: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 3. Juni 2008

Von oben ist es in Ordnung

Vom Zintberg - Ende der befahrbaren Strasse nach 20 Serpentinen auf 1250 Meter, darunter das reichste Siberbergwerk der europäischen Geschichte - hat man einen grandiosen Blick von Innsbruck bis nach Schwaz direkt darunter im Tal. Man sieht vieles, aber nicht alles.



So etwa die beiden deutschen Hools aus Düsseldorf beim Getränkemarkt neben der Tankstelle, die 144 Dosen Bier gekauft haben. Oder die Fahnen, mit denen sich der Österreicher anschickt, sich von den Deutschen in Sachen dumpfer Nationalismus gerade beim Heimspiel nicht schlagen zu lassen, schliesslich hat man eine zeitweilig ministrable Nazipartei mit Handschlagqualität, das haben sie noch nicht mal in der Koksermetropole Hamburg so hinbekommen. Gott strafe Österreich, sagt man bei uns in Bayern, und es sieht so aus, als hätte er uns erhört. Könnte man da nicht ein Land Idiotanien einrichten, das in Zukunft jede Art von Arschkrampenparade beheimatet, von rechtsgerichteten Parteien über die ostdeutsche Landjugend mit Glatze und Kickdeppen bis zu den romtreuen, sexfeindlichen Kohorten in Erwartung der "goldenen Mesmernadel", von der ich heute in Schwaz erfahren durfte, dass es sie tatsächlich gibt? Ein Land mit 365/24/7-Oktoberfest und besoffenen Australiern, ohne Tempolimit innerorts, englischer Küche, Opel Astra als Standardauto und Komplettversorgung mit Atomkraftwerken, für die der neue Ö-Staatskonzern Siemens geschmiert und die Telekom aufgepasst hat? Und Wien als Zentrale für alle Lobbyisten und Korrupten? Sprich, ein Paradies für Deppen, die es toll finden, auf der grössten europäischen Müllkippe zu leben?

Nur den Achenpass und die Inntalstrecke bis zur Brenner-Staatsstrasse bitte ich, zum Korridor zu erklären.

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Empfehlung heute - Das Fenster zum Hof

im unnachahmlichen Stil der Modeste neu erzählt.

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Der Pferdefuss

Ich kenne mich mit Immobilien aus, egal ob Vorkrieg oder Nachkrieg, und mit Vorkrieg meine ich durchaus auch "vor dem bayerischen Erbfolgekrieg". Einerseits habe ich mich im Studium intensiv mit Mittelalterarchitektur auseinander gesetzt, sogar ein Seminar in Bauaufnahme gemacht, andererseits arbeite ich jetzt seit 20 Jahren an der ewigen Geschichte der Instandhaltung einer - für die Zeit um 1600 - ausgesprochen grossen Immobilie. Und wäre das nicht genug, liegen hier viele Akten von Fonds, die makellose Renovierungen versprochen haben, und Gutachten, deren Photomaterial vom Rohrbruch über verfaulte Böden bis zum gemeinen Schwamm im Dach belegt, dass es mit den Versprechungen nicht weit her ist. Und natürlich entgehe auch ich nicht bösen Überraschungen - meine Berliner Wohnung etwa lag bei der ersten Betätigung des Lichtschalters sofort im Dunkeln, weil da jemand nach Aussage des Elektrikers ein paar Kabel zusammengebracht hat, deren Anordnung man sonst nur von Weidegattern und elektrischen Stühlen kennt. Und auch meine grundsolide Wohnung in München entging eines Tages nicht der nächtlichen Konfrontation mit dem elektrischen Aufschlaggerät: Unter meiner Badewanne floss Wasser durch die Decke der darunter Wohnenden, und statt den Fehler in der Dachgartenüberlastung durch Pflanzen zu suchen, die dort die Fliessen zertrümmert und dem Wasser den Zugang zu den Trennfugen des Bauwerks erlaubt hatten, verdächtigte man vergeblich meinen Sanitärbereich. Irgendwann muss man sich bei jeder Immobilie darauf einstellen, dass man Pferdefüsse findet.

Man sollte also meinen, ich sei inzwischen gewitzt, würde genau aufpassen und durch meine Erfahrung schlimme Folgen vermeiden können. Und nun das: Keine drei Monate nun habe ich die Wohnung am Tegernsee, und schon finde ich Pferdefüsse. Nicht einen oder zwei, sondern acht Pferdefüsse, und das einfach beim Gang zum Müll, gleich hinter meinem Parkplatz, die nach Aussagen der Nachbarn ebenfalls zu dieser Wohnanlage gehören.



