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Donnerstag, 9. Februar 2006
Ciao La Boheme, addio Chiaroscuro,
willkommen in der neuen internationalen Ungemütlichkeit. Es gab so viele Geschichten in diesem dunklen Restaurant mit seinen alten Sofas, der geschnitzten Anrichte und all den Bildern an der Wand, den weissen Tischdecken und den Kerzen, dem Klavier, auf dem nie gespielt wurde, und dem Salat, bei dem der Vegetarier den Käse und die Fleischfresserin den Schinken bekam. Das La Boheme war eine der Konstanten in der Maxvorstadt, und sein Verschwinden ist wie das Knacken einer zu dünnen Eisschicht unter dem Gewicht eines Unvorsichtigen - das Schwabing, das ich vor zwei Jahren noch als Heimat empfand, ist heute weitgehend verschwunden, und mit dem La Boheme, seinem Dunkel und den wenigen hellen Reflexen auf den Gesichtern ist auch sein Grundpfeiler gefallen. Das war´s mit den Lichtspielen, der Ästethik der Maniera, der Küche der Prinzessin.
In den letzten fünf Jahren hat sich das ganze Viertel gewandelt, überall erscheinen neue Coffee Shops und Bagelläden, räumen die gewachsenen Strukturen beiseite, klammern sich ans Dasein, und gehen dann wegen des Überangebots wieder unter. Es gibt viel mehr Läden, aber kaum noch was, wo man hingehen kann, was nicht so aussieht wie der immer gleiche Stil zwischen Ballermann und Kastanienallee. Und mit dem letzten Biotopen des Ursprünglichen verschwindet der spezifische Charme der Vorstadt, sie wird austauschbar, eine schale Blaupause eines Lebensstils, bei dem man immer überall sein kann, es gibt dann eben diese Meile, an der jedes Lokal und Geschäft, alle Leute und jedes Gespräch genauso ist wie am Tag zuvor, in einer anderen Stadt, einem anderen Land, oder in einem anderen Leben.
Im neuen Lokal sind alle Tische und Stühle gleich, es ist perfekt auf maximale Kundenzahl zugeschnitten, statt der Bilder gibt es die immer gleichen Lampen in der Wand, und für einen Moment fragt man sich, wie das wohl aussehen mag, wenn sie an der Wand sitzt und man sie nicht richtig anschauen kann, weil rechts und links von ihrem Gesicht das hässliche Licht der hellen Flecke den Raum verschmutzt. In diesem Lokal kann man sicher veritable Businesspläne entwerfen und über globale Strategien sprechen. Und natürlich findet sich dann einer, der bei OpenBC schreibt, wie toll er das neue Lokal findet.
Komischerweise habe ich es noch nie voll gesehen, wie das La Boheme. Das wird nicht wiederkommen, aber es ist nicht vergessen. Und der Nachfolger hoffentlich bald tot, vorbei, verreckt, ohne jede Möglichkeit einer Wiederkehr, die all die nie beendeten Geschichten haben, die hier ihren Anfang nahmen.
In den letzten fünf Jahren hat sich das ganze Viertel gewandelt, überall erscheinen neue Coffee Shops und Bagelläden, räumen die gewachsenen Strukturen beiseite, klammern sich ans Dasein, und gehen dann wegen des Überangebots wieder unter. Es gibt viel mehr Läden, aber kaum noch was, wo man hingehen kann, was nicht so aussieht wie der immer gleiche Stil zwischen Ballermann und Kastanienallee. Und mit dem letzten Biotopen des Ursprünglichen verschwindet der spezifische Charme der Vorstadt, sie wird austauschbar, eine schale Blaupause eines Lebensstils, bei dem man immer überall sein kann, es gibt dann eben diese Meile, an der jedes Lokal und Geschäft, alle Leute und jedes Gespräch genauso ist wie am Tag zuvor, in einer anderen Stadt, einem anderen Land, oder in einem anderen Leben.
