Ich mag heute Porno nicht, aber ich finde Porno
aus kulturgeschichtlichen Überlegungen heraus gut. Sage ich, Rainer sagt etwas anderes. Und eines voraus: Wer was wie mit welchen Mitteln in welche Körperöffnung steckt, ist zuerst mal Privatsache. Jenseits von Kindesmissbrauch, Vergewaltigung und Prävention von Kind und Krankheit haben sich da alle rauszuhalten, Staat, Kirche, wer auch immer. Ich denke, beim Sex gibt es keinen Anlass, mehr Vorschriften als beim essen zu machen.
Porno also. Ich habe eiiges im Bücherschrank, was man früher als pornographisch ansah, von den Klassikern der Aufklärung wie Diderot und de Sade, über Josephine Mutzenbacher und versteckte Publikationen der 50er Jahre, die "Memoiren einer Sängerin" und ähnlich heissen. Es sind Bücher, die bekämpft und verfolgt wurden, und man kennt auch die Namen derer, die sie verbieten wollten. In dieser langen Reihe der Verfolger und Unterdrücker ist niemand, in dessen Folge ich stehen wollte, und auf der anderen Seite finden sich all jene, die sich um Aufklärung und Offenheit verdient gemacht haben. Wobei: Es steht völlig ausser Frage, dass man gewisse Praktiken, die man bei Diderot und Louvet de Couvray, namentlich Sex mit Minderjährigen, heute nicht mehr akzeptieren würde. Es war eben eine andere Zeit, was jeder weiss, der das harmlose Schaspiel Romeo und Julia kennt: Da prahlt Julias Mutter mit ihrer Jugend, in der sie zum ersten Mal schwanger war.
Wir leben kulturgeschichtlich gesehen in einer verrückten Zeit, innerhalb christlicher Regeln und gleichermassen jenseits jeder aufgeklärten Vorstellung: Wir haben einerseits einen Jugendschutz, der noch aus dem 19. Jahrhundert und der damals vorherrschenden Prüderie stammt, und an jeder Litfasssäule, im Musikfernsehen und in den Serien so viel Fleisch, dass es einem Menschen der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts unfassbar erschienen wäre. Man erinnere sich, dass damals Tänze im Bananenrock Skandale auslösten. Und tatsächlich ist die Öffentlichkeit in einem Masse durchsexualisiert, dass es zu Alltagskultur gehört.
Wenn man so will, hat sich die Doppelmoral eines Herzogs von Lauzun heute aufgelöst, und was früher in kleinen Zirkeln vorgelebt und verfasst wurde, ist heute das Übliche der Nachmittagstalkshows. Es ist eine Demokratierung, es ist ein Zeichen des Absterbens moralischer Autoritäten, denen wir früher den Scheiterhaufen, die Folter, das Gefängnis und die Elektrotherapie "verdankt" haben. Was sich damit verbindet, der Trash, die Hässlichkeit des Öffentlichen und das Fehlen jeden Reizes, der noch als solcher wahrgenommen wird, die Übersextheit zusammen mit dem auf Malle und in Thailand abregierten Unterficktsein der Sekretärinnen und Bandarbeiter, kann einem Libertin auch nicht durchgängig gefallen, aber ich sehe keine echte Alternative.
Es gibt, das muss man zugeben, parallel zum Elend der Zensoren auch das Elend der Dumpfen, und um es in meinem System wieder zu ordnen, behaupte ich, dass der Christenpropagandist von früher heute zum Werber oder Bildredakteur bei SPon und Sueddeutsche.de geworden ist. Enthaltsamkeit lohnt sich nicht mehr, der zurückgebliebene Depp kauft keine Heiligenbildchen mehr, er ist bei Youporn, und deshalb zieht man mit und bietet, was der Markt fordert. Es ist besser als das System, das meine Helden eingekerkert hat, Porno hat dien Unfreiheit weggefegt, aber wie so oft führt die Befreiung nicht zur Aufklärung, sondern wieder zu einer neuen Form der despotischen Kultur, in der Pornographie nicht mehr reglementiert, sondern grossflächig verwertet wird.
