Bekenntnisse des Hochstaplers "Don" Alphonso

Die bittere Wahrheit am Sonntag ist, dass ich meinen Zustand am besten als "abgebrannt" bezeichnen muss. Ich bin ziemlich pleite. Und schuld bin ich selber, weil ich ich die Post von der Bank kaum beachtet, geschweige denn geöffnet habe. Und so entwickelte sich hinter meinem Rücken das ganze Unglück bis zu jenem Moment, da ich mir im schönen Rosenheim dachte: Tanke ich jetzt mit Karte oder schaue ich doch noch, dass ich eine Sparkasse finde? Es ist nämlich auch so, dass ich gern mit leerem Tank fahre: Das diszipliniert nicht nur, es schärft auch die Einschätzungsgabe. Und dann fand ich also eine Bank, hielt an, ging hinein, schob die Karte in den Schlitz und hob etwas Geld ab. Oder versuchte es wenigstens. Der Automat aber sagte mir, die Karte sei ungültig, und ich sollte mit meinem Kundenberater sprechen. Man werde mir jedenfalls kein Geld geben. Weil nämlich meine Karte über das neue Jahr abgelaufen war. Mein famoses Gefühl für den Tankinhalt der Barchetta sagte mir, dass ich auch mit dem erhöhten Luftwiderstand heim kommen würde, knapp, aber kein Ding der Unmöglicheit, selbst wenn der Zeiger schon auf Null stand. Daheim könnte man weiter sehen, was sich so ergäbe.





Im ersten Schreck machte ich mir erst mal kostenneutrale Pfannkuchen mit Marmelade und bastelte ein wenig am Garlatti herum. Das Garlatti ist ein wenig wie der Schaumwein des Vaters von Felix Krull, glänzende und pompöse Verpackung, aber qualitativ nichts Besonderes. Man sieht die verchromten Muffen und nicht die billigen Rohre, man liest auf einem grossen Aufkleber "Campagnolo" und dennoch sind die Bremsen von Galli, die Kettenblätter von Gipiemme und der Rest von einer billigen Linie. Sieht nach etwas aus, ohne etwas zu sein - so ähnlich war es ja auch mit mir. Kein Sprit im Tank und keine Karte, mit der ich abheben kann. Meine Laune besserte sich erst, als ich einem Hoteldieb gleich die Wohnung auf den Kopf stellte: Im Koffer ein 50 Euro Schein, vermutlich in Italien dort verloren gegangen - der Tank nach Hause. Im Trikot 30 zerknitterte Euro - das Essen der nächsten Tage. Im Flickzeug 20 sauber gefaltete Euro - ein wenig Radbedarf. In der Jugendstil-Schminkschatulle 50 Euro, die ich mal zur Sicherheit hinterlassen habe, vor Jahren - ich begann mich wieder reich zu fühlen. Ein Sack Münzen im Schrank. 20 Euro zwischen italienischen Schuhrechnungen im Geldbeutel - heut geh ich in's Maxim.





Es ist ganz erstaunlich, wie dann aus der Notspeise der gefüllten Pfannkuchen wieder ein liebevoll gemachter Omelettauflauf mit viererlei Käse, Zucchini, Champignon, Tomaten undKräuterseitlingen wird. Und wie man den Chrom nicht mehr poliert, um notfalls nach Hause und zum Bankberater zu radeln, sondern das Ganze in Vorfreude auf den Sommer am See macht, denn dieses Rad ist vielleicht nicht gut genug zum Rennen, aber mehr als ausreichend für eine gute Krullfigur beim Baden. Natürlich hätte ich hier auch jemanden fragen können, oder anrufen. Aber dazu bin ich nicht erzogen, ich kann das nicht und würde das auch nie tun. Im Bitten bin ich noch schlechter als im Zahnarztbesuch.





Es wirft kein gutes Licht auf diesen meinen Charakter, wenn ich dann schon wieder beim Abendesssen auf den Lenkerstopfen deute und sage: Kein Kilometer von diesem Baptisterium, da kommt der Scamorza im Kühlschrank her, in Italien auf Buchenholz geröstet und hier, wenn Du möchtest, auf japanischem Porzellan serviert... aber bitte, das ist doch selbstverständlich... wir haben es, wer kann, der kann. Ob nun Reste oder mit Hingabe gekocht, wer vermag das schon zu sagen, und ich sage: Wenn ich nicht auf dem Riff aufsitze, segle ich darüber hinweg. Ausserdem komme ich noch aus einer Zeit, da musste man am Schalter anstehen, um Geld abzuheben, und der Schalterbeamte beobachtete einen, als wäre es ein Verbrechen, der Bank das Geld zu nehmen: Sie wollen wirklich 1200 Mark für so ein Rennrad? Verschwender! Auch damals kam man irgendwie ohne Abheben über den Sonntag.





