: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 26. September 2006

Charles Baudelaire schreibt für die FDP

Die Beine reckend wie ein geiles Weib in Sünde
im Brand vertriefend giftgen Schweiss,
gab sie uns schamlos-unbekümmert
alle Gründe des Gestankes preis.

Es ist ja nicht so, dass ich das Merkel nicht gerne weg haben und diese unglückseelige Koalition am Ende sehen möchte. Aber das aktuelle Geschleime der FDP ist so widerlich, dass ich sie auch nicht in der Regierung sehen will. Das mit der Ampelkoalition, Ihr windigen Knaben, hättet Ihr Euch nach der letzten Wahl überlegen sollen, Ihr zu Tode gesiegten Grosskotze.

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Sehr zu empfehlen - Strukturiert und gezielt einkaufen

Früher, ja früher. Früher war alles anders. Und besser. Mit drei vertreuten Wohnungen, zwei davon recht leer, konnte ich kaufen, was ich wollte und was mir in die Quere kam. Es gab immer ein Stück Silber, einen Stuhl, Porzellan oder einen Teppich, den ich mit heim schleppen konnte. Es spielte keine Rolle.

Jetzt ist alles anders. Nie hatte ich an einem Ort mehr Platz - 10 Räumlichkeiten auf zwei Ebenen plus 1 Dachterasse plus 1 Abstellkammer plus 1 Weinkeller (momentan nur mit einem Grabstein möbliert). Auf der einen Seite gibt es massenhaft Doubletten, ein Dutzend Kronleuchter etwa, die jetzt an anderer Stelle im Stadtpalast hängen, und ein zwei Sätze Louis Philippe Stühle, die eventuell mal bei kleinen Veranstaltungen gebraucht werden, auf der anderen Seite haben alle asiatischen Drucke und Seidenmalereien gerade mal für den Gang und die Küche gereicht, und ein Prunkspiegel á la façon de Venise sieht an einer grossen Wand erstäunlich mickrig aus. Nichts passt so richtig, es ist wie eine Hose, die oben zu weit und unten zu kurz ist.

Gleichzeitig sind die Mittel und die Zeit nicht unbegrenzt, irgendwann will ich fertig werden. Das heisst: In Zukunft nur noch Dinge kaufen, die ich wirklich dringend brauche, als da sind: Alte Vorhangstangen, unendlich praktische englische versilberte Untersetzer für heisses Geschirr, diverse grosse Spiegel, ein halbes Dutzend darf´s schon sein, und ein Beistelltisch für das Schlafzimmer als Buchablage mit Schublade für Kondome, Peitsche und Stricke. Das alles ist kein Problem, wenn man auf den Pfaffenhofener Markt, dieser unerschöpflichen Schatztruhe, die richtigen Lieferanten hat. Man kennt sich, es gibt ja nicht so viele Leute, die nach 20 identischen Stühlen fragen.



Dieser freundliche Herr hier ist mein famoser Spiegellieferant, gebürtig aus dem slowakisch-ungarischen Grenzgebiet und damit in einer Region zu Hause, in der man quasi Bestellungen aufgeben kann. Die Hälfte meiner grossen Spiegel kommen von ihm und aus dem, was früher die österreich-ungarische k. u. k. Monarchie war. Bräuchte ich einen Mahagoni-Eckschrank, würde ich bei ihm fündig werden. Aber diesmal, leider, kein Spiegel wie ich ihn brauche. Ein phantastischer, bemalter Spiegel aus Ungarn steht rum, aber der passt nicht rein. Wir ratschen etwas, ich insistiere auf weitere Spiegel, er willigt ein, und damit es nicht gar so eine - bislang - sinnlose Fahrerei war, kaufe ich einen Kerzenstock.



Nun könnte man sagen, dass so ein schlichter Kerzenstock bei mir eigentlich nicht sein muss, nachdem ich die exquisiten Vorbilder, die er zu imitieren sich anschickt, schon besitze. Gegen den französischen Empireleuchter und den italienischen Alabasterleuchter, beide so um 1800, 1810, deren Form er aufgreift, ist er optisch ein wenig rustikal. Aber da täuscht man sich. Denn wer schon einmal versucht hat, einen gravierten, brünierten Empireleuchter aus dünnster Bronze von altem Wachs zu reinigen, oder das viel zu dünne Gewinde in einem wacklig verschraubten Alabasterleuchter anzuziehen, der weiss plötzlich die robuste Konstruktion eines ungarischen Leuchters zu schätzen. Ausserdem weiss man ja, Kerzenstöcke kann man nie genug haben in einem alten Haus, wo das Licht manchmal ausgeht. A propos Licht ausgehen:



Gleich danach kommt ein Stand mit einem weiteren famosen Herren, der Stiche hat. Ich sollte einen Bogen um Bilderhändler machen, wenn ich strukturiert einkaufen gehe. Wirklich. OK. Diesmal war es durchaus sinnvoll, denn Stiche des frühen XVIII. Jahrhunderts von gotischen Prunkgräbern gewisser Kardinäle fallen bei mir eigentlich in die Kategorie Fachliteratur für die Wand. Und zwar für die Wand im Schlafzimmer. Über dem Bett haben sie keinen Platz, aber an der Wand gegenüber. Da müssen sie sein, und zwar nicht, um so eine Art hermetische Grabkammer draus zu machen, sondern um jeden Morgen beim Aufwachen sofort an die Arschlochkarte zu denken, die alle züchtigen, enthaltsamen, spiessigen und moralapostligen Idioten gezogen haben, die in ihren Tumben faulen. Wie meinte Papst Bonifatius VIII. nicht so schön? "Die Toten werden so wenig auferstehen wie mein vorgestern krepiertes Pferd." Wohl dem, der davor eine nackte Frau neben sich hat.



