Halcyon Days

Müsste ich meine Feindbilder beschreiben, derer ich doch einige habe, käme relativ weit oben Folgendes: Ein PR-ostituierter einer Firma wie beispielsweise SinnerSchrader in der offenen blauen Kretinblechdachkutsche des Opel Tigra Twin Top mit Weicheiwindschott und 40 Sachen die Kurven der Brenner Staatsstrasse runter kriechend, neben sich eine anämische Hungerblondine namens Anja oder Tanja, die alles mit dem Kamerahandy aufnimmt, und beide tragen Baseballkappen amerikanischer Hochschulen und dazu Sonnenbrillen von Oakley und Versace - und ich komme von hinten mit lässigen 160 entspannten 110 erlaubten 80 daher und muss wegen diesem verfluchten Gimpel meine kurvengierige Barchetta abbremsen. Das sind die Momente, in denen ich Dinge sage, die ich noch nicht mal bloggen würde. Ich bin der zivilisierteste Autofahrer der Welt und ein Kavalier am Steuer, ich bremse für alles und trage Kröten über die Strasse - aber auch für mich gibt es Grenzen.

Weil ich diese Feindbilder habe, suche ich wie jeder Mensch natürlich Distinktionsmerkmale. Und zu diesem Zweck habe ich eine lange Liste von Gegenständen, die mir helfen sollen, eine derartige Existenz zu vermeiden. Manches hat sich gefunden, anderes hingegen lässt sich äusserst schwer beschaffen. Ich bin einer derer, dem ein Gegenstand weniger bedeutet als seine Geschichte, und deshalb will ich keinesfalls bei Ebay irgendwelche fabrikneuen taiwanesischen Kopien bestellen, sondern das, was Alter und Erwerb zum Unikat werden lässt. Heute morgen, nach dem Aufstehen, dachte ich über die bevorstehenden Reisen nach, und dabei ging ich die Liste der Desiderate durch, die mir nun schon seit über einem Jahr fehlen. Da wäre eine Fliegerbrille von Halcyon. Eine englische Halcyon Mark IX, deren Ruf ironischerweise aus einer äusserst unruhigen Zeit stammt - beliebt war diese Brille mit ihrem Messinggestell und der handgenähten Ledermaske während des Battle of Britain. Ausserdem waren alle alten Lederhauben, die ich bislang fand, definitiv zu klein für meiner 59er-Schädel. Und dann bräuchte ich schon seit längerem eine funktionierende Kamera im Stil der originalen kleinen Leica. Nachdem meine russische FED leider Filme frisst, wie ein PR-olet das Fingerfood. Eine lange Liste. Besonders, wenn der einzige Flohmarkt am ersten Sonntag im Monat bekanntermassen erbärmlich ist.



Und dann ging es ganz schnell. Nach 10 Minuten hatte ich einem älteren Herren, der nun schon seit 30 Jahren nicht mehr Cabrio fährt, die Halcyon Mark IX abgekauft. Zwei Stände weiter lag in einer Kiste "vom Opa" die gesuchte Lederhaube in der passenden Grösse - bis auf den Kinnriemen, aber den macht man ohnehin nicht zu. Und dann war da noch der junge Einwanderer, der neben einem Haufen alter Minoltas, Nikons und Praktikas auch von daheim eine - nach der Seriennummer - praktisch neuwertige Eport-Zorki 1C aus der Zeit um 1952 mit Industar 22 Objektiv hatte. Zorkis und FEDs und die darauf basierenden Leica-Fälschungen sind übrigens auch ein schreiend komisches Kapitel der Globalisierung, aber dazu wann anders.

Jetzt habe ich für den Preis dessen, was ich einem Hamburger PRlers für zwei Wochen Arbeit im Steinbruch zu zahlen bereit wäre, eigentlich alles beisammen, um zu starten, goldenen Tage, die halcyon days des Frühlings.

