die Gegenwart andauern, niemandem verschwiegen, und wer hier mit mir war, der kennt das Schöne wie das Abgründige. Es ist gar nicht zu übersehen gewesen, auf den Bildern sind auch Plakate mit den markigen FPÖ-Sprüchen.

Aber irgendwie war das früher alles noch tolerierbar. Man nahm es in Kauf. Man fand das alles trotzdem schön, man setzte sich an die Tische von Leuten, bei denen aus jeder Maserung und aus jeder Kachelofenplatte eine Vergangenheit drang, die heute bis aufs Messer bekämpft wird. Ich sehe die Bilder und erinnere mich, dass exakt die gleichen Personen, die heute Heimat verdammen, damals gut darin lebten. Das Bild ganz oben ist vom Beifahrersitz aus gemacht, weil damals jemand schnell Kurven fahren wollte, der den individuellen Autoverkehr heute bekämpft. Ich kann das sogar verstehen, weil Autofahrer in Berlin wirklich eine Pest sein können, aber ich wüsste nur zu gern, wo das Differenzierungsvermögen der gar nicht so lange verschwundenen Vergangenheit geblieben ist. Mir war schon bewusst, dass man damals besser nicht die Niggemeiers und Lasersushis mit Bildern bei Twitter Verdacht schöpfen liess, bei wem man da gerade die Landluft erfährt. Es gab da so eine Art, sagen wir mal, stillschweigendes Akzeptieren von Unterschieden.

Die meisten werden wissen, dass Niggemeiers Übermedien gerade einen Anschlag auf meine berufliche Existenz losgetreten hat, weil ich, wie jeder andere Reporter, Bilder im Görlitzer Park gemacht habe. Nun, es war nicht wirksam, weil man Niggemeier, Geuter, Lauer und all die anderen zur Genüge kennt und die FAZ nicht einknickt, egal ob der mit dem immer vom gleichen Hass erfüllte Mob von rechts oder links kommt. Ich weiss schon, warum ich dort explizit arbeiten will.

Ein Teil dieser Welle, die da gegen mich gemacht wurde, wurde bewusst von jener reichweitenstarken Internet-Person empfohlen, die am obigen Tisch neben mir sass, und der ich am Steuer neben mir bedenkenlos mein Leben anvertraut habe. Das muss man wissen, wenn man über die Entwicklung der letzten 4, 5 Jahre in Deutschland spricht. Und ich fürchte, dass ich da alles andere als ein Einzelfall bin. Es weimart schon sehr.

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Mittwoch, 7. Februar 2018

Jetzt auch Tarantino

Tarantino steht, wie man im Netz schon früh nachlesen kann, auf der feministischen Abschussliste, weil der sich nicht genug von seinem Freund unds Partner Weinstein distanzierte. Insofern ist es nur logisch, dass Uma Thurman jetzt als Neufeministin ihn gleich ans Messer geliefert hat. Ich habe dazu etwas in der FAZ geschrieben.

Privat möchte ich anfügen: Das ist möglicherweise die Auflösung der multioptionalen Singlewelt, in der ich viel Spass hatte. Die Singles und die wie Singles Lebenden von früher geraten in Krisen, kommen mit dem Leben nicht mehr klar, weil sie Jugendansprüche nicht erfüllen und kein Gefühl für das Alter und seine Festlegungen haben, und dann suchen sie eben Schuldige. Dafür ist aber niemand da als andere Singles oder Leute in lockerer Paarbindung, und deshalb bremst sie erstens keiner und zweitens können sie sagen und im Rückblick auch erfinden, was sie wollen. Die Leichtigkeit der Jugend ist weg, die Verbitterung des Alters sucht sich Opfer - gern bei den Altersgenossen, die es besser geschafft haben. Wenn man sich mit 22 mit einem anderen nicht vestanden hat, hat man sich eben eine andere Option gesucht. Mit 53 hat man - übrigens auch als Mann - die Optionen alle durch, und dann tänzelt einem einer durchs Bild, der damals nicht genehm war und heute mehr hat. Ich erlebe das leider selbst aus gewissen Kreisen, die sich auch zu Höherem berufen fühlten und momentan entdecken, dass die Bloggerei/Social Media Phase für sie ein Irrweg war.

Vielleicht ist Tarantino menschlich wirklich übel, ich weiss es nicht, aber ich denke, man sollte nicht einfach alles gleuben, was Schauspieler oder andere Leute mit felxiblem Umgang mit der Wahrheit so vortragen.

