Sehr zu empfehlen - Schwarzbuch Datenschutz

Seit dem Ende der Münchner und Berliner Tage, also etwa anderthalb Jahre, mache ich eine Phase der massiven Entdigitalisierung durch. Es kann schon mal sein, dass ich Mails erst nach 24 Stunden beantworte. Das Handy liegt meistens daheim und hat oft einen leeren Akku. Wenn ich mich mit jemandem unterthalte, ignoriere ich das Telefon. Es sind Verhaltensweisen, die die Provinz erzwingt, das Dauerdigital mit IPOD bis Chatten würde mich hier vom realen Leben ausschliessen. Allein das Blog bleibt übrig, und es spielt keine Rolle, denn hier liest es keiner, und die Kunstfigur Don Alphonso erzählt viel Missverständliches, dessen falsche Interpretation automatisch die Rezipienten vom realen Menschen weghält.

Ich hinterlasse kaum mehr Spuren im Netz. Das war vor vier jahren noch ganz anders, und ich kann nicht sagen, dass ich es vermisse. Ich hebe Geld bei der immer gleichen Sparkasse ab, und gebe es in Geschäften aus, deren Besitzer mich meist kennen und allein deshalb keine Daten eruieren müssen. In Berlin war das noch ganz anders, da hätte man als Bank locker ein Bewegungsprofil erstellen und, hätte ich die dort weit verbreiteten "Kundenkarten" zur Verarsche besagter Kunden gehabt, abgleichen können. tatsächlich bin ich Riten, Gewohnheiten und bestimmten Wegen verhaftet, und es gefällt mir nicht, was man damit hätte tun können. Sitze ich jetzt aber in der Nacht auf meinem Sofa, so ist da draussen kaum jemand, der viel über mich weiss. Meine Daten gehören weitestgehend mir.

Gestern Abend war es aber eine andere Sache. Rena Tangens und padeluun, zwei geschätzte Freunde meiner Wenigkeit, die den Big Brother Award hierzulande ausrichten, haben mir ihr Schwarzbuch Datenschutz geschickt. Mein lieber Scholli.



Die Sicherheit, dass da draussen keiner viel weiss, geht nach der Lektüre verdammt schnell flöten. Ich verstehe jetzt erheblich besser, wie es zu Verschwörungstheorien kommt. Aber hallo. Das, was dank des Buches nachzulesen ist, ist schon übel genug. Dürfen die das denn? ist die Frage, die mir Seite für Seite durch den Kopf ging. Ich kenne ja die Autoren, ich kenne die Geschichten, ich habe Firmen für den Award eingereicht, aber es ist nochmal eine andere Dimension, diesen kranken Dreck aus Politik und Wirtschaft geballt zu lesen, als ihn erzählt zu bekommen.

Nico Lumma ist einer der Blogger, die auf diese "Probleme" und Gestörten, die hierzulande frei rumlaufen und auf höheren Posten sitzen, hinweisen. Ich bin nicht so der Freund von Bürgerblogjournalismus im politischen Sinne, dazu kenne ich Bürgerradios zu gut, aber ich denke, er hat Recht, wenn er mehr Texte dazu lesen will. Es bedeutet aber auch, dass man sich mit dem Phänomen auseinandersetzen will, was angesichts der Taktik unserer Verfassungsfeinde und Terroristen gegen unsere Selbstbestimmung nicht ganz einfach ist. Die wollen nicht, dass wir darüber reden, die geben keine Informationen raus, also kann ich nur jedem hier empfehlen - wirklich dringend empfehlen, sich dieses Buch mit den trockenen Fakten zu verschaffen. Damit man wenigsten einen Eindruck davon bekommt, was im Staate der Metros, Schilys und Schwarzgeldannehmer heute schon passiert. Es ist für 13,90 Euro keine spassige Lektüre, aber notwendig, fürchte ich.

Der sichere Bestellungslink ist hier, Amazon sollte man bekanntlich meiden, der Buchhandel um die Ecke will wahrscheinlich keine Daten von Euch.

Donnerstag, 7. September 2006, 16:31, von donalphons | |comment

 
Lumma ist da ambivalent. Einerseits gegen eine Einschränkung des Internets und für Informationsfreiheit schreiben, aber auf der anderen Seite sich für den Web(2.0)kommerz aussprechen. Das kann man nicht trennen, da die Unternehmen im freien Netz ihr Geschäftmodell bedroht sehen.

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Danke für den Tipp. Das sollte man dann abgleichen mit Büchern wie "Generaldirektion Innere Sicherheit" (gibts antiquarisch in linken Buchläden und im Zweifelsfall bei mir), dann wird einem nochmal anders übel.

