: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 31. März 2010

Leb Wohl Berlin

Gerade mit einem gewissen Kopfschütteln ein paar Dinge gelesen, teilweise halbinterne Mails zu meiner Person, teilweise Ergebnisse von Veranstaltungen, die mich angefragt haben, denen ich aber nach eher schlechten Erfahrungen bei Zahlungsmoral und Betreuung abgesagt/nicht geantwortet habe. Ich mache halt mein Ding und schaue nicht mehr nach Links oder Rechts und denke mir: Es ist, wie es ist. Sollen sie. Das ist um so leichter, wenn man aus Berlin, Hamburg, München und Düsseldorf zugetragen bekommt, wie diese Leute da leben.

Ich hoffe aber sehr, dass Dinge wie die Enquette-Komission des Bundestages, wo für die CDU eine unvorstellbare - anders kann ich das nicht beschreiben - Nicole Simon rumhängt, oder die Neuauflage des Internetbeirats der SPD mit typischen Figuren der Blogseilschaften reine Alibiveranstaltungen sind. Ich denke, dass man wenn überhaupt weder Piraten noch die Trittbrettfahrer der Etablierten braucht, sondern im Prinzip genau das, was sich auch sonst bewährt hat: Eine APO ohne die Möglichkeit, sich vereinnahmen zu lassen. Kritische Leute, die auch dann noch kritisch bleiben, wenn man ihnen einen Fressnapf hinstellt. Genau daran haben die bekannten deutschen Blogger und ihr Umfeld ziemlich übel versagt.

Ich denke, es ist wichtig, etwas zu tun, aber ich habe mir zu Recherchezwecken nochmal die Hysterie zum Thema Grundeinkommen angeschaut, die vor einiger Zeit in eine Petition mündete: Ich habe meine argen Zweifel, dass solche Konstrukte mitsamt dem Ignorieren von Kritik irgendwie besser sind. Es ist sehr bezeichnend, dass die spannenden Stimmen zum Thema Finanzkrise durch die Bank gerade nicht von jenen kamen, die im allgemeinen System derr deutschen Bloggerei drin sind. Und es ist bezeichnend, dass der typische Mainstream der webaffinenen Popkulturlutschblogger sich in all den Jahren technisch nur weiter radikalisiert hat. Nichts ist gekommen, wie man es 2003/4 dachte, man war schon damals eine Avantgarde ohne Nachrücker, aber vielleicht mit Chance auf eine Opeltestfahrt.



Die Möglichkeiten und Utopien haben sich von der gelebten Realität der RSS-Feeds und Bookmarkservices wegbewegt, man ist mitgegangen, man wurde zu einer twitternden Aufmerksamkeitsfreakshow, und die Panik, mit der um Schulterklopfen und Bestätigung gebrüllt wird, ist wirklich erstaunlich - übertroffen nur von der Suche nach Leuten, die bereit sind, einem etwas dafür zu zahlen. Dafür biegt man sich dann aber auch gerne, soweit eben nötig, zu den Parteien, zu den Öffentlich-Rechtlichen, zu den Werbern, zur den Holzmedien - selbst wenn man sie innerlich verachtet und meint, die Zukunft in Händen zu halten, während alle anderen die dummen Besitzstandswahrer sind, die vom Internet weggefegt werden. Und mit regulärer Arbeit macht man sich dort ohnehin nur lächerlich.

Es gibt so etwas wie eine natürliche Entwicklung zum Internet und den Menschen darin; man entdeckt es und sieht die Möglichkeiten, und so kommen schnell neue Bekannte dazu. Und dann gibt es eben zwei Optionen: Entweder man kennt bald nur noch Leute aus dem Netz, bis sich eine gewisse Sättigung auf sehr hohem Niveau einstellt. Oder aber es ist eine Wellenbewegung, bis man persönliche Fehlentscheidungen rückgängig gemacht hat, und sich zwischen zwei online und offline verorteten Kreisen bewegt. In meinen Augen sind die digitalen Kreise übler als ein bayerisches Kaff, weil sie nicht nur so borniert und ideologisch gleichgeschaltet sind, sondern auch Insturmente haben, um das im Reden durchzusetzen. Im Kaff konnte man wenigstens noch tuscheln, aber es gibt so gut wie keine öffentlich gemachten Erkenntnisse über die diversen Fehlleistungen der Meinungsführer, alle halten brav den Mund, weil sie wissen, dass nichts Besseres da ist, und zu viele Freunde sehen das genauso, da kann man jetzt gerade nichts sagen.

Gestern wurde ich gefragt, wann ich mal wieder nach Berlin fahre, und tatsächlich sollte ich nach 2 Jahren vielleicht mal wieder ein paar Dirt Pictures machen. Man hätte mir angeboten, dort in einer Jury mitzureden und öffentlich zu diskutieren, aber ich bin dann doch froh, es nicht getan zu haben. Vielleicht kann sich das mancher gar nicht vorstellen, wie ich das so aushalte, ohne die Anerkennung der Leute, die wichtig sind, aber als etwas, das man Abweichlern vorwerfen kann: Aber danke, mir geht es gut.

(Die erste Wortmeldung auf Google Buzz war übrigens so ein Berliner mit Link zu einer Sammlung körperlicher Modifikationen im verlängerten Rückenbereich. Als solches würde ich diese Kreise auch betrachten wollen. Aber kein Land und kein politischer Prozess braucht so etwas, und ich auch nicht.)

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