Sie wollen ein Praktikum bei uns machen?

Echt? Sie wissen aber schon, dass wir hier in der Munich Area in unserem Media Kluster nicht jeden nehmen... ist immerhin ein unbezahltes Praktikum, Vollzeit und so, und das heisst nichts von wegen 38,5 Stunden, sondern echtes Engagement... schliesslich haben wir die Vollzeitkraft gerade gefeuert, deren Posten Sie übernehmen - wenn wir Sie überhaupt wollen; schliesslich wollen Hunderte diesen Posten haben.

Also, die Tätigkeiten: qualitative und quantitative Marktforschungsprojekte, Organisation, Moderation und Auswertung qualitativer Studien, Arbeit mit TV-Quoten, Erstellung selbständiger Berichte, Einblicke in die Bereiche Advertising und New Media, Public Relations sowie Relationship Marketing.

Was wir von Ihnen erwarten: Absolvent/Student der Wirtschaftspsychologie, Kommunikationswissenschaft oder BWL mit Schwerpunkt Marketing oder Psychologie, erste Kenntnisse im Bereich Marktforschung, mathematisch-analytische Stärken, Selbständigkeit, , soziale Kompetenz sowie gute PC-Kenntnisse (Excel, SPSS, Access).

Nur damit das nochmal klar ist: Kohle is nicht.

Montag, 24. Mai 2004, 16:16, von donalphons | |comment

 
Klasse Laden!
Verlangt nicht auch noch was für den sog. "Ausbildungsaufwand".

Siehe Realität; siehe Röggla "Wir schlafen nicht".

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Hey, das ist nun mal Marktwirtschaft. Ein Absolvent mit diesen Qualitäten steht normalerweise nicht auf der Strasse. Also wird - in diesem seltenen Falle - nicht die Not der Leute ausgenutzt. Wer nun mal zu den Medien will, die ja angesagt sind, muss einen Preis dafür zahlen.

PS. Bekommen die wirklich einen Psychologen/BWLer/Soziologen mit Marktforschungskenntnissen, Methoden/Statisktik, SPSS und Selbstständigkeit für lau?

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Wo lebst Du?
Ein Ansolvent mit diesen Qualitäten steht nicht auf der Straße? Was für ein Blödsinn ist das? Beispiele aus meinem Bekanntenkreis: Diplom-Sozialwirtin mit Berufserfahrung als Redakteurin (35), die in einem Call-Center als Telefonistin arbeitet und nicht davon ausgeht, in ihrem Leben nochmal was Anderes zu machen. Promovierter Ethnologe (42), der von Sozialhilfe lebt und ebenfalls davon ausgeht, dass er sein Leben damit beschließen wird.
Und haufenweise Akademiker mit 1er Abschlüssen, die sich als Ein-Personen-Unternehmen mit Buchhandel, Gemüsemarktstand oder Frittenbar selbstständig machen, um der Enteignung durch das Sozialamt zu entkommen.
Und natürlich bekommen die Unternehmen Leute mit solchen Qualifikationen für lau.

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Hey, das ist nun mal erbärmlichster Manchester-Kapitalismus. Merke: nicht alles, was geht, sollte man auch tun. Sowas nennt man dann "Ethik". - Und ja, auch Privatschulenabsolventen sitzen inzwischen schon - nein, nicht auf der Staße, aber auf Papas und Mamas Terrasse. Womit auch die Frage schon fast beantwortet ist, wer in unserer ach so klassenlosen Gesellschaft es sich leisten kann, für lau zu arbeiten.

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@Che: Vor allem: "*Wovon* lebst Du?"

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Abgesichert, aber das wars auch
... kann nur heilfroh sein, dass ich um solche Ausbeutungsverhältnisse herumgekommen bin und nen anständig bezahlten PR-Job habe. Aber den Doktortitel kann ich mir auch in die Haare schmieren, und hinter meiner vor 5 Jahren vollendeten Diss fällt alles, was ich jetzt mache, ins Belanglose zurück.

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Was erwartet ihr vom Leben? Bloss nichts Belangloses? Meine Diss ist auch nur noch gut für den Personalausweis, aber es zählen nun mal die Fähigkeiten, die man verkaufen kann. Die Sozialwirtin/Redakteurin und der Ethnnologe haben haben zu wenig davon. Statistik, empirische Methoden, Marktforschung,... sind immer noch Pfunde, mit denen sich im Kampf um die Arbeitsplätze wuchern lässt. Im übrigen suchen wir Gesundheitsökonmen, gerne auch mit Ökonometriekenntnissen. Die stehen nicht auf der Strasse.

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halb und halb
Beim Ethnologen stimme ich Dir zu, bei der Sozialwirtin gar nicht: Statistik, empirische Methoden, alles vorhanden-aber zu alt gewesen, um ein Volontariat zu bekommen, und das heißt in diesem Fall 30.
Und in einer zu verantwortlichen Position tätig gewesen, um noch als Research-Baby angeheuert zu werden

Und ich kenne es aus eigener Anschauung bei einer großen regionalen Tageszeitung: Volontariate werden an die eigenen Kinder vergeben und an die der wichtigsten Anzeigenkunden. Das, was Habermas mal in "Strukturwandel der Öffentlichkeit" skizziert hat, vollendet sich mit mächtigen Schritten zu einer Kastengesellschaft. Auf der anderen Seite: Nicht alle Pfunde sind zum Wuchern gut. Ich überlege mir mittlerweile, bei künftigen Bewerbungen meinen Doktortitel zu verschweigen und für die Zeit meiner Dissertation "Tätigkeit als Freier Journalist und VHS-Dozent" zu schreiben (was ich nebenberuflich in dieser Zeit auch gemacht habe), weil ich überall als überqualifiziert abgelehnt werde. Und ehrlich: Solche Probleme, zumindest in dieser Ausprägung, gibt es nur in Deutschland. Von den USA bis Dänemark würde mir kein Land einfallen, wo eine Promotion aus diesem Grunde zum KO-Kriterium wird.

