: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 18. Juni 2004

schön blöd

jetzt mal so ein mittiger text in kleinschreibung weil man das wieder so macht wie damals in den bescheuerten raf-pamphleten und rezensenten mögen das weil es dann kunst ist. obwohl es sind zu wenig punkte drin das solltet ihr euch vielleicht noch reindenken. danke.

also es gibt diesen laden. da werden möbel verkauft wie in den seventies, so flache sessel und betten und alles irgendwie in weiss und pastell und braun. das ist recht hip und so weil die siebziger sind stylish wieder echt frisch hier in berlin. nicht bei allen aber bei mareike und ariane die sogar so eine tasche auf ihrem buchcover hat und mareike jedenfalls will jetzt auch so einen sessel in diesem geschäft wo schön auf dem schaufenster steht.



aber mareike sagt dass es ziemlich uncool ist von dem label wo sie gejobt hat dass immer noch kein geld und kein vertrag da ist und deshalb geht das jetzt noch nicht. sie drückt sich aber jeden abend wenn sie auf dem weg zur party vorbeikommt die nase am schaufenster platt.

und am tag sitzt dann eine verkäuferin drin und sieht keinen kunden und kann sich ärgern, weil ja eigentlich alles hier auf die ganz jungen gutverdiener eingestellt ist die wo mit dem style der seventies. die kennen auch den style vom wort schön weil sie die sporties hören und zweiraumwohnung und winson und bei sowas und solchen möbeln nicht das kotzen kriegen wie das noch die tun, die in den achtzigern die tempo gelesen haben und das jetzt noch immer voll scheisse finden dieses hippiezeug das sie zum letzten mal vor diesem laden bei der beat ag in der wohnung von ihrem frauenverstehenden musiklehrer gesehen haben wo sie nur hin sind um margot zu imponieren.

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Real Life 18.6.04 - Untergrund der nächsten Gener

nein, sagen wir mal lieber, Kohorte.

Ich weiss nicht, ob sie eine PRaline ist, und woher sie meine Nummer bekam. Wahrscheinlich hat sie noch nicht mal auf unsere Website geschaut, sonst hätte sie begriffen, dass mein Medium herzlich wenig mit dem zu tun hat, was man als ihren "kulturellen Horizont" bezeichnen könnte. Seit zwei Monaten erhalte ich Einladungen zu irgendwelchen schrägen Kulturparties, die sie selbst von wem anderes bekommt, und die sie mir dann forwarded. Es ist ziemlich schwer, Journalisten auf solche Krümelevents spät Nachts zu locken, wo es nichts zu Essen gibt und das Bier was kostet. Vielleicht wird sie weiterhin eingeladen, kriegt Bücher umsonst, oder kann angeben, wenn sie einen Typen anschleppt, auf dessen Visitenkarte eine New Yorker, eine Berliner und eine Münchner Adresse stehen. Echte PR ist sie eher nicht.

Es war ein echter Dreckstag in Berlin a. d. Spree. Zwei Termine geplatzt, umsonst gewartet, ein paar Regenschauer und dann auch noch die Dummheit, ans Handy zu gehen. Ob ich heute Abend nicht doch kommen will, ganz toller Event, gerade ich als halber US-Citizen würde es grossartig finden, New Yorker Underground.

Ich dachte mir, das mit meinem Status als banaler Angestellter einer amerikanischen Stiftung erkläre ich ihr lieber dort, mit allem Drum und Dran, damit sie klar sieht - und sagte zu. Ich hätte das Handy besser an die Wand pfeffern sollen.

Ein paar Meter neben einem früheren Schickilokal in der Gipsstrasse war ein Laden ausgeräumt. Jemand hatte sich nicht viel Mühe gegeben, das Ganze authentisch wirken zu lassen: Farbphotos von Sprayern mit Klebestreifen an die Wand gepappt, grellgelbe Halogenstrahler frisch aus dem Baumarkt, und dazu überall die typische Sprayerschrift, quasi die gotische Fraktur unausgelasteter Spiesserzahnarztkinder.



Die waren zur Hälfte drinnen und draussen und ziemlich dürr, von den beiden fetten, kurzhaarigen Kajaltöpfen abgesehen, die zu solchen undergroundigen Events gehören wie der tschechische Gartenzwerg in den Vorgarten des Kleinbürgers. Draussen lehnten sie an ein paar Mittelklassewägen, natürlich vor allem an einem schwarzen, 5-türigen Golf, das Becks in der Hand und ziemlich LAUT, ohne dass es nötig gewesen wäre in diesem verschlafenen Wohnviertel.

Drinnen waren neben den Bildern von wild vermummten N.Y.Kiddies mehr von den typischen Szeneleuten, mit den 70er Taschen und manchmal auch Lackmänteln. Es roch nach zu viel Parfum, fast wie auf einem Wohltätigkeitsbasar, aber nicht süsslich verwesend, sondern eher kalt und stechend. Süsslich roch nur der billige Sekt, den jemand verschüttet hatte und der jetzt den Boden verklebte.

Die Möchtegern-PR-Frau kam mit einer Bekannten auf mich zu, stellte uns vor, und begann zu reden. Es war zu laut, sie sprach mehr in Richtung ihrer Bekannten, die schon etwas zu alt für die kreischenden Kids neben uns war. Ich verstand die Hälfte und hätte einiges darum gegeben, wenn es nur ein Viertel gewesen wäre. Angeblich war das hier sehr wichtig, ein Spit-zen-Event, und ausserdem sind auch viele Jungstars der Szene da, Künstler, Schauspieler, Regisseure, Autoren.

Ein Typ, der mit seiner zerissenen Jeans einen kleinen Tribut 2 the topic machte, zog mit einer teuren Digicam herum und knallte mir den Blitz aus einem halben Meter Entfernung in die Augen, bevor er mir dann, zur Unschärfe inmitten eines schwarzleuchtgelben Flecks gewandelt, als irgendein Jungeventdurchzieher vorgestellt wurde. Sehr unangenehm, pleased to beat you. Gekreische von Rechts, ganz viel, da ging wohl wieder eine Flasche sekt auf, aber ich sah nichts.

Ich sprach dann noch mit einem frisch zurückgekehrten Austauschstudenten über die Probleme bei der Arbeitssuche in New York, mit einer fertigen Journalistin ohne Job über die Krise des Journalismus, und mit einem Kerl, der dachte, ich könnte ihm vielleicht helfen, sein Manuskript an einen Verlag zu bringen. Er war ziemlich frustriert, als ich ihm sagte, dss noch nicht mal ein gut laufendes Buch so viel Geld bringt, dass er sich den Traum vom neuen BMW X-5 leisten kann, geschwiege denn einer Wohnung in Mitte. Gegen ein Uhr drängte die nächste Gruppe in die Galerie, und ich ging, ohne meine einladende Bekannte noch mal zu sehen.

Auf dem Weg zum Auto hupte jemand hinter mir. Es war die Bekannte der PR-Frau. In einem leicht verbeulten Mazda MX-5 mit Koblenzer Kennzeichen. Shakira volle Kanne dröhnte durch das Verdeck.

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