Sonntag, 1. April 2007, 23:41, von donalphons | |comment

 
Glückwunsch.
... zur Kamera - das macht Laune, damit ein paar Filme durchzuziehen und zu sehen, dass sie auch nicht schlechtere Bilder produziert als so manche Digitale. Aber man muss selbst denken. Und dann vielleicht noch den Film selbst entwickeln ... das erinnert mich daran, dass beim Dachausbau eigentlich immer noch die Dunkelkammer mit dabei sein sollte.

Aber die Brille: Siehst Du denn da noch was? Oder sind das tatsächlich echte "Glas"-Gläser?, getönt und nicht zerkratzt?

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Ob die Kamera was taugt, muss sich erst zeigen - bei der ersten habe ich den Film einfach nicht reingekriegt, aber da kannte ich auch den Trick mit dem Anschneiden noch nicht.

Halcyons haben - wie die im Bild - laminiertes Sicherheitsglas und sind komplett zerleg- und abwaschbar. Danach sind sie wie neu. Getönt sind sie nur ganz leicht, und ich vermute, dass es durch die Zwischenschicht kommt. Das Ding ist ja schon etwas älter.

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Das Internet ist schön - den Trick hat mir mein Vater vor 25 Jahren gezeigt, da hatte ich zumindest noch keine Ahnung vom Netz. Aber dass dieses Wissen jetzt auch weitergegeben, weltweit transportiert wird - schön.

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Moment, da habe ich doch noch was für Sie. Ok, ist eine Auktionsseite, aber es ist die Auktionsseite des britischen MoD, Disposal Services Agency

[Achtung, jetzt komment lange URLs]

Lust auf ein Special Ops Vehicle? http://www.edisposals.com/is-bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/Disposals-Public-Site/en_US/-/GBP/ViewProductDetail-Start;pgid=MieqQ4wkQg8000ArvQ_8K1sp0000tEqqgS8e?ProductUUID=GeXAqBIPz3sAAAEQhBVz1Hxh&CatalogCategoryID=H8jAqBIPUmYAAAEQlKhz1HxP&JumpTo=OfferList

Einen Aquatrack?
http://www.edisposals.com/is-bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/Disposals-Public-Site/en_US/-/GBP/ViewProductDetail-Start;pgid=MieqQ4wkQg8000ArvQ_8K1sp0000tEqqgS8e?ProductUUID=Co3AqBIPcCEAAAEQiV9z1Hxi&CatalogCategoryID=0lbAqBELg4cAAAD_PKVpc4d5&JumpTo=OfferList

Nicht? Ok, ein Kilt der Gordon Highlanders würde Ihnen sicher gut stehen:
http://www.edisposals.com/is-bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/Disposals-Public-Site/en_US/-/GBP/ViewStandardCatalog-Browse;pgid=MieqQ4wkQg8000ArvQ_8K1sp0000tEqqgS8e?CatalogCategoryID=GzfAqBELK24AAAEEdkqFI1sw

Das Royal Navy Dentist Kit zum, ähm, rumdoktoren an Dons Feinden?
http://www.edisposals.com/is-bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/Disposals-Public-Site/en_US/-/GBP/ViewProductDetail-Start;pgid=MieqQ4wkQg8000ArvQ_8K1sp0000tEqqgS8e?ProductUUID=AonAqBELncQAAAEJm_9r2bJQ&CatalogCategoryID=4LXAqBELEFIAAAEHspI82XAu&JumpTo=OfferList

Memoriabilia:
http://www.edisposals.com/is-bin/INTERSHOP.enfinity/WFS/Disposals-Public-Site/en_US/-/GBP/ViewStandardCatalog-Browse;pgid=MieqQ4wkQg8000ArvQ_8K1sp0000tEqqgS8e?CatalogCategoryID=nTHAqBELDiEAAAD_qjJpc4dz

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Der Landrover, der hätte schon was. Sollte ichn je meinen Wüstentripp machen, das wäre die Weapon of Choice. Ansonsten bin ich gar nicht so extrem anglophil. Ich mein, ich habe schon mal britisch gegessen. Das heilt von allen, aber auch wirklich allen Illusionen über das vereinigte Königreich.

