: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 7. November 2008

Harte Tage für harte Männer

Vieles in meiner alten Wohngegend hat sich zum Schlechteren verändert. Das La Boheme: Weg. Der türkische Imbiss mit dem selbstgebackenen Brot: Weg. Das nette Antiquariat in der Schellingstrasse: Weg. Der Türkendolch: Weg. Statt dessen ein Lokal, das Soda heisst. Sehr viele Kleiderläden für anämische Globalclone. Studenten wohnen hier kaum noch, und die Kochschule ist immer rappelvoll. All die Probleme, die mit der 1a-Lage in einer zu teuren Stadt vermutlich unvermeidlich sind. Insofern ist es angenehm, dass in der Nordendstrasse/ Ecke Bauerstrasse mit Heckmüller ein Fachgeschäft für Kindermoden und Herrenwäsche existiert, das bruchlos aus den 60er Jahren stammen könnte. Dort kam ich gestern vorbei und sah die Pullis mit der Aufschrift Monza, neben den heute wieder todschicken, in meinen Augen aber eher BWL-spiessigen Rautensweatshirts.



Ich dachte an heute, an die Schneeberge auf den Pässen und den eisigen Wind in den Höhen, betrat alsdann den Laden und sprach: "Ich werde morgen auf einer Passhöhe in den Alpen in meinem offenen Wagen vermutlich erfrieren, und würde das gerne in einem dieser weissen Monza-Pullover tun; haben Sie ihn in Grösse L vorrätig?" Sie hatten, ich probierte und kaufte in der festen Überzeugung, mit der Monza-Aufschrift längst über das Alter hinaus zu sein, in dem man noch sowas wie Midlifecrisis haben kann und Torheiten wie Pässe im Schnee grundlos macht - vielmehr habe ich durchaus rationale Gründe, warum ich heute in Regionen anzutreffen sind, die andere längst auf Skiern betreten und in Rettungshubschraubern verlassen. Um nur mal den geringsten Grund anzuführen:



Ich muss meine einerseits neuen und ungetragenen, andererseits schon ziemlich vintage anmutenden und unverschämt günstigen Autohandschuhe einfahren. Die gerieten heute in einem Antikmarkt in meine Hände, waren noch zusammengenäht und aus dickem Hirschleder gefertig, das über die Jahre hart und unflexibel wurde. Kenner dieses Blogs werden vielleicht anmerken, dass es von mir Bilder mit mindestens vier Paar anderer, weicher und anschmiegsamer Handschuhe für offenes Fahren gibt, und sie haben recht: Aber die neuen Handschuhe sind nicht nur für das Fahren geeignet. Sie sind die einzigen, mit denen man auch den Wagenheber bedienen, Zentralverschlüsse aufschlagen oder ohne grosse Sorgen den heissen Motor anfassen könnte.

Abgesehen davon passen sie perfekt zum Pullover. Oder andersrum. Und das kann man so nicht am See tragen, also muss ich in die Berge. Weitere rationale Gründe kann ich mir ja heute zwischen Innbruck und Vorarlberg einfallen lassen. Sage solange bitter keiner, dass sich Herrenwäsche und Mode für grössere Kinder nicht ausschliessen würden.

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