: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 6. Juli 2004

Aventiner

Er ist gross, blond, kantig und lässt einen unwillkürlich an gewisse Filmrollen der späten 40er denken, in denen solche Gestalten schwarze Uniformen trugen und am Ende sehr tot waren, nach Beschuss seitens guter amerikanischer GIs.

Er trägt keine Uniform, zumindest keine schwarze. Aber ein weisses Hemd, bei dem der Kragen hochgestülpt ist. "Aventiner" ist hinten im Kragen eingestickt. Auf seiner Brusttasche prangt eine Lilie. Das sind die besten hier an dieser Uni, sagen sie. Die grossen Networker. Die Bilder ihrer Website wurden erstellt mit PhotoThumb 1.0 (Unregistered Trial Version).

Er sieht mich verächtlich an, weil ihm nicht bekannt ist, dass Leinen edel knittert und die Beule an der Sakkotasche von einer Kamera kommt, die er sich erst in ein paar Jahren leisten können wird.

Das macht ihn, wie soll ich sagen, ein wenig lächerlich und dünkelhaft. Verachtenswert wird er erst dann, als er in die "Studenten-Appartments am Münster" geht; ein vollkommen überteuertes Renditeobjekt auf dem Gelände einer Wäscherei, das eine Dekade dekontaminiert werden musste, bevor man darauf Studenten mit zu viel Geld und zu wenig Ahnung vom Immobilienmarkt ansiedelte.

Ein Mietbewohner eines Renditeobjekts, finanziert durch den lokalen Geldvierteladel. Anständige Leute sind da nicht investiert. So sieht die Wirtschafts-Elite aus, blond und keine Ahnung, dass sie sich dumm und dämlich zahlen. Naja. Ich gehe hoch zu unserem Stadtpalast, und denke, ich müsste wirklich mal zählen, wieviele Zimmer wir hier in der Stadtmitte haben. Sicher mehr als 20, glaube ich.

weitaus nettere, vollkommen unaventinische Fortsetzung hier

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Sundowner

Ein Account ist in München; nur in München. Kein Wunder, dass ich die Nachricht nicht bekommen habe. Jemand hat sie dort abgerufen und mitgebracht.

Sie heissen jetzt anders. Gar nicht blöd, die erste Domain war dämlich, und sie wollten sie schon vor einem Jahr ändern. Jetzt also ein Kunstname, aber alles andere bleibt, wie es ist. Draussen vor dem Fenster schmilzt sich die Sonne in die Erde; das späte Licht macht die Wolken finster.



Sonst alles wie gewohnt, sagen sie. Aber ich wundere mich, warum das von jemandem kommt, den ich nicht kenne. Die waren doch ganz klein. Sind sie immer noch, sagt das Internet. Aber die Vision ist neu. Die Software, die sie machen, kenne ich nicht. Die Adresse riecht nach Home Office. Wen ich da mal kannte, ist nicht mehr da.

Sie sind nicht pleite. Sie haben so lang überlebt. Aber jetzt haben sie den AG-Mantel verkauft, und wohl auch den Verteiler. Sie konnten nicht präsentieren, sie wollten einfach nur eine gute, leise Geschichte machen.

Sie wurde leise. Gut eher nicht. Warum ausgerechnet sie.

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