Ich war eingeladen

Ich war dort. (Und es klingt vielleicht negativer, als es gemeint ist. Meine innere. negative Weltsicht passt sich nur knirschend positiv drehenden Veranstaltungen an)



Manchmal frage ich mich, was mich so verändert hat. Ist es einfach nur das Alter? Die Erfahrung? Die New Economy? Die einsetzende Unbeweglichkeit? Bin ich einfach nur unsozial geworden, ein wenig früh, aber sicher nicht zu spät?

Ich besuche Einladungen, weil ich eingeladen bin, und wenn ich denke, dass es angenehm wird. Aber mir fehlt der Elan, restlos begeistert zu sein. Lustigerweise war auch der Besitzer jenes Hotels in den Bergen da, dem (und der bayerischen Staatsregierung) ich die beiden besten Empfänge der New Economy verdanke: Damals war ich, war es dezidiert anders. Früher gab es Einladungen, zu denen ich gern ging, und andere, zu denen weniger gern ging. Aber ich ging meistens. Heute gehe ich so gut wie nie, wegen Desinteresse. Wenn ich noch auf einer Podiumsdiskussion bin, und dann die Frage gestellt wird, ob wir uns nachher noch zusammensetzen und das tun, was vielen wichtig ist - die Chancen für Weiteres ausloten - habe ich vorher immer schon einen überzeugenden Vorwand, es nicht zu tun.



Es ist mir auf solchen Empfängen angenehm, einen unscheinbaren Realnamen zu haben, der nicht auffällt - den kann man quasi als Pseudonym nehmen, ohne dass Leute, mit dene man nicht reden möchte, eine Chance haben, einen gleich zuzutexten. Es gab da im Vorfeld eine gewisse Befürchtung, die dann auch prompt auf mich zusteuerte, Typus Kontaktemacher, Witzfigur von Spiegel Onschleim, der mich mit diesem Namen gleich als "keine Ahnung wer das sein soll" einsortierte, und sich weiter drückte, zu anderen, mit denen er mehr anfangen konnte. Und mir den Dialog ersparte:

"Ah, Sie sind Don Alphonso! Ich habe ja schon so viel von Ihrem Blog gehört."

"Nun, ich habe Ihren schleichwerbenden Blogversuch in der Gosse drüben sogar gelesen und würde jetzt gerne duschen gehen."



Immerhin war ich pünktlich am Hotel, trotz 320 Kilometer Anreise und etlichen Staus, 15 Minuten zu früh, und dann wusste ich auch wieder sofort, warum ich die Buchmesse nicht mag: Da war ein Jungautor vor mir. Nichts gegen finanzielle Probleme und abgerissene Hosen, aber wie man, wenn die anderen offensichtlich nur schnell den Schlüssel brauchen, 15 Minuten den Betrieb aufhalten kann, um die Dame am Empfang mit einer Recherche für die billigsten Möglichkeiten in Frankfurt zu blockieren, die man auch hätte selbst im Netz durchführen konnte - Iphone hatte er natürlich, WLAN ist überall vorhanden - das ist mir rätselhaft.

Da stand ich dann und musste mir Fragen anhören wie "Gibt es hier auch Taxis, die Nachts einen Sonderpreis machen" oder "Wenn ich nur schnell was mampfen will, wo gehe ich da hin?" Das passiert halt, wenn Verleger meinen, in Berlin finden sie angesagte Erstlingsautoren, und ihnen das Zimmer, aber sonst nichts stellen.



Tags drauf dann: Wieder daheim, und allein über Wiesen und Felder.

Montag, 11. Oktober 2010, 01:56, von donalphons | |comment

 
Großveranstaltungen sind ein Graus,
kann sein, dass einem das mit zunehmendem Alter (und den Erfahrungen der New Economy im Hinterkopf) stärker aufstößt. Ich war Ende der 80er und Anfang der 90er öfters auf diversen Medienkongressen, aber je mehr die Medientage München, das Medienforum NRW und wie die Branchenbeweihräucherungen sonst alle heißen zu saturierten Mammutveranstaltungen mutierten, wurde mir das zu einer Last, mich dem auszusetzen, den Wichtigtuern, dem blöd rumstehen beim Häppchenessen und alledem.