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Montag, 5. Februar 2018

Zu kalt und keine Krapfen

Eigentlich sollte es schön werden, und ich wollte rodeln gehen. Schön wurde es auch. Ich mag ja diese mystischen Landschaften, aus denen gleich ein Tatzelwurm hervorkriechen könnte.



Leider kroch etwas anderes, und zwar Nebel aus dem Norden. Am Alpenrand hat sich eine Wolke festgesaugt, und sie kam bis St. Quirin, also 2 km zu weit in den Süden. Gleichzeitig rutschte eine andere Wolke das Kreuther Tal hinunter und leckte am Südende des Sees. Dazwischen war es schön und kalt.



Und dort, wo ich entweder auf dem Liegestuhl liegen oder rodeln konnte, hässlich und kalt. Und Krapfen gab es beim Lengmüller auch keine mehr. Es kam also einiges zusammen, aber die Bilder wurden wenigstens gut. In Berlin streiten sie über eine neue Regierung, die keiner will und am Wahlabend auch keiner mehr wollte. Da kommen zwei Nebelbänke aufeinander zu, wie hier auch, das Gute ohne sie wird verschwinden, und Krapfen wird es auch keine geben.

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Montag, 5. Februar 2018

Puderzucker

Es braucht nur ein paar Zentimeter Schnee, dann ist der Tegernsee wieder wie im tiefsten Winter. Die Bäume sind weiss, und es fühlt sich viel kälter an, als es wirklich ist.



Aber egal wie das Wetter wird, ich habe Berge von ungelesenen Büchern dabei, immer noch stattliche Hügel von CDs mit komplexer musik, und obendrein ein wenig Schlafmangel, den ich hier zu kurieren gedenke.



Das wird schon alles gut.

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Dämmwut

Ich bin ja momentan etwas, sagen wir mal, verplant, weil nach vielen Jahren der Ruhe und des Zeuderns vom Familienrat die Renovierung des Hinterhauses in Angriff genommen wurde. Vor 5 Jahren gab es auch Gespräche mit diversen Leuten, die verschiedene Vorstellungen hatten - vom Abriss und Neubau über die Totalsanierung mit Aussentreppe bis zu einem Herrn, der ablehnte, als er hörte, dass aus bautechnischen Gründen und wegen eines denkmalgeschützten Mauerrests des späten 12. Jahrhunderts auf der Rückseite eine Dämmung nicht möglich wäre. Ungedämmt ginge einfach nicht, sagte er wenig freundlich. Das müsste heute sein. Auch im Altbau, meinte er, und schaute böse zum komplett ungedämmten Vorderhaus. Das werde man auch irgendwann eindämmen. Dass ich Fälle kenne, in denen Dachdämmung die alten Konstruktionen ruiniert hatte, liess er erst gar nicht gelten. Er wurde richtig böse. Das passiert öfters, die Frage der Dämmung für den Klimaschutz hat mitunter quasireligiöse Züge. Manche gehen einem bei diesem Thema fast an die Gurgel, und da habe ich noch nicht mal gesagt, dass 50 Meter mehr Meeresspiegel Hamburger und Berliner Probleme wegwaschen würden.

Natürlich weiss jeder Bayer, wie grob die Latten oft an den Rückseiten der Altäre mit dem Allerheiligsten sind, und deshalb ist meine Meinung im Religionsstreit der Klimasektierer lockerer. Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen Dämmung und bin auch kein Klimawandelleugner, ich finde nur Plastikschaum falsch. Und es freut mich immer, wenn man auch mal die groben Latten auf der Rückseite der gebauten Klimaideologie zu sehen bekommt - selbst wenn es in diesem Fall wenig erbaulich für die Eigentümer ist.

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Samstag, 3. Februar 2018

Norweger für die Berge

Seit 10 Jahren wohne ich jetzt am Tegernsee.



Und das bringt es so mit sich, dass der sogenannte Winterschlussverkauf in den Niederungen mehr so ein Mittwinterverkauf für mich ist - vor April ist es in den Bergen selten Frühling, und selbst, wenn der Schnee direkt am See selten liegen bleibt, so sind doch die Höhen meistens weiss und Nachts steif gefroren. Ich habe mich in den letzten 10 Jahren unter dem Druck des Klimas massiv angepasst und gehe heute nicht mehr achtlos an Stiefeln vorbei, wenn sie gut und bezahlbar sind. Für meine Stiefel aus Verona bekam ich sogar Lob in Berlin, meine Schuhe wären die besten auf dem Podium gewesen (ich hoffe, die Damen lesen das hier nicht, ich habe keine Angst vor Mobs aus dem Netz und psychisch maroden Stalkerinnen aus der Drogenhändlerfreundeszene, aber bei gut angezogenen Frauen weiss man nie...)

