Ich liebe die internationalen Versandgebühren
Am 26. Dezember letzten Jahres hatte einer der bei Ebay inserierenden Kunsthändler ein Portrait aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Angebot. Schlecht photographiert, aber durchaus eindrucksvoll. Ich ging mit - und endete kläglich auf dem zweiten Platz. Ein anderes Gemälde aus der gleichen Zeit vom gleichen Verkäufer - kleiner, aber auch nicht schlecht - wurde mir etwas später zugeschlagen.
Ich fuhr zeitnah zu ihm, um es abzuholen. Bei der Gelegenheit sah ich auch das grosse Portrait, und es drehte mir den Magen um: Es war viele Klassen besser als die Photos, es war eine Wucht, es war spottbillig - und ein Amerikaner hatte es erworben. Nebenbei meinte der Verkäufer in mein Klagen, es gäbe da ein paar Unstimmigkeiten mit dem Käufer, dem die Exportgebühren in die USA reichlich hoch erschienen, und der mache nun Sperenzchen. Sollte sich etwas ergeben... ich hörte nie wieder etwas von ihm.
Bis dann im März das Bild erneut auftauchte. Der Amerikaner hatte sich geweigert, die Kosten zu übernehmen, man hatte sich geeinigt, auf das Geschäft zu verzichten, und so war es wieder da: Die gleichen Bilder, die gleiche Beschreibung, nur diesmal mit jemandem, der wusste, auf was er bieten würde. Ich ging ziemlich an die Grenze dessen, was mir gerade noch vertretbar erschien. Und ich wurde brutal von zwei Ausländern untergepflügt, die es unter sich ausmachten. Andere haben auch gute Augen, und mehr Geld.
Allerdings gab es Anzeichen, dass der Sieger ein in Ebay-Kunstkreisen wohlbekannter Herr aus dem fernen Osten ist, der bislang eher kleine Graphiken, Glas des Jugendstils und Bronzen bestellt hatte, und im Internet oft über seine Erwerbungen berichtet (man kennt sich halt). Und das Bild ist mit Rahmen sehr gross und sehr schwer, schon in Deutschland käme es mit einer Spedition und nicht mit der Post. Mir blieb also aus Erfahrung eine kleine, klitzekleine Hoffnung. Und siehe da: Auch der Herr aus dem Fernen Osten hatte den Hinweis nicht übersetzt, dass man sich besser vorher über die Versandkosten ins Ausland klar werden sollte. Die wären zwar, relativ zum Preis des Bildes gesehen, nicht hoch gewesen, aber absolut schon üppig. Also einigte man sich erneut... diese Szene ist da recht diskret und nicht nachtragend.
Alles ging von vorne los. Ich streckte mich zum äussersten, wirklich alleräussersten Limit, und weil ich Angst hatte, ich würde Blödsinn machen, falls ich in der letzten Minute doch noch überboten worden wäre, gab ich mein Gebot eine Stunde vorher ab und ging auf eine weite Radtour. Und als ich nach Hause kam - hatte ich gewonnen. Für einen Preis, erheblich niedriger als im März und im Dezember.
Natürlich leidet man. Und nicht immer geht es gut aus. Die Qualen können lang dauern, und manch einer verwindet es nie, im falschen Moment nicht geboten zu haben. Ein halbes Jahr, drei Chancen, ein glücklicher Ausgang - wie viel leichter wäre es, ein Poster mit der Skyline von New York zu kaufen. Andere sind vielleicht sogar glücklicher, weniger schmerzerfüllt, und gar nicht verrückt.
Aber ich tanzte in Radlerkleidung durch meine Wohnung und sang Händelarien.
Ich fuhr zeitnah zu ihm, um es abzuholen. Bei der Gelegenheit sah ich auch das grosse Portrait, und es drehte mir den Magen um: Es war viele Klassen besser als die Photos, es war eine Wucht, es war spottbillig - und ein Amerikaner hatte es erworben. Nebenbei meinte der Verkäufer in mein Klagen, es gäbe da ein paar Unstimmigkeiten mit dem Käufer, dem die Exportgebühren in die USA reichlich hoch erschienen, und der mache nun Sperenzchen. Sollte sich etwas ergeben... ich hörte nie wieder etwas von ihm.
Bis dann im März das Bild erneut auftauchte. Der Amerikaner hatte sich geweigert, die Kosten zu übernehmen, man hatte sich geeinigt, auf das Geschäft zu verzichten, und so war es wieder da: Die gleichen Bilder, die gleiche Beschreibung, nur diesmal mit jemandem, der wusste, auf was er bieten würde. Ich ging ziemlich an die Grenze dessen, was mir gerade noch vertretbar erschien. Und ich wurde brutal von zwei Ausländern untergepflügt, die es unter sich ausmachten. Andere haben auch gute Augen, und mehr Geld.
