... newer stories
Montag, 4. September 2006
In the shadow
donalphons, 01:03h
... link (3 Kommentare) ... comment
Heimat schlimmer als der Tod
Man könnte nett sein und es als freie Interpretation über einen ländlichen Kleidungsstil des 18. und 19. Jahrhinderts bezeichnen. Man könnte dieses Maschgererfest für die ganze Familie als nostalgischen Spass belächeln. Oder angesichts der leinenhemdlederhosigendirndelnden Preussendrecksbande vor den Toren des oktoberfestträchtigen Münchens als harmloses Wochenendvergnügen betrachten. Ginge alles. Aber ich komme von hier.
Und diese Pseudotracht ist schlichtweg unerträglich. Diese gschelckten Lederhosen, die nie etwas anderes gesehen haben als Trachtenumzüge, Bierbänke und das Innere eines Kleiderschrankes, keinen Schmutz, keine Hobelspäne und keine Felsen, und die hier im Norden Oberbayerns fast so authentisch sind wie Seemannshemden, Zuluspeere und Kimonos. All die tätowierten, gepiercten Weiber mit rüschenverseuchter Tittenpräsi, gestern noch Malle, heute schon Dorfplatz. Und nachher erficken sie den Nachwuchs, der das Land zu dem macht, was es leider viel zu oft ist.
Ich bin tolerant. Ich verurteile niemanden wegen seines Aussehens. Bitte, von mir auch aus Trachtenjanker aus nachgemachten Mehlsäcken und Datierung auf 1899. Und klar, bitte, man kann sich auch so rund saufen, wie man sich mancher in Berlin in Richtung Delirium Tremens säuft. Niemand muss nach den Kriterien der diversen Hochglanzzeitungen rank und schlank sein, im Gegenteil, der Biafrastil ist ausgesprochen unsexy. Aber wenn ich, der ich so ziemlich normal bin, kaum mehr einen Meter durchdrängen kann, ohne an die eine oder andere am Körper hängende monströse Fleisch-, Fett- oder Gewebehalbkugel zu stossen, dann wird das irgendwann zu viel. Fasten wäre natürlich zu viel verlangt, gerade jetzt in der Saison zwischen Volksfest, Dult und Erntedank. Aber trotzdem. Es ist kein Wunder, wenn der Besuch 20 Kilo aufwärts zunehmen müsste, wenn er in die hier angebotenen alten Dirndl passen wollte. Aber auch das ist irgendwie Tradition, so stehen sie schon immer auf dem Markt, in den Statuengruppen der Kirchen und das, was sie nachher im blau bemalten Ikeabett zusammenbringen, wird diese Tradition fortsetzen.
Ich kann damit leben. Meistens. Wenn es mir nicht zu nahe kommt. Es gibt übrigens auch Ausnahmen. Wenn ein Händler meint, man könne so einen Rock auch als Kontrast nehmen, da hätte eine Kundin mit karierten Strümpfen und Turnschuhen etwas gekauft, was dann wirklich toll ausgesehen hätte. Aber der Umstand, dass ich es eben nicht mit anthropologischem Interesse betrachten kann, weil es viel zu Nahe ist, weil ich in diesem Umfeld lebe, macht es so unsagbar schwer, das einfach als reine Freude unschuldiger Toren abzutun. Ein Button mit der Aufschrift "Nicht arisch, nur vegetarisch" oder "Mein anderes Hemd trägt Zitzit" hätte meine Stimmung retten können, oder das letzte Stück vegetarischer Flammkuchen, das ein Haufen Trachtler in der Schlange vor mir auch haben wollten. Und ich rede schon wieder über das Essen. Furchtbar. Als wäre ich einer von denen.
Und diese Pseudotracht ist schlichtweg unerträglich. Diese gschelckten Lederhosen, die nie etwas anderes gesehen haben als Trachtenumzüge, Bierbänke und das Innere eines Kleiderschrankes, keinen Schmutz, keine Hobelspäne und keine Felsen, und die hier im Norden Oberbayerns fast so authentisch sind wie Seemannshemden, Zuluspeere und Kimonos. All die tätowierten, gepiercten Weiber mit rüschenverseuchter Tittenpräsi, gestern noch Malle, heute schon Dorfplatz. Und nachher erficken sie den Nachwuchs, der das Land zu dem macht, was es leider viel zu oft ist.
Ich bin tolerant. Ich verurteile niemanden wegen seines Aussehens. Bitte, von mir auch aus Trachtenjanker aus nachgemachten Mehlsäcken und Datierung auf 1899. Und klar, bitte, man kann sich auch so rund saufen, wie man sich mancher in Berlin in Richtung Delirium Tremens säuft. Niemand muss nach den Kriterien der diversen Hochglanzzeitungen rank und schlank sein, im Gegenteil, der Biafrastil ist ausgesprochen unsexy. Aber wenn ich, der ich so ziemlich normal bin, kaum mehr einen Meter durchdrängen kann, ohne an die eine oder andere am Körper hängende monströse Fleisch-, Fett- oder Gewebehalbkugel zu stossen, dann wird das irgendwann zu viel. Fasten wäre natürlich zu viel verlangt, gerade jetzt in der Saison zwischen Volksfest, Dult und Erntedank. Aber trotzdem. Es ist kein Wunder, wenn der Besuch 20 Kilo aufwärts zunehmen müsste, wenn er in die hier angebotenen alten Dirndl passen wollte. Aber auch das ist irgendwie Tradition, so stehen sie schon immer auf dem Markt, in den Statuengruppen der Kirchen und das, was sie nachher im blau bemalten Ikeabett zusammenbringen, wird diese Tradition fortsetzen.
Ich kann damit leben. Meistens. Wenn es mir nicht zu nahe kommt. Es gibt übrigens auch Ausnahmen. Wenn ein Händler meint, man könne so einen Rock auch als Kontrast nehmen, da hätte eine Kundin mit karierten Strümpfen und Turnschuhen etwas gekauft, was dann wirklich toll ausgesehen hätte. Aber der Umstand, dass ich es eben nicht mit anthropologischem Interesse betrachten kann, weil es viel zu Nahe ist, weil ich in diesem Umfeld lebe, macht es so unsagbar schwer, das einfach als reine Freude unschuldiger Toren abzutun. Ein Button mit der Aufschrift "Nicht arisch, nur vegetarisch" oder "Mein anderes Hemd trägt Zitzit" hätte meine Stimmung retten können, oder das letzte Stück vegetarischer Flammkuchen, das ein Haufen Trachtler in der Schlange vor mir auch haben wollten. Und ich rede schon wieder über das Essen. Furchtbar. Als wäre ich einer von denen.
donalphons, 00:53h
... link (13 Kommentare) ... comment
... older stories