Aber wie es nun mal mit den Stiefeln ist, sie sind mir eigentlich zu schade für schlechtes Wetter, mit dem Ergebnis, dass ich zwar einige Paare in verschiedenen Farben habe, aber die in aller Regel nicht trage. Die Neuesten hatte ich sogar in Berlin dabei, aber DAS wollte ich ihnen zum Auftakt nun wirklich nicht antun. Und weil das Wetter kalt bleibt und ich wieder in die Berge gehe und zufällig auf dem Weg vom Wochenmarkt bei einer Boutique vorbei kam, in der sich vor 40 Jahren die Schwulen einkleideten, und die heute auch HHochzeitskleidung für Herren und Damen führt, so ändern sich die Zeiten:



Konnte ich nicht ganz Nein sagen. Es ist schrecklich. Ich sage zwar immer, dass man nie genug Schuhe haben kann, aber ganz ehrlich, eigentlich brauche ich die Wohnung am Tegernsee allein schon, um den Schuhbesitz zu begründen: "In den Kofferraum passt nichts rein, ich kann nicht 4 Paar Schuhe mitnehmen, es müssen überall welche sein". So bedingt das eine das andere und das andere wiederum das eine.

Anfang/Mitte März machen unsere Trachtenvereine hier ihre Märkte. Ich sollte dann nach Italien reisen.

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Samstag, 3. Februar 2018

Brandenburger Frustration

Ich habe vor ein paar Monaten bei Ebay einen Rahmen gekauft, ohne nachzuschauen, ob der auch verschickt wird. Wurde er nicht. Und er war auch reichlich weit weg, nördlich von Berlin. Es dauerte also jetzt 4 Monate, bis ich die Gelegenheit hatte, ihn abzuholen: Ein Look KG131, mit 3 Rohren aus Carbon und der Rest aus Alu. Im Prinzip wie ein alter, geklebter Alan- oder Vitusrahmen, nur mit Carbon an den Stellen, wo es unkritisch ist. Einen KG 181 aus dieser Zeit habe ich schon, da ist die Carbongabel im Kopf gerissen. Und auch an anderen Stellen schaut es wüst aus. Hier nun sind 200 Gramm mehr auf den Rippen, für deutlich mehr Sicherheit: Alugabeln sind altbewährt und brechen fast nie, und der Rahmen ist in einem recht guten Zustand.



Die Idee war und ist nach dem Erwerb einer Shimano 105 3x9 Gruppe für lachhafte 50€ der Aufbau eines besonders billigen Alpenrades - vor dem Hintergrund, dass der Rahmen so viel gekostet hat, wie normalerweise Steuersatz, Sattelstütze, Cinelli-Lenker und Vorbau zusammen. Lenker und Vorbau gehen in ein anderes Projekt und sorgen dafür, dass diesews Rad unter der 300€-Grenze bleibt, und eigentlich war der Aufbau einfach. Bis ich versuchte, die Aussenhülle durch das Oberrohr zu fädeln. Da habe ich drei Tage immer wieder Züge eingeführt, gestochert, Züge geboben, weiter gestochert - es ging nicht. Letztlich musste ich die verklebte Abdeckkappe herausbrechen und feststellen, dass das Führungsrohr hinten nicht in die Öffnung führte. Man sollte denken, das wäre bei so einem Produkt besser gelöst, aber nein.

Anfänger wären mit solchen Problemen vermtlich völlig überfordert, und das kunstvolle Abbrechen von eigentlich nicht abbrechbaren Klebeteilen auf Carbon sollte man auch schon mal gemacht haben. Kauft euch Rahmen mit offen liegenden Zügen, da weiss man, was man hat, und man sieht, woran es fehlt. Jetzt ist die wilde Mischung mit vielen Teilen aus der Restekiste fast fertig, es fehlt eigentlich nur noch schönes Wetter.