Acht Pferdefüsse, und die Pferde hängen auch noch dran, auf der anlageneigenen Koppel. Vielleicht sind da auch noch mehr. Kein Schwimmbad, kein Gym, aber eine Koppel. Vielleicht fahre ich jetzt nach Tirol und bitte dort jemanden im Hans-Moser-Stil folgende Ansage für den Anrufbeantworter zu sprechen: "Grüss Gott, werte Herrschaften, wen, den Herrn Porcamadonna? Ah, verzeihn´S, da Herr Porcamadonna weilt hinten auf der Koppel ned woah, ja, also späta is er wieda do, wenn`s so ned währadn, mia zu sogn was Ihr Begehr is, nochad werde ich es ihm mitteilen, wenn er wieder zu erscheinen geruht."

Und wer das für übertrieben hält: Die Haushälterin der Mutter einer Mieterin empfängt mich desöfteren so ähnlich am Telefon, und Mama entschuldigt sich dann immer, wenn sie draussen bei Püppi und Maxi das Handy im Range Rover vergessen hat.

(Man müsste wirklich mal ein Buch über den real existierenden Reichtum in Deutschland schreiben)

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Das Kekse-Mysterium

Zwischen Montag Morgen und Montag Nachmittag liegen ein paar Stunden. Ein paar Stunden, in denen man das ein oder andere erledigen könnte. Dinge besorgen, die noch fehlen. Da ist also dieser Herr, der ein Problem hat. Zu dessen Lösung lässt er Leute kommen. Oh, bitte, in meinem Fall ist das kein Problem, ich brauche nur 30 Minuten in diese Glasbetonbrache am alten Flughafen. Aber andere kommen aus Frankfurt, Hamburg und Berlin. Darunter einige, die Stundensätze verlangen, die eigentlich mehr zu erwarten liessen, als dass sie nur dasitzen und schweigen.

Es ist völlig normal in diesem Umfeld, dass es sich nicht um Geld dreht, das eingenommen wird. Seit 2000 habe ich eigentlich nur noch mit Leuten zu tun, die ihr Geld wiederhaben wollen. Und dafür ganz erhebliche Mittel aufwenden. Das fängt bei Details wie Nagelpflege auch für Männer an, die aktuell ziemlich wichtig zu sein scheinen, um ernst genommen zu werden, zieht sich hin über Hobbys, die man in diesen Kreisen braucht und endet bei der Büroeinrichtung von der richtigen Firma.



Aber als ich dann anderthalb Stunden vollkommen umsonst drinnen sass, weil alles doch wieder ganz anders gemacht wird, und meine Arbeit vorerst nicht gebraucht wird, überlegte ich, ob ich als Entlohnung für den jetzt kommenden Stress bei der Abrechnung nicht die Frage stelle, die mich nun schon seit einer Dekade von Konferenzen und Meetings quält, für die ich keine Lösung finde und die doch so leicht, für ein paar Euro in den Stunden vor dem Meeting von jeder Schreibkraft, von jedem Praktikanten einfachst zum allgemeinen Wohlbefinden zu lösen wäre: Wenn schon Schuhe, Uhren, Benzin, Möbel, Miete und Reisen so teuer sind, wenn das System an sich im Leerlauf exorbitante Kosten generiert, die dann bei solchen Meetings auch noch zu vollkommenen Verlusten umgewandelt werden, wenn das alles veranstaltet wird, um mich auch noch von Abendstimmungen am See abzuhalten, so dass ich die Bilder vom vorhergehenden Tag bringen muss -



wieso sind dann eigentlich die Kekse so schlecht? Man kann doch nicht Leute so lange in einen Raum sperren, nur ein paar trockene Kekse hinstellen und damit den Eindruck erwecken, man habe das Zeug gerade in einer hinteren Ecke der Cafeteria gefunden, angebrochen aber noch nicht verschimmelt, staubtrocken aber es gibt ja Mineralwasser, geschmacksneutral, wenn man mal von einer Ahnung Sand und einem kräftigen Nachgeschmack von dürrer Rinde im Abgang absieht. Und ich kann mich an kein einziges Treffen erinnern, zu dem das anders gehandhabt wurde. Immer nur die billigsten Kekse aus dem billigsten Supermarkt. All die Posen, die Luxusmarken, die vielfältigsten Symbole, Labels und Zeichen der Peer Group, alles dahin, wenn Zähne auf feinstem Schotter mahlen. Es ist das kleinste Detail, aber es stimmt ebensowenig wie die Jahresabschlüsse von Comroad oder die Gutachten der anderen Seite.

Schlechte Kekse sind der erste kleine Riss, das erste rieselnde Sandkorn, das Knirschen im Gefüge und der reissende Bolzen, der den Träger schwächt, an dem die Drahtseile hängen, die alles vor dem Einsturz bewahren. Kann sein, dass alles zusammenfällt, und ich in ein paar Monaten alle Zeit der Welt habe, den Abend am See zu geniessen, aber es wäre nett, wenn man dafür sorgen könnte, dass zumindest auf meiner Seite alles richtig ist. Der grosse Feind übrigens bietet die gleichen, schlechten Kekse an.

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