Man kann sich jede körperliche Ausschweifung der Philosophie im Bodoir heute bei den internationalen Pornohändlern des Netzes runterladen. Leider besteht de Sades Buch auch aus grossen philosophischen Erörterungen, ohne die all der Sex bedeutungslos wäre. Davon ist im Internet nichts zu finden, das bieten weder Werbung noch Nacktbildstrecke. Alles ist verfügbar, es hat seinen Zweck erfüllt und unsere Kultur aus dem Loch herausgerissen, in dem andere Kulturen vom iranischen Terrorregime bis zu den chinesischen Mördern bis heute stecken. Porno hat den Adenauermief beseitigt und auch mir eine sorglose Jugend ermöglicht, und keiner muss heute noch eine Anzeige fürchten, wenn er unverheirateten Paaren eine Wohung vermietet. Porno, da hatten die Aufklärer recht, war der entscheidende Treibsatz der Aufklärung.
Aber was heute daraus wurde - meins ist es nicht. Was bleibt, ist weiter an der Aufklärung zu arbeiten. Das vehikel Porno jedoch zu verdammen, um damit der Reaktion in die Hände zu arbeiten und die eigene Herkunft zu diskreditieren, finde ich falsch. Wenn überhaupt, dann geht es um die Frage einer aufgeklärten Pornographie, um die Befreiung von Porno aus den Ketten von Werbung, Medien und Marketing.
Porno also. Ich habe eiiges im Bücherschrank, was man früher als pornographisch ansah, von den Klassikern der Aufklärung wie Diderot und de Sade, über Josephine Mutzenbacher und versteckte Publikationen der 50er Jahre, die "Memoiren einer Sängerin" und ähnlich heissen. Es sind Bücher, die bekämpft und verfolgt wurden, und man kennt auch die Namen derer, die sie verbieten wollten. In dieser langen Reihe der Verfolger und Unterdrücker ist niemand, in dessen Folge ich stehen wollte, und auf der anderen Seite finden sich all jene, die sich um Aufklärung und Offenheit verdient gemacht haben. Wobei: Es steht völlig ausser Frage, dass man gewisse Praktiken, die man bei Diderot und Louvet de Couvray, namentlich Sex mit Minderjährigen, heute nicht mehr akzeptieren würde. Es war eben eine andere Zeit, was jeder weiss, der das harmlose Schaspiel Romeo und Julia kennt: Da prahlt Julias Mutter mit ihrer Jugend, in der sie zum ersten Mal schwanger war.
Wir leben kulturgeschichtlich gesehen in einer verrückten Zeit, innerhalb christlicher Regeln und gleichermassen jenseits jeder aufgeklärten Vorstellung: Wir haben einerseits einen Jugendschutz, der noch aus dem 19. Jahrhundert und der damals vorherrschenden Prüderie stammt, und an jeder Litfasssäule, im Musikfernsehen und in den Serien so viel Fleisch, dass es einem Menschen der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts unfassbar erschienen wäre. Man erinnere sich, dass damals Tänze im Bananenrock Skandale auslösten. Und tatsächlich ist die Öffentlichkeit in einem Masse durchsexualisiert, dass es zu Alltagskultur gehört.
Wenn man so will, hat sich die Doppelmoral eines Herzogs von Lauzun heute aufgelöst, und was früher in kleinen Zirkeln vorgelebt und verfasst wurde, ist heute das Übliche der Nachmittagstalkshows. Es ist eine Demokratierung, es ist ein Zeichen des Absterbens moralischer Autoritäten, denen wir früher den Scheiterhaufen, die Folter, das Gefängnis und die Elektrotherapie "verdankt" haben. Was sich damit verbindet, der Trash, die Hässlichkeit des Öffentlichen und das Fehlen jeden Reizes, der noch als solcher wahrgenommen wird, die Übersextheit zusammen mit dem auf Malle und in Thailand abregierten Unterficktsein der Sekretärinnen und Bandarbeiter, kann einem Libertin auch nicht durchgängig gefallen, aber ich sehe keine echte Alternative.
