Wertschätzung ist relativ.

Ich war nie ein besonderer Freund Bayerns. Überhaupt gibt es viele Bayern, die ihrem Land gegenüber kritisch eingestellt sind, und nur, weil das eine gängige Haltung aller anderen Bewonder des kleindeutschen Reiches ist, fällt das nicht so auf. Sicher, da ist die Landschaft, und die ist wirklich mitunter so, dass man sich nicht vorstellen kann, woanders zu leben. Aber. Und dann kommt eine lange Latte, beinhaltend die Partei, die Kirche, gewisse Mentalitäten, und generell der Eindruck, in einer sehr intoleranten Demokratur zu leben, selbst wenn es einem prima geht. Das war bei mir schon so, seit ich politisch denken kann, und seitdem hat sich diese Haltung auch im Land breit durcghgesetzt. Die CSU von 2011 ist, verglichen mit der CSU von 1999, eine linkskommunistische Veranstaltung. Und trotzdem ist es den Leuten immer noch nicht weitgehend genug.



Der Moment, da ich mir dachte, dass es auch schlimmer sein könnte, war die Landtagswahl in Hessen 1999, die ich als ersten offen rechtsradikalen Putsch in einem Bundesland bezeichnen würde: Was da gelaufen ist, ist in der jüngeren Geschichte der Republik ohne Beispiel, und man sollte an der Stelle ruhig auch mal die aktuellen Neonaziterroristen und ihre Herzensbildung im politischen Umfeld jener Monate betrachten, da jedes Mittel recht war, Nichtinhaber deutscher Pässe auszugrenzen und zu verhetzen. Von einer angenblich demokratisch legitimierten Partei, die exakt gegen jene Integration agitierte, deren Ausbleiben seitdem bejammert wird. Ich komme ja nicht nur aus Bayern, sondern hatte bis zu diesem Zeitraum in zwei Städten mit extrem hohen Anteilen an Zuwanderern gelebt: Bei uns in Bayern geht das eigentlich recht gut. Und was da in Hessen geschah, war so, dass ich mir sagte: CSU ist schlimm, Bayern ist borniert, aber so sind wir dann auch nicht.

Die weitere, eigentlich unfassbare Geschichte des Roland Koch in einem Land, das von seiner Struktur her eigentlich kein schwarzbrauner Sumpf ist, hat dieses "das wäre bei uns nicht möglich"-Gefühl nur weiter verstärkt. "Geholfen" hat da auch die nicht weiter aufgearbeitete schwarzbraune Koaliton in Hamburg: Auch da musste man hier sagen, das hätte es bei uns nicht gegeben. Sicher, Bayern ist schlimm, aber die Erkenntnis war, dass einem das scheinbar überall passieren kann. Von der "SPD" in NRW will ich hier erst gar nicht reden. Warum Bayern für etwas verachten, was andernorts auch nicht besser ist? In Bayern gibt es wenigstens seit 20 Jahren eine Veränderung zum Besseren.



Und seit heute Abend muss ich auch sagen: Sogar unter Rot-Grün wie in Baden-Württemberg und dem Stuttgart21-Irrsinn, der da läuft, würde ich nicht leben wollen. Man hätte den Dafürstimmern sagen müssen, dass sie allein jeden Euro Mehrkosten tragen müssen, der noch kommen wird, dann wäre das Ergebnis vermutlich anders ausgegangen. Aber wie sich hier eine Mehrheit dafür einsetzt, einer Minderheit ihren Park plattzumachen...

ich sag mal: Wenn die CSU hier noch eine Startbahn in München versucht, wird das Land die Betroffenen nicht allein lassen. Man muss die Heimatduseligkeit nicht mögen. Man muss Bayern nicht mögen.

Aber das wäre bei uns so nichtmehr möglich.

Montag, 28. November 2011, 00:57, von donalphons | |comment

 
" In Bayern gibt es wenigstens seit 20 Jahren eine Veränderung zum Besseren."
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Das Einzige, was in Bayern besser geworden ist, ist der erfreuliche Trend der SPD Wahlergebnisse unter 20%.
Die bayerische SPD ist noch überflüssiger als die Bundes SPD.

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...und ich werde den Verdacht nicht los, dass dieses unverständliche "Ja=Nein & Nein=Ja" zu dem Ergebnis führte.
Und so war's wohl auch gewollt. Nur, wie will man DAS beweisen?
.
PS: Sieh' an, gerade nachträglich gesehen: http://www.titanic-magazin.de/uploads/pics/Stimmzettel-reloaded.jpg

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dass dieses unverständliche "Ja=Nein & Nein=Ja" zu dem Ergebnis führte

Genau das war auch mein Eindruck, als ich diesen dermassen verschwurbelt formulierten Stimmzettel gesehen habe... das war ja in Hessen bei der Volksabstimmung zur Schuldenbremse genau dasselbe.

