Wo die Reichen wohnen

Wo die Reichen wohnen, sagen sie mir ab und zu: "Ich muss das mal lesen, was Sie da schreiben, aber meine Tochter, die das mit dem Internet kann, kommt erst an Weihnachten." - und wird dann vermutlich auch etwas anderes zu tun haben, als obskure Webprojekte rauszukramen. Streiten vielleicht und am zweiten Tag wieder fahren. Soll alles schon vorgekommen sein.

Wo die Reichen wohnen, nimmt man dieses Netz nicht so ernst, und würde es auch nicht ernst nehmen, selbst wenn man in den Tiefen der Debatte endlich mal jemanden fände, der nicht mehr nur taktisch Pseudoargumente bringt, um damit bei den Medien aufzufallen - gell, der Blau von der Zeit hat noch immer nicht angerufen, so ein Pech aber auch - wenn man also endlich mal dem Kern der Wut armer Schweine in Berlin gegenüber stünde:

Jetzt weiß man zumindest wo man die größten Bonzenschweine findet. Verpixelung ein guter Indikator

sagt dieser Twitternutzer über den Vorfall, dass es wie immer ist: Auf die Hetze des Mobs kommen dann immer welche, die es etwas übertreiben und die "Bewegung in der Hauptstadt" diskreditieren. Und so ist die Linie perfekt: Spiesser, Idioten, Nixchecker, Störer, Verschmutzer, Bonzenschweine. Man wartet eigentlich nur auf den ersten, der das Recht für sich in Anspruch nimmt, anderen das Haus anzuzünden, weil es ja im Internet auch nicht ist, wozu braucht man es dann in der Realität. Und am besten natürlich bei den Reichen anfangen, immer bei den Reichen.

Was hinlänglich erklärt, was diese Leute trotz jährlichem iphone-Update und dem teuersten Mac sind: Arm. Vielleicht sogar gerade deshalb, mein T20 ist jetzt 9 Jahre alt und reicht mir. Wer nichts oder alles ausgegeben hat, hat wenigstens die kostenlosen Segnungen des Internets. Die umgekehrt eigentlich nicht durchwegs gut genug sind, als dass man sie als Reicher bräuchte. Das Leben hat einfach die besseren Alternativen zu bieten. Was, wie, Musik klauen, wozu, wenn man beim Händler in aller Ruhe probehören kann. Wozu digitale Layers für den billigsten Kaffee mit Internetzugang, wenn man den besten Kaffee wünscht, den sich diese Crowd weder leisten kann noch will.



Und während es hier Berge und Täler langsam einschneit, habe ich den Eindruck, dass es wohl immer der Fluch der Armen - oder hier in Digitaldeutschland, der Wohlstandsasozialen - sein wird, sich nach denen umzuschauen, die nicht so sind und sein müssen, die Optionen haben und sie sehr oft nutzen, die Armen nicht sehen zu müssen. Wozu auch, warum soll man sich das antun, eine Verständigung kann es nicht geben, aber schön ist es hier und das soll auch so bleiben - und auf Besuch dieser Art legt man auch keinen Wert. Warum? Weil die "da unten", siehe oben, tatsächlich so sind, man muss ihnen znur zuhören. Es geht dabei gar nicht um kommunistischen Klassenkampf oder politische Ziele oder Rechte, es geht einfach darum, dass der Blick in den subalternen Codierstuben und prekären Lebensverhältnissen immer auf jene gerichtet ist, die anders können. Was ihre Aussichten angeht, ist das ganze Leben wie ein gigantisches, komplett verpixeltes Streetview. Ihr kommt da nicht rein, ihr habt hier nichts verloren, leistet erst mal was und kommt dann wieder - das reicht, mehr muss man denen gar nicht ins Gesicht sagen, um ihnen mindestens einen miesen Tag zu bereiten.

Und nun eben auch noch in ihrem Internet. Worauf die Reichen verzichten können, aber wenn man sie hinein zwingt, dann tun sie das schon, das Aussperren der Anderen, ihr kommt hier nicht rein. Nicht absichtlich, den meisten geht es vermutlich nur um ihre Ruhe, aber es kommt anders an. Und so vermengt sich das alles zu einem Hassbild, für das minütlich Daten beim Pranger von findedaspixel gesammelt werden. Ab und zu gehe ich hin und drehe einen gefundenen Ort um 180 Grad, um sie zu frustrieren, aber darum geht es gar nicht.