... link  

 
Oh ja, Medientage. Journalismus so hochkonzentriert wie Essigsäure. Brrr. Und das Essen erst, dem Publikum angemessen. Ich muss mal schauen, wann zeitgleiche Retrorennen sind, denn turnusgemäss wäre ich 2011 wieder auf dem Podium dran.

... link  


... comment
 
Ist wohl wirklich das Alter. Irgendwann ist einem die Zeit für leeres Selbstbeweihräucherungs-BlaBla zu schad.

Und der Jungautor: Ich musste da an einen anderen gehypten digitalen Jungintellektuellen aus Berlin denken, der erst in den USA gemerkt hat, dass man dort ohne Kreditkarte alt aussieht.

... link  

 
Ja, der junge Mann hat mich auch köstlichst amüsiert. Vor allem, weil er das auch noch ins Netz geblasen hat.

Danke für die Bestätigung mit dem Alter - wer will heute schon jung sein?

... link  

 
auch noch mal zu Jungautor: ja aber ist es doch nicht so, dass wir damals auch unerfahren waren und die Tücken und Fallstricke des Lebens durchaus vorhaben? In einer anderen Qualität, als jetzt im Alter....aber jede Zeit hat eben ihre Probleme...und was müssen junge Leute heute alles wissen, wenn sie in der Welt zurecht kommen wollen?

Da ist es schon ein Vorteil, alt zu sein

... link  

 
Klar waren wir auch unerfahren. Aber wir waren (und sind) bereit das Wagnis einzugehen, unsere Erfahrungen zu machen. Oder wir hören auf die Älteren...
Wir mussten auch einiges Wissen, um in der Welt zurechtzukommen. Meiner Meinung nach, ist die Welt nicht komplizierter geworden - es haben sich aber die Werkzeuge geändert. Und früher konnten wir nicht zum Handy greifen und uns Hilfe holen. Damals hatten wir noch Groschen bzw. eine Telefonkarte in der Tasche.
Früher sind wir einfach in die üblichen Viertel der (fremden) Stadt gegangen und haben uns was zu essen gesucht und nicht andere Leute mit (peinlichen) Fragen genervt.

Jeder Mensch ist immer in irgendeinem Bereich unerfahrten. Es kommt aber darauf an, wie ich mit meiner Unerfahrenheit umgehe.

... link  

 
Aber wenn jemand doch mit unendlich vielen Spezialexperten rund um die Uhr vernetzt ist und jeder vom jedem immer weiß, wo er gerade ist: müßte da nicht ein Minimum an brauchbarer Information herzukriegen sein, um der einen oder anderen Fall auszuweichen?

... link  

 
An der Hotelrezeption
Informationen einzuholen finde ich nicht per se verwerflich. Und begrenztes Spesenkonto ist auch keine Schande. Man sollte eine entsprechende Anfrage halt nur so timen, dass man den Betrieb nicht völlig aufhält. Soviel Gespür für die Situation ist gerade auch von jungen Menschen nicht zuviel verlangt, finde ich.

... link  


... comment
 
Wow...
...eine Tomatenrose als Deko! Waren Sie auf einem Nostalgieempfang? Es wird einem doch jeden Tag und von jeder Seite eingetrichtert man müsse sich ständig weiterbilden und entwickeln - aber dieser "Partyservice" kommt seit 40 Jahren wohl so durch... ;-) Herzallerliebst auch die Zitronenscheiben...

Also ich kann Ihre Abneigung total gut verstehen... ...und würde auch lieber die Zeit in der Natur verbringen...

Grüße

... link  

 
... der Fisch guckt auch eher resigniert.

... link  

 
Das ist in seiner Situation nur zu verständlich.

syrlins, das war bei der FAZ - allerdings kommt mir das öfters beim Verdecken nicht ganz so angenehmer Tierreste unter. Vielleicht bin ich da auch nur etwas zimperlich. Jedenfalls kenne ich auch moderne Buffets und sehe, ehrlich gesagt, die Schönheit des Fortschritts nicht. Das geht dort eher in Richtung Reagenzglasgrün an einem deliziösen Nichts mit geschmacksfreiem Wenig.

... link  


... comment
 
"Manchmal frage ich mich, was mich so verändert hat."
Dazu kam gestern im Münsteraner "Tatort" ein passender Spruch: "Guter Geschmack macht sehr einsam"

... link  

 
Das muss ich mir merken.