Die Stiche also gehen in Ordnung und sind keine echte Abweichung von der Kaufplanung. Und die Stuckmodel mussten einfach sein. Weil erstens spottbillig und zweitens langfristig eigentlich enorm kostensparend. Wer solche kleinen Details kaufen muss, weiss, wie enorm ein paar Dutzend von denen ins Geld gehen. Die Model, eine Packung Gips und etwas Wasser, und schnell hat man den Stuck selbst gemacht. Kann man auch mitnehmen und dann bei Freunden stuckatieren. Diese geschnittenen Specksteine waren früher übrigens enorm teuer und das Betriebskapital der Stuckateure. Und nebenbei, wenn sie nicht gebraucht werden, sehen sie auch noch dekorativ aus. Im Gegensatz zu den Händen, die schön langsam durch das mitgeschleppte Gewicht rote Striemen bekommen. Doch gleich erreiche ich den Händler des englischen Silbers, schon von fern glänzt und funkelt es, also auf zum dringend benötigten Untersetzer.



Aber leider, diesmal nicht. Nächsten Monat, vielleicht, meint mein Amerikaner, dann war er wieder drüben. Diesmal hat er nur Kerzenhalter in riesigen Mengen. Habe ich schon einen, antworte ich. Aber nicht aus Sterling, sagt er. Aber dafür älter. Aber nicht zum aufschrauben, dass man aus einem Dreierleuchter auch mal einen einzelnen machen kann. Stimmt, sage ich, aber ich habe eigentlich kein Geld mehr. Ausserdem passen die alle nicht stilistisch zu dem, was ich sonst so habe. Der hier - ich nehme einen - würde, owohl, ne, das Risiko ist mir zu hoch. Kostet nur 50 Euro, sagt er, 20! sage ich, und irgendwann streiten wir uns nur noch über 5 Euro hin oder her. Letztlich lassen wir die Münze entscheiden, und ich verliere. Eigentlich wollte ich ihn ja nicht, aber zuhause passt er dann exakt zum Rest. Auf dem Weg war noch ein weisses Barocktischerl, eigentlich wollte ich Mahagoni, aber trotzdem kann man es ja mal anschauen, und die Appliken, die darauf liegen, wegräumen. Es gibt da übrigens so einen Trick; erst nach etwas fragen, was man nicht will, entsetzt sein und zeigen, dass es viel zu teuer ist, das macht dann die Händler bei der zweiten Frage oft etwas weicher. Mache ich. Was kosten diese Appliken?



Gut. Es war Training. Er wollte zuerst mehr als doppelt so viel. Und eigentlich brauche ich sowas noch über das Bett, und billig waren sie ausserdem. Mein Gott, kann der nicht einfach mein Wehklagen überhören und zum Tisch übergehen? Was sollte diese "Was würden Sie ausgeben"-Frage? Appliken waren wirklich nicht vorgesehen. Ein Unfall. Und sauschwer sind die auch, also jetzt wirklich schnell zum Auto. Tanken muss ich auch noch. Langsam wird das Geld knapp. Aber mit 10 Litern komme ich schon heim.



Oder vielleicht auch ohne tanken, und dafür diese Bücher aus dem XVII und XVIII. Jahrhundert? Was kosten die? 20 Euro? Alle zusammen? 15 habe ich noch. Ne, Moment, 14, 50, 70, 80, 82, verdammt wieso habe ich daheim das Kleingeld rausgetan, na egal, 14,82 Euro gehen auch. Shit. Warum habe ich nur den Kombi genommen. Die Barchetta könnte ich im Notfall alleine schieben. Zum Bankomat fahren ist übrigens unehrenhaft, das macht man nicht, ausserdem kommt man nur wieder in Versuchung, doch nochmal zu schauen.



Und dann sehe ich mich. Auf dem Bild. Der Teufel, der von einer Frau geritten wird. Das sind meine verzerrten Gesichtszüge im blinkenden Silber des Leuchters, das ist meine Gier, mein Schicksal, ich wate durch das Trübe meiner Leidenschaften, die kurzen Haare von Fortunas Scham kitzeln meinen Nacken, das Weib lacht höhnisch über meinen schleppenden, beschwerten Gang. Zu lange betrachte ich das Bild, und kaum ist die Kamera zusammengezurrt, fragt mich auch die Verkäuferin, ob ich es haben wollte, es sei wirklich billig, vielleicht für das Schlafzimmer? Flieh, schreit meine Seele, das ist eine Hexe, das kannst Du nicht tun, Don, nicht dieses Bild in Dein Schlafzimmer, und ich nehme Reissaus, presche im Kombi über die satten Hügel der Holledau, wohlgeformt wie die Hüften und Brüste derer, die nimmermehr dies Bild in meinen Gemächern betrachten werden, und gepeinigt von der Erkenntnis, dass strukturiert und gezielt einkaufen mit Don Alphonso nicht wirklich empfehlenswert ist.

Eigentlich.

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