Es geht, wenn ich die Signale aus Berlin richtig deute, um die Vorherrschaft. Sie prangern an, sie definieren Ziele und Gegner, sie bereiten Aktionen vor und kämpfen gegen Abweichler, die mitunter doch etwas erstaunt sind von der Aktion, bei der sie die Fusssoldaten sein sollen, auf dass die Führer dann bei Kongressen Case Studies vortragen können. Der Raum soll für jene, die es anders sehen, gerade recht eng sein, bei den Blogs geht es noch, bei Twitter, wo sich das Aso-Element schneller austobt, wird es schon schwieriger. Man hält dort gerade besser den Mund, denn die anderen sind die Mehreren, oder zumindest versucht jeder, genau das vorzugeben, statt zu sagen: Michi, Jens, haltet doch mal das Maul, ihr armen Trottel. Statt dessen: Ihr kommt hier nur rein, wenn ihr euch anpasst, ihr habt hier nur was mit der richtigen Gesinnung verloren, geht erst mal los und leistet ein paar Bilder.

Hier zu mir kommen sie aus Gründen natürlich nie her, und wenn sie klug wären, wäre ihnen vielleicht auch schon aufgefallen, dass sie sich jede Menge Arbeit doppelt und dreifach machen. Tatsächlich ist der einzige Effekt ihres Treibens, dass ich etwas misstrauischer bin, und still ein paar Entscheidungen treffe: Der und der kommt mir nicht rein, der und der hat hier nichts verloren, so Sachen halt. Jetzt ist sowieso erst mal Winter. Wer will da schon Hausfassaden sehen.

Bald gibt es wieder Rodelbilder, und die Kommentatoren sind am letzten Wochenende vor Weihnachten und am 2. Januar 2011 (nach meiner aktuellen Planung) gern eingeladen.

Dienstag, 23. November 2010, 00:36, von donalphons | |comment

 
Na ja: Es ist noch niemand durch ehrliche Arbeit reich geworden. Und: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt.

Im Ernst: Ist doch immer wieder erhebend, welche Rechtfertigungsapparate die Reichen konstruieren, um ihren Reichtum zu rechtfertigen. Ganz altes bürgerliches Modell. Gern auch mal sozialdemokratisch oder neuerdings grün.
Dann noch die Angst der Reichen, man könnte ihnen was wegnehmen. Da wird Zeuch gesammelt, Geld angelegt und gleichzeitig Gewalt gegen Sachen aber-sowas-von verurteilt. Ach, ihr seid schon komisch, ihr Wolhlstandsbürgerkinder...

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Schade, da habe ich wie gesagt keine Zeit. Aber womöglich bin ich auch zu arm für einen guten Schlitten. Bei den letzten Auktionen bin ich immer überboten worden...

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Leihrodel sind vorhanden.

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Zeit, lieber Don, Zeit - die müsste man mir leihen!

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Reich - was ist das ?

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Für mich hat es jedenfalls nicht im Entferntesten etwas mit dem vollkommen überholten Modell "Geld" zu tun - Reichtum drückt sich anders aus: Das Leben mit jedem Atemzug zu genießen, alles was man sich je erträumt hat bekommen zu haben und in aller Ruhe fernab von jeglichem Gedanken an den schnöden Mammon (von dem ja auch mehr herinkommt als herausgeht, was es natürlich relativ leicht macht) einfach nur zu genießen... sei es einen guten Wein, hervorragenden Kaffee, ein feines Essen, gute Musik, die ganz nette Sammlung schöner Instrumente (die natürlich auch gespielt werden), mit der wunderbarsten Frau der Welt zusammensein zu dürfen... hach, was regt mich da dieser Sturm im Wasserglas um ein paar Bilder mehr oder weniger im Netz auf ;-)

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Reich ist, was sie als solches definieren. Für manche ist es ein Haufen Geld, für andere Silberkannen, der eine genießt seine Freizeit auf Rennrädern oder -rodeln, der andere 16 Stunden am Tag im Büro. Mit virtualmonos Definition kann ich mich sehr gut identifizieren, ergänzt um die besten Freunde der Welt.

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ergänzt um die besten Freunde der Welt

Stimmt, das fehlte in meiner Aufzählung.

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schön!
ist es der samstag (oh, bitte) oder der sonntag (oh, nein) des letzten wochenendes vor weihnachten?
achja, ich müsste auf einen leihrodel zurückgreifen...

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Ich habe ja echt gedacht, der Don spinnt ...
... als er die Vergleiche mit der SA zog, die durch die Straßen ziehen und gegen die Verpixelung anstinken ...

Nach der Eier-vor-Fassaden-Nummer in Essen (und ich war sicher, dass dazu hier ein Artikel kommt) korrigiere ich mich gerne. Da warst du doch viel näher an der Realität als ich gedacht hätte ...

Erschreckend eigentlich ...