Es gibt, das muss man zugeben, parallel zum Elend der Zensoren auch das Elend der Dumpfen, und um es in meinem System wieder zu ordnen, behaupte ich, dass der Christenpropagandist von früher heute zum Werber oder Bildredakteur bei SPon und Sueddeutsche.de geworden ist. Enthaltsamkeit lohnt sich nicht mehr, der zurückgebliebene Depp kauft keine Heiligenbildchen mehr, er ist bei Youporn, und deshalb zieht man mit und bietet, was der Markt fordert. Es ist besser als das System, das meine Helden eingekerkert hat, Porno hat dien Unfreiheit weggefegt, aber wie so oft führt die Befreiung nicht zur Aufklärung, sondern wieder zu einer neuen Form der despotischen Kultur, in der Pornographie nicht mehr reglementiert, sondern grossflächig verwertet wird.
Man kann sich jede körperliche Ausschweifung der Philosophie im Bodoir heute bei den internationalen Pornohändlern des Netzes runterladen. Leider besteht de Sades Buch auch aus grossen philosophischen Erörterungen, ohne die all der Sex bedeutungslos wäre. Davon ist im Internet nichts zu finden, das bieten weder Werbung noch Nacktbildstrecke. Alles ist verfügbar, es hat seinen Zweck erfüllt und unsere Kultur aus dem Loch herausgerissen, in dem andere Kulturen vom iranischen Terrorregime bis zu den chinesischen Mördern bis heute stecken. Porno hat den Adenauermief beseitigt und auch mir eine sorglose Jugend ermöglicht, und keiner muss heute noch eine Anzeige fürchten, wenn er unverheirateten Paaren eine Wohung vermietet. Porno, da hatten die Aufklärer recht, war der entscheidende Treibsatz der Aufklärung.
Aber was heute daraus wurde - meins ist es nicht. Was bleibt, ist weiter an der Aufklärung zu arbeiten. Das vehikel Porno jedoch zu verdammen, um damit der Reaktion in die Hände zu arbeiten und die eigene Herkunft zu diskreditieren, finde ich falsch. Wenn überhaupt, dann geht es um die Frage einer aufgeklärten Pornographie, um die Befreiung von Porno aus den Ketten von Werbung, Medien und Marketing.
donalphons, 14:07h
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 14:07, von donalphons |
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donalphons,
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 14:12
Man sehe mir die schlampige Schreibe nach, ich habe schlecht geschlafen und ein paar prophylaktische Tabletten gegen die Folgen des offen Fahrens intus.
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diamantspeerspitze,
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 14:16
Grau ist die Welt
... und nicht Schwarz/Weiß. Und ja, Aufklärung ist, wie auch Demokratie und Freiheit, nichts, was man einmal errungen für immer "einfach so" hat. Das muss in harter Arbeit immer wieder auf's Neue erkämpft werden.
Was leider manch Schlaukopf zu der Behauptung veranlasst, dass Freiheit kein natürlicher Zustand sei und deswegen auch kein Menschenrecht, weil der Mensch eben nicht so sei ...
Was leider manch Schlaukopf zu der Behauptung veranlasst, dass Freiheit kein natürlicher Zustand sei und deswegen auch kein Menschenrecht, weil der Mensch eben nicht so sei ...
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rainersacht,
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 16:18
2 Anmerkungen dazu:
1. Pornografie in Schriftform ist absolut nicht mein Thema; die Transferleistung, die zur Entstehung von Bildern im Kopf und der daraus folgenden Aufgeilung notwendig ist, bedingt doch eine nicht unerhebliche Beherrschung von Kulturtechniken. Würde heute jemand Millers Opus Pistorum buchgetreu verfilmen, hätte er aber dermaßen den Zensor am Hals. Und das zurecht, denn nur in der literarischen Form sind die beschriebenen Aktionen (Sex mit sehr kleinen Mädchen, Massenvergewaltigung etc) überhaupt tolerabel.
2. Was Menschen allein und gegenseitig mit ihren Körperöffnungen anstellen, ist in der Tat deren Privatsache - sofern die Beteiligten dies freiwillig und in gegenseitigem Einvernehmen tun, keine Frage. Auch ist die Pornografie als solche eine Methode der Aufklärung, die aller Ehren wert ist. Nur seitdem sie unter den Hammer des entfesselten Kapitalismusses gekommen ist, gilt es gewisse Formen zu bekämpfen, wo es nur geht.
