: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 7. September 2006

Ade Medien

Zwei Meldungen, dass die elektronischen Medien langsam des Wahnsinns2.0 fette Beute werden. Bei gleichzeitig wegbrechenden Fernsehmärkten. Was bekanntlich nicht gerade zum kühlen Nachdenken anregt. Statt dessen setzt man auf Versuche, die entflohenen Nutzer irgendwie wieder einzufangen, selbst wenn Microsoft und Yahoo bei der Geschichte nur gut aussehen, wenn sie überzogene Zahlen zu Spaces und 360° verbreiten.

Demnächst sitze ich wieder mal auf einem Podium und muss dem Nachwuchs was über das Kommende erzählen. Ich glaube nicht, dass da etwas kommt. Was die Wirksamkeit von Werbung und PR angeht, und die Bereitschaft, für Information zu zahlen, sehe ich komplett schwarz. Von Bitorrent und Pirate Bay kann keiner leben, und Leserknipser retten keine Zeitung. Community, Marke, Blablabla, das alles hatten wir schon mal, das ging meistens schief, und solang keiner eine neue Idee hat, wie das heute anders und besser gehen soll, brauchen wir eigentlich keine Wiederholungen.

Es gibt historisch gesehen keine Verteilungskriege, bei denen nachher mehr zum Verteilen da war. Jeder kleine Gewinn wird mit einem ungleich grösseren Verlust bezahlt. Früher waren Medien alles, heute starren sie wie ein panisches Kaninchen auf die Schlange, wenn es um ihre wegbrechenden Verwertungsmärkte geht. Gut möglich, dass es wirtschaftlich keine Gewinner geben wird, egal auf welcher Seite. Nur Verlierer. Weshalb es gar nicht so dumm ist, den kommenden Konflikt vielleicht andere durchstehen zu lassen. Oder draufgehen, je nach Kriegslage.



Wohl dem, der gut genug ist, ein Sachbuch zu schreiben. Der Rest wird eine Entdeckung machen, die ich in den letzten Monaten überdeutlich mitbekommen habe: Ihr Niedergang interessiert keinen, egal wie sich die Branche selbst zum Thema macht. Die Eva Dingsda von Apfelkuchenkotz ist mutmasslich eine reaktionäre Pissnelke, aber sie hat es wahrscheinlich begriffen, wie das geht, das Überleben in einem schrumpfenden Markt. Der Rest glaubt, dass es weitergehen muss, dass es einen Bedarf gibt und man deshalb immer da sein wird. Der Gedanke, dass kein Bedarf nach was auch immer jemals Dark Ages hat verhindern können, ist ihnen fremd. Der Markt ist nicht alles, es geht auch ohne - und die, die von ihm leben.

Der Tag, an dem das schwarzbraune Drecksblatt alle seine Leser zu Reportern gemacht hat, ist nicht der Tag der Aufwertung eines unmündigen Standes, es ist der Tag der Entwertung für die Medien - was nur für die ein Problem ist, die an einen Wert der Medien geglaubt haben. Nachdem ich heute eine Biedermeiervitrine auf Zeitung, Werbung und redaktionelle Inhalte, ungelesen gleichermassen, restauriert habe, muss ich keine grosse Meinungsbildung mehr durchmachen. Ich mag die Wertlosigkeit des Bloggens. Die kann man nicht verlieren, die ist sicher.

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