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ich hatte auch gehofft, ich würde maßlos übertreiben. aber irgendwie hatte ich es wohl doch geahnt, dass die tatsächlich keine anderen hobbys haben.
eine "bewegung" aber, die unwidersprochen von "digitaler armee fraktion" halluziniert, darf man auch mal historisch weniger einwandfrei verhohnepiepeln.

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Diesen Personen fehlt doch jegliche Relevanz im richtigen Leben. Wir hatten ja gestern die Selbstanpreisungen in Xing diskutiert. Jede Waschmittelwerbung hat mehr Substanz.

Und wenn Sie Ihnen sagen: "Ihr kommt da nicht rein, ihr habt hier nichts verloren, leistet erst mal was und kommt dann wieder ", dann werden sie vor Freude aufheulen, da sie alle ihre Vorurteile bestätigt sehen.

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Ja, das mit dem Fehlen der Relevanz passt irgendwie dann auch zu StreetView.
Die Argumentation geht ja teilweise etwas in die Richtung, dass die Häuser zum öffentlichen Raum gehören und das schließlich jeder fotografieren könne. Nun käme normalerweise kaum ein Mensch auf die Idee, Straße für Straße durch ostdeutsche Plattenbaugebiete zu fahren und dort Hauseingang für Hauseingang zu fotografieren (eigenwillige Kunstprojekte mal ausgenommen). Den Häusern fehlt schlichtweg die Relevanz für so etwas. Auf der anderen Seite habe ich z.B. eine Art Denkmalpflegeatlas für Dresden-Friedrichstadt - auch hier finden sich Fassadenfotos sämtlicher denkmalgeschützten Gebäude des Stadtteils. Aber hier erkenne ich sofort, woraus sich die Relevanz ergibt. Es ist nicht das gleiche.

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mir ist, offen gestanden, auch nicht ganz klar, was den don da bewegt sich dermaßen auf diese jammerlappen einzuschießen... das sind doch perlen vor die säue!

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weil man sie, die Quengler wider jede Sitte, damit ärgert. Zu Recht, und notwendigerweise. Weil man sie damit auf Abstand hält. "Solange ich Euch ärgern kann - kommt Ihr hier nicht rein." Gut so, weiter so!

... könnten sie anders - vielleicht würden wir uns ärgern. Vielleicht würden wir sie aber auch einfach machen lassen, aus Toleranz, aus dem nötigen (und nicht mehr als das) Respekt ggü. seinen Mitmenschen heraus. Ich glaube, da bin ich doch ein gut stück stolz darauf.

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Popcorn-Schlacht
Ich tobe mich nebenbei – man hat noch andere, ernsthafte Hobbies und muss mit ehrlicher Arbeit seine Brötchen bezahlen – auf den Blogs Carta und mscontra aus, bzw. ich lasse mich von den Nixcheckern J3N5 |335T und M1CHA37 533MA|V|V unterhalten. Die Unfähigkeit zur Diskussion, die sofortige Polemik und persönliche Ebene in der Diskussion, sobald Kritik zur Sprache kommt, diskreditiert diese Bande – nicht nur als Menschen, auch als Geschäftspartner. Diese Leute wollen vermutlich Geld damit verdienen und werden mit der Realität skeptischer bis ablehnender Kunden konfrontiert. Das einzige, was ihnen dazu einfällt, sind Zwang und Polemik. Aber diese Marketing-Strategie geht nicht auf. Auf diesen Hinweis folgt Schweigen im Wald. Wie schon zuvor beim Saunaspezie Jeff Jarvis wären Frischluft und eine Modelleisenbahn eine sinnvolle Investition. Das vorliegende Beispiel zeigt nämlich, was Bewegungsmangel im urbanen Umfeld bewirken kann.

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...man braucht es sich doch nicht anzutun, oder sehe ich das falsch ? Man geht ja auch nicht in Kneipen, in denen man mit Bier überschüttet wird...

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Rodeln...
Darauf warte ich schon sehnsüchtig!!! Wie ich in den Webcams sehe, hat es nun am Tegernsee endlich mal geschneit...

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Es reicht noch nicht, aber vielleicht, wenn es am Wochenende nochmal schneit, könnte man Anfangs nächster Woche einen Versuch wagen.

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Doppelsitzer Leihrodel....
erinnere ich mich wage gelesen zu haben.

Als ich meiner Holden - weder Kommentatorin, noch blog Leserin- erzählte, daß ich am zweiten januar gerne an der Tegernsee zum Rodeln möchte, wurde sie gleich neugierig.
So ganz ist ihr nicht klar, wer sich dort trifft. Aber sie wolle unbedingt mitkommen.
So bitte ich höflichst um den Doppelsitzer Leihrodel.

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Gerne!

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Ich setz' mich vor die Hütte neben Knickohr und schau' euch hinterher :o)

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