: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 12. Februar 2006

Blaue Stunde

Drüben bei den anderen, den mehreren, denen, die die leitkultur bestimmen wollen, gehen die Lichter an, um diejenigen einzufangen, die sich doch noch dazu entschlossen haben, der Pflicht nachzukommen, die man ihnen bei Geburt aufgelegt hat. Immerhin ist es eine gute Gelegenheit, das Auto herzuzeigen, nachher noch was essen zu gehen und den neuesten Tratsch zu hören. Es ist die grösste und schönste Kirche, sie ist so alt, dass viele gern hineingehen und dort das altbackene Gerede des Pfarrers ertragen; eine kleine Bedrängnis für den Nutzen, gesehen zu werden und zu sehen im warmen Luftstrom der Fussbodenheizung, für die man schon vor Jahrzehnten viele hundert Leichen aus dem Boden unter der Kirche gerissen hat.



Die haben sicher nicht damit gerechnet, als sie vor langer Zeit das Recht, dort zu liegen, mit Pfründen an die Kirche erkauft hatten. Aber das zweite Vaticanum hat die Spielregeln nachträglich geändert, seitdem ist das völlig in Ordnung, was man früher nur mit gewisser Besorgnis, ja sogar Angst tat. Solange es dem Glauben derer dient, die darüber stehen und sich nicht den Tod beim Beten holen wollen, ist es heute vertretbar, die Knochen zu zerstreuen und woanders, irgendwo in einer unbeachteten Grünfläche des kommunalen Friedhofs zu verscharren. So profan sind heute auch das Heilige und das Tabu geworden.

Diesmal bleibt aber mancher Platz leer, der den Studenten der hiesigen katholischen Universität vorbehalten ist, denn vor denen liegt das Purgatorium der Klausuren. Es ist noch so weit hin bis zu den schöneren Tagen, hat die Elitesse erzählt, als sie sich mit Tee und Kuchen eine Pause von der Qual verschafft hat, nicht länger als eine Stunde, bevor es wieder zurückging an den Rechner, und später auch an die Fluppen und das Zeug, das sie die nächsten Tage am Laufen hält. Vielleicht träumen sie in den kurzen Powernappings vom Students Matchplay auf 18 Löchern, irgendwann im Mai, wenn das Wetter wieder schön ist, gesponsort von einem recht erfolglosen Hotel draussen vor der Stadt, mitsamt immer leerer Sushi Bar.

Und so vergehen diese Wintersonntage in der Provinz in der Lähmung des Ungewissen, des Unerfüllten, dem Warten auf das, was nie geschehen wird, einer angsterfüllten Jugend zwischen Zahlen und Strategien, zwischen Teatime und Kirchenbesuch, und noch nicht einmal eine tückische Dachlawine kann sich entschliessen, einen der Spiesser, eine alte Pelznutte oder einen Baldjungberater auf dem Weg zur Tanke unter sich zu begraben.

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Das Wort zum Sonntag

Heute: Mit der Haskala der neoconnardschen Pseudoaufklärung in den Toches treten.

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