: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 30. August 2009

120 Grad

Prinzipiell macht man sich im Bergsommer keinen Kopf wegen scheinbarer Herbsteinbrüche. Anfang August etwa gab es Schnee runter bis auf 1600 Meter. Klingt nach mehr, als es hier oben ist, denn dienterkante von "hier" liegt schon bei 750 Meter. Die Nschttemperaturen liegen nach dem Kälteeinbruch heute morgen bei 5 bis 7 Grad, noch Plus. Trotzdem geht es morgen mit dem Sommer weiter. Man gewöhnt sich einfach an die Blitzattacken des Winters, der hier nie ganz vorbei ist - drüben am Achensee zum Beispiel liegt den ganzen Sommer in einem Seitental ein Schneefald mit ein paar hundert Metern Länge. Nur für den Fall, dass man im August mal eine Schneeballschlacht machen möchte.



Heute war die Sache trotzdem etwas anders, denn ich war nicht mal auf meinem Abendspazierganggipfel angelangt, als das kleine Schönwetterfenster des Tages schon wieder geschlossen war. Aus Schwaben kam eine schwere, sehr niedrige Wolke wie eine Mahnung, und sofort war es wieder eisig kalt auf der Bergspitze, während sich einzelne letzte Lichtfinger in die Flanken der Berge Richtung Tölz bohrten. Man sitzt also allein auf dem Gipfel, und dieses mehrere hundert Quadratkilometer grosse Wolkengebilde schiebt sich dunkelgrau über den Kopf. Man ist in solchen Momenten sehr allein.



Aber noch hält das Wetter, die Fernsicht liegt bei mindestens 80 Kilometern, vielleicht auch mehr (der kleine Buckel auf dem ersten Bild im Tal ist der Hohe Peissenberg, rund 65 Kilometer von hier), so klar ist die Luft nach all dem Regen, der aus dem staubig-trockenen Hanganstieg zum Gipfel des Vortages ein ausgewaschenes Bachbett gemacht hat. Es wird nicht so bleiben; spätere Wolkenfelder werden schwer in den See fallen und über das Wasser in die Berge kriechen, unterbrochen von den Sonnentagen des Herbstes, und eigentlich kann man nur darauf hoffen, dass die Niederschlaganomalie 2009 endlich mal ein Einsehen hat.



Die Alternative tut sich hinter Rottach mit dem Kreuther Tal auf, hoch zum Achenpass; von dot aus ist man in zwei Stunden in Italien, wenn man es eilig hat, und in vier Stunden in Meran. Wenn man sehr früh aufsteht, ist man am Mittag ohne Eile auch schon in Gravedona am Comer See, vorbei an St. Moritz und am Silvaplana, was eine angenehme Vorstellung ist, wenn man den finster gewordenen Berg hinunterhetzt, weil sich das Wolkenungetüm feucht seiner Wasserlast entledigt.

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