: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 25. Oktober 2010

Anstelle des Platzhalters

der mit diesem

l

versehentlich freigeschaltet wurde, sollte eigentlich ein Link zu meinem neuen, doch recht böse gewordenen Beitrag über ein Punktesystem für die Zuwanderung in bessere Kreise stehen. Aber ich bin einfach sehr nachlässig, und damit eigentlich gar nicht so gut passend zum perfekt laufenden Räderwerk der FAZ, dem mit etwas Fett beizutragen ich das Vergnügen habe.

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Die Enge

Bei alten Leuten kommt es manchmal vor, dass sie keine Lust mehr haben, ins Bett zu gehen. Statt dessen gewöhnen sie sich so an das Sofa, dass sie erst den Mittagsschlaf und später auch die Nachtruhe dorthin verlegen. In meiner Heimatstadt starb vor zwei Jahren die Frau eines Notars, der seinen meist älteren Kundinnen der Altstadt geholfen hat, Geld anstelle von Immobilien zu vererben, indem er die Häuser kaufte. Blöderweise starb er selbst, bevor der mit dem Entwickeln der Immobilien anfangen konnte. Wohl um die 500 Zimmer dürfte seine Frau besessen haben, aber die letzten Jahre ihres Lebens brachte sie in einem einzigen Zimmer zu. Nicht, weil sie nicht anders konnte. Sie hatte sich eben gut zwischen Fernseher und Sofa perfekt eingerichtet. Die Immobilien ihres Mannes rotteten derweilen vor sich hin.



Als sie dann gestorben ist, wurden die Häuser verkauft. Jemand, der mit der Verwaltung betraut war, und mein Interesse an alten Dingen kennt, zeigte mir das grosse Haus der alten Frau und das Zimmer, das ihr Kosmos geworden war: Nicht klein, nicht zuvollgestopft und auch gar nicht sentimental. Einfach ein Zimmer mit alten, aber gepflegten Möbeln, unauffällig und normal. Und eine ganze Welt auf 20 Quadratmetern. Ein paar Wochen später kamen die Ausräumer und warfen alles aus dem Fenster in den Container. Der Kosmos implodierte.

Und ich, der ich mich gerade bereit mache, mich für den Winter einzurollen, der ich Wasser in Heizungen nachfülle und Vorräte anlege bei jenen Händlern, die im Winter nicht auf die Antik- und Wochenmärkte kommen, der ich üppige Kerzenhalter kaufeund Bücher - ich habe ein wenig Angst vor den näherrückenden Wänden und dem Umstand, dass ich so oft auf dem Sofa einschlafe, bevor ich es dann doch noch ins Bett schaffe. Mein Kosmos wird enger, daran ändert auch seine Ausgestaltung nichts, mein Leben wird kleiner, beschützter, auch einfacher - Fragen wie "fahre ich vielleicht doch mal nach Berlin" spielen bei Schnee keine Rolle mehr - aber auch begrenzter und mit dem Grauschleier der Nebeltage überzogen.



Bleibt mir also nur dieses kleine Loch des Internets durch die Wände, zum Schauen, wie es woanders ist, in den engen Räumen anderer Menschen, für das Plaudern und Vergessen der Bleiplatten vor den Fenstern. Aber auch das geht vorüber, ab Januar ist hier Vollbetrieb und Dauerarbeit, draussen stehen schon Mieter und möchten gestern eingezogen sein; es mag kalt werden, aber der Druck ist da, die 10 neuen Zimmer nicht so verkommen zu lassen, wie die 500 Zimmer der alten Frau. Vermutlich schlafe ich dann auch wieder in meinem breiten Bett unter Spiegeln und Gemälden absonderlicher Frauen, und verlerne angenehm das Denken.

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