In der nächsten Folge widme ich mich übrigens dem sagenumwobenen Film "Deep Throat" (den hierzulande kaum jemand gesehen hat, aber alle kennen...) sowie seiner Entstehungs- und Wirkungsgeschichte. Ich halte diesen Porno für den Sündenfall(sic!) der Pornografie als solcher.
1. Pornografie in Schriftform ist absolut nicht mein Thema; die Transferleistung, die zur Entstehung von Bildern im Kopf und der daraus folgenden Aufgeilung notwendig ist, bedingt doch eine nicht unerhebliche Beherrschung von Kulturtechniken. Würde heute jemand Millers Opus Pistorum buchgetreu verfilmen, hätte er aber dermaßen den Zensor am Hals. Und das zurecht, denn nur in der literarischen Form sind die beschriebenen Aktionen (Sex mit sehr kleinen Mädchen, Massenvergewaltigung etc) überhaupt tolerabel.
2. Was Menschen allein und gegenseitig mit ihren Körperöffnungen anstellen, ist in der Tat deren Privatsache - sofern die Beteiligten dies freiwillig und in gegenseitigem Einvernehmen tun, keine Frage. Auch ist die Pornografie als solche eine Methode der Aufklärung, die aller Ehren wert ist. Nur seitdem sie unter den Hammer des entfesselten Kapitalismusses gekommen ist, gilt es gewisse Formen zu bekämpfen, wo es nur geht.
In der nächsten Folge widme ich mich übrigens dem sagenumwobenen Film "Deep Throat" (den hierzulande kaum jemand gesehen hat, aber alle kennen...) sowie seiner Entstehungs- und Wirkungsgeschichte. Ich halte diesen Porno für den Sündenfall(sic!) der Pornografie als solcher.
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derherold,
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 16:31
Hieß die Hauptdarstellerin Linda Lovelace (...oder so ähnlich) ?
Ich habe ihre Biographie gelesen.
Ich verweise überdies nur am Rande darauf, daß schon Lenin äußerste Mühe hatte, nach 1917 "Sitte und Anstand" herbeizuführen, da "Sex in allen Variationen" offenbar als links und revolutionär galt. ;-)
Ich habe ihre Biographie gelesen.
Ich verweise überdies nur am Rande darauf, daß schon Lenin äußerste Mühe hatte, nach 1917 "Sitte und Anstand" herbeizuführen, da "Sex in allen Variationen" offenbar als links und revolutionär galt. ;-)
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sunny5,
Donnerstag, 6. Dezember 2007, 16:43
alles schwierig. zumindest sollte man sich vor augen halten, auch wenn der kopf viel obzönes hergibt, dass da im besten oder schlimmsten fall immer noch ein anderer mensch dabei ist. und kinder und frauen oder im anderen fall - männer - sind keine objekte, derer man einfach so habhaft werden kann.
da hat schon die antike versagt, aber die hat es ja auch nie gegeben... :-)
da hat schon die antike versagt, aber die hat es ja auch nie gegeben... :-)
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che2001,
Freitag, 7. Dezember 2007, 14:40
Es stellt sich die Definitionsfrage, was Pornografie ist. Laut gesetzlicher Definition beginnt diese eigentlich erst bei großformatiger Darstellung kopulierender Genitalien. "Voyeur","Emanuelle", "Baise Moi", "Die 120 Tage von Sodom" usw. sind in diesem Sinne keine Pornografie, und da Kubrick statt "Deep Mongolian Steinem Job" nur "Eyes wide shut" gedreht hat gibt´s auch keinen anspruchsvollen Porno. Und ansonsten bin ich ganz bei rainersacht.
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rainersacht,
Freitag, 7. Dezember 2007, 15:08
Von "Baise Moi" gibt es zwei Versionen, die eine ist aber sowas von -wiesachtman?- explizit, da kann kaum ein Schmuddelfilm aus der Vidioteck mithalten... Gibt's aber nur als Bootleg und nur auf original franzackisch.
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