Real Life 5.5.09 - Die faule Susi

Es dauert etwas, bis du verstehst, dass Iris gerade keine Lust hat zu hören, wie billig alte Autos in England sind. Iris hat auch keine Lust erinnert zu werden, wie teuer alte Autos in Deutschland werden können. Ihr eigenes Gefährt, das gerade das beste Abwrackprämienalter erreicht hat, verschlang gerade enorme Reparaturkosten, halb so hoch wie der Restwert. Und dafür ist die Zeit gerade auch nicht wirklich gut.

Besser ist die Zeit dagegen für die Partyplanung. Krise oder nicht, es wird brechend voll dieses Jahr. Hauseinweihungen, Hochzeiten, eine ganze Serie von 70. und 75. Geburtstagen ehemaliger "Führerkinder", Konzerte und Gartenfeste. Neben den spektakulären Ausfällen - eine Fraufrau hat sich von ihrem Anwesen getrennt und ist weggezogen, man spricht über Gründe - drängen sich manche, frei werdende Plätze zu sichern. Zu all dem hat auch der hiesige Weltkonzern gerade den 100. Geburtstag und lässt es krachen. Iris braucht etwas zum Anziehen. Du brauchst - und habe - dagegen ein Fluchtgefährt. Und so - hier Festsaal des Stadttheaters und Handtaschensorgen, dort Flüelapass und Motorbefürchtungen, redet ihr eine Weile aneinander vorbei, bis die Post kommt.



Es ist ja nicht so, dass du in letzter Zeit nicht genug poliert hast, bemerkt Iris spitz in Bezug auf deine von der Farbe an schwer zugänglichen Stellen immer noch leicht grünen Hände, aber du antwortest, dass du eben ein Mann der Arbeit seist, und reibst nebenbei etwas herum. Das, erklärst du, sei kein überflüssiges weiteres Silberservice und - trotz des günstigen Preises - auch keine Geldanlage, sondern schlicht und einfach Notwendigkeit. Schliesslich hättest du schon einen ledernen Picnickoffer, der auch als Tisch herhalten könnte, und den gilt es zu füllen mit allem, was man so braucht, wenn man, sagen wir mal, die besten Cafes zwischen München und Nizza aufsuchen will und feststellt, dass man die Torte nicht im Getrubel der Gaffer essen will, sondern irgendwo oberhalb der Küste. Da muss dann natürlich auch ein anständiges Service her, das den Standard bewahrt. So und nur so.

Eigentlich, meint Iris, ist die ganze Welt nichts anderes als eine sich drehende Kuchenplatte, wenn es nach dir ginge. Du solltest dein Auto so nennen, "Lazy Susan", wie diese drehbaren Platten, die man anstösst und einfach wartet, bis das passende Stück vorbeikommt. Das passt zu deiner Lebensauffassung.

Und so tauft Iris im Vorbeigehen den Sunbeam mit dem Namen einer stummen Dienerin, mit einer spitzen Bemerkung beendet sie Tage der vergeblichen Namensfindung, und sie hat recht, denn wenn das Leben schön ist, sitzt man einfach da und wartet auf Gelegenheiten, die man nicht vorbeigehen lässt. Man sitzt einfach da und ist zuversichtlich, dass alles gut wird. Man sitzt einfach da und weiss, die Welt wird es geschehen lassen. Dann kommt ihr überein, dass 2009 das Jahr des kompletten Heiratsboykotts wird, denn Heiraten ist wie eine Lazy Susan, die sich nicht mehr dreht: Man nimmt sich ein Stück, und dabei bleibt es dann, was immer auch noch an feinen Dingen auf der Platte kommen möchte.

Unten vor dem Haus schreibt eine Politesse das rote, wieder fahrbare Monster von Iris auf.

Mittwoch, 6. Mai 2009, 12:24, von donalphons | |comment

 
Lazy Susan
Schön, jetzt hat das Kind auch einen Namen.

Was mich übrigens brennend interessiert, wie hoch war denn der Spritverbrauch auf der Reise so auf 100 km ?

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Das war ziemlich überraschend, nachdem Road & Track mal um die 12 Liter genannt hatte. Scheinbar sind die damals ziemlich geheizt und haben Berge mitgenommen, Überland mit einem 110er Schnitt auf der Autobahn und ein paar Ortsanfahrten kamen wir auf acht bis neun Liter - und ich bin dabei nicht wirklich behutsam gefahren. Ich vermute mal, dass es in den Bergen durchaus mehr werden kann, aber bisher sind wir positiv angetan.

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... North America, a Lazy Susan is called a Crazy Adams.

Würde zum Sunbeam besser passen.

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Nachdem der vorherige Besitzer sie stets mit "she" bezeichnete, beschlossen wir, und daran zu halten und ihr in diesem Alter nicht mit einer Geschlechtsumwandlung zu kommen.

Bei dem Daimler wäre die Sache natürlich anders.

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Well done, dear Don. Das "she" als Bezeichnug für alles was mindesten 3 Räder und einen Sitz hat, ist in GB Tradition. (was mich an den legendären Threewheeler denken läßt, hmmmm) Unfein, aber von netter Zweideutigkeit, ist die Aufforderung das Fahrzeug ordentlich zu betanken: Fill her up. Wenn ich mich nicht täusche. Und was das Teekannerl angeht, so sage ich mit Ihnen: so, und nur so.

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Nun, der Vorbesitzer hat sie ein letztes mal gefüllt, bevor ich kam. Und ansonsten ist das Leben karg und kurz genug, da sollte man nicht am Essentiellen sparen.

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Yep. Es geht kaum etwas darüber, das was man tut in großem Stil zu verrichten.

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Dann bringt man sich vielleicht demnächst was mit einer Fiberglaskarrosserie mit und statt großem Stil beweist der provinzielle TÜV-Prüfer Kleinmut und lamentiert erst einmal herum, von wegen Brandgefahr, Splittergutachten, womit dann der Weg von Pontius zu Pilatus beginnt zwecks Abnahme und H-Kennzeichen. Vielleicht muss das aber so sein, wo Ryan Air hier demnächst sogar einen Gratisflug nach London anbietet und die Zugfahrt in die britische Provinz auch nicht die Welt kostet.

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jensen? Reliant Scimitar?

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Fiberglas (GFK) brennt nicht. Aber sonst verstehen die keinen Spass in Deutschland mit sowas. Auch wenn ich jetzt ein wenig peinlich rüberkomme ... ich hatte Anfand der90er Jahre einen Citroen Méhari, in einer Urlaubslaune aus Frankreich imortiert. Karosserie aus ABS. Splittergefahr wegen Alterung, Brandgefahr sowieso usw. Der wurde dann als LKW zugelassen.

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Wieso peinlich? Der Mehari hat was und ist "schuld", dass ich mich an das Risiko bei der Zulassung erinnere. Ich hatte zwar noch keinen, weiss aber als Besitzer einer derzeit frei marodierenden Zitrone um die Problematik. Es gibt solche und solche Prüfer. Die einen nehmen den Wagen ab, andere machen Theater.

Ob es was wird und wenn ja, was es wird? Geduld bitte, ich ringe noch mit mir und klopfe weiterhin eifrig Putz von den Wänden und Decken.

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Man hört mitunter auch von bösen Splitterbrüchen. Bei Klassikern, die H-Kennzeichen wollen, braucht man mit Plastikkotflügeln erst gar nicht anfangen.

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