Besitzstand

Sie haben sich ganz gut eingerichtet. Und jammern auf hohem Niveau. Es ist alles so ungerecht, das mit der Reduktion. Ihre Arbeit ist schliesslich wichtig, auch wenn sie für 98% der Bevölkerung keine Rolle spielt, und sie auch kein Interesse haben, mehr als die restlichen 2% zu erreichen. Das ist halt so. Das ist ihr verfassungsgemässer Auftrag. Oder wollen wir da draussen nur noch RTL-II-Qualität?

Schlimm ist es nur für die Jüngeren, die kündbar sind, und nicht bei der Stiftungsmafia, die den Posten garantiert. Die haben natürlich ein Problem. Aber ansonsten wird man schon überleben, bei Minireformen mit etwas Kosmetik. Passiert sowieso nur alle 20 Jahre. Nebenbei macht man halt noch was anderes, was dann von den sich darauf gleichgeschaltenden Kollegen als Thema verwurstet wird. Einen Kongress vielleicht, ein paar Texte für das Magazin einer Kulturstiftung, ein paar Panels. Oder ein Buch, das ein Must-Read der anderen Kulturapparatschiks ist. So lässt es sich leben, so kann man sogar das Frühaufstehen aushalten, und wenn es andere nicht so schnell schaffen, telefoniert man eben noch eine halbe Stunde auf Firmenrechnung mit der Freundin, die man zu Mittag trifft, um ein relevantes Thema zu besprechen.



Das Neue, das stört nur. Auch das Internet, naja, das taugt nicht wirklich, und als sie vor dem Weg in die Institutionen ein paar Friseurtermine hatten, waren sie Punks und haben Fanzines gemacht. Sie mussten dann auch kaum umdenken, denn irgendein Nischendings haben sie dann eben besetzt, und wenn es nur Metakulturkultur ist, Hauptsache der Intendant, der Chefredakteur, der Hauptabteilungsleiter kann damit brillieren. Wer das nicht schafft, betreut eben Volksmusik, oder die Quotenkritik an der real existierenden Gesellschaft, aber bitte immer mit der Absicherung, die der Kollege von der Wirtschaft für den Rest der Menschen abschaffen will.

Recht hat er, das sind sicher die Vollprolls, die von den 98%, sowas hat die Kultur noch immer überlebt, um die zu füttern, die ihre Bedeutung herausstellen. Nach Vorschrift, und wenn man auch mal 2 Tage den Katholischen auf Befehl bekommen muss, aber mehr Dreck ist da auch nicht, als auf den Parties, wo sie als Punks und Spontis waren.

Sonntag, 21. August 2005, 20:17, von donalphons | |comment

 
Schön geschildert, das Fäuleton-Raumschiff.

Was mich manchmal nachts irritiert, wenn ich von Terminen komme und noch im DLF "Fazit - Kultur vom Tage" im Auto höre: Wenn Kultur-Politik angesprochen wird, dann geht es nur darum, wie Staatsknete verteilt wird und ob es bald ein Bundes-Fäuleton-Minister geben wird, der noch mehr Staatsknete verteilen kann.

Das ist ein irritierender Kontrast zu allen anderen Bereichen, wo eher darüber diskutiert wird, wie man den Staatsanteil verringern kann. Insofern: Kultur und öffentlich-rechtliche Rundfunk sind die letzten Bastionen des Nachkriegs-Wirtschaftswunder-Deutschland.

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Die Wirtschaftsförderung und das Steuersystem nicht zu vergessen. Die schönsten Events sind die von "gemeinnützigen" Wirtschaftsvereien, die Staatsseketäre sprechen lassen und dafür auch noch 120% Kostendeckung bekommen. Das ist der geschmierte Kulturbeitrag (vor Weihnachten werden besonders gerne Bildbände zur Rezension angefordert) im Grossen.

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Die Politik spielt da eine tragende Rolle. Ich habe es selber miterlebt, wie gerne sich Abgeordnete mit "Kultur" schmücken. Da herrscht ein bildungsbürgerliches Verständnis von Kultur vor. Selbst wenn man als neuer Abgeordneter damit bisher nicht viel am Hut hatte - nach einigen Monaten ist man assimiliert, angesichts der Einladungen zu Veranstaltungen der "Hochkultur" und den renomierten Künstlern, deren Werke im Keller des Bundestages lagern und die man sich mal schnell ins Büro hängen kann (Baselitz & Co - nichts unter 50.000 Euro).

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Am dollsten treiben es ja die Landesvertretungen, die daheim eine Künstlerberlinlandverschickung organieren - solange ein Kommittee genehmer Professoren daheim die Macher zahnarztpraxenkompatibler Kulturschaffender ausgesucht hat. Man wundert sich, dass das selbst bei kleinsten Ländchen mit Riesendefizit reibungslos geht - und ich habe da immer sehr gut gegessen, mit dem immer gleichen Hauptstadtgeschmeiss. Immer dabei: Die Kletten der heimischen ÖR-Sender.

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So wat kommt zu so wat
Mir fällt da ein ehedem sehr linker grüner Abgeordneter ein, der seinen einjährigen Geburtstag als Landtagsmitglied mit Moet & Chandon feierte und die Preisschilder draufließ, um zu zeigen, was er sich leisten konnte. Der ehemalige Dauerfünftagebarrträger im Schmuddel-Look trägt nur noch Versace und meidet seine alten Stammkneipen wie die Pest.

Die passen schon zu den zahnarztpraxenkopatiblen Kulturschaffenden, hundert pro.

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