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Das Einzige, was in Bayern besser geworden ist, ist der erfreuliche Trend der SPD Wahlergebnisse unter 20%.
Die bayerische SPD ist noch überflüssiger als die Bundes SPD.


pfui, baeh ... sowas schreibt man nicht - ekelhaft. (bei aller Kritik an der alten Tante ... )

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Für den Bayern zur Übersetzung aus dem Baden-Württembergischen: Ja bedeutet dagegen und Nein bedeutet dafür...

Aber wenn Hessen, Hamburg und BW nicht in Frage kommen - wie wärs dann mit meinem Heimatland: Dort gab es Ministerpräsidenten, die in einer Hotel-Badewanne enden, die von Ihrer eigenen Fraktion gemeuchelt werden sowie angehende Landesväter, die Affären mit Minderjährigen hatten. Hab ich irgendwas wichtiges vergessen?

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Ja, Sie haben Engholm, Böhrnsen und die ganze Mafia inderen Umfeld vergessen!
.
Die Affäre mit der 16 jähigen mag geschmacklos gewesen sein, aber in contra legem!

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Stimmt, das mit Engholm ist einfach extrem unübersichtlich - der hat so viele krumme Dinger gedreht.

Aber die Schubladenaffäre hätte ich natürlich erwähnen müssen.

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Was spricht eigentlich gegen S21 - außer der Kostenlüge ?
Und bitte kommt mir jetzt bitte nicht mit ein paar Bäumen. Die Chance eine Innenstadt von einem Monstum zu befreien und eine ganzheitliche Planung zu verwirklichen ist eine Jahrhundertchance !

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Den immensen Kosten steht nur ein geringer Nutzen gegenüber. Und nützlich ist S21 nur für die Firmen, die sich all die schönen, fetten Aufträge ermauschelt haben oder die an der Immobilienverwaltung der neuen Fläche mitverdienen und wirklich nur rein zufällig Firmen enger Freunde im Dunstkreis des ehem. MP Oettingers sind ... das übliche Schmierentheater, wenn sich wenige auf Kosten der Allgemeinheit bereichern.

Aber sonst, sonst ist S21 total klasse :)

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Das ganze Ding ist erstaunlich durchvermauschelt. Selbst die popelige Tunnelbohrerei geht nicht ohne Vetternwirtschaft. Schade, dass diese seltsame Firma flowirgendwas nicht mehr mitspielt, man hätte so schön ein paar nicht-existierende Maschinen verleasen können.

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Ähm, nee. Ganz ehrlich: die Leute, die dagegen gestimmt haben, müssen nach alle dem genug Informationen gehabt haben. Das gilt nicht als Ausrede.

Es gibt da genau zwei Möglichkeiten:
1. die Gegner von S21 haben ihre Klientel nicht mobilisieren können, oder
2. es gab einfach keine Mehrheit gegen S21.

Gut möglich, dass es 1. war. Aber mangelnde Aufklärung würde ich nicht gelten lassen.

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danke.
@donalphons: danke für die deutlichen worte. @ka.os: hätten sie, so wie ich zwangsweise, das, was sich hier im ländle 'presse' nennt, genossen, würden sie sich über nichts mehr wundern. da gabs keine 'aufklärung', das war einfach nur gekaufter bockmist.

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Das nenne ich Humor:
"Was spricht eigentlich gegen S21 - außer der Kostenlüge ?"

Und was spricht eigentlich gegen einen Bankräuber außer dem Bankraub?

Aber vielleicht schafft muclomo, was bisher noch keinem gelang:
mir zu erklären, wieso man einen perfekt funktionierenden Bahnhof (Platz 2 in Sachen Pünktlichkeit aller Bahnhöfe in D) für teuer Geld kaputthaut, um etwas neues zu bauen, dessen Leistungsfähigkeit umstritten und in der Praxis nicht nachgewiesen ist.

Das Geld wäre bei den Problembahnhöfen Köln oder Hamburg gut angelegt. In Stuttgart wird es nur sinnlos verpulvert.

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Das grün-schwarze Gespenst in meinem Dorf:
dort haben fast 70 percent für die Bahn gestimmt.
Es gibt einen Steinbruch, der schon von der ICE Strecke nach Karlsruhe profitiert hat und jetzt wieder aufgefüllt werden muß.
Es gibt ein Erdbauunternehmen.
Es gibt Menschen, für die dergleichen Themen überkomplex sind.
Es gibt gelenkte berichterstattung.
Es gibt eine Regierung, die sich nicht für dieses Projekt opfern wollte.

Aber vor allem fehlt den Allermeisten die Phantasie, daß etwas, was wieter als 200m vor der Türe geschieht und bis 2020 dauert (also mehrere Lichtjahre) auf die eigenen Lebenshaltungskosten, die Versorgung mit öffentlichen Gütern, die Rente etc. etc. eine spürbare Auswirkung hat.

Und es gibt die böse Ahnung, daß moralischer Rigorismus plus Paternalismus ein Gespenst in der Farbe Schwarzgrün ist.

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