Macht nur weiter so.

Die Lebenszeit der Geschäfte in einer Location, gleich bei mir in München um die Ecke, ist auf ungefähr sechs Monate gesunken. Galerie Bar Cafe Restaurant Möbelladen und das vermutlich auch nicht mehr lang, so leer wie das dort ist. Allesamt haben sie es mit einem Klein-Mitte versucht, Schwabing ist ja nicht mehr am Puls der Zeit, da muss man nachhelfen, irgendwann wird schon ein Renner dabei sein, hoffen sie. Nebenan ist schon mal ein Zwischennutzer eingezogen und bietet unterhalb der Antiquariate ein hässliches Ramschareal an. Er zählt die Tage jetzt schon mal rückwärts bis zum Ende, als könne man das Kulturgut Buch verticken wie Sommerkleider aus chinesischer Billigproduktion.

Irgendetwas muss hier sein, was die enormen Mietkosten der Stadt wieder reinspielt, und tatsächlich kann man sich als Buchliebhaber amortisieren; die andere Bibliothek findet sich ab 5 Euro in den Kisten, einer der schönsten Cezanne-Kataloge der letzten Jahre kostet 6 Euro, zwe solche Funde pro Woche und schon ist es hier relativ günstig. Man kann es sich schön rechnen. Leider ist manches nicht meht schön, die neuen, auf Platzökonomie ausgerichteten Teueritaliener sind ziemlich leer, und weil sie so verlassen aussehen, geht auch keiner rein, und so werden sie bald dem nächsten Klamottenladen Platz machen.

So ist das hier; die teuerste Stadt, das teuerste Viertel und das alles so billig wie möglich ausschlachten, so entsteht Gewinn, Profit und eine Hässlichkeit, die sich schnell erneuern muss, weil sie ihren alten Anblick nicht mehr ertragen kann. Das Gmiasgscheft ist jetzt auch weg, mal schaun, was sie da reinklatschen, es wäre mal wieder Zeit für eine ultramoderne Galerie, die dann lernen muss, wie wenig Museumsbesucher die Strasse runter für Kunst ausgeben wollen.

Das Cafe, in das ich gehe, war früher teuer und als BWLler-Kneipe verschrien, aber seit ein paar Jahren sind sie erstaunlich preisstabil, und die Kundschaft wechselt nicht mehr so stark. Es ist mit seinen Besuchern gealtert und so abgenutzt, dass man glauben könnte, es habe wirklich schon 30 oder mehr Jahre auf dem Buckel. Für die Exilierten ist es ein Stück Heimat geworden; bald werden sie im Eingangsbereich wieder den Christbaum mit den roten Kugeln aufstellen und froh sein, dass die Nachfolger der ersten Besuchergeneration inzwischen auf der anderen Seite die Tea Bar in einen überfüllten Schlauch voll Rose, Perlen und Chanel verwandelt, wo man schnell den Tee kippt, bevor es zurück zu Bachelor-Studiengang geht.

Macht nur weiter so. Wenn ihr hier fertig seit, drüben in der Isarvorstadt kann man auch noch was kaputt machen. Wenn ihr schon nicht nach Berlin gehen wollt.

Donnerstag, 27. September 2007, 01:13, von donalphons | |comment

 
Spinnst du? Schick die bitte woanders hin aber nicht zu mir!!

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Alternativ wäre da noch Bogenhausen zu nennen, aber das ist für die zu teuer.

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Wie wärs denn mit der Au?

Die wird schliesslich alle Jahre wieder mal ordentlich geflutet.

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In der Au sind laut der Volksliedweisheit ja auch Birnbäume, an denen wiederum Äste sind, an denen man das ein oder andere auch aufhängen kann - Saunacken zum Beispiel.

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Aber was soll´s, solange es das Oktoberfest ersäuft, bin ich eh zfrien.

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das Uni-Viertel (und, das ist Nicht Schwabing) hat das Problem, dass keine Kontinuität da ist. Alle paar Jahre eine neue Zielgruppe, der man sich anzupassen versucht. Stabilität hast du in Haid (seit einem kurzen Ausflug ins Hip-sein) oder Neuhausen oder in Schwabing West. Da leben die Menschen, wenn sie nicht mehr auf Durchgang in dieser Stadt sind.

Dennoch glaube ich, dass das Viertel zwischen Pinakotheken und Kunstakademie mehr Potential hat als noch vor fünf Jahren als es einfach tot war. Alles geht in Wellenbewegungen und hier würde ich einen Aufwind sehen.