Allerdings gab es Anzeichen, dass der Sieger ein in Ebay-Kunstkreisen wohlbekannter Herr aus dem fernen Osten ist, der bislang eher kleine Graphiken, Glas des Jugendstils und Bronzen bestellt hatte, und im Internet oft über seine Erwerbungen berichtet (man kennt sich halt). Und das Bild ist mit Rahmen sehr gross und sehr schwer, schon in Deutschland käme es mit einer Spedition und nicht mit der Post. Mir blieb also aus Erfahrung eine kleine, klitzekleine Hoffnung. Und siehe da: Auch der Herr aus dem Fernen Osten hatte den Hinweis nicht übersetzt, dass man sich besser vorher über die Versandkosten ins Ausland klar werden sollte. Die wären zwar, relativ zum Preis des Bildes gesehen, nicht hoch gewesen, aber absolut schon üppig. Also einigte man sich erneut... diese Szene ist da recht diskret und nicht nachtragend.
Alles ging von vorne los. Ich streckte mich zum äussersten, wirklich alleräussersten Limit, und weil ich Angst hatte, ich würde Blödsinn machen, falls ich in der letzten Minute doch noch überboten worden wäre, gab ich mein Gebot eine Stunde vorher ab und ging auf eine weite Radtour. Und als ich nach Hause kam - hatte ich gewonnen. Für einen Preis, erheblich niedriger als im März und im Dezember.
Natürlich leidet man. Und nicht immer geht es gut aus. Die Qualen können lang dauern, und manch einer verwindet es nie, im falschen Moment nicht geboten zu haben. Ein halbes Jahr, drei Chancen, ein glücklicher Ausgang - wie viel leichter wäre es, ein Poster mit der Skyline von New York zu kaufen. Andere sind vielleicht sogar glücklicher, weniger schmerzerfüllt, und gar nicht verrückt.
Aber ich tanzte in Radlerkleidung durch meine Wohnung und sang Händelarien.
donalphons, 01:48h
Dienstag, 5. Juli 2011, 01:48, von donalphons |
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lebemann,
Dienstag, 5. Juli 2011, 13:45
Glückwunsch !
Darf man auf ein Bild des Bildes hoffen ?
Danke vorab.
Darf man auf ein Bild des Bildes hoffen ?
Danke vorab.
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donalphons,
Dienstag, 5. Juli 2011, 14:09
Danke!
Ich hole es bald ab und stelle es dann vor.
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urriegel,
Dienstag, 5. Juli 2011, 23:46
Gratulation! Die Vorfreude auf die Präsentation und wohltuend geistreiche Interpretation ist bereits fast unerträglich.
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donalphons,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 12:03
Ich unterhalte gerne, aber das rührt an mein Schamgefühl
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sterngucker,
Dienstag, 5. Juli 2011, 14:33
Wenn ich mich für jemand freuen kann, dann für Sie.
Ich denke, Sie sollten so langsam mal dran denken, eine Software zu installieren, mit der ein virtueller Rundgang durch Ihre Wohnungen möglich wäre. All die schönen Bildchen, Silberbestecke und -Kännchen und was sonst noch alles so bei Berliner, Pfaffenhofener und oberitalinischen Raubzügen herangeschleppt wurde...
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Ich denke, Sie sollten so langsam mal dran denken, eine Software zu installieren, mit der ein virtueller Rundgang durch Ihre Wohnungen möglich wäre. All die schönen Bildchen, Silberbestecke und -Kännchen und was sonst noch alles so bei Berliner, Pfaffenhofener und oberitalinischen Raubzügen herangeschleppt wurde...
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greenbowlerhat,
Dienstag, 5. Juli 2011, 16:50
Das wäre dann wohl ein "Google Room" mit den locations "Ingolview" und "Tegernview"...
Abner die Idee ist nicht schlecht, wie wäre es denn mit einem privaten "Kunst und Krempel" Videopodcast? Oder so etwas wie "100(0) Meisterwerke"? Die meisten Texte dafür haben Sie doch eh schon, da müssen nur die bösen Seitenhiebe entfernt werden, sofern die tagesaktuelle Bezüge hatten.
Abner die Idee ist nicht schlecht, wie wäre es denn mit einem privaten "Kunst und Krempel" Videopodcast? Oder so etwas wie "100(0) Meisterwerke"? Die meisten Texte dafür haben Sie doch eh schon, da müssen nur die bösen Seitenhiebe entfernt werden, sofern die tagesaktuelle Bezüge hatten.