Das alles sollte mir dennoch eine Lehre sein, aber in vier Jahren, wenn die neue Karte wieder ausgelaufen isr, werde ich das sicher wieder vergessen. Oder vielleicht sind wir dann schon so verdrahtet, dass wir quasi daurnd mit unserem Vermögen herumlaufen und jede Verkehrswidrigkeit sofort per Funkverbindung abgebucht wird. Dieser ganze Computerkram macht das Hochstapeln zunehmend schwierig, man kann sich nicht mehr drei Tage mit angeblichen Überweisungsproblemen erkaufen, und die Identität von einem Graf Venosta kann man auch nicht übernehmen. Nur der Heiratsschwindel geht vielleicht noch, als Heiratsfehlinvestment. Aber dafür bin ich nicht geschaffen. Vielleicht kann ich wenigstens mit meinen Aufläufen, für die es sicher ein mordspompöses Wort der französischen Küche gibt, und meinem chromblitzeden Garlatti beeindrucken. Wenig genug. Aber so ist das eben. Und besser als nichts.

Montag, 7. Januar 2013, 00:18, von donalphons | |comment

 
Ich bin erschüttert...
...DON ALPHONSO hat nur eine abgelaufene Sparkassenkarte?!

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Wir sind da aus familiären Gründen schon seit immer. Ich habe nich eine von der Bauernbank (Genosenschaftler), aber die habe ich nicht dabei.

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Ja, merkwürdigerweise gehen viele Menschen davon aus, dass altes Geld immer flüssig sein müsste.

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Da könnte ich jetzt Geschichten erzählen...

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Nur zu!

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Demnächst bei den Stützen.

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Das passiert den besten unter uns. Darauf ein Glas Loreley Extra Cuvée. Ist mir auch mal passiert, durch falsche Eingabe der PIN. War eher unerfreulich. Aber da müßte irgendwo ein drei oder vier Monate alter Brief der Bank herumliegen. Die schicken die neue Karte eigentlich immer rechtzeitig vor Ablauf der Frist.

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Ja, ich weiss, ich weiss auch, wo sie ist. Das mit der Pin ist mir auch mal passiert, da ist mir einfach die Zahl nicht mehr eingefallen. Vertrottelt ohne Professue, leider.

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Jaja, - it's lonely at the bottom.
Und jaja2, dieses "ich geb' ihnen dann mal meine Karte" birgt heutzutage, - angesichts eines bedauerndfreundlich blinzelnden BankKundenberaters z.B. -, völlig neue Erfahrungswerte.

Die Bankautomatenbedienung bedingt aber auch ein gewisses bankautomatisches Grundwissen, - falls nicht, - sind die ersehnten Schweißperlen im Urlaub schon davor zu haben, vor dem Bankautomaten. In der Kälte.

Also man muss schon wissen das ein höherer Auszahlungswunsch (als vereinbart) aus mehreren Einzelauszahlungen besteht.

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timemanagement
solche ablaufdaten gibt man in sein diary ein, dann kann man es nicht vergessen.
frueher war es das timesystem, spaeter dann der revo und heute das portable.
bei uns liegt in der halle, neben der silberschale (!!!) eine devisengeldboerse mit 4 faechern.
das teil stammt noch aus dem letzten jahrhundert.
wenn der inhalt des hauptfach sich geleert hat, sind noch die reservefaecher mit dem notgroschen vorhanden.

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Früher hatte man ja noch auch immer sein persönliches Cheque-Buch!
Gibt es heute leider nicht mehr!

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Cheque-Buch!
doch, wir haben so etwas noch.
und das benutze ich haeufiger, als meine karten.

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Ich muss einfach ein paar neue Geldvorräte an einem bestimmten Punkt anlegen, dann passt das schon. Zumindest genug, um 2 Wochen bequem überleben zu können.

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Ich kenn das, ich kenn mich, und seither habe ich immer 200 Mark und heute 200 EUR in einem alten Portemonaie im Schreibtisch.
Dazu je eine Kreditkarte von den beiden großen Systemen, die mich zugegeben auch kein Jahresentgelt kosten. Damit kommt man notfalls auch an Bargeld.
Es ist ja nicht nur so, dass die Bank-Karte abläuft, sie kann sich auch schlicht bis zur Unbrauchbarkeit abnutzen, der Magnetstreifen gelöscht werden (der wird noch öfters gebraucht als man denkt), zerbrechen, usw. usw.

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Die Garlatti ist wunderschön ! Sie würde auch herrlich zur Nutzung in Italien passen. Vormittags in die Stadt, mit der Pedale am Randstein geparkt und dann im Café die Zeitung lesen !

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Genau so möchte ich das beim Kreutzkamm machen, an die Brüstog am See gelehnt und dann eine Quiche bestellt.

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Das Rad kommt übrigens aus Parma, also werde ich damit auch bei Francesco vorbeifahren.

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Oh das habe ich jetzt aber wirklich mit genauso viel Vergnügen gelesen wie damals Herrn Krull!

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Baumkuchen ist übrigens von Rabien aus Berlin am besten, Herr Don, oder habe ich das schon mal erwähnt?
Frohes Neues Jahr!!!

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@ gabriele spangenberg
Absolut korrekt! Das stimmt und auch die Berliner, oh Pardon, die Pfannkuchen dort sind grooooßartig. Rabien - ein richtig guter Konditor, wo ich gerne einkaufe und er ist fußläufig von mir entfernt.

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