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/Lauer

Als der frühere Piraten- und jetzige SPD-Anhänger Christopher Lauer im letzten Bundestagswahlkampf einen AfD-Wähler geoutet hat und dessen Identität ins Netz stellte, hatte ich ein Hintergrundgespräch mit einem relativ wichtigen, älteren Mann innerhalb der Bayern-SPD - wie es der Zufall will, kenne ich da ein paar Leute. Es war einer von denen, die kommen sahen, was dann tatsächlich bei der Wahl auch passiert ist, und der schon länger weiss, dass die Partei zunehmend den Kontakt zur Realität der Kernwähler verliert - speziell die eher linke, auf München und Nürnberg konzentrierte Bayern-SPD. Der Mann war von Lauers Aktivismus ziemlich entsetzt und meinte damals, der würde mit dieser Art in der Partei ganz sicher nicht nach oben kommen: Es sei ein Kardinalfehler, das Opfernarrativ der AfD zu füttern, indem man auch noch ihre kleinsten Wähler wie Kriminelle verfolge und versuche, sie beruflich zu beschädigen. O-Ton: Der werd bei uns nix meah.

Ich habe damals den geplanten Beitrag aufgrund der Geschwindigkeit der Ereignisse nicht geschrieben, aber nach dem, was man so hörte, hat sich Lauer tatsächlich den Weg zur parteiinternen Förderung verbaut. Wer weiss, vielleicht spielte damals auch der Wunsch mit, sich der Partei als tatkräftiger Macher zu zeigen - falls es so gewesen sein sollte, war es wenig hilfreich. Es sieht übrigens auch nicht so aus, als würde ein geschwächter Schulz irgendwelche GroKo-Wohltaten unter den Lobos dieser Nation mit der Sozispezi-Internetcharta verteilen können. Geld für Brüssel und Familiennachzug für "subsidiär Geschützte" waren der SPD wichtiger als irgendwelche Leute aus dem Netz.

Lauer hätte für die SPD vielleicht was tun können, wenn er nach der Outingnummer einen Rückzieher gemacht hätte, aber er spielte sich zumindest im Netz weiter in den Vordergtund, und gibt erst jetzt, nachdem er die Jugend im Tagesspiegel vergeblich zu einem Streik gegen die Alten aufgerufen hat, von sich aus auf.

Es will lieber studieren und promovieren, und er meint:

"Voraussetzung dafür wäre natürlich, eine entsprechende Förderung für diese Forschung zu erhalten."

Natürlich, aha, soso. Da schau an. Natürlich Förderung. Nun ja. Ausserdem wendet er sich dem Erwerbsleben zu:

"Aber auch mit einer Festanstellung hätte ich momentan kein Problem, wenn Aufgabenbereich und Rahmenbedingungen stimmig sind"

Mir ist das tatsächlich einmal in meinem Leben passiert, bei Frank Schirrmacher, der mir Honig ums Maul schmierte wie allen anderen auch, und mich behielt, weil ich das nicht wollte und bei den Blogs so malocht habe, dass ich nach 6 Monaten eine Mittelhandknochenentzündung vom Kommentieren und Editieren hatte. Ich bin noch da, weil Schirrmacher wusste, dass ich auch um 3 Uhr in der Früh noch erreichbar war und einen Hunger nach Rabatz und Debatten hatte. Ich habe nicht nach stimmigen Rahmenbedingungen gefragt,. sondern geschaut, was die anderen leisten, und versucht, doppelte und dreifache Leistung zu bringen. Lauer durfte auch ein paar Texte bei der FAZ abliefern, wie auch andere Piraten: Inzwischen macht er halt Videokolumnen beim Tagesspiegel.

Und ich habe mir einige Aspekte seines Vortrags, die ähnlich realistisch wie seine Erwartung an die Erwerbsarbeit sind, jetzt einmal genauer angeschaut und mit etwas Erfahrung unterfüttert. Es war nämlich schon immer so, dass man für die Arbeit ein wenig mehr tun musste, als Forderungen zu stellen, und ich hoffe, der alte Bayernsozi liest diesen Beitrag. Leider ist es für die Partei zu spät, es gibt da zu viele, die auf ihren Posten kleben und ähnlich verächtlich über die denken, die wirklich arbeiten und nicht einfach nur erwarten, dass ihnen jemand das Angenehme präsentiert.

Vielleicht war's das von ihm. Aber ich fürchte, spätestens wenn es Die Linke zerlegt, wird er wieder auftauchen.

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