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Maxvorstadt, um genau zu sein.
Einfach tot? Fand ich gar nicht, wenn man mal von den Problemen mit den reingezogenen Startups absieht. Die Pinakothek der Moderne hat das Laufpublikum reingebracht, das ist nicht wirklich gut, leider.

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Vor 7 Jahren hab ich noch in der Schellingstrasse gewohnt. Da hab ich vom tot sein nichts mit bekommen...

Und Wellenbewegungen sind es meiner Meinung nach nicht, da sich im Einzelhandel, nicht zuletzt auch durch das Internet, ein Strukturwandel vollzogen hat. Mein Shop-Office hier in bester Lage hätte ich sonst nie um diesen Preis bekommen.

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Übrigens, das "auf Durchgang" hat sich ja glücklicherweise mit Berlin weitgehend erledigt, München hat kein grosses Schwabenproblem mehr, nur die Ösis, da brauchen wir noch eine Lösung.

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Ich würde das Laufpublikum nicht verteufeln. Jetzt mal umgekehrt gesehen: bin ich in einer anderen Stadt bummel ich auch durch das Museumsquartier - schätze schöne Gescchäfte, Cafés und Restaurants - und lasse dort auch Geld. Das wird schon...

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"Die Lebenszeit der Geschäfte in einer Location, gleich bei mir in München um die Ecke, ist auf ungefähr sechs Monate gesunken..."

Leipzig revisited...

Das Phänomen: auf, zu, auf, zu ... konnte man in den ostdeutschen Städten seit Mitte der 90iger erleben .

Nur umgekehrt: während man (nur ?) in München dem Wohlstand(skon-sumenten) hinterherrennt und aufgrund demographischen Wandels ziemlich aus der Puste kommt - hat es diesen Wohlstand in Dresden&Co. de facto nie gegeben. Folge: niegel-nagel-neue Schuppen, hübsche Kellnerinnen, zivile Preise. :)

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In München hat das sicher auch was mit den Gewerbemieten zu tun. Aber solange sich immer wieder Leute finden, die meinen, sie hätten das Konzept um den absoluten "must be" Laden zu betreiben - chic, young-professional, upper-class, mit Künstlern als bunte Tupfer - wird sich an den Ladenmieten nichts ändern.

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Jein - das richtig -.. aber nicht so ganz.

Man wird "es" auch an den Mieten bzw. den neuen Mietverträgen zu spüren bekommen. Zudem ist ein Auszug eine kleine Katstrophe, weil so gut wie nie sofort Anschlußmieter gefunden werden, die stehenden Fußes die volle Miete zahlen. 2 Monate ohne Miete alle 2 Jahre heißen (wenn alles glattlief !) 8% Mietausfall - im soz. Wohnungsbau kalkuliert man mit 2,14%. ;)

Nehmen wir eine wohlhabendere Stadt am Niederrhein (okay, nicht München ): der Vermier hat seinem Mieter (Juwelier) alle 3 Jahre die indexierte Miete angehoben... jetzt vermietet er alle 3 Jahre neu und ist froh, wenn er die Miete des Jahres 2000 erhält.

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Naja...

Günstige Ladenzwischenmieten für irgendwelche Pop-Up-Stores resultieren hier in München zumeist aus Übergangsphasen zur Umplanung der Gewerbeimmobilie. Meist ist der Vermieter die Landeshauptstadt oder der hiesige Versorgungsmonopolist, da dort Mietausfall langwierigen Entscheidungsprozessen gegenüber stehen und erstere problemlos auf Steuerzahler und Zwangskunden umgelegt werden können.

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Die 8% Mietausfall werden doch auf die Miete umgelegt. Alles einkalkuliert.

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Na, dann... ;)

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Hängt davon ab - ich mache sowas nicht, weil ich Mietern immer erst mal traue, und bislang nur anderthalb Pleiten erlebt habe. Und aus denen lernt man eben.

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Das ist aber nicht nur bei Dir in der Maxvorstadt so - aber ganz besonders übel! Da war ich neulich mal wieder, um in einer Gallerie ein sehr geekiges Projekt anzugucken (die schrecklichen Galerieschnösel verhielten sich dann, als hätten sie gar nicht mit lebendigem Publikum gerechnet!), und da ist mir aufgefallen, außer Galerien, Antiquitätenläden, Antiquariaten und Kneipen/Restaurant mit furchtbar gewollt originellen Themen gips da GAR nix. Was essen die Leute da??

