Tritt in die Eier

Ups, meine Kollegen mögen den Literaturnobelpreisträger nicht. Zumindest die meisten. Pinter und ganz besonders seine Herkunft ist etwas, mit dem die Cordanzugträger aus den Fäuletons nicht können. Und mutmasslich ein grosser Teil der Leserschaft auch nicht, dessen Weltsicht sie jeden Tag mit neuen Hirnficks vollspritzen. Der Clash der sich besser wähnenden Familien mit Thatchers Verlierern und all den unschönen Begleiterscheinungen der Realpolitik it nicht so ihr Ding. Keine Hochkultur, vielleicht sogar - Unterhaltung, pfui.

Und da ist noch was. Zwischen dem Literaturnobelpreisträger Pinter und ihrem absoluten Lieblingshassobjekt, dem Nicht-Friedensnobelpreisträger Schröder gibt es zu viele Parallelel. Dieser unfeine Populismus zum Beispiel, mit dem Pinter auch jenseits des heissgeliebten, blutarmen Subvebtionstheaters ankommt. Die Ehrlichkeit, was die eigene Herkunft angeht. Fäuletonisten sind in der Regel krankhaft darauf bedacht, ihren Lebenslauf zu frisieren, von der jüdischen Grossmutter über den angeheirateten Ostelbieradel mit Waffen-SS-Erfahrung bis zum möglichen Fickverhältnis des Urururopas mit Cosima ist da so ziemlich alles zu finden. Schliesslich wollen sie dazugehören, zur Zielgruppe, die solche Lügen schon etwas länger perfektioniert hat. Pinter und Schröder passen da gar nicht. Und dann ist Pinter noch nicht mal diese Popkultur, an die man die Volontäre ranlässt.

Das stinkende, verfaulte Kadaver des Fäuletons, das ohne Zuschüsse der Sport- und Wirtschaftsteile keine Seite mehr in der heutigen Tagespresse hätte, zuckt parfümiert in Abscheu vor dem Schweiss, dem Blut, dem Sperma der Pinterschen Theaterstücke. Nennt ihn demode, weil er sozialen Anspruch hat. Und auf Ehrungen der Königin, der Königin! DER KÖNIGIN! pfeift, bei der sie alles drum geben würden, 40 Seiten Sonderbericht, wenn sie nur mal die georgianischen Spucknäpfe von Buckingham ausschlürfen dürften.

Na dann Prost. God save Pinter.

Freitag, 14. Oktober 2005, 12:21, von donalphons | |comment

 
Und das schreckliche an dem Preisträger ist: Da kann man nicht einmal Bücher rezensieren, keine Verlage, die sich Auflagensteigerung versprechen, zur Feier Empfänge geben, und Interviews mit Verlagsleitern, die stolz über ihre enge literarische Beziehung zu dem Autor schwafeln. Oder Beiträge zu der literarischen Kultur des Preisträgerlandes mit Vorstellung unbekannter Autoren, usw. Ziemlich trostlos, kann man keine Seiten mit füllen.

... link  

 
tja und die mutmaßlich von jeglicher kultur völlig unbeleckten hanswurstpüppchen und die pipi-brüder gießen an ahnungslosem hass aus, was aus ihren verödeten hirnwindungen nur rauswill. noch ein grund, pinters wahl zu schätzen.

... link  

 
Doch! Man könnte sich mit dem Thatcherismus auseinandersetzen. Man könnte schreiben, dass es nach 4 Jahren Merkel in Deutschland vielleicht auch wieder lebendige Theaterkultur gibt, mit Aggression, Wut und Bereitschaft, sich zu wehren. Und nicht immer nur klagen über eine gerissene Seite des Geigers in der zweiten Reihe des Orchstergrabens. Vielleicht würde auch das Theater zurückkommen zu den Menschen auf den Strassen und Plätzen.