... link  

 
herrlich.....und es stimmt irgendwie

... link  


... comment
 
Die Photos 2 und 4 sind einfach umwerfend. So tolles Licht gibt es einfach nur im Herbst...

Dieser Grünschnabel, der den Betrieb aufhielt - meiner Erfahrung nach sind die einfach nicht mehr selbstständig genug, um sich um so etwas vorher selber zu kümmern. Wer auch immer - im Zweifel "Hotel Mama" - hat die bisher 24/7 rundumversorgt, da kann ja dann nichts Gutes herauskommen.
Eine Entwicklung, die schon seit bestimmt 10 Jahren beobachte, und dabei bin ich selber kaum dem "Windelalter" entwachsen.

... link  

 
Mal anders gesehen: der junge Mann hat sich einer eher brotlosen Kunst verschrieben und unter solchen Umständen nicht einfach ein Taxi nehmen zu wollen, ist keine Schande. Nicht jeder hat etliche Immobilien in der Hinterhand, die die Existenz bequem absichern.
Die Hotelrezeption der nächstliegende Anlaufpunkt für solche Fragen, die können das in fünf Minuten beantworten, während er im Internet länger hätte suche müssen.
Schon immer galt, daß man über Geld nicht redet - daß man auch übers Nicht-haben nicht redet, kommt wohl aus der Mode. Darüber kann man klagen.

... link  

 
Das Problem ist nur, dass das Taxi zum öffentlichen Nahverkehr gehört. Das bedeutet, dass der Landkreis bzw. die Regionalregierung die Fahrpreise festlegen. Taxen, die "Sonderpreise" machen, verstossen also gegen die Beförderungsbestimmungen.
Wer billig von A nach B kommen will, sollte Bus, Tram, U- und S-Bahn nehmen. Und hierfür gibt es die Recherchemöglichkeiten im Internet.

Wer dennoch nicht auf ein Auto mit Chauffeur verzichten will, fragt nach einem "Mietwagenservice" oder so ähnlich. Die sind dann wirklich billiger als Taxen, da nur der gefahrene Kilometer und nicht auch die Zeit Grundlage der Preisberechnung sind. Pauschalpreise sind hier übrigens auch möglich.

Ich will niemanden verurteilen, weil er mit seinen Mitteln haushält. Aber wie ich schon sagte, die Unselbstständigkeit vieler junger Menschen ist in meinen Augen das Problem.

... link  

 
Das kleine Problem war, dass ich mit einer Person verabredet war, die weder für meine Schusseligkeit noch für Ausreden irgend so etwas wie Verständnis mehr hat (Meine Schuld, aber ich versuche mich zu bessern). Es war also ein Notfall, und da kann so etwas schon scnnell an den Nerven zehren. Schliesslich hat der junge Mann bekommen, was er in etwa wollte, vom nicht ganz rechtmässigen Part mal abgesehen - aber das, was ich bekommen hätte, wenn er noch 10 Minuten länger gebraucht hätte, wäre allein meine Sache gewesen. Und nich alles Geld der Welt hätte meinen gewaschenen und rasierten Hals retten können.

... link  

 
"AH, Sie also sind Don Alphonso, .."
"- ich habe schon so viel von Ihren Fahrrädern gehört."

... link  

 
Ungefähr dieselben Gründe
habe ich, damit ich nie nicht wieder mehr auf eine Cebit muss. Bärch.

... link  

 
Och, ich stand den Rest des Abends am Satirikertisch, das war ziemlich lustig.
Bei nahezu jedem Empfang gibt es die Randfiguren, die nichts mit dem wichtigen Rest zu tun haben, die gilt es zu finden. Mit denen kann man Spaß haben.

... link  

 
Jetzt weiss ich auch, warum mir "Liquide" gefallen hat. Der Herr im schlammgrünen Anzug stand auch immer an diesen Tischen.

... link  

 
Auf der Suche nach einem Echo nachts in Halle 3 rumzugröhlen hat auch was gehabt. Haha!

... link  

 
lieber don, ist das die möglichkeit?
ihm kann tatsächlich jemand den kragen ordentlich zusammenfalten, während er noch drin steckt?

... link  


... comment