Im neuen Lokal sind alle Tische und Stühle gleich, es ist perfekt auf maximale Kundenzahl zugeschnitten, statt der Bilder gibt es die immer gleichen Lampen in der Wand, und für einen Moment fragt man sich, wie das wohl aussehen mag, wenn sie an der Wand sitzt und man sie nicht richtig anschauen kann, weil rechts und links von ihrem Gesicht das hässliche Licht der hellen Flecke den Raum verschmutzt. In diesem Lokal kann man sicher veritable Businesspläne entwerfen und über globale Strategien sprechen. Und natürlich findet sich dann einer, der bei OpenBC schreibt, wie toll er das neue Lokal findet.
Komischerweise habe ich es noch nie voll gesehen, wie das La Boheme. Das wird nicht wiederkommen, aber es ist nicht vergessen. Und der Nachfolger hoffentlich bald tot, vorbei, verreckt, ohne jede Möglichkeit einer Wiederkehr, die all die nie beendeten Geschichten haben, die hier ihren Anfang nahmen.
donalphons, 23:12h
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Give Aways
Ich habe noch ein paar Kugelschreiber aus der grossen alten Zeit. Und einen Bierkrug aus Steingut, wo drauf steht: B2B in Upper Franconia means: Beer and Business. Und noch eine Menge anderen Plunder aus der New Economy, aus Plastik, witzig gedacht, heute nur noch schäbig anzuschauen. So wie die Zeit, an die zu erinnern einen schalen Geschmack hinterlässt. So viele Chancen, so viele Möglichkeiten wie niemals zuvor, und dann dieses Ergebnis. Ich darf mich eigentlich nicht beschweren, mein halbes Leben fusst noch in dieser Epoche, ich hatte als einer der wenigen Glück und bin auch irgendwie weiter vorne mit dabei, aber die anderen...
In einer Familienangelegenheit bin ich auf die Vorläufer der Give Aways gestossen. In einer Kiste auf dem Dachboden einer zur Disposition stehenden Immobilie, weit im Süden, nahe bei Salzburg, war eine Kiste, zugeschnürt und eingestaubt. Bis zum Rand gefüllt mit langen, flachen Holzkisten, die das Zeichen einer Bank trugen, die es heute nicht mehr gibt. Der Hausbesitzer war dort guter Kunde, und jedes Jahr zu Weihnachten, den in den Kisten liegenden Schreiben zufolge, schickte der Bankchef der kleinen Stadt an den Kunden eine dieser rötlich schimmernden, mit blauem Samt ausgeschlagenen Behältnisse, gefüllt mit einem Satz Silbermünzen aus der ganzen Welt.
Sie fanden offensichtlich keinen Liebhaber; der so Beschenkte hatte ohnehin wenig Sinn für Geldangelegenheiten und nutzte sein Vermögen vor allem, um den Niederungen des Daseins zu entfliehen; geliebt hat er Speere aus Kenia, Malereien aus Thailand, Silberschalen aus Vietnam, Pistolen aus Mauretanien und Gefässe aus China und Peru. Unbesehen, ungeöffnet gelangte das Silber in den Karton, für ihn nicht mehr wert als für mich ein Notizblock von Wedit - falls das noch jemand kennt.
Trotzdem, der Unterschied zu dem, was meine Epoche wegegeben hat, ist unbestreitbar. Es geht nicht um den banalen Wert, sondern einfach um den Gedanken der Nachhaltigkeit, der Dauerhaftigkeit dessen, was da vergeben wird. In der New Economy war es so viel, man konnte den Krempel tütenweise abschleppen, es war mit allen PR-Meetings und Agenturentwürfen und Analysen sicher nicht billiger als Silbermünzen, aber kein Mensch dachte damals weiter als 6 Monate, warum sollte man auch was hergeben, was länger Bestand hätte. Diese haltung, das Böse der aus dem Unterleib der Quartalsberichte, hat den Crash überlebt, weil es so alt ist wie die menschliche Dummheit. Und so glaubte ich fest an den weiteren Niedergang, bis mich mein Weg heute morgen zu Supercompany.de führte, dem viel geschmähten Businessableger von Boocompany. Da ist gleich links neben dem mittigen "Boo"-Pixel ein schwarzer Fleck mit einem T, und der wiederum führt zu Turell. Und die bieten wirklich schöne Blankobücher an.