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maz,
Dienstag, 5. Juli 2011, 15:20
Als Kunstbanause, der allerhöchstens mal 10 Mark für einen Poster ausgegeben hat, der auf dem Boden in der Uni-Mensa ausgestellt wurde, ist mir Deine Leidenschaft natürlich nicht allzu verständlich...
Aber dennoch, freue mich für Dich und Glückwunsch (und es lebe natürlich die Globalisierung, die abkackt, sobald die Speditionskosten in der Rechnung auftauchen ;-))
Aber dennoch, freue mich für Dich und Glückwunsch (und es lebe natürlich die Globalisierung, die abkackt, sobald die Speditionskosten in der Rechnung auftauchen ;-))
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cerises,
Dienstag, 5. Juli 2011, 16:38
Glückwunsch!
Was lange währt...
Sie freuen sich über den Coup und ich freue mich auf's Bild vom Bild.
Und die Händelareien in Radlerkleidung bitte als Video nachreichen;-)
Sie freuen sich über den Coup und ich freue mich auf's Bild vom Bild.
Und die Händelareien in Radlerkleidung bitte als Video nachreichen;-)
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schwarzkutte,
Dienstag, 5. Juli 2011, 17:21
Herr donalphons! Ihr Geschreibsel in diesem - Ihrem - Blog ist immer wieder ein Genuß. Einmalig. Seit nun - für mich - sechs Monaten eine regelmäßige intellektuelle Freude. Und das kostenlos, ohne Folgen, ohne Krankheiten.
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finmike,
Dienstag, 5. Juli 2011, 19:18
ohne Folgen, das kann man so nicht sagen. Viele der hier versammelten Texte lösen durchaus Aversionen aus, bis hin zu Übelkeit. Allerdings nicht gegen den Autor...
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hockeystick,
Dienstag, 5. Juli 2011, 22:25
Wobei ich nach all den Rennradbildern immer noch keinen Muskelkater spüre.
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ka.os,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 00:07
@schwarzkutte: 6 Monate? Daraus werden bestimmt viele Jahre ;)
Daran merkt man, wie die Zeit vergeht: Ich lese hier schon seit fünf Jahren jeden Tag mit. Das einzig schlimme an der Geschichte ist: Es kommt mir gar nicht wie fünf Jahre vor :(
Daran merkt man, wie die Zeit vergeht: Ich lese hier schon seit fünf Jahren jeden Tag mit. Das einzig schlimme an der Geschichte ist: Es kommt mir gar nicht wie fünf Jahre vor :(
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miner,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 01:48
50 % sind grottenlangweilig, bis hin zum styropor-im-bauch gefuehl....die anderen 50% sind atemberaubend spannend bis hin zum fucking das-bin-doch-ich gefuehl...
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donalphons,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 01:51
"bis hin zum styropor-im-bauch gefuehl."
Ein Arzt, schnell, ein Arzt!
Ein Arzt, schnell, ein Arzt!
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miner,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 01:56
scherzkeks ;-) bloss kei arzt, alles nur kein arzt...nicht mehr in diesem leben :-)
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savall,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 12:04
Eine wirklich schöne Geschichte und auch noch mit happy end. Das erinnert mich an meinen ersten und einzigen Online-Kauf bei einem Schweizer Antiquariat. Das Antiquariat hatte alles richtig gemacht. Aber die Verfahrensweise beim Zoll! Ich hab mir anschließend eine Rechtsschutzversicherung zugelegt...
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remington65,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 13:01
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savall,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 13:25
Sie erlauben, daß ich kurz kichere. Aber es ist zu schön, wenn die Siliziumwelt mit der Kohlenstoffwelt zusammenstößt und die Welt nicht mehr versteht.
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stimmviech,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 13:59
Aus Geld-Kenntnis-und Interessemangel heraus sammele ich keine Kunst. Aber es ist immer wieder erwähnenswert, daß die Investition in einen selbst faszinierende Dinge manchmal auch zu finanziell hochlukrativen Investments führt. Ich sammele zwar nur deutsche Blyton-Bücher, die sind und bleiben recht preisgünstig, die englischen sind allerdings in den letzten zwanzig Jahren um mehrere Tausend Prozent im Wert gestiegen. http://enidblytonsociety.co.uk/forums/viewtopic.php?p=101786#p101786
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donalphons,
Mittwoch, 6. Juli 2011, 14:01
Ich kaufe Bilder eigentlich, weil sie mir beim Nachdenken helfen.
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