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Es gibt nichts, was es nicht gibt. So geht ein großes deutsches Versandhaus schon mal unmittelbar nach Eingang einer Bestellung hin, und übergibt die Kundendaten noch vor Auslieferung der bestellten Ware an eine Wirtschaftauskunftei mit Inkassoabteilung. Schon mal so für alle Fälle.

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noch viel einfacher
besagtes Versandhaus hat eine eigene Tochter, welche die Zahlungsmoral der Kunden (Bestandskunden) aufzeichnet. Viel aussagekräftiger als Auskunftei. Und vor allem ein einträgliches Geschäft, weil man den Abgleich auch an Konzern-fremde Versender verkaufen kann. Super das. Nebenprodukt ist eine CD mit Zahlungsmoral-Daten für jeden Straßenzug (also zwischen Kreuzung und Kreuzung).

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Was jetzt als Skandal wahrgenommen wird, hat eine lange Vorlaufzeit. Dieses besagte Versandhaus hat schon Anfang der 90er Jahre Kundendaten analysiert, als "Data Mining" und "Data Warehouse" noch Begriffe für wenige Spezialisten waren.

Der Zug in Sachen Datenschutz ist schon lange vorher abgefahren.

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......da fällt mir eine Geschichte ein,
die schon einige Zeit zurückliegt.

Ein Ehepaar gab ein Fahrzeuggesuch im Internet auf. Ein ganz spezieller A6 sollte es sein. geschätzer Preis ca 50.000 Euro. Tatsächlich meldete sich dann jemand der genau dieses Fahrzeug in der gesuchten ( seltenen ) Konfiguration anbieten konnte. Es wurde dann telefonisch ein Treffen vereinbart und ausgemacht das der Wagen bar bezahlt werden müsse und dann auch gleich mitgenommen werden kann. Das Ehepaar wurde jedoch in einen Hinterhalt gelockt und natürlich das Geld abgenommen. Der Täter hatte eigentlich alles richtig gemacht ( sic! ). ein Handy auf einen falschen Namen angemeldet, kein Email geschickt etc.

Dann kam allerdings der Hammer.......

Es wurde festgestellt das diese seltene Fahrzeugkonfiguration in der entsprechenden Zeitspanne genau 3x auf der Website von A*** aufgerufen wurde. Auch die zugehörige IP-Adresse konnte ermittelt werden, gehörte jedoch zu einem Internetcafe. Für das Handy konnte ein Bewegungsprofil erstellt werden, der Täter fuhr damit über einen längern Zeitraum immer dies gleiche Strecke in die Arbeit. Sein Fehler war einfach mit diesem Handy einmal in seiner Firma seinen eigenen Anschluss anzurufen und den Anrufbeantworter abzuhören, allerdings lag auch das wohl schon einige Zeit zurück. Jedoch konnte er aufgrund dieser Indizien festgestellt werden und gestand dann auch die Tat.

Traurig dabei, er war kurz vor der Hochzeit und wollte seine Braut nicht mit vorehelichen Schulden belasten. Beruflich war er als Abteilungsleiter bei einem Zulieferer sehr erfolgreich........

Mal ein etwas längerer Eintrag sorry :-)

Ist mir nur gerade in den Sinn gekommen was den Datentechnisch bereits alles möglich ist

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Der tschetschenische Rebellenführer Dudajew wurde auf der Frequenz von seinem privaten Handy angepeilt, auf der eine Boden-Boden-Rakete millimetergenau ins Ziel gelenkt wurde.

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halte ich für ein gerücht. du kannst handys nur "pingen" und den standort für genau diesen zeitpunkt feststellen und das auch nur auf zig meter genau, weil die triangulation für GSM nicht besonders genau ist.

und deinen marschflugkörper kannst du erst recht nicht "auf diese frequenz anpeilen" lassen, denn der nutzt GPS oder etwas vergleichbares.

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Vorträge
Neben dem Buch sind auch die Vorträge von padeluun sehr empfehlenswert. Ich war mal bei einem Vortrag über Videoüberwachung. Er sollte sich mal Zugang zur Innenministerkonferenz verschaffen. In einer Diskussion sähen Beckstein und Co wirklich schlecht aus.

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Danke für den Hinweis. Was den Digitalkram angeht, so finde ich die Auswirkungen auf die Alltagskontakte interessant. Hier in den Straßen sieht man immer mehr Leute, die entweder Kopfhörer eingestöpselt haben oder ins Telefon sprechen. Kein Wunder, dass mich so oft Leute nach dem Weg fragen: Ich bin erreichbar, ich wirke ansprechbar.

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Und damit die vielen Torten nicht ansetzen,
kannst Du sie leicht wieder aus dem Magen befördern.

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Lieber Fenkt,

ich will hier keine Links zur Springerpresse sehen. OK?

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