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Nicht britisch essen, sondern britisch frühtsücken..zweimal am Tag. Das ist der Trick

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Für Vegetarier ist der Ham bei den Eggs das Problem, und Orangenmarmelade mag ich so sehr wie Sushi und anderes glibberiges Spülmittel. Das wird nichts. Ich bun nun mal fixiert auf Portugal, Frankreich, Italien und Österreich, da kann man nichts machen.

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Also jetzt muß ich doch mal was sagen bzw. eine Lanze für Britannien brechen... Vegetarismus kann dort durchaus schon mal lebensrettend sein. Aber dafür gibt es auch eine exzellente vegetarische Küche, zumindest im Südwesten. Und die gebackenen Süßwaren sind sowieso unübertrefflich. Ganz zu schweigen vom kompletten Devonshire Cream Tea. Hach!

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Ein klassisches Englisches Frühstück ist schon eine fiese Angelegenheit, wenn ich da an Porridge und diese garstigen Würstchen denke. Yak! Allerdings sind mir Portugal, Frankreich, Italien auch nicht gerade als Länder bekannt, in denen man gut frühstücken kann.

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Yak? Was fuer'n Yak? Das ist mir bis jetzt noch bei keinem Fruehstueck untergekommen. ;-)

Die Wuerstchen koennen sehr gut sein, wenn sie von einem vernuenftigen Butcher sind (da gibt's die dann auch in verschiedensten Variationen) und nicht von Tesco, Co-op oder Asda. Im Durchschnitts-B&B oder Kettenhotel gibt's allerdings meistens nur die aus'm Supermarkt.

Da schmeckt dann der Speck auch nicht nach verbranntem Leder sondern richtig gut (sofern man nicht Vegetarier ist). Ebenso ein vernuenftig gemachtes Ruehrei, das einiges anders schmeckt als die Fertigbruehe aus der Tuete.

Aber ist schon was nettes wenn man seine Vorurteile aus ein paar kurzen Erfahrungen pflegen kann. Aber hier regnet's ja auch immer, die Maenner laufen alle mit Hut rum und alle sind ganz furchtbar humorvoll. Oder sowas.

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Meine Grosstante war in der grossen Zeit von 35 bis 46 drüben und hat es nicht versäumt, einige Schrecknisse der britischen Küche zu servieren. Das geht nicht. Absolut nicht.

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Tempi passati! Da ist viel Wasser die Themse herunter- und so manche positive kulinarische Entwicklung eingeflossen. Und ich durfte schon einige Zweifler bekehren, auf Erkundungsfahrt durch's West Country... Süßigkeiten sollte man allerdings mögen.

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armin, ich habe auch einige Monate in London gelebt. Aber bestimmt nicht in einem Hotel oder B&B.

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Da muss man ja sein Weltbild aendern, was so einigen ganz schoen schwer faellt.

Suessigkeiten moegen hilft, ist aber nicht Voraussetzung. In Avebury gibt's z.B. ein (soweit ich weiss) sehr gutes vegetarisches Restaurant, falls jemand meint so etwas gaebe es hier nicht. Da ich kein Vegetarier bin habe ich's noch nicht probiert. Aber gerade auf dem Land gibt's einige sehr gute Pubs wo man gut essen kann. Muss man nur finden, da die oft gut versteckt sind.

Farmers Markets gibt's an genuegend Ecken, auch wenn die es schwer haben sich gegen Tesco und Konsorten zu behaupten. Aber das ist ja in Deutschland wohl auch nicht anders.

Fuer Don als Antialkoholiker uninteressant, aber so etwas wie CAMRA ist mir aus Deutschland nicht bekannt. Nicht nur in Deutschland gibt's kleine aber dafuer gute Brauereien, da gibt's hier fast noch mehr von. Auch wenn die Kinder und Jugendlichen fast alle Alcopops und Lager trinken.

Und Jamie Oliver nervt. Aber das ist ein anderes Thema.

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