: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 20. August 2007

Handkoloriert

Kupferstiche sind ein unüberschaubares Themengebiet. Über vier Jahrhunderte sind die Abzüge der Kupferplatten die Verbreitungsmethode von bildlichen Inhalten schlechthin, sie bringen die Buchmalerei um, werden eine eigenständige Kunstgattung und erweisen sich heute als weitaus qualitätvoller als die Lithographien und Stahlstiche, die sie im vorletzten Jahrhundert ablösten, bis dann die Photographie aufkam. Davor kann man die gesamte europäische Geistesgeschichte in Stichen erzählen, wenn man sich denn auskennt.

Nun ist es auf den Flohmärkten so, dass Fachwissen den Händlern oft fremd ist, wie auch den Käufern, und dadurch Reproduktionen auf nachgeformten Büttenpapier als echte Kupferstiche angeboten werden. Es gibt Reproduktionen, die so gut sind, dass man das Papier aus dem Rahmen nehmen muss. Ironischerweise sind es die typischen Schäden, Unregelmässigkeiten und Verfärbungen, die die Beurteilung erleichtern und beim Aussortieren der gerahmten Kalenderbilder helfen. Und dann gibt es auch Sujets, die theoretisch so selten sind, dass man kein zweites mal hinschauen muss, um zu wissen, dass hier eine Fälschung vorliegt. In der Zeit handkolorierte Pflanzenstiche beispielsweise sind Rarissima, werden aber wegen des dekorativen Aussehens gern nachgemacht. Und hätte ich nicht schon zweimal alte Pflanzenholzschnitte gefunden, wäre ich an der Kiste mit den sieben Rahmen einfach vorbeigegangen. So aber betrachtete ich genau die Struktur des Papiers, seine Verwerfungen und die typschen Streifen, die durch das Schöpfen entstehen, drehte sie um



und las "Handkoloriert Leipzig 1720". Na also. Steht doch drauf. Lesen können muss man, das ist alles. Nur war es schon gegen 12 Uhr, und wenn derartige Stücke dann noch da sind, bedeutet das, dass der Preis in den Höhen ist, in denen so etwas nun mal anzusiedeln ist - pro Blatt so um die 100, 150 Euro. Aber offensichtlich können hier weder Verkäufer noch Käufer lesen, und so wechselte das gesamte Paket für 11 Euro den Besitzer. Ist es gemein, vom Analphabetismus der Landsleute zu profitieren?

Bleibt nur ein kleines Problem: Ich habe in der Küche keinen Platz mehr. Allenfalls könnte ich den ein oder anderen gegrillten Heiligen abhängen, der sich hier thematisch am Herd aber zu gut und blasphemisch einfügt. Bleibt nur der Gang mit seinen harten Wänden aus der Zeit um 1720, an denen die modernen Nägel krepieren wie die Hoffnung der Fondsverbrecher auf ein Ende der Krise.

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Empfehlung heute - Nicht jedes Giftmetall aus Asien

ist zu verdammen. Obwohl ich als Asienskeptiker bekannt bin, habe ich mir heute 4 Kilo Schwermetall aus Indochina gekauft, und wie die Produktionsbedingungen in Kambodscha lange vor den Roten Khmer aussahen, will ich auch nicht wissen. Als ich heute endlich unter lauter Trödel inmitten vom bayerischten Bayern der Holledau einen ins Nichts werbenden Hanuman sah, konnte ich nicht wiederstehen. Daheim wartete schon lang eine unbegehrte Sovann Macha auf ihn, und nun kann er für lange Zeit begehrliche Dinge an ihr vollbringen.



Man könnte auch sagen: Sich zum Affen machen. Was nicht weiter schlimm ist, denn Hanuman ist der Legende zufolge ein Affengeneral, und da er am Ende die Meerjungfrau Sovann Macha für sich gewinnt und seither in den Tänzen der Khmer-Hofoper verehrt wird, hat es sich für ihn gelohnt. Ob es sich dagegen für uns lohnt, sich wegen ein paar lumpiger Cent für miserables Spielzeug aus Sweat Shops zum Deppen zu machen - das bezweifelt Patrick Breitenbach.

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