: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 12. Juli 2005

Kreuzgang

200 Kilometer südlich von Berlin sollte man tunlichst nicht auf die Idee kommen, jenseits der Autobahn eine Tankstelle zu suchen. Kleinere Käffer haben allenfalls einen Bäcker oder etwas grüne Wiese, aber keine Tankstelle. Allenfalls, wenn man ohnehin vorhat, nach Naumburg zu fahren, kann man es wagen, den Tank weitegehend leer zu fahren. Naumburg hat dank seiner historischen Rolle und der intakten Altstadt, sowie einer berühmten Plastik der späten Romanik so etwas wie Fremdenverkehr, und deshalb wohl auch eine Tankstelle. Und natürlich den Dom, an dem viel zu viele auf der A8 Richtung München vorbeirasen. Mit einem schlichten, aber gelungenen spätromanischen Kreuzgang.



Der Weg zurück zur A8 führt wegen einer grösseren Baumassnahme durch Sachsen-Anhalts Pampa Richtung Osterfeld. Und dann kommen eben diese kleinen Städte, an deren Rand eine aufgelassene Fabrik den Reigen des Niedergangs eröffnet. Danach zieht sich der Zerfall Haus für Haus in den Ortskern, alles unbewohnt und marode. Niemand macht sich hier noch die Mühe, etwas zu vermieten. 15 Häuser, eins nach dem anderen, alle historische Bausubstanz, die Türen eingeschlagen, baufällig, verrottet, egal.

Am Ende dann ein Haus, in dem sich eine Werbeagentur niedergelassen hat. Noch ist sie da, in der langen Folge von Zerstörung und Aufgabe. Aber was hier beworben werden soll?

In der Zeit, als man den Kreuzgang baute, zog man die Bewohner mit speziellen Förderprogrammen in diese Region. Vielleicht sollte man den Arbeitslosen, den Faulen, den chancenlosen Kreativen ein anderes Angebot als teure Adobe-Fortbildungen anbieten. Die verlorene Generation hier herziehen lassen, steuerbefreien und die Unterkunft geschenkt, wenn sie es herrichten. Dann können sie nach ihrer Facon leben, und der Staat spart sich ganz nebenbei die Enstorgung ganzer Landstriche.

Nach Berlin sind es zwei Stunden mit dem Auto, die Lebenshaltungskosten sind niedrig, und wenn die richtigen Leute zusammenkommen, kann es eine hübsche Kolonie der Moderne im Niedergang werden. Und ich muss mich daheim am Abend dann nicht über den Munich Area Dreck ärgern, den die mir per Mail schicken. Wir haben viel Platz im Osten und viele unvermittelbare Kreative und New-Eco-Restbestände im Westen. Das gilt es zusammenzuführen. Da gibt es Synergien. Und wenn es dann so richtig gut läuft, verkloppen wir das Ganze an die Rumänen gegen ein Stück Wald in Siebenbürgen...

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