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Das Problem
besteht, glaube ich, vor allem darin, dass du - lieber Don - alt wirst und wie alle alten Leute glaubst, dass nur dass gestern oder besser vorgestern wirklich gut gewesen sei und daher nur dieses eine Daseinsberechtigung habe...

aber unabhängig davon was nun wirklich gut oder schlecht ist, hat der Nachwuchs in der regel eine etwas andere Perspektive (womit ich nichts über die Richtigkeit sagen will) - aber tröste dich, in zwanzig Jahren werden auch sie sagen: "macht nur so weiter wenn ihr alles kaputt machen wollt..."

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Das mit dem Essen ist in der Ecke inzwischen wirklich ein Problem. Obwohl ich nicht wirklich ein Fan der koreanischen Küche bin, ist eines der besseren Restaurants in der Ecke ein Koreaner. Was geht, ist das Tresznjewsky und das Restaurant daneben. Trotzdem gehe ich zum Essen dann doch lieber ins Glockenbachviertel (Morizz, Hong Kong Bar etc.)

Ob es das Alter ist? Glaube ich nicht. Die Läden wechseln momentan extrem schnell die Mieter, das war früher anders. Schau nur mal in die Amalienpassage, zum Beispiel.

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Also, als ich jung war...,
da gab es bei mir einen Nachbarstadtteil, der immer dem neusten Trend hinterher rannte, wo die Mieten hoch und noch höher waren, wo man alteingesessene Ladenmieter radikal rauswarf (d.h. man mieterhöhte bis zu deren Konkurs), denn man wollte mindestens so schicke Mieter haben wie gegenüber im neuen Einkaufszentrum.

Und heute? Die damals etablierten Läden fehlen heute, es findet sich noch eine schlecht laufende Starbucks-Filiale sowie haufensweise Läden für diversen Krimskrams - aber nichts, was Besucher anzieht. Die gastronomischen Betriebe wechseln in eifriger Folge ihre Betreiber, einzig stabil zeigt sich ein Asiate mit preiswerten Mittagsmenüs, den es in dieser Gegend schon immer gab, sowie ein Italiener, der die Anwohner mit billiger und frischer Minipizza versorgt.

Das "schicke" Einkaufszentrum wird im Moment totalsarniert - und vermutlich auch danach gemieden, sogar der Media Markt ist ausgezogen. Das ehemalige Einkaufsviertel ist nun ein allgemein gemiedener Lokalkiez und die Vermieter raufen sich reuevoll die Haare und würde sehr gerne wieder die alten Mieter und deren Läden zurück bekommen, bei deutlich gemilderten Mieten.

Nur, die sind konkurs.

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Ich kann nur Provinz-Erfahrung beisteuern. Auch in den Kleinstädten haben die alteingessenen Läden dicht gemacht, oft weil der Inhaber keinen Nachfolger gefunden hat. Wirtschaftlich war es kein Problem, weil das Haus in dem der Laden ist, dem Ladenbesitzer gehört/e. Ein Nachfolger hätte Miete zu zahlen + den Preis für das Geschäft. Da wird es dann wirtschaftlich eng. Aus den Ladeninhabern bzw. seinen Erben werden Vermieter, die aufs Geld schauen. Daher sind Filial-Läden und Franchise-Ketten als Mieter sehr beliebt, weil sie stabile Mieten versprechen. Und so sehen alle Kleinstädte, auch ohne Shopping-Mall, die die Struktur kaputt macht, gleich aus. Douglas, New Yorker, McD, usw. ein paar regionale Ketten.

Der nächste Schlag passiert, wenn eine Shopping-Mall gebaut wird, weil die Stadträte meinen, ohne Blödmarkt wäre man Dorf. Dann gehen die Franchise-Ketten in die Mall und zurück bleiben leere Läden mit Billig-China-Krims-Krams.

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Der letzte Laden, der bei uns im Französischen dicht gemach hat, war der Dorfbäcker, der gerade ein halbes Jahr vorher aufgemacht hatte. Der war auf die lustige Idee gekommen, Brot nur auf Bestellung zu verkaufen.... Als ich eines Sonntags reinkam, standen da 12 Pains aufgereiht und ich bin unverrichteter Dinge abgezogen. «Nous n'avons pas de pains.....»

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Luxusprobleme, selbst gemacht
Die Gegenseite ist der depperte Erbe, der eine Apotheke nach sage und schreibe 300 Jahrennit Münchner Innenstadtmieten aus dem Haus rausgeekelt hat, und nun den billigsten Klamottenladen drin hat und damit die sauteure "Residenz" nebenan auch gleich mit runterzieht.

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