Als ich in der 12. Klasse war, wurde ich zur schulischen Theatergruppe shanghait. Mit der und dem Stück ging es dann in die südfranzösische Partnerstadt, wo die erste Aufführung so ziemlich grauenvoll leer war. Vor der zweiten Runde haben wir dann teile des Stücks - eine wüste Schlägerei zwischen einer kleinen, ältlichen Dame und einem 2 Meter grossen Body Builder, die die Dame gewann - eine Stunde davor auf der Strasse aufgeführt, danach war der Laden voll. Ich will nicht sagen, dass das besonders anspruchsvolles marketing ist, aber das Theater soll doch nicht so tun, als sei es immer schon Hochkultur gewesen. Und die Arroganz gegenüber Strassentheater, der Hass auf "fahrendes Volk", der in den Fäuletons grassiert, ist schlichtweg eine Unverschämtheit eines Packs, das selbst einen daueraufenthalt im Strassengraben verdient hätte.

Wie man schon bei Le Sage nachlesen kann: Das erbärmlichste Element des Theaterbetriebs ist immer noch der Kritiker.

... link  

 
der andernorts bejubelte Denis Scheck hat, bevor er sein "Urteil" sprach, wahrscheinlich gegooglet, was MRR zu Pinters Auszeichnung sagte...

... link  

 
Das war.. das ist... ist der nicht Fussballer? Oder nein... Richter am Bundesverfassungsgericht? Öh, ne, auch nicht, hm... Irgendwann hab ich den Namen... äh jetzt, das ist doch so ein late-night-Mainzelmännchen mit Buch, oder?

... link  

 
Da fällt mir auch nur noch Kreisler ein.

... link  

 
Der Musikkritiker ist wenigstens kein Softcore-Girlieficker wie die Herren, die einmal jährlich hierzulande die neue deutsche Literaturprinzessin, idealerweise vom DLL in Leipzig, ausrufen. Da müsste man Kreisler noch erheblich nachschärfen.

... link  


... comment
 
Jene bildungsfernen Schichten, welche wir darum die neoconnardischen nennen, deren literarischer Verstand nicht hinreicht, um Kurt Felix von Kurt Tucholsky zu unterscheiden, jauchzeten doch über Pinters Werk samt Nobelpreis, hätte der Autor nur pflichtschuldigst, politisch korrekt und im Sinne des Prowestlichen Heimatschutzabends die gegenwärtige US-Administration gelobt.

Das Peinliche daran: Alle merken es.
Noch peinlicher: Die Puppen haben sich in ihrem Obersalzberg so tief eingegraben, daß sie selber als einzige das nicht bemerken.

... link  


... comment
 
off topic, schröder droht mit weiter regieren, nur wem (seiner frau) ?
geteilte erinnerung kommt noch immer ganz gut.
herr schröder, der zum glück demnächst ausgekanzlert hat,
hatte ja selbst komische phasen: mal brioni und havanna,
mal eine verdrückte pseudoträne vor den gewerkschaftern.
die falschen spezln kennt er halt nicht mehr (mr. harz, der
hatte auch witzigerweise irgendwie teilweise vergessen woher er kommt), aber wer mag schröder noch freund sein ?

der tony isses nich mehr, der türkische ministerpräsident naja.
müssen wir jetzt die rechnung bezahlen; aber halt da war ja noch
österreich als letzter mohikaner oder spaßverderber übrig. auch
schröder sollte den tag nicht vor dem abend loben.
schade, daß er nicht mehr nach irischen weisen vor kameras soli
tanzen und in elefantenrunden entgleisen darf. war zumindest
mal was zum kopfschütteln.

Doris, fass.

... link  

 
Das deutsche Redneck-Syndrom
Wir sind schon etwas neidisch. Dieser steile Mut zum Analphabetismus ermöglicht es, Autoren zu verdammen, ohne diese jemals gelesen zu haben - mit hinterwäldlerischer Unbeirrtheit.

... link  


... comment