Wenn also weiterhin ein Niedergang der Geschenke hin zu den Weggegebenen zu konstatieren ist, dann liegt das nicht am Angebot, sondern an der mangelnden Nachfrage der Business-Tanjas, der CEO-Rolfs und der PR-Anjas. Das ist Kapitalismus, Baby. Aber es gibt Hoffnung.
ich bich weder mit Supercompany noch mit Turell irgendwie geschäftlich - und bei Turell auch nicht privat - verbandelt. Ich mag nur schöne Notizbücher, das ist alles.
In einer Familienangelegenheit bin ich auf die Vorläufer der Give Aways gestossen. In einer Kiste auf dem Dachboden einer zur Disposition stehenden Immobilie, weit im Süden, nahe bei Salzburg, war eine Kiste, zugeschnürt und eingestaubt. Bis zum Rand gefüllt mit langen, flachen Holzkisten, die das Zeichen einer Bank trugen, die es heute nicht mehr gibt. Der Hausbesitzer war dort guter Kunde, und jedes Jahr zu Weihnachten, den in den Kisten liegenden Schreiben zufolge, schickte der Bankchef der kleinen Stadt an den Kunden eine dieser rötlich schimmernden, mit blauem Samt ausgeschlagenen Behältnisse, gefüllt mit einem Satz Silbermünzen aus der ganzen Welt.
Sie fanden offensichtlich keinen Liebhaber; der so Beschenkte hatte ohnehin wenig Sinn für Geldangelegenheiten und nutzte sein Vermögen vor allem, um den Niederungen des Daseins zu entfliehen; geliebt hat er Speere aus Kenia, Malereien aus Thailand, Silberschalen aus Vietnam, Pistolen aus Mauretanien und Gefässe aus China und Peru. Unbesehen, ungeöffnet gelangte das Silber in den Karton, für ihn nicht mehr wert als für mich ein Notizblock von Wedit - falls das noch jemand kennt.
Trotzdem, der Unterschied zu dem, was meine Epoche wegegeben hat, ist unbestreitbar. Es geht nicht um den banalen Wert, sondern einfach um den Gedanken der Nachhaltigkeit, der Dauerhaftigkeit dessen, was da vergeben wird. In der New Economy war es so viel, man konnte den Krempel tütenweise abschleppen, es war mit allen PR-Meetings und Agenturentwürfen und Analysen sicher nicht billiger als Silbermünzen, aber kein Mensch dachte damals weiter als 6 Monate, warum sollte man auch was hergeben, was länger Bestand hätte. Diese haltung, das Böse der aus dem Unterleib der Quartalsberichte, hat den Crash überlebt, weil es so alt ist wie die menschliche Dummheit. Und so glaubte ich fest an den weiteren Niedergang, bis mich mein Weg heute morgen zu Supercompany.de führte, dem viel geschmähten Businessableger von Boocompany. Da ist gleich links neben dem mittigen "Boo"-Pixel ein schwarzer Fleck mit einem T, und der wiederum führt zu Turell. Und die bieten wirklich schöne Blankobücher an.
Wenn also weiterhin ein Niedergang der Geschenke hin zu den Weggegebenen zu konstatieren ist, dann liegt das nicht am Angebot, sondern an der mangelnden Nachfrage der Business-Tanjas, der CEO-Rolfs und der PR-Anjas. Das ist Kapitalismus, Baby. Aber es gibt Hoffnung.
ich bich weder mit Supercompany noch mit Turell irgendwie geschäftlich - und bei Turell auch nicht privat - verbandelt. Ich mag nur schöne Notizbücher, das ist alles.
donalphons, 12:12h
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