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Volonteriate
Was mich erschreckt ist, dass in ganzen Branchen die "Normalarbeit" wegbricht, wie im Medienbereich. Alles nur noch prekäre Arbeitsverhältnisse mit Honorar, Zeitverträgen, Praktika, ...

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Wenn eine Branche so weit ist, daß sie ihre Praktika bei MTV verlosen kann, sollte man sie ohnehin meiden, scheint mir. Die Medien (meinetwegen auch der "Medienbereich"), sind viel zu hip geworden für ernsthafte Menschen. Ich hab' keine Innenansicht, aber anders kann ich mir nicht erklären, daß man im Radio kein Deutsch kann, im Fernsehen schon gar keine grammatischen Sätze mehr macht und in den Feuilletons nur noch alle Jubeljahre ein überraschender Gedanke auftaucht.

Es ist jedenfalls nicht nur die Tendenz des Marktes zur Mittelmäßigkeit: Auch wenn man ein primitives Formatradio mit einer Zielgruppe macht, die vor Dumpfheit kaum gehen kann, könnte man die Agenturmeldungen von Leuten umschreiben lassen, die deklinieren können - trotzdem setzen sich da offenbar diejenigen durch, die selbst bei den Vierwortsätzen des Privatfunks den Überblick verlieren.

Ich dachte mal, als ich sehr jung war: Du könntest das besser als die, das ist doch immerhin eine Qualifikation, die dich ernähren kann. Von wegen. Küsst meinen Arsch, Medien. Ich bin jetzt nämlich verbittert.

Die ganze Bande ist mir zuwider, ich dien' mich denen nicht mehr an. Ich hab' keine Lust, als Bittsteller behandelt zu werden im Hipnesswettbewerb um die heiligen Praktika, im Rennen gegen Leute mit so fabelhaften Qualifikationen wie grüngetönten Sonnenbrillen und hyperaktiven Mobiltelefonen. Ich sprech' auch deren ewig sonnigen Kreativen-Jargon nicht.

Mensch, wenn wir die paar öffentlich-rechtlichen Punks nicht hätten, man könnte wirklich bloß noch blogs lesen.

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Mein Liebling in dieser Hinsicht sind die Netzpiloten, die solange ich sie kenne, noch nie ein ernsthaftes Stellenangebot auf ihrer Seite hatten. Inzwischen wollen sie sogar Sachbearbeiterjobs an Praktikanten vergeben: http://www.netzpiloten.net/jobangebote.html

Daß nicht zählt, was ich kann, sondern nur daß ich (es oder irgendwas) verkaufen kann, habe ich auch erst in den letzten zwei Jahren gelernt.
Begriffen habe ich es eigentlich immer noch nicht.

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Kaum zu glauben, komma
Das ist auch schwer zu begreifen. Wenn ich mich anschaue: Ich habe nen Job, würde mich aber gerne beruflich verbessern. Ich schreibe pro Woche drei bis fünf Bewerbungen (dies seit drei Jahren) und habe es noch nicht in einem Fall zum Vorstellungsgespräch gebracht. Ich bin promoviert (magna cum laude), habe elf Jahre journalistische Berufserfahrung und bin außerdem per Weiterbildung ausgebildeter Mediengestalter, schreibe also nicht nur professionell, sondern mache auch gleich noch die ganze Druckvorstufe selber, ebenso das Webdesign. Und scheinbar kann mich niemand brauchen-außer meinem jetzigen Brötchengeber. Und ich verkaufe seit 2000 meine Produkte/Unternehmen höchst erfolgreich, aber mich scheinbar nicht.

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Alleskönner
sind nicht gefragt, da es für alles outgesourcte Spezialisten gibt. Webdesign macht der/die Webdesigner/in, Druckvorstufe der Druckdienstleister, Schreiben der Texter. Ich sehe das jeden Tag bei uns in der Fabrik. Kosten-Nutzen-Modelle werden von Ökonomen gerechnet, die den ganzen Tag nichts anders machen und die von den Produkten oder Themen nicht den Schimmer einer Ahnung haben, und denen das auch ziemlich egal ist. Hauptsache die Sensitivitätsanalsyse haut hin. Denken schadet der Verkäuflichkeit.

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Kosten-Nutzen
... und dann sehe ich, wie ich alleine das hinkriege, was in den quälend langsamen Ketten der arbeitsteiligen Produktion ein Grafik-Design-Studio, eine PR-Beratung und eine Druckerei (bzw. der Setzer) dort mit dem sechsfachen Personalaufwand und in der vierfachen Zeit produzieren. Mein Chef weiß, was er dadurch einspart. Aber die Formulierungen in manchen Absagen, die ich so bekommen habe, lasen sich schon schrill. Das ging so weit, dass mir meine Vielseitigkeit als mangelnde Ernsthaftigkeit ausgelegt wurde, nach dem Motto: Nicht richtig bei der Sache, weil er ja alles macht. Und ich glaube, vor dem Doktortitel haben Personaler schlichtweg Angst. Ich bleibe dabei: In anderen Ländern wären diese Coreassets Vorteile, keine KO-Punkte. Der deutsche Arbeitsmarkt ist schon sehr eigen....

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...
Ähnliches habe ich inzwischen auch schon mehrmals als Aushang unsrer Asta-Jobvermittlung in FFM hängen sehen.

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